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Archiv "Agieren, nicht nur reagieren, um die Zukunft fortschrittlich zu bewältigen" (15.05.1975)

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Die Information:

Bericht und Meinung

72. Jahrgang / Heft 20 15. Mai 1975

Postverlagsort Köln

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Agieren, nicht nur reagieren, um die Zukunft

fortschrittlich zu bewältigen

Zum Auftakt des 78. Deutschen Ärztetages:

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung informierte über seine

Projekte und über die ersten Arbeitsergebnisse

Die hohen Erwartungen, die — nicht nur seitens der Ärzteschaft — mit der Gründung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Ver- sorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Köln) verbunden wor- den sind, werden gezielt und zügig, Schritt um Schritt durch Lei- stung ausgefüllt. Überzeugende Beweise dafür wurden zum Auf- takt des 78. Deutschen Ärztetages in Hamburg auf der ersten großen Informationsveranstaltung präsentiert, zu der das Institut, Gemein- schaftseinrichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder, eingeladen hatte.

Den Ärzten selbst, zugleich der interessierten Öffentlichkeit, reprä- sentiert durch Berichterstatter von Tagespresse, Funk und Fernse- hen, gab das Institut einen Überblick über erste praktische Ergeb- nisse seiner erst eineinhalbjährigen intensiven Tätigkeit und über die Fülle der gegenwärtigen Aktivitäten mit dem stetig weiter ge- steckten vorrangigen Ziel: den in freier Praxis niedergelassenen Arzt durch Nutzbarmachen aller geeigneten Mittel des wissenschaft- lichen und technologischen Fortschritts nachhaltig in seinem Be- mühen um den Patienten zu unterstützen.

Im Namen des Kuratoriums des ZentralinStituts konnte der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Hans Wolf Muschallik, an jenem Nachmittag des 5. Mai mehrere hundert Teilnehmer dieser Informationsveranstaltung in einem großen Saal des modernen Congress-Centrums Hamburg begrüßen. Gerade in einer Zeit, da besonders ausgeprägt Gesundheitspolitik zur Gesell- schaftspolitik gehört und in der die Richtung über die Weiterent- wicklung der Krankenversicherung zur politisch-parlamentarischen Entscheidung ansteht, sei die Unterrichtung über die bisher verfolg- ten Zielsetzungen und erreichten Ergebnisse der Institutsarbeit an- gezeigt, betonte Muschallik.

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Er erinnerte einleitend daran, daß dem Zentralinstitut mit der Grün- dung im November 1973 diese Auf- gabe gestellt worden war: „Unter Nutzung der technischen Möglich- keiten, die heute schon gegeben sind und morgen Realität sein wer- den, alle Probleme der zukünftigen ärztlichen Versorgung im Rahmen der sozialen Krankenversicherung zu bearbeiten, in Modellversuchen zu klären und damit Grundlagen für eine Weiterentwicklung und Verbesserung der ambulanten ärzt- lichen Versorgung sowie der Un- terstützung des freipraktizierenden Kassenarztes für die Zukunft zu le- gen".

Elektronische Datenverarbeitung, Förderung der Allgemeinmedizin, Sicherung der Qualität ärztlicher Lei- stungen im technischen Bereich

sowie praxisgerechte Auskunftssy- steme über Arzneimittel, medizini- sche Literatur und spezielle Be- handlungs- und Untersuchungs- möglichkeiten — dies waren einige Aufgaben, deren besondere Dring- lichkeit damals hervorgehoben wurde.

Nun gelte es, eine Zwischenbilanz dieser Tätigkeit des Zentralinstituts zu ziehen, das als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts im November 1973 seine Tätigkeit aufnehmen konnte. Muschallik skizzierte hier kurz die Themen, die — in den nachfolgenden Refe- raten und Demonstrationen im ein- zelnen behandelt — dabei in den Mittelpunkt gestellt wurden:

> der Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) zur Entla-

stung des Arztes von dem ständig zunehmenden Ballast der Verwal- tung, der Formulare, der Beschei- nigungen und der Abrechnung, und dies unter gleichzeitiger strikter Wahrung des Datenschutzes sowie in einer kostenmäßig vertretbaren Form,

I> die Förderung der Allgemeinme- dizin an den deutschen Hochschu- len durch das Zentralinstitut, I> Auskunftssysteme über Arznei- mittel, medizinische Literatur und andere für den Arzt bedeutsame In- formationen,

I> die außerordentlich wichtige Frage der sogenannten Kostenex- plosion in der sozialen Kranken- versicherung.

