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Organisationskultur und Kreativität : Offnungs- und Schließungsprozesse in Theatern und Forschungsorganisationen

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Academic year: 2022

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Organisationskultur und Kreativität:

Öffnungs- und Schlieûungsprozesse in Theatern und Forschungsorganisationen

Sabine Boerner und Diether Gebert

Zusammenfassung.Zur Förderung organisationaler Kreativität sind einerseits Öffnungsprozesse, wie z.B. die Förderung individuel- ler Freiheiten, notwendig. Diese Öffnungsprozesse führen jedoch andererseits zu Koordinationsdefiziten, die den Organisationserfolg gefährden. In einer empirischen Studie wird erstmals gezeigt, dass in Forschungseinrichtungen (n= 113 Befragte) und in Theatern (n= 88 Befragte) Öffnungsprozesse stets von parallelen Schlieûungsprozessen (durch Förderung von Orientierung, Konsens und Ver- trauen) begleitet sind. Diese reduzieren die negativen Sekundäreffekte der Öffnung, können sie jedoch im Theater nicht vollständig kompensieren, weil hier ein besonders hoher Koordinationsbedarf besteht. Im Theater wird daher zusätzlich der Grad der Öffnung selbst reduziert, um der Entstehung negativer Sekundäreffekte vorzubeugen.

Schlüsselwörter: Forschung, Kreativität, Koordination, Öffnungsprozesse, Organisationskultur, Theater

Organizational culture and creativity: A comparison of scientific institutions and theaters

Abstract.On the one hand, processes of opening (e.g., enhancement of individual autonomy) are needed in order to promote organiza- tional creativity. On the other hand, these processes lead to problems with coordination that jeopardize the success of the organization.

In an empirical study conducted in research institutes (n= 113) and theatres (n= 88) it is shown that processes of opening are accom- panied by parallel processes of closure (by orientation, consensus, and trust). These processes reduce the negative secondary effects of opening, but in the case of the theatre cannot completely compensate for them because the need to coordinate is especially great there.

In the theatre, the degree of opening itself is reduced as well in order to prevent the development of negative secondary effects.

Key words: science, creativity, coordination, opening processes, organizational culture, theatre

Zur Balance zwischen offener und geschlossener Organisationskultur

Die Offenheit oder Geschlossenheit einer Organisations- kultur wurde von Gebert und Boerner (1995; 1999) auf drei Dimensionen beschrieben: Auf der anthropologi- schenDimension (Voluntarismus versus Determinismus) steht in der offenen Organisationskultur die Annahme im Vordergrund, der Mensch könne die Regeln des Zusam- menlebens selbst bestimmen und stehe der Welt eher als Subjekt denn als Objekt gegenüber. In der geschlossenen Kultur werden Regeln dagegen als unveränderliche Sach- zwänge interpretiert, so dass sich der Einzelne hier um- gekehrt eher als Objekt fühlt. Auf dersozialenDimensi- on (Individualismus versus Kollektivismus) werden in der offenen Kultur Gleichwertigkeit, Interessenheteroge- nität und Individualität der Organisationsmitglieder be- tont. Spiegelbildlich hierzu ist eine geschlossene Organi- sationskultur durch Ungleichwertigkeit, Interessenhomo- genität und Kollektivität gekennzeichnet. Schlieûlich be-

stehen Unterschiede auf dererkenntnistheoretischenDi- mension (Vorläufigkeit versus Endgültigkeit): In einer offenen Organisationskultur gilt menschliches Wissen generell als irrtumsbehaftet und insofern nur als vorläu- fig; Erkenntnis wird hier in einem Prozess destrial und error schrittweise gewonnen. Demgegenüber ist in der geschlossenen Organisationskultur definitive Erkenntnis möglich, weil menschliches Wissen hier als gesichert und endgültig betrachtet wird.

