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schale aus der Wiener Kunstkammer (Inventarnummer KK 1697)

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© Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, 2020.

Einleitung

In den 1930er Jahren stieß Carl Walther Fischer (1897 – 1979), Kustos am damaligen Staatlichen Museum für Mineralogie und Geologie zu Dresden (heute Museum

für Mineralogie und Geologie in den Senckenberg Natur- historischen Sammlungen Dresden), bei seinen Recher- chen zu dem ehemals europaweit bekannten historischen

Zur sächsischen Provenienz einer ungefassten Amethyst­

schale aus der Wiener Kunstkammer (Inventarnummer KK 1697)

On the Saxonian provenience of an amethyst bowl from the Kunstkammer in Vienna (inventory number KK 1697)

Ulf Kempe

1

, Klaus Thalheim

2

& Michael Wagner

3

1 TU Bergakademie Freiberg, Institut für Mineralogie, Brennhausgasse 14, 09596 Freiberg/Sa.; ulf.kempe@mineral.tu-freiberg.de — 2 Sen- ckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden, Museum für Mineralogie und Geologie, Sektion Mineralogie, Königsbrücker Landstraße 159, 01109 Dresden; klaus.thalheim@senckenberg.de — 3 Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Grünes Gewölbe, Taschenberg 2, 01067 Dresden; michael.wagner@skd.museum

Revision accepted November 1, 2019.

Published online at www.senckenberg.de/geologica-saxonica on April 3, 2020.

Kurzfassung

In der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien wird unter der Inventarnummer KK 1697 eine ungefasste Amethystschale aufbewahrt, die bisher unter Nutzung stilistischer Kriterien in das 17. Jahrhundert datiert wurde und heute auf einem im 19. Jahrhundert gefertigten, gedrechselten hölzernem Fuß präsentiert wird. Eine nähere Begutachtung des Amethystes der Schale zeigt, dass es sich hier- bei um das größte bisher bekannte geschnittene Objekt aus sogenanntem „Purschensteiner Amethyst“, einem historischen sächsischen Schmuckstein, handelt. Ein Vergleich der Inventare der Wiener Sammlungen mit den bereits von Carl Walther Fischer und Lothar Riedel ausgewerteten Akten im sächsischen Staatsarchiv lässt die Vermutung zu, dass besagte Schale zwischen 1727 und 1729 von dem aus Hei- delbach nahe Purschenstein stammenden Glasschneider Johann Caspar Schmieder gefertigt wurde. Schmieder war zu diesem Zeitpunkt als Steinschneider in Dresden tätig. Zwischen 1727 und 1731 gelangte das außergewöhnliche, jedoch ungefasste Objekt wahrscheinlich über Maria Josepha (1699 – 1757), die Gemahlin des sächsischen Kurprinzen, zukünftigen Kurfürsten und polnischen Königs Friedrich Augut II. / August III. (1696 – 1763), zu deren Onkel, Kaiser Karl VI. (1685 – 1740) und durch diesen in die Wiener Kunstkammer.

Abstract

In the Museum of Art History in Vienna, an amethyst bowl worked in the form of a shell is stored under inventory number KK 1697. Up to now, the amethyst bowl was dated back to the 17th century based on stylistic criteria. Recently, it is presented on a woody postament added in the 19th century. Evaluation of characteristic features of the used amethyst material revealed a Saxonian provenience. The bowl turns out to be the largest known object made of amethyst from Purschenstein, a historical hardstone from the Erzgebirge region, Saxony. A survey of historical documents in Vienna and Dresden led us to the suggestion that this bowl was probably made between 1727 and 1729 by the glass cutter Johann Caspar Schmieder born in Heidelbach near Purschenstein, who at that time worked as a stone cutter in Dresden. He pre- sented it to the princess Maria Josepha (1699 – 1757), wife of the later Saxonian elector and King of Poland Friedrich Augut II. / August III.

(1696 – 1763). Probably, Maria Josepha gave the exceptional object to her uncle, emperor Karl VI. (1685 – 1740) in Vienna. The latter, in turn, gave it to the Kunstkammer were it remained up to recent times.

