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Sabine Wienker-Piepho
Je gelehrter, desto verkehrter"?
Volkskundlich-Kulturgeschichtliches zur Schriftbeherrschung
Waxmann Münster / New York München / Berlin
Inhalt
Einleitung
Drei Textsorten - Schreiber: invariable Stereotypen über lange Zeiträume - Untersuchungszeitraum - Terminologie - Mündlichkeit/Schriftlichkeit - Da- tierungsprobleme und Quellenhierarchie - Zensur und Zensoren - Direkte, indirekte und apokryphe Quellen - Das Schreiberwesen in den Nachbardis- ziplinen - Zur Forschungssituation: Volkserzählungen als Quelle zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte - Text versus Kontext: Volkserzählung als Aus- druck sozialer Konflikte - „Ad/ontes ": die Arbeit mit Archivmaterialien — Forschungen zur Literali tat in den Nachbardisziplinen — Volkskundliche Schreib- und Leseforschung - Fremdsicht versus Eigensicht: Fragen der
„sozialen Funktion " vergangenen Erzählens - Schwerpunkt Lied als „lau- tere Quellengattung "
I Historischer Teil
1 Schreibende Mönche im Mittelalter: die Arbeit in den Scriptorien 27 1.1 „Calligraphi" und Vielschreiber 27 1.2 Schreiben als Anweisung auf das Jenseits 29 1.3 Die Säkularisierung des Schreiberwesens 30
2 Die Stadtschreiber (ab 1300): ein Forschungsüberblick 32 2.1 Entstehung und Entwicklung der Profession „Stadtschreiber" 34 2.1.1 Ein neuer Beruf entsteht: der Schreiber 35 2.1.2 Bezeichnungsvielfalt, Ausdifferenzierung und Titelsucht 35
2.2 Rechtsgrundlagen des Stadtschreiberamtes 41 2.2.1 Verträge und Eide der Stadtschreiber 41 2.2.2 Berufung auf das Gewohnheitsrecht .7. 41 2.3 „Fürnem, hochgelehrt, bescheiden vnd ehrbar" -
Voraussetzungen für die Amtsbesetzung 42 2.3.1 Eheliche Geburt und eheliche Kinder 42 2.3.2 Soziale und regionale Herkunft 44 2.3.3 Körperliche Voraussetzung: Sattelfestigkeit 46 2.3.4 Übersetzer und Schönschreiber mit Universitätsbildung 47 2.3.5 Leumund, Beziehungen, Referenzen 51 2.3.6 Vermögen 51 2.3.7 Einheirat und Bürgerrecht 52 2.3.8 Das richtige religiöse Bekenntnis 52 2.4 Pflichten 53 2.4.1 Verschwiegenheit, Unbestechlichkeit, Parteilosigkeit 53 2.4.2 Präsenzpflicht 54 2.4.3 Unterbringung
2.4.4 Zünftigkeit 55 2.5 Rechte, finanzielle Verhältnisse 56 2.5.1 Privilegien und Ehrenrechte der Stadtschreiber 56 2.5.2 Zwischen Armut und Spitzengehältern: Schreiber
als neureiche „Emporkömmlinge" im 17. Jahrhundert 58 2.5.3 Befreiung von der Steuerpflicht 66 2.6 Amtsdauer, Kündigung und Entlassungsgründe 66 2.6.1 Das Schreiben als Zubrot und das Amt auf Lebenszeit 66 2.6.2 Unmoralischer Lebenswandel,
politische Unbotmäßigkeit und Geldgier 67
2.7 Humanisten als Stadtschreiber und Schreiberdynastien 69 2.8 Die Zuständigkeitsbereiche der
Stadtschreiber und der Landschreiber 72 2.8.1 Professionelle Schreiber in den Städten und auf dem Land 72 2.8.2 Regionale Unterschiede 73 2.8.3 Größe und Bedeutung der Gemeinden: die Schreiber
in den Städten und die „Allesmacher" der Dorfgemeinde 73 2.9 Die Profession der Schreibmeister und die Schreibschulen 76