Blick in Saal 4 des Congress-Centrums Hamburg während der Informationsveranstaltung des Zentralinstitutes am Nachmittag des 5. Mai, über die auf diesen Seiten berichtet wird, Im Vordergrund eine EDV-Anlage, an der Anwendungsmöglichkeiten in

der Kassenarztpraxis demonstriert wurden Foto: Bohnert + Neusch

1394 Heft 20 vom 15. Mai 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Voran in der Realisierung des technischen Fortschritts Die thematische Brücke vom tech- nischen Fortschritt in der Medizin zu den Fragen ihrer Kostenexplo- sion sei dabei nicht zufällig, fuhr Dr. Muschallik fort und betonte:

..,. "Ebenso wie wir einerseits alles tun, was die gleichmäßige Anwen- dung der modernen Medizin mit ih- ren gesicherten Erkenntnissen und neuen technischen Möglichkeiten zu einem frühestmöglichen Zeit- punkt zu sichern vermag, fühlen wir uns andererseits verpflichtet, der Frage der Kostenentwicklung in der gesetzlichen Krankenversi- cherung unsere besondere Auf- merksamkeit zu schenken. Es wird unser Bemühen sein zu zeigen, daß die niedergelassene Ärzteschaft trotz des fast gleichbleibenden An- teil::; der Kosten für ambulante ärzt- liche Behandlung an den Ausgaben der Krankenversicherung den tech- nischen Fortschritt vielfach noch eher als andere medizinische Ver- sorgungsbareiche zum Nutzen ih- rer Patienten zu verwirklichen in der Lage ist."

Der Erste Vorsitzende der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung ver- band seine Worte zu diesen und anderen Aktivitäten des Zentralin- stituts, die an vorderster Stelle auf die Förderung der Tätigkeit des in freier Praxis niedergelassenen Arz- tes ausgerichtet sind, mit einer er- neuten, sehr nachdrücklichen War- nung vor den Plänen der "System- überwinder":

..,. "Gelingt es den unermüdlichen Kritikern, auch die freie Praxis in Abhängigkeit von staatlicher Pla- nung und Bewilligung zu bringen und vielleicht gar zum Pendant öf- fentlich finanzierter Diagnosezen- tren zu machen, und damit - wenn auch in Stufen - das bisherige Sy- stem der ambulanten ärztlichen Versorgung durch freipraktizieren- de Ärzte grundsätzlich zu ändern, dann wird die für den Patienten entscheidende Effizienz wesentlich geringer werden. Der Patient wird weitere Wege als bisher zurückle-

Bericht und Meinung

Sanitätsrat Dr. Josef Schmitz-Formes (hier am Mikrofon) leitete die Informations- veranstaltung des Zentralinstituts. Rechts dessen Geschäftsführer, Dr. med. Fried- rich W. Schwartz; neben ihm Dr. Hans Wolf Muschallik, Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Foto: Bohnert+ Neusch

gen müssen; er wird länger warten als bisher, und er wird weniger in- dividuelle Hilfsbereitschaft antref- fen und noch entschieden weniger menschliches Verständnis.

..,. Statt dessen werden die Kosten aber nicht geringer, sondern we- sentlich höher werden, und der Pa- tient wird dann - zu spät - erst erkennen, daß manche Planer nach dem Motto handeln: Ideologie kennt keinen Preis!"

Mit Engagement und Ideenreichtum Neuland erschlossen

Dr. Hans Wolf Muschallik schloß seine mit lebhaftem Beifall aufge- nommene einführende Ansprache mit einer Würdigung der bisher er- brachten Leistungen des Ge- schäftsführers des Zentralinstituts, Dr. med. Friedrich W. Schwartz.

