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Chronik der Stadt Falkenberg/ Elster. Vom Straßendorf zur Eisenbahnerstadt : Erster Teil

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Chronik

der Stadt

Falkenberg/Elster

1. Teil

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Titelseite

Stadtwappen

seit 1962

Falkenberg um 1900

Ansichtskarte

Altes Gemeindesiegel (Rekonstruktion) – Symbol der Landwirtschaft

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Chronik der Stadt Falkenberg/Elster

Vom Straßendorf zur Eisenbahnerstadt

Erster Teil 2. Auflage 2007

Verfasser: Heinz Schwarick

Herausgegeben von der Stadtverwaltung Falkenberg/Elster

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Vorwort zur Stadtgeschichte Falkenberg

Vor Ihnen, liebe Bürger und Freunde unserer Stadt Falken- berg/Elster, liegt der erste Teil einer Chronik unseres Ortes.

Mit diesem Werk wird einem schon lange währenden Wunsch entsprochen. Schon oft hatte man in den vergangenen Jahren von vielen Falkenbergern und auswärtigen Gästen die Klage vernommen: „Es gibt überhaupt kein Buch, in dem die Ge- schichte der Eisenbahnerstadt dargestellt wird.“ Unter Lei- tung von Herrn Heinz Schwarick und unter seiner Federführung entstand diese Chronik. Zahlreiche Einzelbei- träge eines großen Autorenteams galt es auszuwerten. Viele fachkundige Autoren haben sich mit Einzelproblemen und Detailfragen der Stadtgeschichte beschäftigt. In diesen Bei- trägen wurden die einzelnen Aspekte und Fakten der Falken- berger Geschichte dargestellt, und durch den Chronisten wird der gesamtgeschichtliche Zusammenhang aufgezeigt. So manche Information konnte den zahlreich veröffentlichten Ar- tikeln des Lehrers und Heimatforschers Friedrich Stoy (1887 – 1978), der mehrere Jahre in Schmerkendorf unterrichtete, aus den Beilagen „Die schwarze Elster“ des „Liebenwerdaer Kreisblattes“ entnommen werden. Der Falkenberger Lehrer Otto Zschörneck (1898 – 1980) sammelte mit unermüdli- chem Fleiß alles Verfügbare und ergänzte dies durch eigene Untersuchungen, vor allem zur Schulgeschichte. Über 15 Jahre recherchierte Herr Klaus Wackernagel als Ortschronist mit Schülergruppen zu Geschichtsabschnitten und zur Ent- wicklung der Industrie des Ortes. Schließlich sei der ehema- lige Pfadfinder Ludwig Heil (1902 – 1985) zu nennen, der fern seines Heimatortes in erster Linie ehemaligen Falken- bergern mit seinen „Falkenhorst-Blättern“ Kenntnisse vermit- telte. Zu den Höhepunkten dieses Werkes zählt die fototechnische Gestaltung, der sich Fotografenmeister i. R.

Herr Hans Weichert widmete.

Wozu braucht man eigentlich eine solche Stadtgeschichte?

Es gibt viele Gründe, die für ein solches Werk sprechen. Wir müssen unser Leben und unsere Arbeit immer im Zusam- menhang mit der Geschichte sehen, wir stehen sozusagen mit unseren Füßen auf den Schultern der Vergangenheit.

Gerade in einer Stadt wie Falkenberg/Elster, in der einem nicht an jeder Ecke und bei jedem Haus die Zeugnisse der Vergangenheit ins Auge springen, ist eine solche Stadtge- schichte vonnöten. Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, wie es damals in Falkenberg/Elster war? Wer lebte hier? Wie ist es Falkenberg während der vielen Kriege ergangen? Und ist es nicht ein schönes Gefühl, wenn man nach dem Lesen der Chronik viel bewusster und mit kundigen Augen durch die Stadt gehen kann? Besonders in einer Zeit, in der wir durch die verschiedenen Medien mit Informationen überflu- tet werden, sollten wir nicht gerade da über die Stadt Be- scheid wissen, in der wir leben, in der so mancher seinen Urlaub verbringt, in die man gern zu Besuch fährt?

Dieses Werk sollte in jede Falkenberger Familie gehören. Zu diesem ersten Teil wird in einiger Zeit ein weiterer Band er- scheinen. Bitte helfen Sie mit, liebe Falkenberger, dass die- ser zweite Teil noch um in Ihrem Besitz befindliche oder in Ihrem Gedächtnis haftende Kenntnisse oder Dokumente zeitgeschichtlicher Ereignisse bereichert werden kann. Dem Verfasser, Herrn Heinz Schwarick, und allen genannten und ungenannten Autoren sei herzlich gedankt.

Dezember 1990

Peter Wolfframm Bürgermeister

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Liebe Einwohner Falkenbergs, liebe Freunde unserer Stadt,

15 Jahre nach dem Erscheinen des 1. Teiles der Chronik der Stadt Falkenberg/Elster wurde eine Neuauflage erforder- lich. Nicht nur, weil die Chronik vergriffen ist, sondern auch, weil seither die Details mancher Ereignisse exakter und wahrheitsgerechter beschrieben werden können.

Die Arbeitsgruppe „Heimatgeschichte“, des „Fördervereins Brandenburgisches Eisenbahnmuseum“ unter der Lei- tung des Ortschronisten Heinz Schwarick hofft, in der Neuauflage einige Begebenheiten präziser herausgearbeitet zu haben. In den vergangenen Jahren ist es der Arbeitsgruppe gelungen, viele Bürgerinnen und Bürger, besonders auch Kinder und Jugendliche, für die Heimatgeschichte zu interessieren.

Dazu trugen u.a. bei:

· Die Broschüre zum 150jährigen Bestehen des Eisenbahnstandortes Falkenberg im Jahre 1998,

· die Festzeitung zur 750 Jahr-Feier der ersten urkundlichen Erwähnung Falkenbergs im Jahre 2001,

· zahlreiche Beiträge im Falkenberger Amtsblatt zu ortsgeschichtlichen Themen, darunter auch die Sonderausgabe

„450 Jahre Schlacht bei Mühlberg“ (eigentlich eine Schlacht bei Falkenberg im Jahre 1547)

· sowie die Sonderausgabe 60. Jahrestag der Bombardierung Falkenbergs im Jahre 2005.

Überaus großes Interesse fand die dazu im April 2005 gezeigte Ausstellung „Gegen das Vergessen“ in der ehemali- gen MITROPA (über 2500 Besucher). Diese wurde durch die Stadt Falkenberg gemeinsam mit der AG Heimatgeschichte und dem Eisenbahnmuseum vorbereitet.

Ich bin überzeugt und voller Hoffnung, dass auch die vorliegende Neuauflage des 1. Teiles der Chronik das gewach- sene heimatgeschichtliche Interesse verstärkt, dass viele neue Leser, besonders in den Schulen, den Zugang zu ihr finden und vielleicht mit Hinweisen oder eigenen Beiträgen, auch zu dem in Vorbereitung befindlichen 2. Teil der Chronik, aufwarten.