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Vorkommen des sogenannten Rochlitzer Achates auf ein Aktenteil, das den Abbau des zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig in Vergessenheit geratenen Purschensteiner Amethysts im 18. Jahrhundert betraf. Fischer wertete auch diesen unerwarteten archivalischen Fund umfang- reich aus und versuchte anhand der Überlieferungen, die genauere Lage des historischen Fundpunktes zu bestim- men. Seine Erkenntnisse legte er in einer Publikation von 1938 nieder, wodurch das Purschensteiner Vorkommen wieder in das öffentliche Bewusstsein gerückt wurde (Fischer 1938). Die Akten wurden in den 1980er Jahren nochmals von Lothar Riedel recherchiert und fanden Eingang in eine zusammenfassende Darstellung in dem viel beachteten Buch von Werner Quellmalz und Jürgen Karpinski „Die edlen Steine Sachsens“ von 1990 (Quell- malz & Karpinski 1990). In dieser Publikation wird auch aus den originalen Akten zitiert. So heißt es unter anderem in einem Schreiben der Mitarbeiter des säch- sischen Oberbergamtes, Oberberghauptmann Carl Chris- tian von Tettau (1681 – 1747) und Oberbergamtsverwal- ter F. N. Voigt an den Kurfürsten August den Starken (1670 – 1733), datiert auf den 26. November 1729, dass der Dresdner Steinschneider Schmieder „aus dem, was er zuerst gefunden, eine Dose gemacht, dem Grafen von Lesgewang zugestellet, und auf Anfrage, wie sich zuver- halten? die Resolution bekommen, es wäre dieses nur eine Kleinigkeit, er solle beßere Stücke ausrichten, und

Pension bekommen, darauf er viele Kosten angewendet, von guten Amethysten eine Dose gemacht, so Ihro Kö- nigl. Hoheit die Cron-Prinzeßin bekommen, das übrige aber so in ein Trinck Geschirr und Schnecken Muschel ge arbeitet gewesen, und ohngefehr 12. Stück Tobacks Do sen bestanden, habe der Graff von Lesgewang bekom- men davor er ihm nur das Macher Lohn bezahlet, bis auf 4. Dosen, so gleichfalls Ihre Hoheit die Cron Prinzeßin erhalten.“ (Quellmalz & Karpinski 1990: 96). Der Graf Hans Caspar von Lesgewang (? – um 1729) war seit 1723 sächsischer Vice-Bergwerksdirektor. Mit F. N. Voigt ist vermutlich Friedrich Nicolaus Voigtel, nachweisbar als Oberbergamtsverwalter ab 1718 bis 1735, gemeint. Sein Vorgänger war Johann Gottlieb Voigt, nachweisbar 1715 und 1716, ab 1728 Mitglied des sächsischen Berg-Colle- giums (Zimmermann 2019).

Es kann davon ausgegangen werden, dass mit der

„Cron-Prinzeßin“ Maria Josepha (1699 – 1757), Toch- ter des Kaisers Joseph I. (1678 – 1711), seit der Hochzeit 1719 Gemahlin des sächsischen Kurprinzen und zukünf- tigen Kurfürsten sowie polnischen Königs Friedrich Au- gust II. / August III. (1696 – 1763), gemeint ist (Abb. 1).

Der Brief des Oberbergamtes in Freiberg an den Kur- fürsten beruht offensichtlich auf mündlichen Aussagen von Johann Caspar Schmieder selbst, wobei die genau- en Umstände der Übergabe der verarbeiteten Dosen und der „Schneckenmuschel“ an den Vizebergwerksdirektor bzw. an die Kurprinzessin unklar bleiben.

Aus den Akten geht weiter hervor, dass Schmieder über die Kontrolle des Abbaus praktisch auch ein Mo- nopol über die weitere Verwendung des Amethysts hatte und dass er aus dem Stein vor allem Dosen, insbesondere Schnupftabaksdosen geschnitten hat. Über den Verbleib seiner Werke ist bisher recht wenig Gesichertes bekannt geworden.