Ihm und seinen Mitarbeitern sei auch von dieser Stelle aus zu dan- ken für das große Engagement und für den ideenreichen Einsatz bei den Arbeiten, die auf vielen Gebie-

ten für die Ärzteschaft noch Neu- land bedeuteten.

Die ganze Vielfalt und die Band- breite der Bemühungen des Zen- tralinstituts für die kassenärztliche Versorgung machte der anschlie- ßend von Dr. Schwartz erstattete Bericht der Geschäftsführung deut- lich, auf den das DEUTSCHE ÄRZ- TEBLATT in Ergänzung bereits ver- öffentlfcher Zahlen und Fakten noch gesondert zurückkommen wird. Schwartz knüpfte an seine straff gegliederten, sehr instrukti- ven Darlegungen und Erläuterun- gen die Feststellung, dieser Bericht möge gezeigt haben, daß das Zentralinstitut in den abgelau- fenen eineinhalb Jahren nicht untä- tig geblieben ist. Diese Gemein- schaftseinrichtung der Kassenärzt- lichen Vereinigungen zeichne in ih- ren Aktivitäten das Bild einer Ärz- teschaft, "die nicht nur reagiert, sondern agiert, indem sie die Zu- kunft mit eigenen sachbezogenen Vorstellungen zu gestalten und fort- schrittlich zu bewältigen trachtet."

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Prof. lierder-Dorneich:

Kostensteuerung auf „mittlerer Ebene"

Die „Kostenexplosion" in der ge- setzlichen Krankenversicherung nahm Professor Dr. Philipp Herder- Dorneich (Universität Köln) in sei- nem durch mehrere Schaubilder veranschaulichten Referat aus der Sicht des Nationalökonomen unter die Lupe. Er erinnerte an das So- zialbudget der Bundesregierung und an das Krankenversicherungs- budget des rheinland-pfälzischen Sozialministers Geißler, die über- einstimmend nachgewiesen haben, daß die Kosten im Gesundheitswe- sen in den vergangenen Jahren stets schneller stiegen als das Bruttosozialprodukt. Dies ist auch in den nächsten fünf Jahren zu er- warten. Bis 1978 wird das Brutto- sozialprodukt voraussichtlich um 9,5 Prozent pro Jahr wachsen, die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hingegen wird bis dahin jährlich 14 bis 15 Prozent mehr ausgeben müssen.

So beklagenswert der weiter stei- gende Ausgabentrend für die Ver- sicherten und Beitragszahler auch sein mag — überproportionale Zu- wachsraten und daraus entstehen- de Versorgungslücken sind nicht etwa auf den Bereich des Gesund- heitswesens begrenzt; Herder-Dorn- eich belegte dies durch verschie- dene Beispielrechnungen (Ver- gleich der Bevölkerungszahl mit der Entwicklung der landwirt- schaftlichen Produktion; Gegen- überstellung von Rohstoffver- brauch und begrenzten vorhande- nen Ressourcen; Anforderungen an die Dienstleistungswirtschaft und den Umweltschutz).

Für den Politiker stelle sich die Aufgabe zu prüfen, welche Sekto- ren hier überhaupt steuerbar und in ihrem Ausgabengebaren beein- flußbar sind. Der Kölner National- ökonom unterstrich die These, daß es offenbar nicht möglich sei, die Zuwachsraten im Gesundheitswe- sen auf die prozentualen Jahreszu- wächse des Sozialproduktes „hin- abzusteuern", wie dies kürzlich

eine Gruppe Wissenschaftler und Politiker forderte.

Eine Mikroanalyse bestätigt, so Herder-Dorneich, daß die einzel- nen Sektoren des Gesundheitswe- sens, wie „ärztliche Dienste", „Arz- neimittel" und „Krankenhauswe- sen", in den letzten Jahren sehr un- terschiedlich den Ausgabentrend der gesetzlichen Krankenversiche- rung beeinflußt haben. Überdurch- schnittlich hoch waren die Ausga- benzuwächse bei der Anstaltsbe- handlung und bei den Arzneimit- teln, nicht hingegen in dem dabei immer wieder zitierten Bereich der ambulanten ärztlichen Behandlung.

