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Möglichkeiten und Grenzen in der Onkologie

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Tagungsbericht

Ärzteblatt Sachsen 3/2004 101

Das diesjährige Dresdner hämatologisch-onko- logische Gespräch stand unter dem Thema

„Möglichkeiten und Grenzen in der Onkolo- gie“ und beleuchtete dieses Thema aus ver- schiedenen Perspektiven. Nach der Begrüßung durch G. Ehninger als Klinikdirektor richtete F. Bendas als Vertreter des Sächsischen Staats- ministeriums für Soziales ein Grußwort an die Teilnehmer.

Aus diagnostisch-radiologischer Sicht stellten J. von Ruthendorf und M. Laniado (Dresden) anhand anschaulicher Beispiele die Fragen in den Mittelpunkt, die sich aus einer technisch immer besseren Bildauflösung ergeben.

Welche Bedeutung etwa kommt kleinsten pul- monalen Rundherden, einer Lymphknotengröße von über 10 mm oder einer MR-tomographi- schen Signalalteration nach Tumoroperation zu? Die Einordnung zunehmend erkennbarer, von der Norm abweichender Strukturen in ei- nen sinnvollen diagnostisch-therapeutischen Kontext wird damit oftmals zur schwierigen Aufgabe, ist aber zugleich Voraussetzung für eine sinnvolle und schließlich für den Patienten nützliche Planung des weiteren Behandlungs- planes.

R. Konopke u. Mitarb. (Dresden) stellten die verbesserten Möglichkeiten der sonographi- schen Detektion von Raumforderungen in der Leber unter Einsatz von Echokontrastmittel dar; der therapeutische Nutzen besteht insbe- sondere in der verbesserten prädiktiven Beur- teilung der Operabilität und in der Vermei- dung nunmehr absehbar explorativer Laparo- tomien. Unter dem Thema „High tech versus hish risk – Präzisionsstrahlentherapie“ stellte H. Alheit (Dresden) die faszinierenden Mög- lichkeiten einer intensitätsmodulierten Strah- lentherapie bis hin zum dose-painting und der Stereotaxie dar. Die Abwägung der Vorteile dieser technisch anspruchsvollen Bestrahlungs- techniken gegen ihre Grenzen, die sich aus der Biologie des Tumors, aus der nur begrenzt reproduzierbaren exakten Lagerung und aus den entstehenden Kosten ergeben, wurde er- läutert. Aus internistisch-onkologischer Sicht ging G. Folprecht (Dresden) auf die Möglich- keiten und Grenzen systemischer Therapie am Beispiel kolorektaler Karzinome ein.

G. Ehninger sprach über das Thema „Trans- plantation von Blutstammzellen – historische Entwicklung und neue Transplantationsme- thoden“ zur faszinierenden Entwicklung, die die Therapie von Leukämien, hochmalignen Lymphomen und anderen durch intensivierte

Zytostase und das allogene Therapieprinzip behandelbaren Entitäten in den letzten Jahren genommen hat.

Im folgenden Vortragsblock stand die Sub- jektivität des Kranken im Vordergrund.

W. Böker (Heidelberg) stellte die Grundsätze des ärztlichen Handelns unter dem Thema:

„Das Subjekt des Kranken: Terra incognita der modernen Medizin?“ dar. Es wurde deut- lich, dass aufgrund des naturwissenschaftlichen Paradigmas die Erhebung immer detaillierterer Befunde im Mittelpunkt ärztlichen Handelns steht, so dass oftmals der Eindruck eines „frag- mentierten Patienten“ entsteht. Hingegen sind die Erläuterung dieser Befunde und die Kommunikation mit dem Patienten über de- ren Bedeutung für die weitere Behandlung der Krankheit und sein Leben ungerechtfertigt weit in den Hintergrund getreten. In der Dis- kussion wurden diese Positionen besonders unter den Aspekten des ärztlichen Zeitfonds und der universitären Ausbildung hinterfragt;

die Bedeutung einer patientengerechten Kom- munikation über Befunde für eine vertrauens- volle Arzt- Patient-Beziehung blieb dabei un- widersprochen.