Bisher bekannte Objekte aus Purschen­

steiner Amethyst

In jüngster Zeit hat sich Gerhard Holzhey noch einmal eingehender mit dem Purschensteiner Vorkommen aus- einandergesetzt. In einem Artikel in der Zeitschrift der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft gibt er eine ausführliche Beschreibung der äußeren Merkmale des Amethysts und eine Aufstellung der bisher bekannten Kunstobjekte, an denen das Material Verwendung fand (Holzhey 2015). Die Aufstellung umfasst lediglich 14 Ob - jekte bzw. Objektgruppen. Davon sind sieben sogenann- te „Steinkabinette“ (ein Tisch und sechs Dosen), die erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Umfeld des am Dresdner Hof tätigen Steinschneiders Christian Gottlob Stiehl (1708 – 1792), des Hofjuweliers, Inspek- tors am Grünen Gewölbe und Geheimen Kämmerers Heinrich Taddel (1714 – 1794) und des Hofgoldschmie- des Johann Christian Neuber (1735 – 1808) entstanden.

In den „Steinkabinetten“ wurden nur jeweils ein (in ei- nem Fall drei) bis zu wenige Zentimeter große Stücke Purschensteiner Amethyst neben vielen anderen säch-

Abb. 1. Porträt der sächsischen Kurfürstin und polnischen Königin Maria Josepha (1699 – 1757). Louis de Silvestre. 18. Jahrhundert.

Fig. 1. Saxonian electress and Queen of Poland Maria Josepha (1699 – 1757). Louis de Silvestre, 18th century.

Foto/Photo: © Wikimedia Commons; Foto: HAMPEL Fine Art Auc- tions Munich (2016)

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sischen Hartsteinen verwendet (Abb. 2). Den Autoren sind inzwischen noch sieben weitere derartige Steinka- binettsdosen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bekannt geworden, an denen das Material in ähnlicher Weise eingesetzt wurde, so dass die Gesamtzahl der ge- sicherten „Steinkabinette“ mit Purschensteiner Amethyst mit 14 angegeben werden kann. Die erwähnten Dosen sind heute weltweit über verschiedene Museen und Pri- vatsammlungen verstreut. Als ein weiteres, bisher un- berücksichtigtes Objekt kann hier zusätzlich der unter maßgeblicher Beteiligung von Johann Christian Neuber 1782 gefertigte Prunkkamin genannt werden, welcher ursprünglich als Geschenk für den russischen Thronfol- ger und späteren Zaren Paul I. gedacht war. Der heute in Teilrekonstruktion im Neuen Grünen Gewölbe in Dres- den zu sehende Kamin trug eine im letzten Krieg leider verloren gegangene, eigenhändige Signatur Neubers. An den Postamenten der zwei kleinen Vasen links und rechts auf dem Kaminsturz sind zum Teil als Cabochons gear- beitete Stücke von Purschensteiner Amethyst verwendet worden (Abb. 3; Thalheim 2017: 74).

Die späte Verarbeitung von Amethyst aus dem Pur- schensteiner Vorkommen in den „Steinkabinetten“ und am genannten Kamin ist insofern bemerkenswert, dass der Abbau des Materials zu diesem Zeitpunkt schon lan- ge erloschen war. Nach Aktenlage wurde das Amethyst- vorkommen vermutlich in den 90er Jahren des 17. Jahr- hunderts erstmalig aufgefunden (Fischer 1938: 47). Eine intensivere Ausbeutung erfolgte jedoch nur über den kur- zen Zeitraum zwischen 1727 und 1734 bzw. maximal bis 1737 durch den Dresdner Steinschneider Johann Caspar Schmieder, der dafür ab 1730 auch eine Konzession be- saß (Freiesleben 1828; Fischer 1938: 45 – 49; Quellmalz

& Karpinski 1990: 95 – 98; Thalheim 1998: 21; Thalheim 2016). Danach sind keine weiteren Abbauaktivitäten ak-

tenkundig. Ursache dafür mag gewesen sein, dass die Ausbeute in den letzten Jahren sehr gering ausfiel und die Funde sich geologisch in sekundärer Lagerung be- fanden, also kein massiver Quarzgang angetroffen wur- de (Fischer 1938: 45 – 50). Christoph Gottlob Lichtwer (1675 – 1736), notierte zum Beispiel auf seiner Reise durch das kursächsische Erzgebirge im Auftrag August des Starken am 6. August 1731 in seinem im Sächsischen Hauptstaatsarchiv erhaltenen Bericht, dass die Amethyst- gerölle „dem Ansehen nach nicht von nahen Anbrüchen herrühren, sondern weiter transportiert sein müßten.“

(Quellmalz & Karpinski 1990: 18).