Professor Herder-Dorneich ver- wies in diesem Zusammenhang darauf, daß im Gegensatz zum Krankenhauswesen und zum Phar- masektor im System der kassen- ärztlichen Versorgung der Bevölke- rung funktionsfähige Steuerungs- elemente (zwischen Krankenkas- sen, Versicherten, Ärzten und Kas- senärztlichen Vereinigungen) so- wohl auf der Leistungs- als auch auf der Finanzierungsseite einge- baut sind, die über Verhandlungen, Wahlen und Marktmechanismen in den Dienst der Kostensteuerung gestellt werden können.

Die zur Eindämmung des Kosten- booms für notwendig gehaltene konzertierte Aktion der Verbände müsse dann wirkungslos bleiben, wenn die beiden Sektoren, in de- nen ein solches Zusammenwirken am ehesten erforderlich sei — nämlich im Krankenhauswesen und auf dem Pharmasektor — von ei- ner direkten Einflußmöglichkeit der Verbände ausgenommen sind.

Prof. Herder-Dorneich plädierte deshalb dafür, die Kostensteu- erung gleichmäßig und gleichrangig auf „mittlerer Ebene", das heißt auf der Ebene der Verbände, in Zu- kunft verstärkt in Gang zu setzen.

Anwendung der EDV in der Kassenarztpraxis

Zum Thema „Anwendung der elek- tronischen Datenverarbeitung (EDV) in der kassenärztlichen Pra-

xis" ließ Dr. Ismail Hassouna, Facharzt für Augenkrankheiten aus Dissen (Teutoburger Wald), zu- nächst einen etwa 13 Minuten dau- ernden Farbtonfilm (gedreht von Dr. Pierre Kandorfer) vorführen über die EDV-Anlage, die er mit fi- nanzieller Unterstützung durch das Zentralinstitut für die kassenärztli- che Versorgung in seiner Augen- arztpraxis eingerichtet hat.

In einer derart ausgestatteten Pra- xis gibt es keine Karteikarten mehr. Auch die Privatliquidationen, die Arztbriefe, Überweisungen oder

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigun- gen können auf Abruf durch die Sprechstundenhilfe automatisch ausgedruckt werden. Ein solcher Computer läßt sich zur Bestellsy- stem-Steuerung einsetzen, für pro- grammierte Diagnosen-Anleitungen, für Abrechnungsarbeiten und für die statistische Auswertung. Wie Dr. Hassouna selbst in dem Film abschließend erklärte, kostet die Ausstattung einer Kassenarzt- praxis mit einer derartigen Anlage etwa 150 000 DM oder eine Kauf- miete von rund 3500 DM im Mo- nat.

In einem ergänzenden kurzen Re- ferat betonte Hassouna, der Com- putereinsatz in der Arztpraxis sei zwar schon Realität; man müsse aber weiterhin prüfen, ob man die optimale Lösung bereits gefunden habe. Entscheidend seien zunächst diese vier Kriterien:

1> Wird durch den Computerein- satz wirklich eine Praxisrationali- sierung erreicht?

> Wird dem Arzt die überaus bela- stende Verwaltungsarbeit weitest- gehend abgenommen und trotzdem mit größter Präzision durchge- führt?

> Kann der niedergelassene Arzt seine Erfahrungen mit dem Patien- tengut gezielt weitergeben und da- durch die Wissenschaft unterstüt- zen?

• Kann auch das Problem Warte- zeitverkürzungen mit EDV-Hilfe wirkungsvoll angegangen werden?

1396 Heft 20 vom 15. Mai 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Bericht und Meinung

Dr. Hassouna meinte, diese Fragen ließen sich durchweg bejahen. Man könne sehr wohl konstatieren, daß die EDV ein taugliches Mittel zur weiteren Verbesserung der ärztli- chen Versorgung der Bevölkerung sei.