Ich bedanke mich recht herzlich bei den Mitgliedern der AG Heimatgeschichte, die den 1. Teil der Chronik erarbeitet haben, ebenso bei den heutigen Akteuren für die geleistete Arbeit und wünsche weiterhin viel Erfolg.

November 2006

Herold Quick Bügermeister

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Von Funden aus der Ur- und Frühgeschichte

Ein Flachland, das durchschnittlich 83 m über NN liegt und vom Süden zum Norden hin um etwa 1 m abfällt, bil- det die Gemarkung Falkenbergs. Es ist ein Teil des Bres- lau-Magdeburger-Urstromtales und entstand in der Saale-Eiszeit vor ungefähr 200.000 Jahren.

Die glazialen Schmelzwasser der Gletscher haben unsere

Böden entstehen lassen: im Norden diluvialer Sand, an- sonsten je nach Ablagerung anlehmiger Sand, einge- streute reinlehmige Böden und ein fast überall vorhandener lehmiger Untergrund. Hinzu kommen aus- gedehnte Moraste und sumpfige Böden im Kiebitzer Raum vom Großen bis zum Kleinen Schweinert.

Bis zur jüngeren Steinzeit (4500 – 1800 v. u. Z.) weist un- sere Heimat nur eine dürftige Besiedlung auf. Zeugen die- ser Zeit wurden u. a. bei Kleinrössen und Langennaundorf gefunden. Der Sandboden und die Sumpfwaldungen der Elsterniederung eigneten sich für den damals betriebenen Ackerbau und die Anlage sicherer Wohnplätze nicht. Dage- gen gibt es für das Gebiet des ehemaligen Kreises Herzberg zahlreiche Beweise einer größeren Besiedlung während der nachfolgenden Bronzezeit (1800 – 750 v. u. Z.).

Im Falkenberger Raum sind folgende wichtige Funde an- zuführen: Im äußersten nördlichen Zipfel der Gemarkung, am Rande des Schweinert, befindet sich als eindrucks- vollstes Zeugnis das größte mitteleuropäische Hügelgrä-

Hügelgräber im Schweinert Plan des bronzezeitlichen Hügelgräberfeldes (1200 – 800 v. u. Z.)

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berfeld mit 642 Hügeln. Bereits 1811 untersuchte ein Hauptmann Friedrich Krug von Nidda mit sechs Soldaten aus Herzberg einige Hügel als „Schatzgräber“, ebenso ein Hauptmann Ledebur aus Berlin. Der größte Hügel, der Pfannenberg, wurde von Preusker (Großenhain) geöffnet.

In den Jahren 1820 – 1828 erfolgten erste wissenschaft- liche Untersuchungen durch den Schliebener Arzt, Kreis- physikus und Archäologen Dr. Wagner. Darüber berichtete er in dem 1828 in Leipzig erschienenen Büch- lein „Die Tempel und Pyramiden der Urbewohner auf dem rechten Elbufer, unweit dem Ausfluss der Schwarzen El- ster“. Im Jahre 1876 besuchte die Anthropologische Ge- sellschaft mit dem berühmten Gelehrten Virchow die Hügelgräber. Unter Leitung von Dr. Agde ließ die Landes- anstalt für Vorgeschichte in Halle in den Jahren 1934 und 1935 zwei Gräber öffnen, ein kleines und ein großes, letz- teres mit etwa 12 m Durchmesser. Es enthielt mehrere

Nachbestattungen, eine zweifache Schicht von Steinen auf der alten Grundfläche. Für die etwa 1300 Kubikmeter Sand für die Grabhügel waren etwa 2000 Tagewerke zu vollbringen, also benötigten z.B. 200 Menschen etwa 10 Tage. In den Gräbern fand man zahlreiche Gefäße (Urnen mit Leichenbrand, Krüge, Schalen, Tassen mit Zierrat und Schmuck), die Kennzeichen der älteren Bronzezeit auf- wiesen.

Am Baggerteich wurde bei der Gewinnung des Sandes für die Herstellung der Kalksandsteine eine große Zahl von Tongefäßen (Buckel- und Pokalform) aus flachen Gräbern freigelegt und vom seinerzeitigen Prokuristen Lehmann gesammelt und ausgestellt. Ihrer Form und ihren Verzie- rungen nach gehören die Gefäße der mittleren Bronzezeit (etwa 1400 – 1200 v. u. Z.) an.

Südlich des Tunnels am oberen Bahnhof wurde 1950 beim Stubbenroden ein Gräberfeld bloßgelegt. Gefäße unterschiedlicher Größe wurden geborgen, mit und ohne Henkel, größtenteils mit Randverzie- rungen, die mit großer Wahrscheinlichkeit be- reits auf einer Töpferscheibe hergestellt worden sind. Die großen Schalen waren von Kiefernwurzeln um- und durchwachsen, so dass die Bergung nur in Bruchstücken erfolgen konnte. Sie waren sämtlich mit Asche und Kno- chenresten gefüllt und aufgrund ihrer Formen und Verzierungen der jüngeren Bronzezeit (etwa 1000 – 700 v. u. Z.) anzurechnen.

Nach mündlichen Überlieferungen hat es Fundstellen an der Ecke Uebigauer und Schüt- zenstraße gegeben. Jedoch sind davon keine Fundstücke vorhanden.

Als im Jahre 1910 Bauern ihre sumpfigen Wie- sen mit Sand der Walberge verbessern woll-

Ausgrabungsarbeiten im Hügelgräberfeld 1934/35; Nachbestattung im Hügel 2

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ten, stießen sie auf Waffen und Gefäße. Die unter Denk- malschutz gestellte Zufluchtstätte wurde vermutlich um 1000 v. u. Z. errichtet. Der Ringwall, der 120 m mal 70 m in der Fläche misst und eine Höhe von 7 m bis 8 m besaß, war mit Palisadenwänden versehen, worauf verkohlte Reste schließen lassen. Er liegt mitten im Sumpfgelände mit nur einer Zufahrt von Norden her. Wer die Walberge errichtet hat, lässt sich bis heute nicht exakt festlegen.

Als Fluchtburg und Verteidigungsanlage diente sie so- wohl Angehörigen germanischer Stämme als auch slawi- schen Bewohnern. Von einem Teil der bäuerlichen Bevölkerung wurde sie 1806/1807 mitsamt ihrem Vieh als Versteck vor den Franzosen benutzt.

Aus solchen Quellen der Geschichte entnehmen wir die Kenntnisse über die Lebensweise der damaligen Bewoh- ner, wobei auch gleichgeartete Funde von anderen Orten herangezogen werden. Sie lebten offensichtlich in gro- ßen Familienverbänden, vielleicht sogar in Stämmen. Ge- fäße und Schalen unterschiedlichster Art stellten sie auf einer Drehscheibe her: Töpfe, Terrinen, Tassen, Schalen, Kannen, Krüge, Vasen und Teller, Küchengeschirr für Kin- der; mit Steinchen gefüllte Tonklappern in Kugel-, Ei- und Vogelform für die Kleinen sind Zeugen der „Lausitzer Kul- tur“ in unserer Heimat. Gestaltung und charakteristische Verzierungen zeugen von einem hohen Kunstsinn. Es ist anzunehmen, dass die Erzeugnisse mit südöstlichen Nachbarn ausgetauscht wurden, die vornehmlich Schmuck und Gebrauchsgegenstände aus Bronze anbo- ten. Den Toten brachte man eine große Verehrung entge- gen, zahlreiche kultische Handlungen wurden ausgeübt, bei denen lange, doppeltgeschweifte Blasinstrumente, die Luren, benutzt wurden.

