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Zu C. Meinhof's Ausführangen ZDMG., Bd. 74, S. 296 f.
Von M. Heepe.
In Ansclilaß an die Besprechung meiner Jaunde- und Komoren¬
arbeiten durch Herrn Prof. Meinhof, S. 67—78 der Zeitschrift für
Eingeborenensprachen (1920), auf die S. 297 dieses Bandes der
ZDMG. verwiesen ist, hebe ich einige sachliche Punkte, die mir durch
diese Besprechung nicht geklärt scheinen, noch einmal heraus*). 5
Vorausschicken will ich, daß. vollkommene Übereinstimmung
in bezug auf das zu beurteilende Material zwischen uns besteht.
Nur darum habe ich mich lediglich auf das von M. Gr.* zur Be¬
weisführung herangezogene Material beschränkt, weil ich es für
das Sicherste halte, was wir überhaupt für das Bantu besitzen. le
1. Von M. weiche ich insofern ab, als ich*) anstelle der ur¬
sprünglichen Frikativlaute y, l, v von ursprünglichen stimm¬
haften Explosivlauten ausgehe (wobei noch gar keine Peststellung
darüber erfolgt, ob diese Laute als in Verbindung mit Kehlverschluß
oder KehlöfFnung gebildet anzmiehmen sind), ib
2. die Verschiedenartigkeit der Nasalverbindungen aus der
silbischen bezw. unsilbischen Natur des Nasals erkläre,
3. die Konsonantenveränderungen vor den „schweren' Vokalen
i und ü einheitlich aus der Mitwirkung'eines i zu begreifen suche,
4. in einer Reihe von Fällen Einfluß eines „leichten' i io
vorliegend finde, wo die bisherige Deutung Einfiuß eines „leichten' u annahm.
Ich stütze meine Annahmen a) auf die Tatsache, daß es Bantu¬
sprachen gibt, in denen heute den ursprünglichen stimmhaften
Frikativlauten Meinhof's Explosivlaute entsprechen, ohne daß wir ss
die Entstehung der Explosivlaute aus den Frikativlauten ein¬
wandfrei phonetisch erklären könnten, während die Entstehung von
Frikativlauten aus Explosivlauten der Erklärung keine Schwierig¬
keiten bereitet ;
1) Ich benutze im Folgenden die auch von Meinhof gebrauchten Ab¬
kürzungen K. für die Komorenarbeit, Z. für den Aufsatz in dieser Zeitscbrift, und zitiere Meinhof mit M.
Zeitsohr. der D. Morgenl. Ges. Bd. 74 (1920;. 29
450 Heepe, Zu C. Meinhofs Ausführungen.
b) darauf, daß sich die ursprünglichen stimmhaften Frikativ¬
laute M.'s nur nach einem silbischen (d.h. sonantischen oder
vokalischen) Nasal finden;
c) auf die Tatsache, daß die Annahme von ursprünglich stimm-
5 haften Frikativlauten nach M. dazu führt, eine Gegensätzlich¬
keit der Erscheinungen zu behaupten, für die in der Natur der
„schweren' Vokale kein Anhalt gegeben ist ; nämlich eine affrizierende
Wirkung der „schweren' Vokale bei den Explosivlauten und eine
explosivmachende Wirkung bei den Frikativlauten;
10 d) auf die Tatsache , daß bei der Palatalisation der Labial¬
laute in den Südostsprachen (Z. S. 38) für die Deminutivendung
-ana ein velarar Anlaut y, und für die Lokativ- und Passivendung
je ein palataler Vokal etymologisch nachweisbar sind, die
bei der bisherigen Erklärung der Formen keine Berücksichtigung
16 gefunden haben.
Um den erwähnten Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen,
bin ich von der bisherigen Aufstellung abgewichen.
Im Einzelnen sind nun folgende Punkte in der Darstellung
M.'s (S. 68 ff. der Zeitschrift für Eingeborenensprachen) so der Sache nach einer Berichtigung bedürftig.