Von den restlichen in der Aufstellung von Holzhey erfassten sieben Objekten und Objektgruppen sind zwei ungefasste Tabaksdosendeckel, die sich in einer entspre- chenden Sammlung des Naturhistorischen Museums Schloss Bertholdsburg in Schleusingen/Thüringen befin- den (Inv.-Nr. AU 1689 und AU 2483). Ein ungefasstes, sehr dünnwandiges Schälchen, vermutlich ein Dosen- unterteil, gelangte 1830 mit der Blockschen Sammlung in das Grüne Gewölbe in Dresden (Inv. Nr. V 2 fff). Es wurde von Jutta Kappel Johann Caspar Schmieder zuge- schrieben (Kappel 1998: 170). Außerdem haben sich vier größere Cabochons in der ehemaligen Mineralsammlung der sächsischen Kurfürsten und Könige, den jetzigen Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden, erhalten (Inv.-Nr. Min 635 Sa (MMG); Abb. 4).

Nur drei der gelisteten Objekte sind in Goldschmie- dearbeit gefasste Tabaksdosen. Davon befindet sich eine in der Sammlung Bursche in Berlin (Bursche 1996) und zwei im Bestand des Royal Collection Trust London (Inv.-Nr. RCIN 4375 und RCIN 9162; alle Materialzu- schreibungen nach Holzhey 2015). Über den Verbleib der in der Akte genannten Schneckenmuschel ist bisher nichts bekannt geworden.

Abb. 2. Steinkabinettsdose von Johann Christian Neuber. Detail des Plättchens aus Purschensteiner Amethyst (laut Eintrag im bei- liegendem Originalkatalog). Staatliche Kunstsammlungen Dres- den, Grünes Gewölbe, Inventarnummer V 628.

Fig. 2. „Steinkabinett“ snuffbox by Johann Christian Neuber.

Detail with the specimen of Purschenstein amethyst (according to the description in the added original catalogue). Staatliche Kunst- sammlungen Dresden, Green Vault, inventory number V 628.

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Foto: Michael Wagner (2019)

Abb. 3. Prunkkamin von 1782, ursprünglich signiert von Johann Christian Neuber. Detail mit Cabochon an der linken kleinen Vase aus Purschensteiner Amethyst. Staatliche Kunstsammlungen Dres- den, Grünes Gewölbe, Inventarnummer I 51.

Fig. 3. Chimneypiece from 1782, originally signed by Johann Christian Neuber. Detail of the left small vase with a cabochon made of Purschenstein Amethyst. Staatliche Kunstsammlungen Dres den, Green Vault, inventory number I 51.

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Foto: Michael Wagner (2019)

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Die Amethystschale KK 1697 in der Kunst­

kammer in Wien

In der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien findet sich unter der Inventarnummer KK 1697 eine aus ei- nem ganzen Stück Amethyst in Form einer Muschel mit ei- nem schneckenförmigen Abschluss gearbeitete Schale, die durch eine klare Form, saubere Verarbeitung und Schnitt, Transparenz des Amethysts, die auffällige Materialstruktur und Färbung und ihre für diesen Hartstein ungewöhnliche Größe von 9,0 | | 15,5 | | 9,1 cm (Höhe | | Länge | | Breite) besticht (Abb. 5). Ihre Herkunft wurde bisher auf Mittel- europa und ungefähr auf das 17. Jahrhundert eingegrenzt.

Die Schale ist nicht gefasst und wurde wohl erst zum Zwecke der öffentlichen Präsentation im 19. Jahrhundert durch einen gedrechselten Holzfuß ergänzt.