Durch die Metallbearbeitung erreichte neben der hand- werklichen Tätigkeit auch der Feldbau eine gewisse Aus-

prägung. In der Nähe der schilfgedeckten, auf einge- rammten Stämmen errichteten Hütten lagen die mit dem schuhleistenförmigen Steinpflug gelockerten Äcker, auf denen Buchweizen, Hirse, Gerste und Lein angebaut wur- den. Als Haustiere hielt man u. a. eine Art von großhör- nigen Rindern. Man verstand das Spinnen und Weben, das Netzknüpfen für den Fischfang, die Flechterei, das Gerben der Tierhäute und vor allem die schon mehrfach erwähnte Töpferei.

Die Zeit der slawischen Besiedlung

Seit dem 4. Jahrhundert v. u. Z. bis zum Ende des 4. Jahr- hunderts u. Z. war unser Heimatgebiet von west- und ost- germanischen Stämmen bewohnt. Es handelte sich vermutlich um die Hermunduren, die später von Burgun- dern und Vandalen abgelöst wurden. Überreste aus die- ser Zeit wurden im Kreisgebiet nur in sehr spärlichem Umfang gefunden. Einige Schlackenfunde beweisen, dass die germanischen Siedler den Raseneisenstein, der in den hiesigen Niederungen dicht unter der Erdoberflä- che in einer etwa 50 cm starken Schicht in großen Men- gen vorhanden war und auch heute noch gefunden wird, in primitiver Weise verhütteten und zu Geräten verarbei- teten. Eisenschlackeblöcke von Zentnerschwere ent- deckte man zum Beispiel bei Gräfendorf. Jedoch fehlen konkrete Nachweise, inwiefern die hier ansässigen Be- wohner bzw. deren Stämme in den Strudel der großen Völkerwanderung (um 375 u. Z.) hineingezogen wurden.

Die Einwanderung slawischer Stämme in unser Territo- rium erfolgte wahrscheinlich kurz nach 600 u. Z.. Die große Bewegung der germanischen Stämme von Norden nach Süden ließ so viel Raum und Zeit offen, dass die von

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Osten nachdrängenden slawischen Stämme ohne weite- res bis zur Saale und zum Teil darüber hinaus vordringen und sesshaft werden konnten, ohne etwa vereinzelt zu- rückgebliebene Reste germanischer Stämme zu vertrei- ben. Unser Gebiet dürfte dem slawischen Gau Nizizi angehört haben, der von der unteren Mulde über die Elbe hinweg wahrscheinlich bis zur Schwarzen Elster reichte.

Die hier ansässigen Slawen gehörten zur großen Stam- mesgruppe der Sorben, deren Sprache und Kultur heute noch in Teilen der Ober- und Niederlausitz fortlebt und gepflegt wird.

Es wird angenommen, dass die Walberge ebenso wie der Schliebener Burgwall, der von Kosilenzien und kleinere Ringwälle bei Kolochau, Proßmarke und Schöna den Sla- wen als politische, militärische und religiöse Mittel- punkte wie auch zur Zuflucht dienten. Neben Jagd und Fischerei standen Feldbau, Viehzucht und Bienenhaltung im Mittelpunkt der Tätigkeit in den slawischen Siedlun- gen. Fast alle uns heute bekannten Haustiere wurden ge- halten. Man baute Gerste, Hülsenfrüchte, Roggen, Weizen, Rüben, Hopfen, Lein und Hanf an. Neben Holzge- räten wurden eiserne Äxte, Messer, Beile, Sägen und Waffen verwendet. Die vor allem im nördlichen Kreisge- biet gefundenen Tongefäße haben als Verzierungen Wel- lenlinien und Strichmuster und wurden nachweislich mittels der Töpferdrehscheibe hergestellt. Die Erzeug- nisse an Vieh, Geweben, Häuten, Honig, Wachs und Flachs wurden in lebhaftem Handel mit Nachbarstäm- men, mit den Deutschen jenseits der Saale und Elbe und auch mit weiter entfernt wohnenden Völkern gegen Me- talle, Waffen, Salz und andere Produkte getauscht. Teil- weise trat an die Stelle des Tauschhandels auch schon der Geldverkehr. Für die Abwicklung des Handels bilde- ten sich allmählich regelrechte Marktzentren heraus, zu

denen sicher Schlieben (Moienmarkt) und auch Uebigau zu zählen sind. Noch lange nach der Eroberung unseres Heimatgebietes durch die deutschen Fürsten (10. – 12.

Jahrhundert), in manchen Dörfern bis in die heutige Zeit hinein, haben sich sprachliche Reste und Erscheinungs- formen in der Kleidung, in Festen, im Brauchtum, im Aber- glauben, in Sagen und Spukgeschichten erhalten, die an die Zeit der Besiedlung durch die Slawen erinnern.

Das Bauerndorf Falkenberg entsteht zur Zeit der Herausbildung der feudalen Gesellschafts- formation

Ende des 10. Jahrhunderts drangen die deutschen Herr- scher – König Heinrich I., Kaiser Otto I., Otto II. und deren Nachfolger – auf ihren Eroberungszügen in die Gebiete zwischen Saale und Oder vor und unterwarfen die Sla- wen. Die Ostexpansion des deutschen Feudaladels trug vor allem militärischen Charakter. Deutsche Stützpunkte wurden als Burgwarde ausgebaut, zu denen auch Uebi- gau, Neudeck, Frauenhorst und Arnsnesta gehörten. Im Rahmen der Privilegierung von Bischöfen und Reichsäb- ten erhielt der Bischof von Naumburg im Jahre 1065 das Gebiet zwischen Saale und Schwarzer Elster einschließ- lich des Slawengaues Dalminze als Lehen. Nachdem die besetzten Gebiete den Deutschen um die Jahrhundert- wende und in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts durch die Slawenaufstände sowie durch Kämpfe mit Böh- men und Polen zum großen Teil wieder verloren gingen, erfolgten im 12. Jahrhundert neue Vorstöße der deut- schen Territorialherren, wobei vor allem Heinrich der Löwe und Albrecht der Bär die Führung übernahmen.

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Durch sie, im 13. Jahrhundert auch durch den Deutschen Ritterorden, vollzog sich die Eindeutschung der bisher slawischen Gebiete. Bereits im Jahre 1125 wurde der Rit- ter Konrad von Wettin mit der neu gebildeten Mark Mei- ßen belehnt. Die in dieser Zeit unmittelbar einsetzende Christianisierung fand in unserer Heimat in den Klöstern Torgau, Herzberg, Mühlberg und Doberlug ihre wichtig- sten Stützen. In die größtenteils durch die Kriegszüge verheerten, teilweise auch dünn besiedelten Gebiete wurden Bauern aus Franken, Hessen, Bayern, Nieder- sachsen, aus den Niederlanden und aus der Gegend zwi- schen Harz und Magdeburg gerufen, um diese militärisch zu sichern und ökonomisch zu nutzen.