1. Zu S. 69. Von einer „assimilierten Grundform* habe ich
nirgend gesprochen, sondern selbst K. S. 46 darauf hingewiesen, „daß
eine Assimilation, wie schon der Name sagt, einen vorher anders
gearteten Zustand voraussetzt.' Die Erklärung der assimilierten
26 Pormen aus einer „imperfektischen' Endung -i läßt die Formen
mit perfektischer Bedeutung unerklärt. Da nun die perfektische
Endung -i < -Hie im Duala (vgl. Gr.^ S. 163, 155) zwar auch
assimilierte Formen erzeugt, diese sich jedoch durch wechselseitige
Beeinfiussung von Stammvokal und Endung beträchtlich von den
80 von mir in den Komorendialekten gefundenen Pormen unterscheiden *),
so ist der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, daß es sich hier
um Formen ohne bestimmte Endung handelt, und diese könnte
man, da wir den ursprünglichen Endvokal der Verba nicht kennen,
auch als „vorläufige Grundformen" (K. S. 47) bezeichnen, da für
«B sie eine bestimmte Endung mit bestimmter Punktion bisher nicht
nachzuweisen ist.
2. Zu S. 70 oben. Ich habe nirgend die Absicht ausgesprochen,
den Ausdruck „Vokalharmonie' wieder einführen zu wollen, sondern
K. S. 45 nur darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Ausdruck
40 von Bleek im Sinne einer unvollständigen Vokalassimilation, von
Büttner und Meinhof als gleichbedeutend mit vollständiger Vokal¬
assimilation gebraucht ist, was unzweckmäßig ist.
3. Auf die S. 70 angeführten Beispiele aus dem Nyandja und
und Makua habe ich K. S. 31 selbst verwiesen; aber in den aus
1) Vgl. auch die Banken-Beispiele ZfK. IX, S. 119 Anm. 1.
Heepe, Zu C. Meinhofs Ausführungen. 451
beiden Sprachen angeführten Formen zeigen Singular und Plural eine
explosive Forra des Stammlautes, während in den Komorendialekten
die Pluralform regelmäßig frikativen Stammanlaut aufweist. Inso¬
fern hier eine neue Beobachtung vorliegt, glaubte ich mich und
glaube mich noch heute zu der Formulierung berechtigt, daß es
sicb hier um eine „bisher noch in keiner Bantusprache in gleicher
Weise nachgewiesene Erscheinung" handelt (K. S. 30).
Die von mir angeführten Beispiele Hildebrandt's aus dem
Jahre 1875 zeigen, daß es mir nicht darauf ankam, irgendwelche
Prioritätsansprüche zu stellen , sondern auf die Bedeutsamkeit und
Einzigartigkeit dieses Lautwecbsels hinzuweisen. Ich habe mit Dank
die drei Beispiele , die ich der mir überlassenen Wortsammlung
M.'s entnahm, ebenso wie das Hildebrandtsche Material als Stütze
für die gelegentlich meiner Aufnahmen gewonnene Ansicht benutzt.
4. Weder im Nyandja, noch im Makua, noch im Komoro be¬
sitzen wir einen Hinweis darauf, daß das -i des Präfixes Ii- in den
Staram eingedrungen ist; wenn man damit reebnet, so geschieht es
rein hypothetisch (vgl. Gr.^ S. 36).
5. In einer Lautveränderung h > k Qi), r > t (/«), ij > p (h),
l ^ d, w > b vermag ich keine Palatalisationserscheinung zu er¬
blicken. Wir finden den gleichen Lautwechsel nicht nur nach aus¬
gefallenem Zl-Präfix im Komoro , sondern auch nach Nasalen. Da
h, r, V ira Komoro den allgeraein angenommenen *k, *t, *p ent¬
sprechen , so ist das Lautgesetz dahin zu formulieren , daß nach
ausgefallenem h'- im Komoro anstelle der nach der Lautverschiebung
zu erwartenden Frikativlaute h, r, r die ursprünglichen Explosiv¬
laute *k, *t, *p, jedoch mit Aspiration versehen, als Entsprechung
auftreten. Es wäre also ein ganz analoger Vorgang, wenn man die
Laute / und w als aus ursprünglichen Explosivlauten *d und *b
entstanden betrachten dürfte, statt aus ursprünglichem l und v.