Eine nähere Begutachtung des verwendeten Ame- thysts zeigt eine sehr charakteristische strahlige Struktur und neben purpurfarbenen (Amethyst) auch mehr bräun- lich gefärbte Bereiche (Rauchquarz) – charakteristische Merkmale, wie sie bisher nur für ein größeres Amethyst- vorkommen in Europa bekannt geworden sind, nämlich für den so genannten Purschensteiner Amethyst aus dem Erzgebirge in Sachsen (Abb. 6). Mehrere Tafeln aus ganz ähnlichem Material lassen sich auch im sächsischen Teil des so genannten Taddelschen Gesteinskabinetts im Grünen Gewölbe in Dresden nachweisen, das im 18.

Jahrhundert durch den Juwelier und Inspektor des Grü- nen Gewölbes Heinrich Taddel zusammengestellt wurde

(Abb. 7). Der klare stoffliche Befund weist zunächst auf eine sächsische Herkunft des für die Amethystschale ver- wendeten Rohsteines hin.

In den Inventaren der Wiener Kunstkammer lässt sich die Amethystmuschel bis 1750, bzw. bis 1731 zu- rückverfolgen. Im Inventar von 1750 wird das Stück als

„Eine mittlere länglich faconierte muschel aus amethist ohne fusz und fassung“ beschrieben (Zimmermann 1889:

278). Die Zuordnung zum Inventar der Geheimen Klei- nen Schatzkammer von 1731 ist weniger sicher, da hier die entsprechenden Nummern und gleich lautenden Be- zeichnungen fehlen. Folgender Eintrag scheint jedoch eine Zuordnung zu rechtfertigen: „Eine amathistmuschl ohne fuesz in einem rothledernen fueteral, ihro kais. Maj.

von ihro durchlaucht der churprinzessin aus Sachsen ver- ehrt.“ (Zimmermann 1889: 217). Auch hier müsste ne- ben Kaiser Karl VI. (1685 – 1740), der von 1711 bis 1740 römisch-deutscher König und Kaiser war, die zukünftige Kurfürstin Maria Josepha gemeint sein. Das rote Futteral wird in späteren Inventaren leider nicht mehr erwähnt.

Abb. 4. Eines der vier aus Purschensteiner Amethyst gearbeiteten historischen Cabochons (6 × 4,5 × 0,5 cm) aus der mineralogi- schen Sammlung der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dres den, Inventarnummer Min 635 Sa (MMG). Als Fundort ist Purschen stein angegeben (Katalog, erstellt von Johann Heinrich Gottlieb Gössel zwischen 1832 und 1846, Band II, Seite 305, Num- mer 6 „Faseriger Amethyst“).

Fig. 4. One out of four historical cabochons (6 × 4,5 × 0,5 cm) made from Purschenstein amethyst. Mineralogical collection of the Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden, inventory number Min 635 Sa (MMG). As the place of the materials origin Purschenstein is given (catalogue, which was created by Johann Heinrich Gottlieb Gössel between 1832 and 1846, volume II, page 305, number 6 “Fibrous Amethyst”).

© Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden, Foto: Jana Wazeck (2016)

Abb. 6. Detail der Amethystschale KK 1697 mit charakteristischen Merkmalen des Purschensteiner Amethysts.

Fig. 6. Detail of the amethyst bowl KK 1697 with characteristics typical of Purschenstein amethyst.

© TU Bergakademie Freiberg, Foto: Ulf Kempe (2017)

Abb. 5. Amethystschale, Kunsthistorisches Museum Wien, Inven- tarnummer KK 1697.

Fig. 5. Amethyst bowl, Art History Museum Vienna, inventory number KK 1697.

© Kunsthistorisches Museum Wien

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Diskussion

Zur Provenienz der Amethystschale

Aus dem Materialbefund und der Aktenlage kann ver- mutet werden, dass es sich bei der in Wien befindlichen muschel- bzw. schneckenförmigen Schale um eines der Objekte gehandelt haben könnte, die 1729 von Schmie- der übergeben wurden und von denen zumindest ein Teil in den Besitz der Kurprinzessin Maria Josepha gelangte.

