Das Departement Gesundheit … bewegt!
Departement Gesundheit
Bewegung bei Menschen mit Demenz
Dr. Steffen Heinrich, Dozent und Projektleiter, Kompetenzzentrum Demenz
05.05.2021
Inhalte
• Stand des Wissens –Demenz und Bewegung
• Training, Aktivierung, Aktivität
• Stand der Umsetzung von Bewegung bei Menschen mit Demenz in der Pflege
• Programme zur Aktivitätsförderung im pflegerischen Setting
• Was braucht es zur nachhaltigen Implementierung von Bewegungsprogrammen?
• Ein Ansatz zur Integration demenzspezifischen Trainings im Pflegesetting durch Pflegende
• Weitere Planung zur nachhaltigen Umsetzung von physischem Training mit Menschen mit Demenz
Bewegung und Demenz 2
Aktueller Wissensstand - Demenz und Bewegung bzw. Training
Verbesserung der Mobilität
Verringerung
herausforderndes Verhalten
Verbesserung der Alltagsmobilität des pflegebedürftigen Menschen (mit Demenz)
und ggf. Entlastung der Pflegepersonen
(Verbesserung der Kognition)
(Forbes et al., 2015)
Bewegung und Demenz 3
Körperliches Training – Was heisst das?
Körperliche Aktivierung (pflegerisches Wording)
VS
Körperliches Training (physiotherapeutisches Wording)
Alles, was Muskel, Sehnen und Bänder zielgerichtet stimuliert, ist Training!
Amplitude und Leistungsanforderung sind entscheidend, sowie der Fokus (spezifisch, allgemein) Physische Aktivität
Übungen
Sport Aktivierung
Bewegung und Demenz 4
Welche Empfehlung zur Trainingsintensität gibt es?
WHO Definition
- Empfehlung von 150 Minuten körperlicher Aktivitäten mittlerer Intensität
→ z.B. Spazieren gehen, Gartenarbeit
Positive Effekte von Trainingsreizen auf den Körper
(z.B. Gangkoordination inkl. Verringerung Sturzrisiko) auch im Alter über 80 Jahren: ab 15 Minuten mittlerer Trainingsintensität 1x pro Woche!
(Abbildung: BAG.ch)
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Training und Demenz: Perspektiven im Wandel
Lange Zeit das Paradigma: „Mit Menschen mit Demenz kann man nicht trainieren“
Inzwischen Umdenken:
- Demenz-Sportgruppen
- Wandergruppen für Menschen mit Demenz (z.B. Verein Mosa!k)
- Erstes Bewegungsnetzwerk-Demenz (Deutschland [aufgelöst])
- Demenzspezifische Aktivierungsprogramme auch für das Pflege-Setting
Begrenzte Vernetzung und Systematik
(Dutzi et al., 2014)
Bewegung und Demenz 6
Umsetzung von Demenz und Training im Pflegesetting
Wissen und Skills
- Relevanz von Bewegung und Training in der (Langzeit)pflege ist noch nicht umfassend verankert - Oft begrenztes Vorwissen, wie demenzspezifisches Training umgesetzt werden kann
- Unsicherheiten in der bedarfsausgerichteten Strukturierung systematischer Aktivierungsmassnahmen - Grosse Bandbreite an Qualifikationsprofilen (Assistenz und Fachperson)
Material
- Gerätschaften oder Bewegungsparcours nicht immer vorhanden - Teilweise keine geeigneten Räumlichkeiten
Zeitlich/Personell
- Zeitressourcen werden bzw. müssen teils für andere Pflegedienstleistungen genutzt werden, als für systematische Aktivierung
- Multidiziplinäre Versorgungsplanung findet nicht immer statt → Schnittstellen-Ressourcen liegen dann brach
Bewegung und Demenz 7
Menschen MIT Demenz
Verständnisprobleme bedenken
→ Sprachniveau anpassen
→ Wiederholungen (Geduld)
→ Schlüsselwörter nutzen
→ Reden ist Silber…
→ Übereinstimmende Kommunikation
→ Ironie und Doppeldeutigkeit vermeiden
→ Verständigung auf unterschiedlichen Ebenen
→ Positiv kommunizieren (Loben)
Orientierungsprobleme bedenken
→ Bewegungen nonverbal unterstützen
Herausfordernde Verhaltensweisen bedenken
→ Bei Abwehr, 5 Minuten später nochmal versuchen (wenn die Zeit es zulässt) Menschen OHNE Demenz
− Höflichkeit
− Auf Wünsche eingehen
− Informationsbedürfnis stillen
− Richtig Loben…
− Angemessene Ernsthaftigkeit
− Niederschwellige Trainingsziele
− Auf physische Effekte verweisen
→Motivation
Kommunikationsaspekte für (demenzspezifisches) Training
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Was für Menschen ohne Demenz gilt, gilt in
vielen Bereichen auch für Menschen mit Demenz!