In erster Linie aber kam die Ostexpansion den deutschen Fürsten, dem niederen Adel und kirchlichen Institutionen zugute. So mag wohl um 1200 auch ein in den Kämpfen erfolgreicher Ritter mit seinen Landsleuten, siedlungs- willigen jungen Bauernsöhnen, gegen Zusicherung einer für mehrere Jahre gültigen Steuerfreiheit unser Dorf zwi- schen den slawischen Siedlungen Uebigau, Lönnewitz, Kölsa und Rössen gegründet haben. Der Ritter behielt sich das uns bekannte Rittergutsgelände vor, dazu 4 Hufen Land (1 Hufen entsprach damals etwa 80 Mor- gen, also 20 ha). Beispiele für weitere zu dieser Zeit er- folgte Ortsgründungen sind Schmerkendorf, Rehfeld, Beyern, München, Langennaundorf und Herzberg.

Die Gehöfte wurden mit der Giebelseite zum Weg hin er- richtet, Scheune, Garten und Feld lagen dahinter. Der Fahrweg schlängelte sich an vier Dorfteichen vorbei (heu- tiger Garten von Schmiedemeister Koch, bei den Bauern Schulze, Hendel und Lehmann-Große), die etwa bis 1930 bestanden. Die Lage des oberen Dorfteiches wird heute noch durch den Stamm einer Kopfweide am Ortsausgang rechts in Richtung Herzberg gekennzeichnet.

Skizze der Besiedlung um 1542

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Viele der vor 1300 gegründeten Dörfer wurden später wieder verlassen. Aus Sicherheitsgründen legte man Ein- zelsiedlungen zu größeren Ortschaften zusammen. Mit- unter werden ungünstige Ackerböden und auch Seuchen den Anlass für die Aufgabe der Siedlungen gegeben haben. In unmittelbarer Nähe Falkenbergs sind bei- spielsweise die Wüstungen Dräsdorf zwischen Kiebitz und Uebigau, Kragenest (Krahennest) nordöstlich von Kölsa, Gorek (Gohrig) und Döbern (Dobrene) südwestlich von Schmerkendorf sowie Wöllersdorf zwischen Uebigau und Beiersdorf bekannt.

Eine exakte Erklärung für den Ortsnamen Falkenberg kann nicht gegeben werden. Häufig leiten Historiker und Heimatforscher Ortsnamen von Personennamen ab, die in irgendeiner Beziehung zum Ort standen. So gab es mehrfach Meinungen, unsere Ortsbezeichnung mit einem deutschen Rittergeschlecht Valkimberch in Verbin- dung zu bringen, jedoch konnte dessen Existenz bislang

nicht nachgewiesen werden. Des Rätsels Lösung könnte in der Beachtung alter Flurnamen liegen. Die Bewohner bezeichneten trockene, etwas höher gelegene Fluren als

„Berg“ im Gegensatz zu vielen flachen, häufig sehr nas- sen Stellen ihrer Gemarkung. Bekannt sind der Hubertus- berg, der Weiße Berg, der Druchsen- und der Hirschberg im Osten, ferner die Walberge und die „Berge“ als Sam- melname am nördlichen Ausgang des Dorfes.

Hinzu kommt, dass Greifvögel wie Roter Milan, Rohr-

Ehemaliger Teich in der Lindenstraße

Falkenberger Flur und Umgebung

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weihe, Hühnerhabicht, Mäusebussard und Falken in un- serem Raum heimisch waren.

Urkundlich wird Falkenberg nachweislich erstmals im Jahre 1251 in einer Schenkungsurkunde erwähnt. Nach mehrfachen Auseinandersetzungen mit den weltlichen Behörden in Torgau errichteten die Nonnen des Zister- zienser-Klosters in Nimbschen bei Grimma (Dahlener Heide) auf Veranlassung des Markgrafen Heinrich dem Erlauchten von Meißen ein neues Kloster. Für ihre Tätig- keit benötigten sie ein Arbeitsgebiet und eine gesicherte Grundlage. So wurde ihnen u. a. das Patronat der Kirche Altbelgern mit ihren Filialkirchen, darunter auch Valken- berch, in einer Stiftungs- und Schenkungsurkunde zuge- sprochen.

Daraus ist zu entnehmen, dass die Anzahl der damals in unserem Ort ansässigen Bauern bereits die Schaffung einer Filialkirche rechtfertigte, die wahrscheinlich mit einem in Torgau ausgebildeten Leutpriester besetzt war.

Erwähnung des Ortes in der Schenkungsurkunde an das Klo- ster Nimbschen durch den Markgrafen Heinrich von Meißen im Jahre 1251 (Ausschnitt)

Vom schweren Leben unter der Feudalherr- schaft

Als im Jahre 1423 der Markgraf von Meißen mit dem Kur- fürstentum Sachsen belehnt wurde, fiel unser Ort eben- falls an Sachsen. Bei der weiteren Organisierung der Verwaltung in den eroberten Gebieten wurden einzelne Burgwarde zu Vogteien und später zu Ämtern vereinigt.

Falkenberg unterstand dem Amt Liebenwerda. Zur Erhe- bung der Steuern wurde meist der Begütertste als Lehn- herr eingesetzt, der gegenüber dem Landesherren lehnspflichtig war. Zur Erfüllung der Leistungen wurden alle Bauern herangezogen. Anger, Weide und Wald wur- den gemeinsam genutzt. In der „Ortswilekor“ legte der belehnte Ritter exakt Grundbestimmungen über die äu- ßere Ordnung der Dorfgemeinschaft, über Rechte und Pflichten des Einzelnen gegenüber der Gesamtheit nie- der. Die Art und Höhe der Abgaben und Arbeitsleistun- gen war ebenso festgelegt wie die zeitliche Nutzung der Weiden für die Hütung der Rinder, Schweine und Schafe.

Der Ackerbau erfolgte als Dreifelderwirtschaft, vor allem wurden Hafer, Roggen, Hanf, Lein, Hopfen und Mohn an- gebaut. Wiesenwirtschaft und Viehhaltung entwickelten sich allmählich mit der oft sehr mühsamen Kultivierung der Bruchwaldungen in den Niederungen.

Im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte waren nicht allen Bauern die gleichen Erfolge beschieden. Ungün- stige Witterungsbedingungen minderten die Erträge,

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Krankheiten bei den Tieren brachten schmerzliche Verlu- ste und damit für die Menschen viele Nöte. Der Ritter aber forderte die festgelegten Abgaben und Arbeitslei- stungen. Manchmal halfen die Nachbarn. Oftmals aber waren einzelne Bauern gezwungen, Land abzugeben, um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können. So änderte sich die Dorfstruktur und bot um 1500 folgendes Bild:

In Falkenberg wohnten 6 Halbhüfner mit etwa 50 Morgen (eine fränkische Hufe entsprach etwa 100 Morgen), die in der Lage waren, sich von Arbeitsleistungen freizukaufen;

17 Viertelhüfner, die außer den zu leistenden Abgaben noch jährlich 157 Tage für den adligen Herren arbeiten mussten; 6 Häusler mit nur wenigen Morgen, die hand- werkliche Tätigkeiten ausübten und bis zu 30 Arbeitsta- gen herangezogen wurden.