6. S. 71. Das Lautgesetz n -\- l > nd und S. 72 die Kontakt¬
stellung des Nasals als Ursache der Veränderung halte ich sehr
wohl für eine mögliche , aber nicht für die einzig mögliche
Erklärung der zu beobachtenden Lautvorgänge; vgl. z. B. Z. S. 59
„Bei den Nasalverbindungen ist die Erklärung aus dem Festhalten
des Verschlusses zur Bildung des Nasals an und für sich möglich."
Z. S. 53 „. . . ich nicht bestreiten will , daß eine solche Erklärung an und für sich möglich wäre".
M.'s Behauptung, daß „d im Bantu nirgends ursprünglich ist,"
ist nur unter der von mir in Frage gezogenen Annahme richtig,
daß 1 den ursprünglichen Bantulaut darstellt. Das angeführte
Beispiele dafür, daß n-\-s > nts wird, ist insofern nicht beweis¬
kräftig, als man analog auch n -|- Z > ndi erwarten müßte, wofür
wir aber nd haben.
7. S. 72, Anm. 2 meint M., daß im Makua, „das i und nicht
das n- die Ursache der Veränderung ist": dagegen sagt er Gr.-
29*
452 Heepe, Zu C. Memhof s Auaführungen.
S. 36, „daß Ii > ni wurde , nnd das so entstandene n die
Konsonanten veränderte".
8. S. 72, Anm. 5. Die Erhaltung des sillnschen Nasals von
ntha beruht auf den Akzentgesetzen des Suaheli (vgl. Gr." S. 31 oben), s nicht auf einer Verschiedenheit des „einfachen" und „t-haltigen*
Nasals. Übrigens hat M. selbst Gr.* S. 45 und 46 den Stamm
-ntu „Mensch" als „aus einer volleren Form verkürzt" angesehen.
Woran sollte wohl dabei gedacht sein, wenn nicht an einen Vokal¬
ausfall? Gr.' S. 92 hat M. diese Form selbst durch das vortretende
10 Präfix «IM- erklärt, nicht aus dem einfachen Nasal: „Der Grund
liegt natürlich in dem davortretenden »n-, das nach 15 aus mu-
entstanden ist".
9. Zu S. 72 unten. Es ist nicht zu bestreiten, daß im Komoro
nach ausgefallenem Ii- anstatt der zu erwartenden Frikativlaute h,
15 r, ^ < *k, *t, *p die Aspiraten kk, th, ph erscheinen; hier ist also
die explosive Gestalt der Grundlaute erhalten, wenn aucb rait
Aspiration versehen (vgl. oben Nr. 3 a).
. Laute, die „in der Regel Frikativen, zuweilen auf der Grenze
zu den Explosiven sind", kenne ich wohl aus der Beobachtung einer
«u Einzelsprache, aber zur Ansetzung als Grundlaute scheinen sie mir
nicht geeignet; hier ist man genötigt, entweder von Explosiv- oder
Frikativlauten auszugehen.
10. S. 73 oben. „Die jüngere Entstehung der Mediae" ist z. B.
aus den Beobachtungen von Dempw.olfi' in den dem Urbantu Meinhof's
11 sehr nahestehenden Sprachen nicht immer ersichtlich , vgl. z. B.
Kulia (ZfK. V, S. 32-34) y > g 17 mal, y > y (y?) 5 mal,
y > - 14 mal, v > b 20 raal. Ilaraba y > <j 12 raal, y > y Imal, y > - 13 mal. (ZfK. V, 232.)