Folgende Aspekte sind mitentscheidend für die Anbahnung von Berührung und damit auch Bewegung (z.B. beim Tanzen):
• den Anfang und das Ende der Handlung signalisieren
• die Konstanz der Berührung erhalten
• die Kontaktintensität laufend evaluieren
• Rhythmus in der Berührung entwickeln
• Sicherungsbereitschaft vermitteln
Berührung und Training
(Bienstein & Fröhlich, 2016)
Bewegung und Demenz 9
Training und Demenz: Programme für das Pflege-Setting
NADiA – Spez. MmD
Bewegung und Demenz 10
www.deskk.info
DESKK Studie – Altenheim-Expo 2019 Folie 2
DESKK-Mobilitätsprogramm…
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− Assessmentbasierte, objektive Testung der mobilitätsbasierten Funktionsfähigkeit obere + untere Extremitäten
− Berücksichtigung von mobilitätbasierten Präferenzen des pflegebedürftigen Menschen durch die Raterin/den Rater
− Auswahl von Übungsbausteinen anhand der erzielten Assessmentscores und der angegebenen Präferenzen (Vorlieben)
− Anpassung des Trainings über die Zeit
− Integration von Übungsinhalten in reguläre Pflegeabläufe (soweit möglich)
….als demenzspezifischen Trainingsprogramm…
im pflegerischen (stationären Setting) zur Umsetzbarkeit durch Pflegende
Bewegung und Demenz 12
Individualtraining +
Bew. Parcours
• Trainings- und Kommunikations- empfehlungen beachten
Anpassung der Übungen und Dokumentation
• Verlaufsgespräche mit Kolleg/innen
Ggf. Erstellung Hausaufgaben-
programm
• Rücksprache mit Pflegefachperson Ankunft und Mobi-Testung (Rater)
Ggf. Rückkehr nach Hause
Trainingsablauf - DESKK
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BBT
NHPT
SD-Test
SPPB
Mobilitätsassesment
SPPB in Aktion: https://www.youtube.com/watch?v=v821pQRyVyw
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DESKK Studie – Altenheim-Expo 2019 Folie 8
Übungsposter
- Kurzübersicht
- Dual-Task Übungen
- Erleichterungen
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Assessments… Bewegungsparcours…
„Die meisten Übungen
funktionieren erstaunlich gut“, weil sie einen Aufforderungscharakter haben […] und für uns gut
umsetzbar sind.“ (MA-G1 99-101)
Impressionen und Ergebnisse
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Insgesamt hohe Akzeptanz von DESKK bei Mitarbeiter*innen der Kurzzeitpflegeeinrichtung (qualitative Interviews)
➢ Akzeptanz stieg während der Interventionsphase weiter an
➢ Gute Voraussetzungen, um DESKK praxisnah in weitere Einrichtungen implementieren zu können
“Ich bin durch die Übungsempfehlungen sicherer darin gworden, dass das, was ich tue (pflegerische Aktivierung), besonders notwendig für den jeweiligen Gast ist.”
(MA-S5: 23-24)
Mitarbeiterbefragung
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In der Einrichtung
• Personalfluktuationen (Nachschulungen)
• Anreizsysteme zur dauerhaften Verstätigung
Beim Weitertraining zu Hause
• Begrenzte Zeitressourcen der Angehörigen, insbesondere Job-bedingt
• Intrafamiliäres Konfliktpotential kann negativ auf die Übungssituation wirken
DESKK Studie – Altenheim-Expo 2019 Folie 13
Aufgetretene Herausforderungen
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Woran können wir gemeinsam Arbeiten?
Zum Beispiel…
• Ebene (Hochschul)bildung
• Ebene Pflegeverständnis
• Ebene Multidiziplinarität (integrierte Versorgung)
• Ebene Trainingsprogramme (Strukturen und Prozesse)
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Planungsschritte zur Etablierung demenzspezifischen Training in der Pflege durch Pflegende im multiprofessionellen Team
Im Rahmen des AGE-INT Projektes (SBFI) // Nachfolgenetzwerk von AGE.NT
Mobilitätsförderung bei Personen mit Demenz in Langzeitpflegeeinrichtungen durch Pflegepersonal:
Leitlinienentwicklung und Best-Practice-Toolbox/Intervention
Ziele:
• Eine deutsch- und englischsprachige Leitlinie mit Best-Practice-Beispielen zur Mobilitätsförderung von Personen mit Demenz im Setting Langzeitpflege
• Integration einer Best Practice Intervention, basierend auf den Leitlinienergebnissen
• Pilot-Testung (Umsetzbarkeit) der Best Practice Intervention
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Training bei Demenz in der Pflege durch Pflegende
Zusammenfassung Podiumsdiskussion Workshop 3
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