Kreative Leistungen, die durch ihre Neuartigkeit de- finiert sind (Shalley, Gilson & Blum 2000, S.215), wer- den durch eine Öffnung der Organisationskultur geför- dert: Öffnungsprozesse auf der erkenntnistheoretischen Dimension laden dazu ein, Neues auszuprobieren und kreative Initiativen zu entwickeln. Wenn nichtendgültige Wahrheitenvorgegeben werden, können neue Optionen erkannt werden, und die Realität erscheint ± hieran ge- messen ± als veränderungsbedürftig.

Dies ist die motivationale Voraussetzung dafür, dass auf der anthropologischen Dimension über die Frage der Veränderungsfähigkeit der organisationalen Realität nachgedacht wird. Eine offene Organisationskultur, in der der Einzelne sich nicht als Objekt, sondern als Sub-

DOI: 10.1026/0932-4089.48.2.73

Dieser Beitrag wurde unter der geschäftsführenden Herausgeber- schaft von Uwe Kleinbeck für die Zeitschrift Arbeits- und Organisa- tionspsychologie begutachtet und zum Abdruck akzeptiert.

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2008/5306/

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-53060

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jekt versteht, fördert die Entwicklung kreativer Impulse, weil der Einzelne meint, etwas bewegen zu können (Ge- bert, Boerner & Lanwehr 2001, S. 211)

Gelten auf der sozialen Dimension im Sinne der offe- nen Gesellschaft Gleichwertigkeit und die Annahme von Interessenheterogenität, so dürfen nicht nur ausgewählte Experten,sondernalleOrganisationsmitglieder Verände- rungsvorschläge formulieren, so dass das Potenzial für kreative Lösungen wächst. In einer individualistischen Kultur wird darüber hinaus eher die Kreativitätsbarriere der Konformität überwunden.

Eine Öffnung der Organisationskultur verbindet sich jedoch gleichzeitig mit negativen Sekundäreffekten, die insbesondere die Koordination in der Organisation beein- trächtigen (Gebert et al., 2001). Eine einseitige Öffnung der Organisationskultur gefährdet die Aggregierung der individuellen kreativen Impulse, weil inflationäre und daher nicht umsetzbare Veränderungsansprüche formu- liert werden, weil eine ausgeprägte Heterogenität der Gruppenmitglieder die Verständigung erschwert und zu dysfunktionalen Effekten (z. B. Konflikten) führt und weil die Gefahr vonEndlos-Diskussionenbesteht.

Daher finden in Organisationen gleichzeitig Schlie- ûungsprozesse statt, die die Integration der Organisation verbessern: Orientierung, Konsens und Vertrauen federn alsPuffer die negativen Sekundäreffekte einer einseiti- gen Öffnung ab (Gebert et al., 2003) (vgl. Abbildung 1).

Auswirkungen negativer Sekundär- effekte auf kreative Prozesse in For- schungsorganisationen und Theatern

Durch eine parallele Integration können die negativen Sekundäreffekte einer Öffnung der Organisationskultur im Theaterjedoch nichtgänzlichabsorbiert werden. For- schungsorganisationen und Theater zeichnen sich als kreative Organisationen gleichermaûen durch einen ho- hen Öffnungsbedarf aus, unterscheiden sich jedoch in Bezug auf ihren Koordinationsbedarf ± aus diesem Grund werden diese beiden Bereiche nachstehend kon- trastiert.

Der künstlerische Produktionsprozess im Theater ist durch eine hohesimultane Interdependenzder Aufgaben (Saavedra, Earley & Van Dyne, 1993) gekennzeichnet:

Während der Aufführung sind insbesondere die Beiträge der künstlerischen Mitwirkenden (z.B. Einsätze der Sän- ger und Orchestermusiker) gleichzeitig zu erbringen, um den Eindruck einer stimmigen Interpretation zu erzeugen (Boerner, 2002). Aufgrund der simultanen Interdepen- denz müssen im Theater in erster Linie die Prozesse selbst koordiniert werden.