Wohl weil es sich um ein außergewöhnlich großes und schönes Stück handelt, ist die „Schneckenmuschel“ in dem Schreiben von 1729 auch explizit erwähnt. Falls un- sere Vermutung zutrifft, wurde besagte Amethystschale zwischen 1727 und 1729 vom Dresdner Steinschneider Johann Caspar Schmieder gefertigt, der offiziell das al- leinige Abbaurecht auf den Purschensteiner Amethyst besaß. Auch wenn aus den Akten nicht eindeutig hervor- geht, ob und wie genau die Schale in den Besitz der Kur- prinzessin gelangte, scheint der Umstand, dass diese in Zusammenhang mit der Übergabe der aus dem Material verfertigten Stücke direkt genannt wird, ein Indiz dafür, dass sie letztlich die Adressatin gewesen sein könnte. Das wertvolle Präsentationsobjekt konnte kaum in den Hän- den des Bergdirektors verbleiben. Maria Josepha machte wohl später das Prunkstück ihrem Onkel zum Geschenk, durch welchen es dann vor 1731 in den Bestand der Ge- heimen Kleinen Schatzkammer kam.

Auf Grund der Materialbestimmung und der Akten- lage können die bisher unsichere Herkunft sowie das Al- ter und die mögliche Autorenschaft der Wiener Schale genauer bestimmt werden. Die Kunstkammer in Wien erweist sich im Besitz eines in Größe und Qualität unika- lem Objektes aus Purschensteiner Amethyst. Die Schale wäre das erste gesicherte Werk des zeitweilig in Dresden

Neustadt-Ostra (dem heutigen Stadtteil Friedrichstadt in Dresden) ansässigen und tätigen Steinschneiders Johann Caspar Schmieder (Fischer 1938: 46). Träfe dies zu, wä- ren wiederum Rückschlüsse auf andere Objekte möglich, wie zum Beispiel auf eine ungefasste, in sehr ähnlicher Weise als Muschel geschnittenen Schale aus Amethyst, die sich im Grünen Gewölbe in Dresden befindet (Inv.

Nr. V 531) und schon vorher Schmieder zugeschrieben wurde (Kappel 1998: 169). Eine abschließende Bewer- tung des verwendeten Materials steht jedoch hier noch aus. Quellmalz und Karpinski (Quellmalz und Karpinski 1990: 158, 187) nennen als Material „Purschensteiner Amethyst“, während im Katalog von Jutta Kappel (Kap- pel 1998: 169) von einem der Autoren „violetter Ame- thyst und bräunlicher Jaspis aus Schlottwitz bei Glas- hütte“ angegeben ist.

Der Glasstandort Heidelbach und der Glas­ und Steinschneider Johann Caspar Schmieder

Über den Steinschneider Johann Caspar Schmieder und sein Schaffen ist bisher wenig bekannt geworden. Aus den oben zitierten Akten geht hervor, dass er aus Hei- delbach, einem Ort in der Herrschaft Purschenstein in unmittelbarer Nähe des Fundpunktes, stammen muss.

Allerdings war er in der Zeit des intensiven Abbaus von Amethyst in der Herrschaft Purschenstein selbst in Dres- den ansässig. Bei der Visitation der Abbaue durch das sächsische Oberbergamt war Schmieder nie vor Ort und die gewonnenen Rohsteine wurden in Heidelbach, im Hause seines Vaters Gottfried Schmieder, der Glasarbei- ter war, gelagert. Wie aus der Arbeit von Gisela Haase von 1988 über das sächsische Glas und seine Herstel- lung hervorgeht, ist der Steinschneider Johann Caspar Schmieder vermutlich mit einem Glasschneider gleichen Namens aus Heidelbach identisch (Haase 1988). Heidel- bach war über mehrere Jahrhunderte hinweg Standort zweier bedeutender sächsischer Glashütten, die auch den Dresdner Hof belieferten (Haase 1988: 249, 285).

Nach dem Dreißigjährigen Krieg, als evangelische Glasarbeiter aus Böhmen wieder zurück nach Sachsen einwanderten, bis nach dem Siebenjährigen Krieg, als der Niedergang der sächsischen Glashütten durch die bil- lige Konkurrenz anderer Standorte einsetzte, erlebten die Heidelbacher Hütten eine Blütezeit. Dabei spielten wohl auch die vorhandenen Vorkommen des für die Glaspro- duktion wichtigen reinen Quarzes in der Umgebung eine große Rolle (Haase 1988: 285).Es kann vermutet wer- den, dass Schmieder oder sein Konkurrent, der Richter Johann Christian Dieze aus dem nahen Heidelberg, bei der Suche nach Quarz oder Eisenstein auf das Amethyst- vorkommen gestoßen sind (Fischer 1938: 47).