11. S. 73, Anm. 1 (vgl. Gr." S. 28, Anm. 2) weist M. darauf 80 hin, daß der von ihm für das Urbantu seinerzeit ohne einzelsprach¬
liche Belege angenommene hypothetische Laut y sich inzwischen
in verschiedenen Bantusprachen gefunden habe, und glaubt darin
eine Bestätigung für die Richtigkeit seiner Aufstellung erblicken
zu können. Gr." S. 28, Anm. 2. „In der Tatsache , daß der von
35 mir vermutete Laut tatsächlich noch (von mir gesperrt, H.) vor¬
kommt, liegt doch wohl schon eine Bestätigung dafür, daß meine
Vermutung richtig war". Man wird ohne weiteres zugeben , daß
es sehr erfreulich ist, wenn ein postulierter Laut später in den
Einzelspracben vorgefunden wird. Man kann darin auch einen Be-
40 weis dafür erblicken, wie sehr sich die Schlußfolgerungen dessen,
der diesen Laut hypothetisch ansetzte , vorahnend im Rahmen des
durch die Einzelspracben zur Beurteilung an die Hand gegebenen
sprachlichen Materials bewegten.
Aber keineswegs folgt aus der empirischen Nachweisbarkeit
45 dieses Lautes in einer oder mehreren Einzelspracben die Notwendig¬
keit, ihn als den „Urlaut" und den Ausgangspunkt der „Entwicklung"
zu betrachten, von dem aus sich die verschiedenartigen Laute der
Heepe, Zu C. Meinhof s Ausführungen. 453
Einzelsprachen „herausgebildet* haben und als zusammengehörig begriffen werden können. Fehlt aber der Beweis der Notwendigkeit,
so kann es sich immer nur um eine wahrscheinliche Konstruktion,
die auch anderen Möglichkeiten Baum läßt, niemals um etwas Be¬
wiesenes handeln. t
12. S. 73. Warum ich auf die schon von Bleek gebrauchte
und von Meinhof wiederaufgenommene ünterscheidung der Nasal¬
verbindungen als „alt* und Jung** nicht so großes Gewicht zu legen
vermag, habe ich Z. S. 50 f. ausgefiihrt und bitte es dort nachzu¬
lesen. Ich sehe den wesentlichen Unterschied der Nasalver- i«
bindungen in der im einen Falle (bei ni-) unsilbischen, im
andern Falle (bei otm-) aber silbischen Natur-des Nasals. Daran
wird nichts geändert, wenn ans besonderen Gründen (vgl. Gr.*
S. 63) regelmäßig in den beiden Fällen, die ich Z. S. 52, Zeile 12
angeführt habe, auch ein aus ni- entstandener Nasal silbisch bleibt, is
Auch darin , daß man es einzelnen Wörtern nicht anseheu
kann, ob der anlautende Nasal silbisch ist oder nicht, vermag ich
kein Kriterium für die Silbigkeit oder Unsilbigkeit des Nasals zu
erblicken, sondern würde daraus folgern, daß es dann notwendig ist,
diesen ünterschied, wie in andern Sprachgebieten üblich, in der 8«
Schrift durch ein dem Nasal beigefügtes Zeichen zum Ausdruck zu
bringen, wie es u. a. Nekes im Jaunde getan hat (s. Lehrbuch, S. 276
ngä neben rigd, vgl. Endemann, Grammatik des Sotho, 1876, S. 4,
15, 20, Erste Übungen in Nyakyusa, 1915, S. 4 u. 64). Z. B. heißt
im Jaunde: rigd „die Gattin', rigä „das Gewehr', aber: ri gd iiv. a
„diese Gattin', S nga iii „dieses Gewehr* (vgl. Jaunde-Texte S. 174).
Es kann also im einen Falle der Nasal silbisch vor einem fol¬
genden Explosivlaut stehen, während er im andern unsilbisch
untrennbar mit dem folgenden Laut verbunden ist.
13. Zu S. 73, Anm. 2. In dem von M. angeführten Beispiel so
„ngo-djo-n-la" ist der Nasal vor dem l silbisch und trägt den dyna¬
mischen Akzent; der Nasal vor dem g dagegen ist unsilbisch.