3 Die weitere Entwicklung: Schreiben
und Berufsschreiber bis in die Neuzeit 80 3.1 Das Problem der schriftlichen und der oralen Quellen
im Hinblick auf die Bedeutung des Stadtschreiberamtes -
einige quellenkritische Anmerkungen 81 3.2 Müßiggang oder Fleiß? Handarbeit
und Kopfarbeit der Schreiber „von unten" gesehen 83
4 Das 19. und das 20. Jahrhundert:
Schreiben und Berufsschreiber bis in die Gegenwart 88 4.1 Die Zeitschrift „Der Ratschreiber" 89 4.2 Zum Berufsprofil der Ratschreiber heute:
narrative Interviews 92 Exkurs: Entwicklungsländer 95 4.3 Moderne „Schreibstuben" - Sekundärer
und funktionaler Analphabetismus heute 96 5 Der Versuch der Neuinstallation des literarischen
Stadtschreiberamtes in Deutschland nach 1974 98
II Literaturhistorischer Teil
1 „An die Laternen, wer lesen und wer schreiben kann!" - Schreiber als Literaten und als Thema der Hochliteratur
vom 15. bis zum 20. Jahrhundert 105 1.1 Zwischen passiver Widergabe und
aktiver Produktivität: dichtende Schreiber 105 1.2 Zwischen Schreiberschelte und Schreiberlob:
Schreiben und Schreiber als literarisches Sujet 114 1.3 Schreiber oder Schriftsteller - ein Bezeichnungsproblem 132
III Volkskundlicher Teil
1 Schreibkompetenz in den verschiedenen Genres der Volksdichtung 143 1.1 Das Volkslied 143 1.1.1 „Der Schreiber brait sein Mantel aus / wohl ein in gräina Gras ..." -
der Schreiber in den Balladen 143 Der falsche Schreiber - Der Schreiber ohne Hände - Der hübsche Schrei- ber - Die schöne Jüdin - Der Schreiber im Korbe - Der Schreiber im Gar- ten — Fischerin und Schreiber - Die Graserin und der Schreiber — Zusam- menfassung
1.1.2 „Könnt' ich nur ein wenig lesen und schreiben, ich wollt nicht
länger Bauer bleiben" - Schriftkompetenz in den Bauernklagen 199 1.1.3 „Mei Schatz is a Schreiber / a Schreiber muß's sei..." -
der Schreiber und das Schreiben im Vierzeiler 209 Ständelieder zur Gattenwahl - Erotische Vierzeiler - Andere Vierzeiler - Berufswahllieder - Schreiben, Briefe und Schrift im Vierzeiler — Liebeslie- der über Schriftlichkeit als Vierzeiler - Exkurs: Zum sozialhistorischen Quellenwert von Vierzeilern
1.1.4 Schreiber, Schreiben, Schriftlichkeit und
Geschriebenes in anderen Volksliedgattungen 233
Schrift, Schreiben und Schreiber im politischen Agitationslied, in der Satire und im Gesellschaftslied - Schreiben im Liebesbrieflied - Schreiber- Wanderstrophen: „Wenn der Himmel war' Papier ... " — Schreiben in Sol- daten- und Abschiedsliedern - Didaktische Lieder über den Wert der Schriftbeherrschung
1.1.5 Zusammenfassung 262 1.2 „Wer schreibt, der bleibt" - „Je gelehrter, desto verkehrter" -
Schreibkompetenz im Sprichwort 263 1.2.1 Die Abbreviatur eines Themas: Persistenz
und Varianz gesprochener Klischees 263 1.2.2 Sprichwort und Sozialgeschichte 268 1.3 „... vil Bücher haben das macht ein nit gelehrt..." -
Schwanke und Witze über Schreiber und Schreiben 271 1.3.1 Analphabetenschwänke 271 1.3.2 Gelehrtenschwänke 275 1.3.3 Schreiberschwänke 280