D. Wieghardt (Dresden) schilderte den Ver- lauf einer allogenen Knochenmarktransplan- tation vor nunmehr neun Jahren aus eigenem Erleben. Daraus ableitend stellte er eindrucks- voll dar, wie wichtig für den Patienten die Entwicklung einer langfristig tragfähigen Mo- tivation und ebenso das aktiv-partnerschaftli- che Verhältnis zu seinen Behandlern im the- rapeutischen Konzept ist. Kritische Anmerkun- gen aus Patientensicht betrafen insbesondere formalisierte Abläufe im Rehabilitationspro-

zeß sowie bei Gutachten und Verunsicherungen des Patienten im Falle mangelhaft geklärter Verantwortlichkeiten im klinischen Alltag.

F. Schönhöfer (Dresden) demonstrierte Da- ten einer Fragebogenerhebung zum Befinden von Patienten vor und nach Stammzelltrans- plantation.

V. Köllner und C. Haag (Blieskastel/Dresden) sprachen zum Thema „Arzt-Patient-Kommu- nikation in der Onkologie – Bericht über ein Ausbildungsprojekt“ und stellten dabei die Dresdner Erfahrungen mit studentischen Ge- sprächsgruppen dar als eine wichtige Methode, die kommunikative Kompetenz angehender Ärzte wesentlich zu verbessern.

Zum Thema: „Das Gesundheitssystem – ein marktwirtschaftliches System? Der Patient als Kunde!?“ hielt H. P. Marr (Dresden) einen klaren und konstruktiv-kritischen Vortrag. Er mahnte die dringende Reformierung der Struk- turen des Gesundheitssystems an, die durch die überwiegend auf Kostendämpfung zielen- de GKV-Reformgesetzgebung allenfalls in An- sätzen ermöglicht wird. Weil Krankheitsbe- griff und Leistungsbedarf offen sind, ist Ge- sundheit kein marktfähiges Gut. Zudem feh- len dem Patienten charakteristische Merkmale eines Kunden wie z.B. Souveränität im Kauf- vorgang; daher kann eine vordergründige „Kun- denorientierung“ im Gesundheitssystem zur Verdrängung der Hauptprobleme beitragen.

Hingegen ist die integrative Versorgung eine angemessene strukturelle Neuerung und soll- te konstruktiv angegangen werden.

Aus klinischer Sicht stellte H. A. Neumann (Bochum) in seinem Vortrag: „Ärztliches Han- deln unter den Bedingungen der DRGs“ ein-

Möglichkeiten und Grenzen in der Onkologie

16. Dresdner hämatologisch-

onkologisches Gespräch

14./15.11.2003

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Tagungsbericht Verschiedenes

102 Ärzteblatt Sachsen 3/2004

drucksvoll dar, dass die DRG-Methode zwar eine exakte und perfekte Leistungserfassung suggeriert und zu sinkender Sterblichkeit im Krankenhaus sowie kürzerer Verweilzeit im Krankenhaus führt. Dem steht allerdings ge- genüber, dass bereits erwiesen ist, dass die Zahl der Wiedereinweisungen zunimmt und die Mortalität nach Klinikentlassung ebenfalls.

Kritisch beleuchtete er auch den enormen Dokumentationsaufwand und die Tatsache, dass die zuwendungsorientierte Medizin im DRG-System stark unterrepräsentiert ist.

In seinem Vortrag: „Patientenautonomie zwi- schen ärztlichem und juristischem Paternalis- mus“ konzentrierte sich D. Sternberg-Lieben (Dresden) auf die Folgen des Urteils des 12. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 17.03.2003; insbesondere wurde kritisch an- gemerkt, dass die Rechtssicherheit durch die divergenten Entscheidungen von Straf- und Zivilrechtskammer des BGH eher gemindert wurde. Auch aus verfassungsmäßiger Sicht wertete der Vortragende das Urteil kritisch. Es schloss sich eine ausführliche Diskussion an, die sich der in diesem Urteil einerseits gestie- genen Bewertung der ärztlichen Indikation, andererseits aber auch der geringeren Bewer- tung des Patientenwillens in Patientenverfü- gungen und in Vorsorgevollmachten widmete.

Am zweiten Tag des Symposiums leitete W.

Schweidtmann (Lippstadt) ein und beschäf- tigte sich mit der Frage, ob es einen ethisch begründeten Therapieverzicht bei onkologi- schen Patienten gibt.