14. Zu S. 73, Anm. 3. Die Frage der Silbigkeit des aus mu-
entstandenen Nasals ist m. W. nocb nicht untersucht worden. Da
M. die ünterscheidung des silbischen vom unsilbischen Nasal im ss
Bantu nicht berücksichtigt hat — er meint (Gr.* S. 9), daß „jedes
i, r, m, n, das im Anlaut vokallos vor einem andern Konsonanten
steht, als silbenbildend aufzufassen ist' — (vgl. Gr.^ S. 9 mit S. 30),
kann man allerdinga nicht wissen, ob in dem Dualawort mbia die
sog. „8 -haltige* oder „M-haltige* Nasalverbindung vorliegt. Es muß 40
aber daran erinnert werden , daß auch im Duala folgende ünter¬
scheidung gemacht wird: *mub > m'b, aber *ni'b > 7nb; nur,
wenn auf das 'b ein i oder m folgt, wird auch *mubi > mbi und
*wim'6m > mbu, vgl. Gr." S. 145, 149.
Auch im Duala ist das Präfix *mu i. A. als mo- erhalten, 46
nur vor Labialen fUllt der Yokal aus ; daraus kann man unmöglich
folgern, daß nun auch der Nasal unsilbisch geworden sei. Ent-
454 Heepe, Zu C. Meinhof's Ausführungen.
gegen M.'s Behauptung führt doch auch für das Konde Endemann,
Erste Übungen im Nyakyusa, Hamburg 1915, S. 64 folgende Bei¬
spiele an: mba „gib mir"; mbula „sag mir"; aber; mpe „gib
ihm' ; mbule „sage ihm".
.•> 15. Zu S. 73, Anm. 4. Bei den angeführten Beispielen aus
dem Suaiieli handelt es sich ausnahmslos um einsilbige Stämme,
bei denen in der Tonsilbe, wie von mir Z. S. 52, Zeile 12 erwähnt, der
Nasal erhalten bleibt. Diese Beispiele beweisen also nichts gegen
die Regel.
10 16. Zu S. 73 unten. Ich habe nur von den ursprüng¬
lichen Frikativlauten in Übereinstimmung mit M. behauptet, daß
sie stets explosiv werden. Über nicht ursprüngliche Frikativlaute
habe ich gar nichts ausgesagt. Bei den von M. herangezogenen
Beispielen nzi und mvua handelt es sich aber um die Bantustämme
15 bezw. rigi und -\/iila bezw. mbüla, bei denen die Frikativa
nach dem Nasal durch den folgenden „schweren" Vokal bedingt ist.
Diese Beispiele beweisen also auch nichts. Im übrigen findet sich
die gleiche Ausdracksweise, die M. bei mir tadelt, Gr." S. 32 oben,
„so wird schon im B. die Frikativa stets explosiv".
20 Auch darauf, daß auch nach mu- eine Frikativa explosiv wer¬
den kann, habe ich selbst im Komoro S. 32 f. hingewiesen.
Ich vermag in allen diesen Formulierungen von Tatsachen keine
Abweichungen von M. zu erblicken.
17. S. 74 gibt M. meine Erklärung der schweren Vokale so
25 wieder: „schweres" t aus i-^-i, „schweres" ü aus u-\-u entstanden.
M. hat mich hier völlig mißverstanden, da ich Z. S. 46 und K. 41
behauptet habe : „schweres" i < i -\- i und „schweres" ü < u i oder i -\- u.
M. bestreitet auf S. 74, zwei verschiedene Theorien über die
so „schweren" Vokale gehabt zu haben und will nur eine phonetische
und etymologische Darlegung geschieden wissen. S. 75 uuten sagt
er nun, daß die Entstehung von Labialen durch „schweres" t< sicher nicht auf ein i zurückgeht. Gr." S. 21 unten schreibt er jedoch:
„Für die Entstehung des ii ist es lehrreich, daß im Venda der be¬
ss kannte Wortstamm -kumi ,7ehn' zu fumi wird, was B. kümi ent¬
spricht. Das i des Zj-Präfixes, das vor -kumi stand, ist in den
Stamm eingedrungen". Mag man diese Darlegungen nun etymo¬
logisch oder phonetisch nennen , jedenfalls wird in dem ersten
Zitat die Mitwirkung eines i bestritten, im zweiten angenommen.