Ein Forschungsprojekt erfordert dagegen nur in Aus- nahmefällen ein gleichzeitiges Handeln der Mitglieder eines Forschungsteams. In der Regel werden Teilaufga- ben definiert, die von den Beteiligten zumindest zeitwei- se voneinander unabhängig bearbeitet werden. Aus die- sem Grund dominiert in Forschungsorganisationen eine sequenzielle Interdependenzder Aufgaben (Saavedra et al., 1993). In der Forschung werden überwiegend Teiler- gebnisse der einzelnen Gruppenmitglieder koordiniert, die im Wesentlichen in voneinander unabhängigen Teil- prozessen entstanden sind.

Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die oben skizzierten, auch bei gleichzeitiger Integration ver- bleibenden Gefährdungen der Koordination durch Öff- nungsprozesse im Theater gröûer sind als in Forschungs- organisationen. Folglich wird im Theater der Öffnungs- grad im Sinne einer Prophylaxe von vornherein einge- schränkt. Zusammenfassend werden folgende Unter- schiede in Bezug auf die Organisationskultur in Theatern und Forschungsorganisationen angenommen, die nach- stehend empirisch überprüft werden:

1. Die Tatsache des Balancierens lässt sich in beiden Organisationstypen nachzeichnen: Sowohl im Thea- ter als auch in Forschungseinrichtungen besteht ein positiver Zusammenhang zwischen Öffnungsgraden einerseits und Schlieûungsgraden andererseits.

2. In Forschungseinrichtungen besteht ± bei gleichzeiti- ger Schlieûung durch Integration ± ein positiver Zu- sammenhang zwischen der Öffnung der Organisa- tionskultur und der Steigerung der Forschungsquali- tät. Im Theater ist der Zusammenhang zwischen der Öffnung der Organisationskultur und dem Organisa- tionserfolg (hier: der künstlerischen Qualität) ± trotz gleichzeitiger Schlieûung ± kleiner als in der For- schung.

Abbildung 1.Positive und negative Effekte einer Öffnung der Organisationskultur auf die Generierung und Koordi- nation kreativer Ideen.

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3. Theater weisen einen niedrigeren Öffnungsgrad der Organisationskultur auf als Forschungsorganisatio- nen.

4. Ohne den Puffer Integration (Orientierung, Konsens, Vertrauen) wird in beiden Organisationstypen der Zusammenhang zwischen Öffnung und Organisa- tionserfolg kleiner.

Empirische Untersuchung

Stichprobe

1

Für die TeilstichprobeTheaterwurdenn= 88 Mitarbeiter aus 13 öffentlichen deutschen Theatern schriftlich be- fragt. Die Befragten rekrutierten sich aus dem künstleri- schen Bereich (64%) und dem technischen Bereich (36%) des Theaters. Die Teilstichprobe aus dem Bereich

Forschung bestand ausn= 113 Mitarbeitern aus 28 For- schungsinstitutionen. Dabei waren etwa ein Drittel (37%) der Befragten in Hochschulinstituten beschäftigt und etwa zwei Drittel (63%) in Instituten der auûeruni- versitären Forschung. Die Fragebögen wurden persönlich ausgehändigt; dadurch bedingt betrug der Rücklauf 60%. Weitere Details zur Beschreibung der Stichprobe finden sich bei Boerner (2002).

Operationalisierung der Konstrukte

Zur Operationalisierung der Offenheit einer Organisa- tionskulturwurde ein bereits validierter Fragebogen (Ge- bert, Boerner & Matiaske, 1998) eingesetzt. Da die drei oben beschriebenen Dimensionen, systematisch bedingt, hoch positiv interkorreliert sind (ebenda, 1998), wurde für die nachfolgende Untersuchung ein Skalensummen- wert über die Items aller Dimensionen berechnet (vgl.

Tabelle 1).

Tabelle 1.Operationalisierung der Offenheit der Organisationskultur

Dimension Items (Beispiele)

Anthropologisch(Voluntarismus

vs. Determinismus): 16 Items Der Erfolg dieser Organisation wird vor allem auf die Fähigkeit zurück- geführt, etwas zu bewegen und Veränderungen aktiv herbeizuführen.