Die angesetzten Steuern und Leistungen (wie z. B. Hu- fenzins, Erbzins als Grundsteuer, Wiesenzins, Hutungs- geld für Weiderechte, Dienstgelder als Ablösung für bestimmte Arbeitsleistungen und Kuhgeld anstelle der früher üblichen Abgaben von Kühen und Kälbern sowie Naturalabgaben an pflanzlichen und tierischen Produk- ten) steigerten sich im Laufe der Zeit sowohl gegenüber den Ämtern als auch gegenüber den adligen Herren. Aus der Erhöhung der Ausbeutung finanzierte man die um- fangreicher werdende Verwaltung, Beiträge zu Kriegsla- sten, den Bau von Befestigungen und Schlössern und natürlich auch das kostspielige Leben und Treiben an den Höfen der Landesherren. Unbarmherzige Verwalter trieben die Bauern zu immer größeren Opfern an. Um die Arbeitskräfte für ihre Dienste zu erhalten, maßten sich die Herren viele Vorrechte an. So durften Söhne und Töchter der Bauern ohne Einwilligung des Gutsherren keinen anderen Beruf ergreifen. Sie hatten dem Herren

zu dienen, waren also so gut wie leibeigen. Hofdienste hatten stets den Vorrang vor den eigenen Arbeiten. Die Akten des Patrimonialgerichtes berichten von harten Ver- stößen, freilich nur in wenigen Fällen, denn wer wagte schon den Administrator anzuklagen? So wurde das Elend des Lebens oft an freien Sonntagen in der Schenke bei überreichlichem Genuss der selbstgebrauten Biere und Schnäpse förmlich „ertränkt“.

Das Privileg der niederen Gerichtsbarkeit hatten die schriftsässigen Rittergüter, sie ließen es durch ein Patri- monialgericht ausüben. Zur Urteilsfindung wurde das rö- mische Recht zugrunde gelegt. Deshalb stellten die Rittergutsbesitzer einen Gerichtshalter mit entsprechen- den Kenntnissen aus nahe gelegenen Städten ein. Ge- richt wurde über alle Vorkommnisse des Lebens gehalten, die gegen Rechte, Sitten und Gebräuche ver- stießen. Dazu zählten Arbeitszeitverstöße, Diebstähle, Verlassen der Arbeitsstellen, Streit innerhalb der Fami- lien, Beleidigung und üble Nachrede, Ehescheidungen, Betrügereien, Streit um Entschädigungen usw. Die An- träge wurden entgegengenommen, bearbeitet und das Urteil nach Anhören der Parteien als rechtskräftig verkün- det. Die Gerichtsdirektoren hatten dem Gerichtsherren, also dem Rittergutsbesitzer, über jeden Fall Bericht zu geben.

Zu späterer Zeit schritt außerdem ein Dorfgericht bei Ver- stößen gegen die Dorfordnung, gegen Nutzungsverein- barungen, gegen Sitten und Gebräuche und bestimmte Verpflichtungen ein. Es wurde von einem gewählten Dorf- richter, der dafür wiederum ein Lehngeld zu entrichten hatte, und zwei Schöffen ausgeübt. Dorfgendarmen übten auf ihren Patrouillengängen strenge Kontrollen aus und erstatteten Anzeige. Dabei ging es oft recht kleinlich zu, wie aus einem Gendarmenbericht vom November

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1754 zu ersehen ist: „… Hüfner Richter mit brennender Zigarre auf dem Hof angetroffen; Bauer Marth mit bren- nender Tabakspfeife; Hofhund des Hüfners Torge trieb sich ohne Aufsicht herum; Gastwirt Köppe hatte bis 4 Uhr morgens Gäste; Hüfner Meier fuhr am Sonntag ohne po- lizeiliche Erlaubnis Getreide ein; der Müllermeister be- schäftigte einen Zimmergesellen, der zu solchen Arbeiten nicht befugt ist;…„

Der obere Hof hatte als Besitzer die Gebrüder Köckeritz und von Störe, dann fast 200 Jahre ab 1409 die Familie von Hohndorf, ab 1662 deren Schwiegersohn Georg Diet- rich Truchsess. Im Jahre 1686 erfolgte der Verkauf an den Herzberger Bürgermeister Huth für 4342 Gulden und 18 Groschen. Er hatte bereits 1684 zwei wüste Bauernhöfe in Kiebitz und 1686 auch die anderen wüsten Stellen er- worben.

Mit dem unteren Hof wurden 1419 die Gebrüder Schaffe belehnt. Sie erhielten auch Kiebitz und die halbe Mühle Bomsdorf dazu. Als die Schaffes im Mannesstamm aus- starben, wurde der Hof zeitweilig vom Amt Liebenwerda aus als kurfürstliche Domäne verwaltet und 1539 für treue Dienste dem kurfürstlichen Hofmarschall Heinrich von Schönberg als Lehen übertragen. Dessen Sohn Jo- hann Friedrich von Schönberg wurde 1576 nach dem Tode des Vaters durch den Kurfürsten August von Sach- sen mit dem unteren Hof belehnt. Das ist für uns kultur- geschichtlich von Interesse, gilt er doch als der Verfasser des Schildbürgerbuches. Er wurde in Sitzenroda bei Schildau geboren, war ab 1577 als Assessor und späte- rer Leiter des Hofgerichts in Wittenberg tätig. Er war ab 1586 auch Lehnsherr eines der beiden Güter von Uebi- gau. Seit 1613 soll er seinen ständigen Aufenthalt in Fal- kenberg gehabt haben und hier am 24. März 1614 gestorben sein. In der Wittenberger Schlosskirche wurde er beigesetzt. Die erste Fassung des Schildbürgerbuches erschien 1597 als „Lalenbuch“ in Frankfurt/Main, 1598 dann als „Schildbürgerbuch“ erweitert und unter einem Pseudonym herausgegeben.