Wie Dokumente und Grabungsfunde belegen, ge- langten um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert durch eingewanderte Glasschneider die technischen Kenntnisse zum tiefen und hohen Glasschnitt auch nach Heidelbach (Haase 1988: 28 – 29, 285). Dass qualifizier-

Abb. 7. Tafel aus dem Steinkabinett von Heinrich Taddel, Num- mer 63 der sächsischen Steine (Purschensteiner Amethyst), Staatli- che Kunstsammlungen Dresden, Grünes Gewölbe.

Fig. 7. Specimen number 63 of the Saxonian stones from the stone cabinet by Heinrich Taddel (Purschenstein amethyst), Staatli- che Kunstsammlungen Dresden, Green Vault.

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Foto: Michael Wagner (2016)

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te Glasschneider auch als Steinschneider tätig wurden, war in dieser Zeit häufiger der Fall, wie es sich z.B. für einen anderen Konkurrenten von Schmieder in Bezug auf den Wiederauer Achatbruch bei Rochlitz, den Glas- und Steinschneider Christoph Abraham Stephani, belegen lässt (Haase 1988: 134, 280).

Allerdings stellt der Schnitt und Schliff des spröderen und härteren Amethysts (einer Farbvarietät des Quarzes) auch höhere technische Anforderungen. Die Besonder- heiten und Traditionen des Glasschliffes könnten einige Merkmale wie die Gestaltung des Hochreliefs und die Behandlung der Kanten erklären, wie sie an Schmieder zugeschriebenen Werken, insbesondere an der bespro- chenen Amethystschale, zu beobachten sind.

Die erste bekannte urkundliche Nachricht zur Person von Schmieder betrifft seine Hochzeit 1719 in Dresden, wo er auch 1720 und 1721 als Einwohner und Glas- schneider nachweisbar ist (Haase 1988: 280).

In den beiden Eingaben an den Kurfürsten von 1729 wird Johann Caspar Schmieder als Steinschneider in Neu- stadt-Ostra (heute der Stadtteil Friedrichstadt in Dres den) bezeichnet (Fischer 1938: 46).

Offensichtlich hatte er versucht, in der Residenz- stadt als Edelsteinschneider Fuß zu fassen, was letztlich misslang. Am 23.11.1735 heiratet der Edelsteinschnei- der Schmieder erneut(?) und wird in Heidelbach tätig.

Wie der Heimatforscher Johannes Eichhorn herausfand, starb Schmieder am 25.07.1767 in Einsiedel (gemeint ist vermutlich Bad Einsiedel in direkter Nachbarschaft von Heidelbach; siehe Haase 1988: 280). Kirsche gibt als Le- bensdaten für den Edelstein- und Glasschneider Johann Kaspar Schmieder wohl entsprechend den Einträgen in den Kirchenbüchern 28.12.1696 – 25.07.1767 an (Kir- sche 2004: 231).

Schlussbetrachtungen

Schmieder war Glas- und Edelsteinschneider, kein Ju- welier. Das erklärt vielleicht auch, warum die Amethyst- schale ungefasst geblieben ist, die von Schmieder an Graf Lesgewang und über Maria Josepha und Kaiser Karl VI.

innerhalb relativ kurzer Zeit bis in die Wiener Kunstkam- mer gelangte, auch wenn unklar bleibt, warum sie von Schmieder (oder Lesgewang?) an Maria Josepha und nicht an den sächsischen Kurfürsten weitergegeben wur- de. Dass die Schale in die Kleine Geheime Schatzkammer gelangte, zeugt von der Wertschätzung, die das Objekt am Wiener Hof erfuhr. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass die Amethystschale im ungefassten Zustand eher das außergewöhnliche Material und den hervorragenden Steinschnitt zelebriert, was eigentlich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Zeitalter der Aufklärung und des Übergangs zum Klassizismus üblich wurde, wie zum Beispiel die eingangs erwähnten Steinkabinettsdo- sen belegen. Es muss aber auch berücksichtigt werden, dass Amethyst, der heute nur als Schmuckstein gilt, im 18. Jahrhundert, bevor größere Mengen von Material aus

Brasilien, Uruguay und Madagaskar nach Europa ge- langten, als wertvoller Edelstein galt. Die Wiener Schale beeindruckt den heutigen Betrachter noch immer durch ihre außergewöhnliche Größe, die schöne Zeichnung und hervorragende Verarbeitung.