Sozial(Individualismus

vs. Kollektivismus): 11 Items In dieser Organisation wird erwartet, dass Mitarbeiter zur Realisierung der gemeinsamen Ideen und Ziele Opfer bringen und dabei auch schon einmal ihre persönlichen Ziele zurückstellen. (rekodiert)

Erkenntnistheoretisch(Vorläufigkeit

vs. Endgültigkeit): 9 Items In dieser Organisation gibt es viel Besserwisserei und Dogmatik.

(rekodiert) Reliabilität (Cronbachsa) = .93

Anmerkungen.Fünfstufige Skala (5 =ja; 1 =nein).

Tabelle 2.Operationalisierung der Integration durch Orientierung (O), Konsens (K) und Vertrauen (V)

1. In Ihrer Organisation verliert keiner die Orientierung; jeder ist sich sicher, wie er zu denken und zu handeln hat. (O) 2. Es gelingt den Führungskräften in dieser Organisation immer, den Mitarbeitern eine eindeutige Grundorientierung

zu vermitteln. (O)

3. Auch wenn man manchmal in Detailfragen ratlos ist, ist die generelle Richtung der Aufgabenstellung klar. (O) 4. In Ihrer Organisation ziehen alle an einem Strang. Streitereien, die den Zusammenhalt ernsthaft gefährden,

gibt es hier nicht. (K)

5. Selbst mühsam erreichte Einigungen werden durch Nörgler und Querulanten immer wieder zerredet (rekodiert). (K) 6. In Ihrer Organisation kann man auch Schwächen zeigen, ohne dass es gegen einen verwendet wird. (V)

7. Prinzipielle Zweifel am richtigen Vorgehen darf man in dieser Organisation vielleicht haben, aber mit Sicherheit nicht äuûern. (rekodiert) (V)

Reliabilität (Cronbachsa) = .78

Anmerkungen.Fünfstufige Skala (5 =ja; 1 =nein).

1 Wir danken Bettina Zippel, Christiane Ulitsch und Carsten Har- nack für die Unterstützung bei der Gewinnung der Stichproben.

(4)

Die Integration durch Orientierung, Konsens und Vertrauen wurde über sieben Items erfasst, die zu einem SummenwertIntegrationzusammengefasst werden (vgl.

Tabelle 2).

Zur Messung derkünstlerischen Qualitätim Theater wurde auf ein Instrument zurückgegriffen, das sich in vorangegangenen Studien bewährt hat (Boerner &

Krause, 2002; Boerner, 2002). Die Items dieser Quali- tätsmessung (vgl. Tabelle 3) wurden zu einem Summen- wertkünstlerische Qualitätaddiert.

Für die Operationalisierung der Qualität von For- schungseinrichtungenexistieren bereits Messvorschläge, die jedoch nicht unumstritten sind (Bolsenkötter, 1986;

Hüfner, 1991). Hier werden daher vorwiegend abstrakte Maûstäbe verwendet, die sich u.a. an den Empfehlungen des Wissenschaftsrates orientieren (Wissenschaftsrat, 1975). Die Items werden zu einem Summenwert For- schungsqualitätzusammengefasst (vgl. Tabelle 4).

Ergebnisse der Untersuchung

Sowohl in Forschungseinrichtungen als auch im Theater nehmen mit steigender Öffnung gleichzeitig Schlie- ûungsprozesse durch Orientierung, Konsens und Vertrau- en zu (vgl. Tabelle 5).

Damit bestätigt sich die Annahme einer Balance aus paralleler Öffnung und Schlieûung der Organisationskul- tur. Die Höhe der Korrelationen ist auffällig. Zur Erklä- rung ist darauf hinzuweisen, dass beide Konstrukte (Öff- nung und Integration) jeweils von ein und derselben Per- son eingestuft wurden. Die Zusammenhänge können da- her autokorrelativ überschätzt sein.