Wegen völliger Verschuldung des unteren Hofes unter der Familie Hans-Abraham von Schlieben erfolgte dann 1691 der Verkauf ebenfalls an den Herzberger Bürgermeister und kursächsischen Steuereinnehmer Huth. Ganz Falken-

Zur Geschichte des Rittergutes

An dieser Stelle seien einige Angaben zur Geschichte des Rittergutes eingefügt. Während der Name des ersten Grundherren nicht ermittelt werden konnte, ist durch eine Urkunde des Klosters Doberlug vom Jahre 1345 belegt, dass ein Ritter von Rostoc als Grundherr gefolgt war. Des- sen Söhne Ranvolt und Kunat von Rostoc erschlugen ihren Vetter und mussten dafür Sühne leisten. Beide haben offensichtlich mit Einwilligung des Landesherrn ihren Besitz später geteilt, denn nach ihnen sind zwei Höfe vorhanden: ein oberer Hof (zwischen späterem Her- renhaus und der Dorfstraße) und ein unterer Hof (auf dem Gebiet der späteren Brennerei). Die Wohngebäude dürf- ten einfach und schlicht gewesen sein, denn die Herren hielten sich für nur kurze Zeit auf, um die von den Bauern erarbeiteten Abgaben und Steuern zu kassieren. Mit der Teilung ihres Besitzes war auch die Teilung des Dorfes ver- bunden: 18 Bauern und Häusler nördlich von Köppes Gasse und dem Gehöft Karras waren dem Besitzer des oberen Hofes abgabe- und dienstverpflichtet, 12 südlich dieser Gasse dem unteren Hof. Die Bauern von zwei Ge- höften waren beiden Herren hörig. Nach dem Ableben der Ritter von Rostoc wurden beide Höfe getrennt belehnt.

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berg einschließlich Kiebitz war jetzt in seiner Hand. Auf- grund eines 1691 durch den Kurfürsten ausgestellten Lehnbriefes war nun ein Vertreter des Bürgertums Lehn- herr von Falkenberg. Er muss streng gewirtschaftet haben, die Güter erhielten einen hohen Wert. Doch nicht immer waren die Bauern mit seinen wirtschaftlichen Maßnahmen einverstanden. So wird von einer Arbeits- niederlegung im Jahr 1695 berichtet, als die Bauern die Gutswagen auf der Straße stehen ließen. So kam es zum Abschluss eines neuen Erbvertrages mit den Bauern.

Über Huths Schwiegersohn Grauschütz erfolgte 1720 die Verpachtung und 1722 der Verkauf Falkenbergs für 35.000 Taler an Herrn von Zaschnitz, der seit 1719 Be- sitzer von Schmerkendorf war. Trotz oder wegen mancher von ihm unternommenen Neuerungen zur Ertragssteige- rung seiner Güter ging es mit dem Falkenberger Rittergut wieder bergab.

Im Jahre 1748 erwarb der kursächsische Kreishauptmann Christian-Peter von Hohenthal den gesamten Besitz, und zwar Falkenberg für 35.000 und Schmerkendorf für 40.500 Taler. Er ergriff alle Maßnahmen, um die Güter rentabler zu gestalten. Er ist als Oberkonsistorialvizeprä- sident und späterer Graf der bedeutendste Besitzer des Rittergutes gewesen. Seine landwirtschaftlichen Anord- nungen waren für die damalige Zeit mustergültig. Aus- saat, Ernteergebnisse und Viehbestände wurden exakt in Tabellen festgehalten. In einem von ihm veröffentlich- ten Intelligenzblatt schrieb er Abhandlungen über Land- und Forstwirtschaft sowie über Probleme der Flussregu- lierungen. Progressiv wirkte er für Schule und Kirche ebenso wie für das Armenwesen. Vermutlich veranlasste er um 1790 den Bau des noch heute stehenden, im Ba- rockstil gehaltenen Herrenhauses, da sich seine Familie oft längere Zeit hier aufhielt. Im Besitz der Familie von Hohenthal blieb Falkenberg bis 1833, und zwar von 1794 bis 1825 unter Peter Karl Wilhelm Graf von Hohenthal, dann bis 1833 unter Peter Wilhelm Graf von Hohenthal.

Für 55.000 Taler und mit Übernahme der Verschuldun- gen von ca. 33.000 Talern erwarb dann Brigadekomman- deur Generalmajor Johann Heinrich von Schaper Falkenberg. Aus einer am 29. März 1813 in Petersburg ausgestellten Urkunde ist zu entnehmen, dass dieser Hans Heinrich von Schaper in seiner Kapitänszeit zu den Männern um Freiherr vom Stein, Hardenberg, Scharn- horst u. a. gehört haben muss, die aufgrund ihrer Tätig- keit für die Erneuerung Preußens vor Napoleon nach Russland ausweichen mussten und vorübergehend in russische Dienste traten. Darin heißt es: „… Am 4. No- vember 1812 trat er bei uns als Kapitän ein. Wir bestäti- gen das. Wir befehlen, unserem Kapitän Hans Heinrich von Schaper zu gehorchen und sich ihm unterzuordnen.

Herrenhaus des ehemaligen Rittergutes in der Lindenstraße

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Wir hoffen, dass er uns dienen wird mit seinem ganzen Fleiß und Mut, wie es sich für einen Offizier seines Wis- sens gehört …„.13 Jahre hatte Johann Heinrich von Scha- per Falkenberg in Besitz.

einer Brauerei, einer Ziegelei und Kiebitz. 1874 kaufte er den Besitz Groß- und Kleinrössen. Er war 31 Jahre lang (1854 - 1885) Landrat des Kreises Liebenwerda. Im Jahre 1885 folgte ihm sein Sohn, der preußische Rittmeister

Tor zum Rittergut und Park

Am 22.12.1846 starb er als Witwer, inzwischen zum Ge- neralleutnant befördert. Er war in den Johanniterorden aufgenommen worden, damals eine für besondere Ver- dienste vom König von Preußen verliehene Auszeich- nung. Bei seinem Tode zählte Falkenberg 149 Einwohner, verteilt auf 47 Wohnungen, 39 von ihnen mit eigenem Besitz: 6 Halbhüfner, 14 Viertelhüfner, 8 Großhäusler und 7 Kleinhäusler, weitere 4 Häusler bauten auf. Das Rittergut hatte zu dieser Zeit, nach Abzug einer Belastung von 9.473 Talern, einen Gesamtwert von 83.859 Talern.

Dessen Sohn Heinrich Friedrich Carl Ludwig von Schaper, preußischer Premier-Leutnant und Geheimer Regierungs- rat, erbte 1846 das Gut Falkenberg mit einer Brennerei,

Generalleutnant Johann Heinrich von Schaper (1833 - 1846 Besitzer des Rittergutes Falkenberg)

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Arthur Carl Heinrich von Schaper. Als dieser im Jahre 1911 starb, warb der Falkenberger Ortsverein trotz vieler Gegenströmungen für den Ankauf des Rittergutes durch die Gemeinde, um angesichts der wachsenden Bedeu- tung des Ortes als Eisenbahnknotenpunkt Ländereien als Bau-, Industrie- und Wirtschaftsland zur Verfügung stel- len zu können. Die ihm angehörigen Gemeindevertreter gewannen den Gemeindevorstand für ihr Anliegen. An dem Beschluss der Gemeindevertretersitzung vom 16.

