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DGB-Papier: Keine Ausnahme vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose Die generelle Ausnahme von Langzeitarbeitslosen vom Mindestlohn ist nicht zu rechtfertigen und stößt in der Praxis auf zahlreiche Probleme:

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DGB-Papier: Keine Ausnahme vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose

Die generelle Ausnahme von Langzeitarbeitslosen vom Mindestlohn ist nicht zu rechtfertigen und stößt in der Praxis auf zahlreiche Probleme:

1. Diese Gruppe ist nicht abgrenzbar.

Die Definition der Langzeitarbeitslosigkeit ist nicht eindeutig. In der Regel wird Langzeitarbeitslosigkeit angenommen, wenn jemand länger als ein Jahr arbeitslos ist. Doch können kurze Beschäftigungen oder andere Gründe diesen Zeitraum unterbrechen. Die Gruppe derjenigen, die schon längere Zeit ohne festes Einkommen sind, ist deswegen viel größer als die Zahl der „offiziell Langzeitarbeitslosen“.

Die Abgrenzung ist in jedem Fall unscharf.

Hinzu kommen rund 1,2 Millionen Personen in der „stillen Reserve“, die arbeitslos sind, aber nicht offiziell gemeldet sind. Dazu gehören z.B. auch Berufsrückkehrer/innen. Formal gelten sie als langzeitarbeitslos, obwohl es hier zahlreiche Ausnahmen gibt und die Gruppe sehr heterogen ist.

Individuelle Erfahrungen und Lebensleistung bleiben völlig unberücksichtigt. Aus diesen Gründen ist es gesetzlich schwer (wenn nicht unmöglich) zu definieren, für wen die Ausnahme genau gelten soll.

Auch Beschäftigte aus dem Ausland können langzeitarbeitslos sein oder sich als langzeitarbeitslos bezeichnen. Hier ist Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Äußerst problematisch wäre, wenn diese Gruppe von der Arbeitsagentur eine „offizielle Bescheini- gung“ bekämen, die sie als Langzeitarbeitslose ausweist. Dies würde die Beschäftigungschancen eher mindern als erhöhen. Wegen der stigmatisierenden Wirkung ist diese Bescheinigung für die Agenturen unzumutbar.

2. Niedrigere Löhne führen nicht zu Beschäftigung

Es gibt keine Hinweise darauf, dass Langzeitarbeitslose dann eingestellt werden, wenn die Löhne niedriger sind. Auch wissenschaftlich gibt es keinen Beleg für die These, dass ein bestimmter Mindest- lohn diese Gruppe praktisch vom Arbeitsmarkt ausschließt.

Wenn dies zutreffen würde, dürfte es derzeit in Deutschland keine Langzeitarbeitslosigkeit geben.

Tatsächlich ist die Langzeitarbeitslosigkeit – trotz eines großen Niedriglohnsektors – in Deutschland im internationalen Vergleich ungewöhnlich hoch und höher als in Ländern mit einem

Mindestlohnsystem. Dies spricht dagegen, dass es einen Zusammenhang zwischen Langzeitarbeits- losigkeit und Mindestlohn gibt.

Bereits jetzt sind die tariflichen Mindestlöhne in typischen Niedriglohnbranchen, in denen auch vermehr Langzeitarbeitslose unterkommen, bei 8,50 Euro oder sogar höher. Diese Tarifverträge sind mit Zustimmung der Arbeitgeber zustande gekommen.

3. In keinem europäischen Land gibt es Ausnahmen

Es ist kein europäisches Land mit Mindestlöhnen bekannt, das für diese Gruppe eine Ausnahme vorsehen würde. Dies gilt auch für Großbritannien, Frankreich, Belgien und die Niederlande.

4. Langzeitarbeitslosigkeit hat viele Gesichter

Ursache für Langzeitarbeitslosigkeit sind oft eine geringe Qualifikation, gesundheitliche Einschränkun- gen oder ein höheres Lebensalter. Die Hilfeansätze müssen sich jeweils danach richten.

Auch sind die Hilfen der Jobcenter bei der Integration in der Praxis unterschiedlich und oft unzureichend, wodurch sich Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt. Hinzu kommt ein

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„Stigmatisierungseffekt“, Langzeitarbeitslose werden oft gar nicht mehr zu einem

Vorstellungsgespräch eingeladen. Dies wird sich auch bei einem möglich geringeren Lohn nicht ändern.

5. Alternativen sind möglich

Die Arbeitsagenturen können bei der Einstellung Lohnkostenzuschüsse zahlen und so Anreize für Arbeitgeber bieten. Wenn der Lohn das entscheidende Kriterium wäre, müsste die Wirkung dieses Instrumentes hoch sein. Tatsächlich ist es auch mit Lohnkostenzuschüssen mühsam, Langzeitarbeits- lose zu vermitteln. Die Arbeitgeber sind nicht bereit, Personen einzustellen, deren Profil nicht passt.

Sinnvoll ist deswegen vor allem bei der Qualifikation anzusetzen. Lohndumping löst diese Probleme nicht.

Fazit:

Wenn für eine unscharf definierte Gruppe eine Ausnahme zugelassen wird, führt dies in der Praxis zu zahlreichen Missbrauchs- und Umgehungsmöglichkeiten. Wo soll der Mindestlohn für diese Gruppe festgelegt werden? Wie lange soll die Ausnahme gelten? Zählt nur Beschäftigung in einem Betrieb oder Beschäftigung insgesamt, z.B. in einem Leiharbeitsverhältnis.

Langzeitarbeitslose sind genauso schutzbedürftig, wie andere Beschäftigtengruppen. Auch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung ist keine Ausnahme zu rechtfertigen. Der Sinn des Mindestlohnes ist es gerade, eine untere Grenze für alle einzuführen.

Eine ökonomische oder juristische Begründung für eine Ausnahme gibt es nicht. Individuelle Hilfen sind wirkungsvoller als eine generelle Ausnahme vom Mindestlohn. So können die Agenturen im Einzelfall Lohnkostenzuschüsse zahlen, Weiterbildung anbieten, Hilfen bei der Bewältigung persönlicher Probleme (Suchtberatung, Schuldnerberatung, psychosoziale Beratung) organisieren oder Coaching während der Einarbeitungszeit.

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