Der Referent dankte abschließend dem Kölner Zentralinstitut für die Unterstützung bei der Durchfüh- rung des Studienprojektes. Der ge- genwärtige Stand erlaube die Aus- sage, daß ein EDV-System für den Augenfachbereich so gut wie kom- plett einsatzfähig ist. Man werde — das unterstrich der Vorsitzende des Vorstandes des Zentralinsti- tuts, Sanitätsrat Dr. Josef Schmitz- Formes, in einem kurzen kommen- tierenden Beitrag hierzu — wohl sehr bald in der Lage sein, solche Systeme auch für andere Fachbe- reiche einzusetzen.

Erich Ulbrich, Hauptgeschäftsfüh- rer der Kassenärztlichen Vereini- gung Bayerns, erläuterte an Hand von Dias und Gerätevorführungen ein EDV-Modell, das für alle Kas- senpraxen geeignet erscheint. Aus- gangspunkte für die Entwicklung dieses Modells waren unter ande- rem die Berücksichtigung des kommenden Versichertenauswei- ses mit seiner voraussichtlich sechzehnstelligen Versicherungs- nummer sowie andererseits die Forderung des 76. Deutschen Ärz- tetages in München 1973, daß der Einsatz der EDV im Bereich der ärztlichen Versorgung die Wahrung des Datenschutzes unbedingt und uneingeschränkt sicherstellen muß.

Dies wird unter anderem dadurch erreicht, daß das von der Firma Siemens konzipierte Grundmodell über zwei Datenspeicher verfügt.

Nur einer davon liefert der jeweili- gen KV die Abrechnungsdaten. Der andere speichert alle diejenigen Daten, die der Arzt in seiner Praxis benötigt.

Die Zentraleinheit des Systems hat nur die Größe einer Schublade. Sie steuert die Bildschirme mit Tasta- tur und Lichtstift (etwa für den Arzt und für die Praxissekretärin), den Versichertenausweis-Leser, einen

Drucker sowie die Magnetplatten- speicher.

Mit einem solchen Grundmodell können, wie Ulbrich demonstrierte, bereits folgende Funktionen erfüllt werden: Papierlose Patientenkar- teiführung; papierlose Leistungser- fassung für die Abrechnung; pa- pierlose Quartalsabrechnung an die KV; Beschriftung sämtlicher Formulare; terminlich abgestimm- ter Ausdruck der erforderlichen Unterlagen für Hausbesuche und bestellte Patienten.

Der Referent erläuterte an Beispie- len den Ablauf verschiedener EDV- Vorgänge in einer Kassenarztpra- xis. Bemerkenswert war dabei un- ter anderem, daß zur Vereinfa- chung der Handhabung die Patien- tendaten und die Versichertenaus- weis-Nummer im täglichen Ablauf ersetzt werden können durch eine Tagesnummer, die jeder Patient in der Reihenfolge seines Eintreffens in der Praxis erhält.

Ferner kann der Computer bei Be- darf eine sogenannte „Tageskarte"

ausdrucken, auf der außer den ldentifikationsdaten des Patienten zum Beispiel Positionen aus der Gebührenordnung vorgegeben sind, weiter unter anderem die ge- fahrenen Kilometer bei einem Hausbesuch, besondere Angaben über Verschreibungen, Krankenge- schichte und ähnliches. Auf diese Weise kann der Computer schriftli- che Unterlagen herstellen, die für bestimmte Aufgaben in der Praxis benötigt werden. Zum Beispiel ist es möglich, daß die KV regelmäßig dem Arzt bis zu 70 der in seiner Praxis am häufigsten abzurechnen- den Gebührenordnungsnummern mitteilt, die dann auf die „Tages- karte" aufgedruckt werden. Der Arzt braucht nur noch die jeweilige Nummer aus der Gebührenordnung auf der „Tageskarte" zu markieren.