Danksagungen

Die Autoren danken insbesondere den Kuratoren der Wiener Kunstkammer, Herrn Paulus Rainer und Herrn Franz Kirchweger für Ihre Unterstützung sowohl bei der Begutachtung der Objekte aus der Kunstkammer, als auch bei den Quellenforschungen und der Vorbereitung der vorliegenden Publikation. Wir danken dem Mitarbeiter des Bergarchivs Freiberg im Sächsischen Hauptstaats- archiv, A. Henry Zimmermann, für seine Recherche zum Oberberg- amtsverwalter F. N. Voigt(el).

Literatur

Bursche, S. (1996): Galanterien. Dosen, Etuis und Miniaturen aus Gold und Edelsteinen, Email und Porzellan. Eine Berliner Pri- vatsammlung. – 1 – 183, Berlin (Ars Nicolai).

Fischer, W. (1938): Das Amethyst-Vorkommen von Purschenstein im Erzgebirge. – Mitteilungen aus dem Staatlichen Museum für Mineralogie und Geologie zu Dresden (Zwinger) Nr. 44:

45 – 50.

Freiesleben, C. J. (1828): Magazin für die Oryktographie von Sach- sen, Heft 2, Freiberg (Craz und Gerlach): 14 – 15.

Haase, G. (1988): Sächsisches Glas. – 1 – 379, Leipzig (VEB See- mann Verlag).

Holzhey, G. (2015): Charakteristik des Purschensteiner Amethysts aus dem sächsischen Erzgebirge und seine Verwendung im 18.

Jahrhundert. – Zeitschrift der Deutschen Gemmologischen Ge- sellschaft 64 (3/4): 53 – 72.

Kappel, J. (1998): Deutsche Steinschneidekunst aus dem Grünen Gewölbe zu Dresden (Katalog der Sonderausstellung), Deut- sches Edelsteinmuseum Idar – Oberstein und Staatliche Kunst- sammlungen Dresden. – 1 – 193, Idar – Oberstein (Editon des Deutschen Edelsteinmuseums).

Kirsche, A. (2005): Zisterzienser, Glasmacher und Drechsler. Glas- hütten in Erzgebirge und Vogtland und ihr Einfluss auf die Seiffener Holzkunst. – Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit u. Umwelt, 27. – 1 – 254, Münster (Waxmann).

Quellmalz, W.; Karpinski, J. (1990): Die edlen Steine Sachsens. – 1 – 200, Leipzig (Deutscher Verlag der Grundstoffindustrie).

Thalheim, K. (1998): Die Suche nach edlen Steinen in Sachsen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. – in: Kappel, J.: Deutsche Stein- schneidekunst aus dem Grünen Gewölbe zu Dresden (Ka ta log der Sonderausstellung), Deutsches Edelsteinmuseum Idar- Ober stein und Staatliche Kunstsammlungen Dresden. – 11 – 25, Idar- Oberstein (Editon des Deutschen Edelsteinmuseums).

Thalheim, K. (2016): Ein historischer Streifzug zur Suche und Ver- wendung von Schmucksteinen in Sachsen vom 16. bis zum 18.

Jahrhundert. – Mineralien-Welt, 27(4): 30 – 31.

Thalheim, K. (2017): Das Schmucksteininvenar des Prunkkamins von Johann Christian Neuber aus dem Jahr 1782. – Geologica Saxonica, 63: 63 – 84.

Zimmermann, A. H. (2019): freundliche schriftliche Mitteilung.

Zimmermann, H. (1889): Jahrbuch der Kunsthistorischen Samm- lungen des allerhöchsten Kaiserhauses, 10 (Regest 6253): 278 und (Regest 6241): 217.

Referenzen

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