F. Oehmichen (Dresden) stellte in einem kla- ren und umfassenden Referat die unterschied- lichen Perspektiven und Bewertungen dar, die derzeit zum Thema „Künstliche Ernäh- rung – Möglichkeiten und Grenzen“ vertre- ten werden. Er erläuterte seine Position, dass bei onkologischen Patienten künstliche Ernäh- rung nicht per se indiziert sei oder nicht, son- dern sich die Indikation in einer palliativen Therapiesituation individuell dann ergibt, wenn künstliche Ernährung ein Mittel zur Erreichung der vom Patienten vorgegebenen Therapieziele darstellt. Insgesamt bedarf die- ses Thema dringend größerer Aufmerksam- keit, da zum Beispiel 120000 PEGs derzeit in Deutschland im Einsatz sind.

„Schmerztherapie bei Tumorpatienten“ wur- de ausführlich von S. Michel (Dresden) dar- gestellt.

B. Hirche (Dresden) stellte ihren persönlichen Weg des Trauerns um Ehemann und Tochter eindrucksvoll dar bis hin zur aktiven Neu- orientierung, für die sie ihre Kraft auch als grüne Dame aus persönlichen Begegnungen mit dankbaren hilfsbedürftigen Menschen in Krankenhäusern gewinnt.

Krankenhausseelsorger N. Krause (Dresden) reflektierte an Hand ganz persönlicher Lebens- wege bei schwerer Erkrankung die individuell unterschiedlichen Handlungsansätze und Le- bensplanungen, die rational von außen manch- mal kaum verständlich sind. Dennoch besteht eine zentrale und wichtige Aufgabe für die

Helfer darin, den Weg von Patienten zu ak- zeptieren und sie auf diesem zu begleiten.

Abschließend berichtete B. Schubert (Dres- den) über ein bevorstehendes Modellprojekt eines Palliativ-care-Brückenteams am Kranken- haus St. Joseph-Stift, das ambulanten schwer- kranken Tumorpatienten kontinuierliche Sicher- heit bieten und damit eine häusliche letzte Lebenszeit ermöglichen wird.

Das Symposium klang aus mit einem Kam- merkonzert und einer Buchlesung im Seel- sorgezentrum des Universitätsklinikums. Das war zugleich ein Symbol für den ganzheit- lichen Charakter der Veranstaltung, in der wiederum naturwissenschaftliche und psycho- soziale, theologische, juristische und patien- teneigene Gesichtspunkte dargelegt und da- mit der Komplexität der Onkologie Rechnung getragen wurde.

Wir danken wiederum besonders den Referen- ten für ihr Engagement und der pharmazeuti- schen Industrie, die durch ihre Unterstützung das Symposium ermöglichte.

Das 17. Dresdner hämatologisch-onkologische Gespräch findet am 19./20.11.2004 statt.

Korrespondenzanschrift:

Dr. Heinrich Günther und Prof. Dr. Gerhard Ehninger Medizinische Klinik und Poliklinik I

Fetscherstraße 74, 01309 Dresden Tel. 0351 4584186, Fax. 0351 4585362 heinrich.guenther@uniklinikum-dresden.de

Zur Förderung des akademischen Nachwuch- ses in der Geriatrie hat die Robert Bosch Stif- tung 2003 das Forschungskolleg Geriatrie ins Leben gerufen. Für 2005 und 2006 wer- den bis zu zehn Kollegstipendien vergeben.

Im Mittelpunkt des Kollegs steht die selbstän- dige wissenschaftliche Arbeit an einem For- schungsprojekt der geriatrischen Medizin und Versorgungsforschung. Ein umfassendes Aus- bildungsprogramm, das alle wesentlichen As-

pekte der modernen Geriatrie abdeckt, ergänzt dieses Angebot. Darüber hinaus ist eine zeit- lich begrenzte klinische Mitarbeit an einem der beteiligten Krankenhäuser vorgesehen. Das Forschungs- und Ausbildungsprogramm er- streckt sich über zwei Jahre. Das Angebot richtet sich in erster Linie an promovierte, wissenschaftlich interessierte Ärzte in Wei- terbildung, die ihre Berufsperspektive in der Geriatrie sehen. Die Vergütung innerhalb des

Forschungskollegs lehnt sieh an BAT IIa an.

Die Kollegiaten werden für die Dauer des Stipendiums an einem der beteiligten Kran- kenhäuser angestellt. Für einen verkürzten Förderzeitraum können sich auch Fachärzte bewerben.

Bewerbungsschluss ist der 30. April 2004.

Weitere Informationen finden Sie unter www.forschungskolleg-geriatrie.de

Forschungsstipendien Geriatrie

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