Der Computer kann die in den Ta- geskarten festgehaltenen Daten nach verschiedenen Kriterien ge- ordnet auswerfen; zum Beispiel die für einen einzelnen Patienten im Laufe eines Quartals erbrachten Leistungen, die an einem Tag oder

in einer bestimmten anderen Zeit- spanne erbrachten Leistungen in der Praxis beziehungsweise bei Hausbesuchen.

Auf die Frage, was diese auf dem Markt erhältlichen Apparaturen ko- sten, sagte der Referent, der Preis sei für den Kassenarzt tragbar.

Falls sich eine KV zur Einführung eines solchen Systems entschließe, so würden sich die Kosten für den einzelnen Kassenarzt gegenwärtig auf weniger als 1000 DM im Monat stellen.

Die Förderung des Faches Allgemeinmedizin

durch das Zentralinstitut

Über die Förderung der Allgemein- medizin durch das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

in der Bundesrepublik Deutschland berichtete Prof. Dr. med. Siegfried Häußler, Vorsitzender der Kassen- ärztlichen Vereinigung Nord-Würt- temberg und Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin an der Universi- tät Ulm.

Im einzelnen nannte Prof. Häußler die Probleme, die sich vor allem aus dem intensiven Einsatz von Personal und Kapital in der Allge- meinpraxis ergeben; sie erfordern überregional Forschungen, Model-.

le, Faktorenanalysen und die Ent- wicklung neuer Strategien. Das In- stitut müsse weiterhin eine zentrale Kooperation und Koordination för- dern, insbesondere um überflüssi- ge Mehrfachinvestitionen zu ver- meiden, wie sie gerade im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigun- gen schon zu verzeichnen seien.

Prof. Häußler berichtete über zahl- reiche Projekte des Zentralinstituts beispielhaft. An erster Stelle nann- te er Fragen, die mit der Zulassung zum Studium und der Ausbildung zusammenhängen; denn wer eine Ausweitung der Allgemeinmedizin anstrebt, der muß auch die Ausbil- dung auf dieses Ziel hin einrichten.

Häußler wies darauf hin, daß in al- len Ländern, wo die Auslese zum Medizinstudium unter scharfen Be-

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grenzungen und infolgedessen vor- nehmlich unter kognitiven Ge- sichtspunkten erfolge, ein Mangel an Ärzten vor allem auf dem Land entsteht. Die durch das Auslese- verfahren betonte intellektuelle Komponente führe weg von der Orientierung auf menschlich-sozia- le Probleme und begünstige eine wissenschaftlich orientierte Berufs- wahl, die der Allgemeinmedizin nicht gerade zugute komme. Ein Forschungsauftrag des Zentralin- stitutes soll dem nachgehen, in dem die primäre Motivation der Studenten und deren Veränderung während des Studiums untersucht wird.

Im übrigen sei, so berichtete der Referent weiter, das klinische Stu- dium entscheidend für die endgül- tige Berufswahl: es liefert die Wert- muster für den Studenten. Wenn hier der Rollenpartner „Allgemein- arzt" fehlt, dann fehlt auch der Nachwuchs in der Allgemeinmedi- zin. Daher holt das Zentralinstitut die Lehrbeauftragten regelmäßig zu Seminaren zusammen, um ihre Arbeitsmöglichkeiten zu verbes- sern, und fördert ihre Tätigkeit (da die Universitäten dies nicht tun) auch finanziell mit rund 300 000 DM im Jahr und materiell beispiels- weise durch den Aufbau eines Lehrmittelarchivs. Im Sommerse- mester 1975 gab es 31 Lehrbeauf- tragte für Allgemeinmedizin an 19 Universitäten.

Bei solchem Aufwand ist, so beton- te Prof. Häußler, auch eine Effekti- vitätskontrolle erforderlich. Hierfür gibt es ebenfalls einen For- schungsauftrag, der die Effizienz des vorhandenen Lehrangebotes objektivieren und Grundlagen für neue Unterrichtsmodelle schaffen soll. 1776 Studenten an 15 Universi- täten haben in 121 Einzelvorlesun- gen Fragebogen über Dozenten und Lehrstoff ausgefüllt und an- onym für diesen Forschungsauftrag zur Verfügung gestellt: „Es gibt sonst kein Fach, das sich einer sol- chen harten Kontrolle jeder Vorle- sung durch alle Studenten gegen- über einer zentralen Institution un- terwirft, wie die Allgemeinmedizin."