Juni 1912 (10 Stimmen dafür, 1 Enthaltung), das Ritter-

gut zum Preis von 1.300.000 Mark zu kaufen, haben in besonderem Maße der Baumeister Carl Erler und der Apotheker Ernst Labedzki Anteil; beide borgten der Ge- meinde zusammen 300.000 Mark, um eine Anzahlung zu ermöglichen. Die weitere Finanzierung wurde im Rah- men eines Rentengutverfahrens von der Seehandlung in Berlin übernommen. Bis zum Ende des 1. Weltkrieges konnte die Schuldsumme durch umfangreiche Verkäufe von Ackerland, Wiesen, Wäldern, Nutzholz sowie durch den Verkauf des Vorwerkes Kiebitz größtenteils getilgt

Skizze des Rittergutes

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werden. Im Revisionsbericht vom 14. Januar 1919 wird festgestellt, dass sich „… der Kauf des Rittergutes zu einer vorteilhaften Anlage infolge des Siedlungswesens sowohl für die Gemeinde als deren Ansiedler gestaltet hat. Insbesondere sind Preise erzielt worden, die nie- mand erwartet hat und andererseits vom Käufer nicht als drückend empfunden wurden.“

Die letzten Mitglieder der Familie von Schaper (Witwe Emma von Schaper, Hedwig/Hedda und Marie von Scha- per) bewohnten ab Juli 1914 den 1913/14 vom Bau- und Zimmermeister Wilhelm Ahrens u. Co für 90.000 Mark er- bauten „Waldhof“ an der Uebigauer Straße. Er enthielt 19 Zimmer, alle von zwei Dielen aus erreichbar, darunter vier größere Räume. Marie von Schaper, genannt „Mimi“, war das letzte Familienmitglied. Trotz körperlicher Behin- derung konnte sie hervorragend malen und zeichnen. Sie wurde am 11.11.1875 in Großrössen geboren, verstarb

Gutshof des ehemaligen Rittergutes mit Stallungen und Brennerei

am 01.09.1950 in Falkenberg und wurde auf dem alten Friedhof in der Familiengrabstätte derer von Schaper an der alten Parkmauer begesetzt.

Der „Waldhof“ wurde mehrere Jahre als TBC-Heilstätte und dann als Außenstelle der Kreiskrankenhauses Herz- berg für pflegebedürftige Kranke genutzt. Die erwähnte Rittergutsziegelei lag im „Ziegelgehege“, dort, wo jetzt das Forsthaus steht. Der Lehm wurde im angrenzenden Gebiet gestochen; noch heute sind die Gruben im Wald- gebiet beiderseits der Straße zum Kalksandsteinwerk bis hin zur Kläranlage zu erkennen, obwohl sie in den zu-

„Waldhof“, von Schapersche Villa in der Uebigauer Straße,, 1913/14 im Jugendstil erbaut, im Mai 1994 durch einen Brand zerstört

rückliegenden Jahrzehnten mit Müll, Asche und Schutt verfüllt wurden. Die ersten Seiten des ältesten Kirchenbu- ches (1652) berichteten schon von den Schicksalen der

„Ziegelstreicher“ in Falkenberg, und Christian Huth ließ nach dem 30-jährigen Krieg die zerstörten Gebäude mit den in der eigenen Ziegelei hergestellten Steinen auf- bauen. Das Ziegelbrennen war für das Gut ein einträgli-

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ches Geschäft. Deshalb wurde die Ziegelei nie mit anderen Teilen der Wirtschaft verpachtet, sondern immer von der Herrschaft selbst betrieben. Die Ziegelei bestand aus des Zieglers Wohnung, drei Ziegelscheunen und dem Brennofen.

Nach einem Brand wurde die Ziegelei wieder aufgebaut. Für 1777 sind folgende Produktionsmengen angeführt.

1. Brand 13.900 Mauerziegel 10.758 Dachsteine … Firststeine 227 Platten 2. Brand 13.038 Mauerziegel 14.312 Dachsteine 238 Firststeine … Platten 3. Brand 12.107 Mauerziegel 13.408 Dachsteine 400 Firststeine 79 Platten Summe: 39.045 Mauerziegel 38.478 Dachsteine 638 Firststeine 306 Platten Der Abschluss der Jahresrechnung 1904/1905 des Ge-

samtrittergutes weist für das Ziegeleikonto einen Gewinn von 5.240,36 Mark auf. Die Ziegelei war 1898 moderni- siert und mit Maschinen ausgerüstet worden. Der Lehm kam in eine gemauerte Grube und wurde mit den Beinen durchgeknetet. Dann wurde er in eisernen Formen ge- formt, die Steine anschließend getrocknet. Ein Ringofen mit 12 Kammern – jede Kammer fasste 6.000 Steine – nahm die Ziegel auf. Nach dem Füllen der Kammern wur- den die niedrigen Eingänge zugemauert, nur ein kleines Loch blieb zum Vorheizen offen. Vom Feuer in der Mitte des Ofens gelangte die Wärme über regelbare Züge in die Kammern. Das Brennen dauerte zwei bis drei Tage.

Nach dem Verkauf des Gutes an die Gemeinde im Jahre 1912 wurde die Ziegelei zunächst weitergeführt. In den Jahren 1914/15 wurde sie abgebrochen, das Wohnhaus 1925/26 abgetragen.

Der Ortsteil Kiebitz war einst ein selbstständiges Dorf, in dem 1542 zehn Bauern ansässig waren. Auch sie unter- standen den Herren vom Rittergut, acht dem unteren und zwei dem oberen Hof. Als Georg von Hohndorf wegen sei- nes abenteuerlichen Lebens Geld benötigte, verkaufte er

die beiden Höfe an den Torgauer Bürgermeister Erachius Buschhaus - östlich von Kiebitz, 1919 abgebrannt

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Von den Anfängen des Schulwesens

Bis zur Zeit der Reformation gab es sogenannte Parochial- schulen, in denen die Küster das Vaterunser, das Ave-Maria und die zehn Gebote lehrten. Aus den Angaben über zwei Pfarrhufen für das Jahr 1545 wird geschlossen, dass Fal- kenberg in der vorreformatorischen Zeit schon einmal eine selbstständige Kirchengemeinde war, dass der Ort also da- mals auch schon eine Stätte christlicher Jugendunterwei- sung gekannt hat, wie das für Dörfer in der Umgebung nachgewiesen ist. Falkenberg wird somit auch einen Kü- ster gehabt haben, der eine Art „zeitgemäßen Unterricht“

erteilte.

Erst der Reformator Dr. Martin Luther (1483 – 1546) for- derte in seinem „Sendschreiben an die Bürgermeister und Ratsherren aller Städte“ die Einrichtung von Schulen durch die weltliche Obrigkeit. Sie sollten christliche Schulen schaffen und erhalten und dazu die bisher für kirchliche Zwecke ausgegebenen immensen Summen opfern. Die Priester sollten die Leute ermahnen, ihre Kinder zum Schul- besuch anzuhalten. So geschah es dann auch in den Städ- ten, aber noch lange nicht auf dem Lande.

Die ersten sicheren Quellen, die Schulgeschichte Falken- bergs betreffend, liegen aus dem Jahre 1529 vor. Die Refor- mation war in unserer Heimat durchgeführt, die wahrscheinlich vorhanden gewesene selbstständige rö- misch-katholische Kirchengemeinde in Falkenberg be- stand nicht mehr. Der Ort war eine „Filiale“ der evangelischen Mutterkirche Schmerkendorf. Von dort aus wurde Falkenberg kirchlich und damit auch „schulisch“ be- treut. Verschiedene Berichte in den Visitationsakten geben Auskunft über die schlechte soziale Lage der Küster und über das geringe Interesse an deren Unterweisungen.

