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Lebensbedrohliche Alkoholexzesse

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48 DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2014 | www.pta-aktuell.de

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ie Droge Alkohol ge- nießt hier zu Lande gesellschaftliche An- erkennung; ihr Kon- sum gehört in der Erwachsenenwelt zur Normalität und wird mit Gesel- ligkeit und Entspannung assoziiert.

Bei der Jugend gilt dies als cool und Trinkfestigkeit als Beweis, kein Kind mehr zu sein. Vor diesem Hinter-

grund wird seit geraumer Zeit ein besorgniserregender Trend beob- achtet: Jugendliche und sogar Kinder treffen sich zum gemeinsamen Be- säufnis, bei dem extreme Mengen al- koholischer Getränke in kurzer Zeit konsumiert werden (Komasaufen).

Aus einem schweren Rauschzustand kann sich dann rasch eine lebens- bedrohliche Situation entwickeln.

Was im Gehirn passiert Regel- mäßig zu sich genommen, schädigt das Zellgift Ethanol langfristig auch in relativ geringen Mengen den ge- samten Körper. Insbesondere Leber, Herz, Magen und Nervensystem sind betroffen. Außerdem besteht die Gefahr, abhängig zu werden (Alkoholkrankheit). Die wichtigs- ten akuten Wirkungen löst Ethanol

Lebensbedrohliche Alkoholexzesse

© runzelkorn / fotolia.com

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Alkoholvergiftungen, die stationärer Behandlung bedürfen, steigt stetig. 2012 haben sich über 26 000 Jungen und Mädchen so stark betrunken, dass der Notarzt kommen musste.

PRAXIS RAUSCHTRINKEN

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aber im Zentralnervensystem (ZNS) aus. Hier sind es hauptsächlich zwei Neurotransmittersysteme, an denen es ansetzt: GABA-Rezeptoren, an denen die Erregbarkeit der Nerven- zellen herabgesetzt wird, werden angeregt – ähnlich wie durch Ben- zodiazepine oder Barbiturate – und bestimmte Glutamatrezeptoren, die unter anderem für Bewegungsteu- erung sowie Gedächtnisfunktionen wichtig sind, blockiert. Grob ver- einfacht dämpft Alkohol erregende Ereignisse im Gehirn und fördert die Hemmung neuronaler Aktivität.

Beides führt unter geringen Mengen zunächst zu einer angstlösenden, enthemmenden Wirkung, sprich:

Der Alkoholeinfluss macht lockerer, mutiger, hebt Kontaktfreude und Stimmung. Mit größeren Mengen kommt dann die Sedation zum Tra- gen. Neurologen sprechen von einer zentralnervösen Enthemmung, ge- folgt von einer Lähmung.

Akute Alkoholvergiftung Die beeinträchtigte Informationsüber- mittlung zwischen den Nervenzellen

führt zu den bekannten Phänome- nen wie Trübung der Sinneswahr- nehmungen und Störung von Spra- che und Gleichgewichtssinn. Die Folgen sind bekannt: von Redse- ligkeit und undeutlich werdender Sprache bis zum Torkeln und verlän- gerter Reaktionszeit (Stadium 1). Im Stadium 2 (bei einer Alkoholkonzen- tration von etwa 2 bis 2,5 Promille im Blut) gelingt es den Betroffenen immer weniger, sich zu artikulieren;

die Muskeln erschlaffen. In dieser Phase schlägt die gute Laune oft in Aggressivität um. Betroffene werden benommen und schläfrig.

Ab Stadium 3 (bis zu ungefähr vier Promille) wird der Betroffene be- wusstlos und es droht ein Schock.

Im Stadium 4 schließlich droht Kreislaufversagen. Die Pupillen des Patienten reagieren nicht mehr, sein Körper ist unterkühlt, die Atmung gestört; ein Atemstillstand (mit der Folge einer Sauerstoffunterversor- gung des Gehirns) droht. Diese zen- trale Atemdepression kann ebenso zum Tod führen wie eine Aspira- tion von Erbrochenem. In diesem Stadium haben Betroffene nämlich auch keine Schutzreflexe mehr wie den Lidschluss- oder Würgereflex.