4u Das nenne ich zwei Theorien und habe mich bemüht, die Be¬
rechtigung beider Auffassungen zu verfolgen , wobei ich zu dem
Ergebnis kam, daß die nns zur Beurteilung vorliegenden Beispiele
für „schweres" i und ü einheitlich durch Mitwirkung eines i er¬
klärt werden könpen. Daher also auch meine Formel : t <. i i,
u < u -\- i (oder i -j- u).
18. Zu S. 74. Meinen Aufsatz mit dem Titel „Probleme der
Bantusprachforschung in geschichtlichem Überblick* faßt M. auf als
Heepe, Zu C. Meinhof» AusfUhrwigen. 455
einen „Überblick tiber die Bantusprachforschung*. Ich habe aber
nur einige Ausschnitte aus der Gesamtheit der im Bantu vorliegen¬
den Probleme behandeln wollen. Und darum kann ich auch die
Arbeit, obwohl sie bereits 1913 geschrieben wurde, nicht als be¬
reits bei der Drucklegung veraltet betrachten. s
19. S. 74 unten vermißt M. die „klare Herausstellung des
Fortschritts von einzelnen Beobachtungen zum Lautgesetz*. Hierzu
bitte ich Z. S. 20 f. zu vergleichen , wo ich die auf Feststellung
von Lautgesetzen abzielenden Bemühungen Bleek's eingehend ge¬
würdigt habe, vgl. insbesondere Z. S. 20, Anm. 5. Ferner folgen- lo
den Satz in dem Abschnitt über M.: „Der beträchtliche Fortschritt
gegenüber Bleek auch in seinem Aufsatz , Grimm's Law in South
Africa' ist sofort ersichtlich*. Z. S. 25, Zeile 3. S. 69/70 nimmt
M. für sich die Feststellung eines Lautgesetzes im Komoro in An¬
spruch auf Grund von drei Beispielen, die sich verstreut in seiner 16
mir zur Benutzung überlassenen Wörterliste finden, während die
yon mir K. S. 30 gleichfalls angeführten Beispiele von Hildebrandt
erheblich zahlreicher «ind, und sich auf d und h erstrecken; wie
ich S. 21 ausdrücklich gesagt habe, war mir die Wortsammlung
M.'s eine sehr wertvolle Bestätigung, aber ich erhielt sie erst, nach- «o
dem ich die betreffenden Beobachtungen in der Sprache gemacht
hatte und ohne daß mir M. von dem auch von ihm beobachteten
Gesetze vorher Mitteilung gemacht hätte.
20. Zu M.'s Bemerkung S. 75, Anm. 1: „Heepe meint, Finck
gegen mich verteidigen zu müssen*, verweise ich auf K. S. 19 und «5
Z. S. 36, wo ich meine Ausführungen dahin zusammenfasse, daß
»M.'s Urbantu auch gegenüber den Einwendungen Finck's
durchaus Bestand behalten hat*.
21. Zu S. 75. Eine Behauptung „daß alle Lautgesetze
allein auf das i zurückzuführen sind", habe ich niemals auf- so
gestellt.
Über die Frage der Kontaktstellung des Nasals als Ursache
der danach eintretenden Explosiva, sowie über die Erhaltung eines
auf ein ausgefallenes i folgenden Konsonanten, s. oben S. 4, Nr. 5, 6;