Einige Ergebnisse aus den bisheri- gen Fragen: Während der Anteil der Arztkinder unter den Medizin- studenten im Bundesdurchschnitt bei 18 Prozent liegt, beträgt er in den freiwilligen Vorlesungen der Allgemeinmedizin nur elf Prozent;

dieses Fach scheint also für Be- rufsfremde attraktiver zu sein. Als wesentlicher Motivationsfaktor für die Teilnahme an diesen Vorlesun- gen wurde an erster Stelle die Empfehlung durch Kommilitonen genannt.

Da die Weiterbildung in der Allge- meinmedizin zu den Aufgaben der Kammern gehört, konnte das Zen- tralinstitut für die kassenärztliche Versorgung sich hier nur koordi- nierend einschalten, wofür ein ei- gener Beirat gegründet wurde. Zu dessen Aufgaben gehört, wie Häußler berichtete, unter anderem die Förderung von Weiterbildungs- seminaren, die Bemühung um die Einrichtung von Weiterbildungs- stellen in den Krankenhäusern, die Beihilfe für Weiterbildungsstellen in Kassenarztpraxen und die Infor- mation für niederlassungswillige Ärzte.

Zum Aufgabenbereich der Berufs- förderung der Allgemeinärzte wur- den ebenfalls Forschungsaufträge erteilt; Prof. Häußler erwähnte ins- besondere einen über die Multi- morbidität in der Allgemeinmedi- zin.

Zusammenfassend nannte Prof.

Häußler an Leistungen, die das Zentralinstitut für die Allgemeinme- dizin gebracht habe oder bringe, die folgende Auswahl:

0 Kurzfristig (sofort) wirksame Förderungen:

Versand eines sechssprachigen Ratgebers für schwangere Gastar- beiterinnen an 26 000 praktische Ärzte und Gynäkologen in der Bundesrepublik;

Vorbereitung einer umfassenden Informationsschrift für alle nieder- lassungswilligen Ärzte sowie

einer Informationsschrift für eine gezielte Labordiagnostik.

O Mittelfristig wirksame Förderun- gen:

Unterstützung von 31 Lehrbeauf- tragten für Allgemeinmedizin an 19 deutschen Universitäten; Durchfüh- rung von jährlich zwei mehrtägi- gen Arbeitsseminaren für diese Lehrbeauftragten;

Unterrichtsbegleitforschung für diese Lehraufträge zur Effektivi- tätskontrolle und Programment- wicklung;

Schaffung eines Lehrmittelarchivs für Allgemeinmedizin.

0 Langfristig wirksame Förde- rungsmaßnahmen:

Entwicklung eines für die Kassen- praxis geeigneten Diagnoseschlüs- sels;

Untersuchungen über die Multi- morbidität in der Allgemeinpraxis;

Feldstudie über vorstationäre Dia- gnostik und nachstationäre Be- handlung durch das Krankenhaus.

Zentralpunkt bleibt der freipraktizierende Arzt

Die Hamburger Informationsveran- staltung endete mit einem kur- zen Schlußwort des Vorstandsvor- sitzenden des Zentralinstituts und Zweiten Vorsitzenden der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung, Dr.

Josef Schmitz-Formes. Zentral- punkt der gesundheitlichen Versor- gung, so betonte er, sei und bleibe der freipraktizierende Arzt, dessen Wirkungsmöglichkeiten nicht oh- ne Schäden für den erreichten Stand der Gesundheitssicherung in der Bundesrepublik einzuengen seien. Für ihn — dies habe die Veranstaltung wohl gezeigt — wer- den die modernen technischen Mittel so vorbereitet, daß er in die Lage versetzt wird, sich gegenüber jeder anderen Konzeption für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung überzeugend zu be- haupten. DÄ 1398 Heft 20 vom 15. Mai 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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