In Forschungsorganisationen besteht ± bei gleichzei- tiger Schlieûung ± ein signifikant positiver Zusammen- hang zwischen der Öffnung der Organisationskultur und

der Forschungsqualität (r= .31; n= 103; p< .01). Im Theater ist dagegen erwartungsgemäû ± trotz gleichzeiti- ger Schlieûung ± der Zusammenhang zwischen der Öff- nung der Organisationskultur und der künstlerischen Qualität schwächer ausgeprägt (vgl. Tabelle 6). Der Be- trag der Korrelation ist hiergeringerals in der Forschung und wird nicht mehr signifikant.

Aufgrund der spezifischen Öffnungsrisiken ist der Grad der Öffnung der Organisationskultur im Theater im Sinne einer prophylaktischen Dosierung signifikantge- ringer als in Forschungseinrichtungen (vgl. Tabelle 7).

Entsprechend zeigt sich in der Empirie ein weitgehend autoritärer Führungsstil im Theater (Boerner, 2002).

Schlieûlich lässt sich auch der Puffer-Effekt der Integration in beiden Organisationstypen nachzeichnen.

Ohne parallele Integration verringert sich der Zusam- menhang zwischen einer Öffnung der Organisationskul- tur und dem jeweiligen Organisationserfolg (Forschungs- qualität bzw. künstlerische Qualität). Dieser Puffer-Ef- fekt wird sichtbar, wenn man den FaktorIntegrationaus- partialisiert.

Partialisiert man in Forschungsorganisationen dieIn- tegrationaus der Beziehung zwischenÖffnungundFor- schungsqualität heraus, so wird dieser Zusammenhang nicht mehr signifikant (r= .09;n= 54; n.s.). Der Unter- schied zwischen dieser Partialkorrelation und der oben Tabelle 3.Operationalisierung der künstlerischen Quali-

tät im Theater

Wie beurteilen Sie die künstlerische Qualität Ihres Hauses in Bezug auf die einzelnen Aufführungen?

1. Gemessen an Ihren persönlichen Erwartungen 2. Gemessen an der Resonanz des Publikums 3. Gemessen an der Reaktion der Presse 4. Gemessen an der Reaktion des Intendanten 5. im Vergleich zu anderen Häusern

Reliabilität (Cronbachsa) = .77

Anmerkungen. Siebenstufige Skala (1 =sehr niedrig; 7 =sehr hoch).

Tabelle 4.Operationalisierung der Forschungsqualität Wie beurteilen Sie die Leistungsqualität Ihrer Forschungseinrichtung?

1. Insgesamt

2. Gemessen an Ihren persönlichen Qualitätsansprü- chen/Erwartungen

3. Gemessen an Ihren individuellen wissenschaftlichen Fähigkeiten

4. Gemessen an den wissenschaftlichen Fähigkeiten al- ler Mitglieder Ihrer Forschungseinrichtung

5. Gemessen an der Neuentwicklung von Theorien 6. Gemessen an der Neuentwicklung von Methoden 7. Gemessen am Problembezug des Untersuchungsob-

jekts (gesellschaftlich dringliche und deshalb rele- vante Fragestellungen)

8. Gemessen an der Anwendung wissenschaftlicher Methoden

9. Gemessen an präzise formulierbaren Ergebnissen 10. Gemessen am Problemlösungsbezug der Ergebnisse Reliabilität (Cronbachsa) = .92

Anmerkungen.Siebenstufige Skala (1 =sehr niedrig; 7 =sehr hoch).

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berechneten Korrelation (vgl. Tabelle 6) ist signifikant (t= 1,83; p< .05). Ohne den Puffer Integrationwerden in der Forschung also die positiven Effekte der Öffnung durch die negativen Sekundäreffekte neutralisiert.

Im Theater werden ohne gleichzeitige Schlieûung durch Integration die positiven Effekte der Öffnung nicht nur kompensiert, sondern tendenziell überkompensiert:

Die Korrelation zwischen Öffnung und künstlerischer Qualitätwird hier bei Auspartialisierung der Integration negativ (r = ±.29; n= 43; p< .05). Die Differenz zwi- schen diesem Wert und der nicht auspartialisierten Kor- relation (vgl. Tabelle 6) ist ebenfalls signifikant (t= 2,04;p< .05).