zu den „schweren* Vokalen vgl. oben S. 8, Nr. 17. 85
22. Zu S. 76 oben. Ich habe eine Reihe von Lautvorgängen,
die man bisher auf Einwirkung eines „leichten" u zurückführte, auf
andere Weise zu erklären versucht. Damit bestreite ich keineswegs
M-Wirkungen überhaupt. Vielmehr schreibe ich Z. S. 45: „Un¬
bedingt notwendig ist es aber, bei allen Neuaufnahmen von Bantu- 40
sprachen auf die in der Nachbarschaft eines u- entstehenden Laut¬
verändemngen nach wie vor sorgfältigst zu achten*. Übrigens
schwindet im Suaheli *l nicht nur vor u, sondern anch vor anderen
Vokalen (vgl. z. B. Gr.* S. 234 Haya „Abschied nehmen« > S. aga,
S. 235 *laka „werfen* > S. atla, *lela „erziehen* > S. lea, *lila 45
»weinen« > S. lia). Man kann also daraus keine besondere m-
Wirkung ableiten. Ebenso vrird man bei einem Ausfall eines *v
456 Heepe, Zu C. Meinhof» Aueführungen.
vor .« im Saabeli und Herero zwar an m -Wirkungen denken können,
aber für das Herero sagt M. Gr.* S. 130 selbst ganz allgemein:
»Die ursprünglichen Frikativlaute j, r, v fallen zwischen Vokalen häufig ans", und im Suaheli verschwindet *v gelegentlich auch vor
5 i (Gr.* S. 94). Auf das von M. angeführte Sahgobeispiel habe ich
selbst verwiesen, Z. S. 45, Anm. 2.
Die Entsprechungen für ,Hnnd', .ebben", „Strauß" sind nach
meiner Auffassung als Analogiebildungen zu erklären. Im übrigen
habe ich die Möglichkeit der bisherigen Erklärung nicht bestritten,
10 sondern ausdrücklich zugegeben ; jedoch wahrscheinlich erscheint
sie mir nicht.
24. Entgegen M.'s Auffassung hat schon Bleek § 281 darauf'
hingewiesen, daß PalataUsiemng auch von Nichtlabialen im Setshuana
in Passivformen üblich sei.
16 25. Zu S. 77. Es ist ein mir schwer begreifliches Mißverständ¬
nis, wenn M. sagt, daß ich einen allgemeinen Satz als üniversal-
rezept aufstelle, etwa „daß nnr das i die Konsonanten verändert",
nnd damit an die Betrachtung der Einzelsprachen herangehe. Viel¬
mehr habe ich mich bemüht, die in Einzelspracben beobachteten
10 Erscheinungen daraufhin zu prüfen, ob sie aucb sonst im Bantu
ParaUelen haben ; und lediglich anf diesem empirischen Wege bin
ich dazu fortgeschritten, diesen Beobachtungen in den Einzelsprachen
allgemeinere Bedeutang beizamessen. Bichtig ist, daß mein Be¬
streben sich darauf richtet, die verschiedenartigen Vorgänge der
n Einzelspracben nach Möglichkeit unter einheitlichen Gesichts¬
punkten zu verstehen; auch die Au&tellung eines urspracblichen
Lautschemas, wie sie M. in seinem Urbantu vornimmt, hat nur
dann einen Sinn, wenn man glaubt, die vielgestaltige Entwicklung
der Einzelspracben, sei es anch nur hypothetisch, auf einheitliche
60 Gmndelemente zurückführen zu können. Ich sehe die Aufgabe der
Sprachforschung nicht nur darin, die verschiedenen Vorgänge in
den verscbiedenen Sprachen sorgsam zu trennen und jeden für sich
festzustellen, sondern sie auch unter einheitliche Gesichtspunkte
zu bringen und zu ordnen. Daher schrieb ich (Z. S. 60): „Auch
R5 in Zukunft wird es also wie bisher unsere Aufgabe sein, sorgfältig
alles, was zu untei-scheiden ist, zu beobachten und auf seine Ent¬
stehungsursache zu prüfen*.
26. Ich stimme mit M. darin durchaus überein, daß es auch
in der Sprachwissenschaft zunächst das Wichtigste ist, einen sicheren
40 Tatbestand zur Verfügung zu haben. Nur aus diesem Grunde habe
ich mich anch für die mir nicht dnrch eigene Aufnahmen bekannten
Sprachen im Wesentlichen auf die Angaben in M.'s Grundriß ge¬
stützt. Wie sehr wir hier im Bantu unter der Ünsicherheit unserer
Qaellen zu leiden haben, zeigt ja auch das Beispiel des Konde, auf
45 das M. S. 78, Anm. 1 aufmerksam macht. Wenn selbst fiber eine
von M. schon in 2. Aufi. bearbeitete, nnd daher als gut erforscht
Keltende Sprache solche tatsächlich anrichtigen Angaben noch mög-
Heepe, Zu C. Meinhof's Ausführungen. Abi
lieh sind, so wird man es verstehen, wie notwendig es ist, gerade
bei allgemeinen Betrachtungen ein möglichst sicheres Material, wie
es M.'s Gr. doch immerhin bietet, zu verwenden.