Schwanke über den gewitzten „Aktendrescher"- Erotische Possen
1.3.4 Schwanke über den Umgang mit Schrift 286 Briefstellerschwänke - Rechtsschreib-Spottbriefe — Komische Schriftmagie 1.3.5 Wirklichkeitsbezug, Zeitschicht, Mündlichkeit und Schriftlichkeit,
Tradierung und Funktion von Schreiberschwänken 288 1.3.6 Fazit: Komik als Herabsetzung des Unantastbaren 294
Ambivalenz - Gattungswechsel zum Witz - Gelehrtenanekdoten - Intellektu- ellenspott heute: „Pinscher "
1.4 „Jeder geschriebene Buchstabe wiegt eine Sünde a u f - Schreiben als Sakrileg, Heilige als Schreiber und
jenseitige Buchführung in der Legende 297 1.5 „Er wurde aber zweiter Schreiber des Königs und gewann schließlich
die Hand der Königstochter" - Schreiber und Schreiben im Märchen 302 1.5.1 Schreiber und Schreiben im Zaubermärchen 302 1.5.2 „Dr. Allwissend" - Gelehrtenspott im Schwankmärchen 305
1.6 „Dort ist er noch jetzt und springt des Nachts ..." - Schreiber, Schrift und Schreiben in der Sage:
das Genre als sozialhistorische Quelle 310 1.6.1 Schreibersagen 312 1.6.2 Teufelsbündnersagen 315 1.6.3 Sagen über geschriebene Texte 317
Sagen über Schluckschriften - Sagen über die Wirkmächtigkeit von Schrift- amuletten - Himmelsbrief-Sagen - Teufelsbriefe - Sterbebriefe
1.6.4 Schlußfolgerung 330
2 Schriftlichkeitssymbole in mündlicher Überlieferung -
die Feder als Symbol in der Volksdichtung 331 2.1 Einleitung 331 2.2 Populäre ikonographische Symbole der Schriftlichkeit 333 2.3 Die Federsymbolik in den Volkserzählungen 338 2.3.1 Das magische Symbolfeld der .natürlichen' Federn 341 2.3.2 Die „intellektuelle" Symbolik der Schreibfeder:
ein anderer Seinsbereich 346 2.3.3 Schriftsymbole im Volksmärchen 348 2.3.4 Schreibfedern in Sprichwort und Volkslied 351 2.4 Einige Bemerkungen zur Symbolgenese 352 2.4.1 Feder und Schwert 352 2.4.2 Feder und Pflug 355 2.4.3 Feder und Tintenfaß 356 2.4.4 Die Feder in der Psychoanalyse 357 2.5 Die Symbolik der Schreibfeder im Volks- und Aberglauben 358 2.6 Zusammenfassung 359
3 Zwischen ,femina docta' und Cinderella:
schreibende Frauen und Frauenstereotypien in Volkserzählungen 360 3.1 Schreibende Frauen 360 3.1.1 Nonnen '. 360 3.1.2 Weltliche Berufsschreiberinnen 362 3.1.3 „Weibliche Gattungen" - Rechtfertigungstexte am Rande der Literatur 366 3.2 Schreibkundige Frauen im Urteil der Volksdichtung 370 3.2.1 Bisherige Forschungen zum „genderlect" der Quelle 370 3.2.2 Schreibende Frauen im Märchen 374 3.2.3 Schreibende Frauen in der Sage 381 3.2.4 Schreibende Frauen im Volkslied 382 3.2.5 Frauen- und bildungsfeindliche Sprichwörter 387 3.2.6 Witze über dumme Frauen 389 3.3 Geschlechterklischees in volkskundlichen „Metatexten" 390 3.4 „Jungfrauenzuchten": Frauenzimmerlektüre als
Mediator weiblicher Schreibstereotypien 392 3.5 Das Stadt-Land-Gefälle im Hinblick auf
Mündlichkeit und Schriftlichkeit von Frauen 395 3.6 Schlußfolgerungen 399
Schlußbetrachtung 402
Literatur 405 Stichwort- und Namenregister 445 Abkürzungen und Siglen 465 Liste der AaTh-Nummern 468