Fazit

Methodisch ist einschränkend noch einmal auf die Mög- lichkeit der autokorrelativen Überschätzung der Enge der Beziehung zwischen den Variablen zu verweisen. Auch können die Resultate dieser Studie nicht auf beliebige Forschungsorganisationen und Theater generalisiert wer- den. Dennoch stützen die partialanalytischen Befunde vergleichsweise eindrucksvoll die These, dass Öffnungs- prozesse auch in dem hier untersuchten Kreativbereich mit Risiken verbunden sind. Es bleibt weiteren Studien vorbehalten, die hier nur korrelativ widergespiegelten Ursache-Wirkungs-Annahmen z.B. durch längsschnitt- artige Prozessanalyen zu bestätigen.

Tabelle 5.Interkorrelationen zwischen Öffnungsprozessen und Schlieûungsprozessen durch Integration im Theater und in Forschungsorganisationen

Theater Forschungsorganisationen

Öffnung Integration Öffnung Integration

Öffnung 1

(88) Öffnung 1

(113) Integration .75***

(54) 1

(58) Integration .74***

(80) 1

(95)

Anmerkungen.***p< .001; Fallzahlen in Klammern; Schwankungen in der Stichprobengröûe entstehen durch fehlende Werte; die Fragen zur Integra- tion konnten in beiden Teilstichproben jeweils nur einem Teil der Befragten vorgelegt werden.

Tabelle 6.Interkorrelationen zwischen der Öffnung der Organisationskultur und dem Organisationserfolg im Theater und in der Forschung

Theater Forschungsorganisationen

Öffnung Künstlerische

Qualität Öffnung Forschungsqualität

Öffnung 1

(88) Öffnung 1

(113) Künstlerische

Qualität .20 n.s.

(71) 1

(79) Forschungsqualität .31**

(103) 1

(103)

Anmerkungen. **p< .01; Fallzahlen in Klammern; Schwankungen in der Stichprobengröûe entstehen durch fehlende Werte.

Tabelle 7.Unterschiede im Grad der Öffnung zwischen Theatern und Forschungsorganisationen

Theater (n= 88) Forschung (n= 113)

Mittelwert Standardfehler

des Mittelwerts Mittelwert Standardfehler

des Mittelwerts t p

Öffnung 112.33 2.49 124.00 2.05 ±3.64 .000

Anmerkungen.Ergebnisse dest-Tests für unabhängige Stichproben; Schwankungen in der Stichprobengröûe entstehen durch fehlende Werte; hohe Werte

= Offenheit.

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Sowohl Forschungseinrichtungen als auch Theater sind aufgrund der skizzierten Risiken durch eine Balance zwischen einer kreativitätsförderlichen Öffnung der Or- ganisationskultur und einer parallelen Schlieûung durch Integration (Orientierung, Konsens und Vertrauen) ge- kennzeichnet. Aufgrund des hohen Koordinationsbedarfs reicht im Theater eine Balancierung aus paralleler Öff- nung und Schlieûung jedoch nicht aus, um die negativen Sekundäreffekte abzumildern. Vielmehr wird hier zu- sätzlich der Öffnungsgrad selbst so reduziert, dass nega- tiven Sekundäreffekten möglichst vorgebeugt wird.

Literatur

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Beitrag zu einer Theorie der Führung am Beispiel des Mu- siktheaters.Wiesbaden: Gabler.

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Gebert, D. & Boerner, S. (1995).Manager im Dilemma ± Ab- schied von der offenen Gesellschaft?Frankfurt: Campus.

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Wissenschaftsrat (Hrsg.). (1975).Empfehlungen zur Organisa- tion, Planung und Förderung der Forschung. Bonn:

Herausgeber.

Eingegangen: 26. 09. 2001 Revision eingegangen: 05. 06. 2002 Prof. Dr. Sabine Boerner

Universität Konstanz

Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft Lehrstuhl für Management,

insbesondere Strategie und Führung Universitätsstr. 10

78457 Konstanz

E-Mail: sabine.boerner@uni-konstanz.de

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