Die Wirkung eines bestimmten Alkoholquantums variiert dabei je nach Körpergewicht, genetischer Ausstattung mit Alkohol-abbauen- den Enzymen, Geschlecht, Trink- gewohnheiten und Magenfüllung individuell und situationsabhängig.

Je rascher größere Mengen getrun- ken werden, umso gefährlicher der Effekt, da dann extrem hohe Level im Blut erreicht werden, noch bevor der Körper mit Übelkeit und Erbre- chen reagieren kann. Nicht nur die gleichzeitige Einnahme von Drogen oder Medikamenten kann durch Wechselwirkungen die Vergiftung beschleunigen und den Zustand verschärfen, auch in manchen Ge- tränken enthaltenes Methanol oder andere Fuselalkohole, die als Ne- benprodukte von Gärungsprozessen entstehen können, verschlimmern die Folgen zusätzlich. Kinder und Jugendliche reagieren in der Regel

deutlich empfindlicher auf Alkohol, das heißt, schon auf niedrigere Dosen.

Erste Hilfe Gibt es Hinweise auf eine Alkoholintoxikation, muss – auch wenn der Mensch (noch) an- sprechbar ist, als erstes ein Notarzt gerufen werden. Bewusstlose müs- sen in die stabile Seitenlage gebracht werden, um zu verhindern, dass sie im Fall des Erbrechens daran ersticken. Atmet die Person nicht, sind Wiederbelebungsmaßnahmen erforderlich. Weil Alkohol die pe- ripheren Gefäße weit stellt, kann es sehr rasch zu einer starken Ausküh- lung kommen; daher sollte die Per- son zugedeckt werden.

Teenagergehirne besonders gefährdet Anders als früher ge- dacht, dauert die Hirnentwicklung wesentlich länger und ist erst etwa im Alter von rund 25 Jahren kom- plett abgeschlossen. Gerade in der Adoleszenz, also der Übergangszeit zwischen Kindheit und Erwach- senenstadium, finden dynamische Veränderungen statt. Während das für Emotionen zuständige limbische System bei Jugendlichen weitgehend entwickelt und sehr aktiv ist, befin- det sich dessen Gegenpol, das Stirn- hirn (präfrontaler Kortex), noch in der Entwicklung. In diesem Teil des Gehirns vermutet man Arbeit- gedächtnis, Handlungsplanung und komplexe kognitive Leistungen wie Denken und Entscheidungsfindung.

Die unterschiedliche Reifungs- geschwindigkeit der verschiedenen Areale erklärt die relativ höhere Risi- kobereitschaft Jugendlicher. Da die Ausbildung von Verschaltungen im Gehirn in dieser Phase offenbar stark von äußeren Einflüssen geprägt wird, nimmt man an, dass Alkohol, vor allem in hohen Dosen, in diesem Lebensabschnitt besonders schädlich für das Gehirn ist. Nach epidemiolo- gischen Studien ist das Risiko einer Alkoholkrankheit umso größer, je früher die Erfahrungen mit dem Stoff gesammelt werden. ■

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin PROBLEM

ENERGYDRINKS

Zusätzlich kritisch kann es sich auswirken, wenn auf Feiern Hochprozentiges mit Koffein- und Taurin-haltigen Limona- den gemixt wird. Abgesehen davon, dass sich alkoholisierte Personen nach Konsum sol- cher aufputschender Getränke fälschlich für noch fahrtüchtig halten und so sich und andere gefährden, ist die Kombination für sich riskant: Derartige Mi- schungen können lebens- gefährliche Reaktionen aus- lösen, von Herzrhythmus- störungen über Nierenversagen bis zu Krampfanfällen, warnt das Bundesinstitut für Risiko- bewertung – Todesfälle nicht ausgeschlossen.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2014 | www.pta-aktuell.de

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