Ich habe versucht, die Beobachtungen, die sich mir beim
Studium der Komorendialekte ergaben, in das System der Bantu- *
lautgesetze einzuordnen, und wo ich dabei auf Schwierigkeiten stieß,
mich bemüht, es zu erweitern und umzugestalten.
Die Vorteile, die ich mir von einer solchen Erweiterung des
M.schen Systems verspreche, habe ich Z. 37, Z. 12 angedeutet. Es
sind die Vorteile einer einheitlicheren und phonetischen Erklämng
der Lautveränderungen.
Ob die empirischen Tatsachen ,uns phonetisch verständlich
sind, ist nicht das Wichtigste', schreibt demgegenüber M. (S. 77);
aber gerade um das Verständnis der Vorgänge dreht sich doch
jedes wissenschaftliche Bemühen. »s
458
Die betrogenen Betrüger.
Von Jobannes Hertel.
Wer mit der indischen Erzählungsliteratur und insbesondere mit
der der Cvetämbara vertraut ist, der wird nicht zweifeln, daß der
Boman von den sieben weisen Meistern im großen und ganzen die
Übersetzung eines indiscben Romans ist, obwohl sich eine genau
5 entsprechende Quelle bisläng noch nicht gefunden hat. Eine der
charakteristisch indiscbsten Erzählungen desselben ist die in der
Überschrift genannte: Syntipas ed. Eberhard S. 99, 21 nnd
S. 165,25; Übers, von Sengelmann S. 159 und S. 69; Chauvin,
Bibl. des ouvrages arabes VIII, S. 60 f., Nr. 26.
10 Diese Erzählung bildet den Rahmen zweier indischer Dichtungen,
welche jetzt durch den Druck zugänglich sind. Die erste ist eine
von dem Jaina-Lehrer Jfiänasägara in gutem Sanskrit abge¬
faßte metrische Dichtung von 548 Strophen , die zweite ein in
Altgujaräti von dem Ganin Kanaknidhän gedichteter, aus
15 24 Gesängen bestehender Räs. Die erste ist in der Jain Granth
Mälä (Bhavnagar) unter dem Titel Ratnacüd aka thä („Erzählung
von Ratnacüda), Vira S. 2444, Vikrama S. 1974 (= 1919 n. Chr.)
erschienen, die zweite, Ratnacüd vyavahärino räs („Lieder¬
zyklus vom Kaufmann Ratnacüd') von dem Jaina-Laien Bhimsingh
«0 Mäigek in Ahmedabad 1907 veröfFentlicht worden. Beide Werkehen
verdanke ich der Güte Muniräj Shri Indravijayjis.
Der Druck des Sanskrittextes enthält zwar keine ausführliche Prasasti ; doch nennt sich der Verfasser in der letzten Strophe einen
Schüler Ratnasimha's aus dem TapSgaccha, und in der
ib Unterschrift gibt er seinen Namen Jfiänasägara. Er ist somit
identisch mit dem Schüler Ratnasimha's und dem Lehrer desjenigen
Labdhisägara, der ein Werk im Jahre 1557 Vikr. = 1500/1 n. Chr.
schrieb, und wird als Empfänger geschenkter Manuskripte im Jahre
1515 Vikr. = 1458/9 n. Chr. erwähnt, gehört also der Mitte
30 des 15. nachchristlichen Jahrhunderts an; vgl. Peterson,
4* Report S. xlvii und 5* Report S. xxvi. Daß er ein Güjaräte
war, ergibt die Färbung seines Sanskrit.
Der Dichter des Räs, dem Kharataragaccha angehörig, gibt
in seiner Prasasti die Reihe seiner Lehrer und das Abfassungsdatum