So heißt es z. B. 1529: „Custos soll sich der Jugend anneh- Barbwasser. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 –

1648) war Kiebitz völlig wüst und ausgestorben. Es ge- langte in den Besitz des Herrn von Schlieben, der Marxdorfer siedlungswillige Bauern abwies und durch- setzte, dass Kiebitz ein Vorwerk wurde. Die beiden Barb- wasserschen Häuser wechselten mehrfach den Besitzer und wurden 1684 vom Herzberger Bürgermeister Huth gekauft. Kiebitz blieb bis 1912 Vorwerk, wurde dann an den Major Kleinschmidt und 1930 an den Gutsbesitzer Massante verkauft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es im Rahmen der Bodenreform aufgeteilt.

An dieser Stelle erscheint es angebracht, das Buschhaus zu erwähnen, das einst am Rande des Kleinen Schwei- nert – östlich von Kiebitz – stand. Es war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Blockhaus errichtet wor- den und enthielt unter einem Dach eine Wohnung, Vieh- ställe für 40 Rinder, eine Scheune und Wirtschaftsräume.

Der Wirt soll ein Förster des Rittergutes und gleichzeitig Waldhüter im Dienste des Herrn von Schmerkendorf ge- wesen sein. Beim Kauf des Rittergutes vermietete die Ge- meinde das Buschhaus an private Interessenten, zuletzt an den Arzt Dr. Glatschke. Am 14.6.1919 brannte das Buschhaus vollständig nieder. Der Verdacht auf Brand- stiftung konnte weder nachgewiesen noch widerlegt wer- den. Bedauerlicherweise ging damit ein in seiner Bauweise für unsere Gegend seltenes Gebäude verloren.

In einer Verordnung vom Jahre 1569 wurde der Geldwert der Zinssstücke festgesetzt, z.B.

ein Kalb = 24 Groschen ein Schaf = 24 Groschen eine Gans = 5 Groschen ein Schock Eier = 4 Groschen ein junges Huhn = 1 Groschen

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men, zu bequemer zeit sie die christlichen lider, zehen ge- bote, glauben unde vater unser leren, desgleychen die alten bey der mess die deutschen gesäng underweisen unde sunderlich in der fasten unde advent eine zeit neh- men, die jungen Leut fragen, ob sie die zehen gebot, vater unser unde glauben wissen.“ Im Jahre 1574 heißt es in einem Bericht: „Klagen des Custos: Wenn der custos uff die filial kompt und den Catechismus leret, soll jede Dorff- schaft ihme umbzech (der Reihe nach) eine Mahlzeit geben unde umb der Mahlzeit willen, so sie nicht geben wollen, den Catechismus nicht versäumen.“ Der Unterricht erfolgte sehr unregelmäßig. Anno 1608 liest man: „Es wird gar keine Schule gehalten, dieweil die Eltern die Kinder nicht dazu schicken. Die Bauern sagen, der Schulmeister sei immer bei den Junkern droben … Zudem könnten sie ihre Kinder nicht entbehren, sondern müssten sie bei den ste- tigen Hofediensten in ihrer Haushaltunge gebrauchen.“

Mehrere Küster beklagten, dass ihnen dadurch das Schul- geld verloren ginge, das 3 bis 6 Pfennige wöchentlich be- trug. Um 1618 erhielt der Küster aus Schmerkendorf 91/2 Scheffel Korn (Scheffel war ein verschieden großes Hohl- maß für Getreide, in Sachsen etwa 100 Liter, in Preußen ungefähr 50 Liter), aus Falkenberg 9, aus Kiebitz 2 Schef- fel 12 Metzen, aus Marxdorf 5 Scheffel 4 Metzen und aus Lönnewitz 3 Scheffel Korn, um sich Rinder und Schafe hal- ten zu können. Zu seiner Besoldung gehörten außerdem 50 Brote, 1 Schock Eier (60 Stück), 1 Groschen Taufgeld und 1 Groschen für die Beerdigung von Erwachsenen. Fer- ner sind ihm 3 Faß Bier steuerfrei gewährt. Ein Küster Pe- trus Hoffmann aus Freiberg beklagt sich 1672 bitter über die Adelsherren. Die haben die Notzeit des langen Krieges und die bösen Folgen benutzt, sich zu bereichern, den Kü- ster aber zu schädigen, indem sie wüst gewordene Bau- erngüter zu ihrem Stammsitz einzogen, davon aber

keinerlei Abgaben leisten. Hoffmann, der zwar eine freie Wohnung, aber keinerlei Inventar, auch keine Wiesen und Äcker besaß, errechnete, dass die Nobilisten (die Adligen) ihm dadurch in 22 Jahren 166 Scheffel Korn und 110 Brote entzogen hätten. Alle Bitten um Erstattung halfen nichts, im Gegenteil, der von Truchsess warf ihm noch vor, dass er sich „als Einschenker bei Kindtaufen und Hochzeiten ge- brauchen lasse, dass die Wochenpredigten darüber aus- fallen müssten.“ Interessant ist auch eine Klage des Pfarrers von Schmerkendorf, der die Konfirmanden in Fal- kenberg zu betreuen hatte, aus dem Jahre 1672: „Was Fal- kenberg betrifft, so ist zu bemerken, dass trotzdem er wenigstens alle vierzehn Tage den Sommer und den Win- ter in Regen und Schnee auf verdrießlichem Wege, ja der unterweilen aufpassenden hungrigen Wölfe halber mit Le- bensgefahr gehen müsse, er doch das ganze Jahr kaum so viel erwerbe, dass er notdürftig Schuhe und Strümpfe schaffen könnte und niemand böte ihm einen Bissen Brot oder einen Trunk, viel weniger eine warme Stube an, auch die vom Adel nicht, die vorwendeten, sie wären Ritter und ihm nichts schuldig.“

An die kirchliche Zugehörigkeit Falkenbergs zu Schmerken- dorf erinnern heute noch die alten Pfarrsteige zwischen beiden Orten, von denen die beiden „Schluppen“ (Gassen) zwischen Friedrich-List-Straße und Markt sowie zwischen Walther-Rathenau-Straße und Friedrichstraße noch existie- ren, nur muss man sie sich durch dichte Wälder und Felder führend vorstellen. Der Kirchsteig führte weiter zwischen den jetzigen Grundstücken Friedrichstraße 29 und 31 zum Schmerkendorfer Weg (heutige Ludwig-Jahn-Straße).

Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm der Erste (1713 – 1740) in einem Generalschulplan alle Belange des Schulwesens einschließlich der Schulpflicht (mit der Ein- schränkung „wo Schulen sein“) geregelt hatte, erhielt auch

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In der Zeit der Befreiungskriege (1813/1814) drangen in die Volksbildung fortschrittliche Ideen, besonders die von Pestalozzi, ein. Durch die Beschlüsse des Wiener Kongres- ses (1815) kamen große Teile Kursachsens zu Preußen, und es galten künftig die preußischen Schulbestimmun- gen, so auch das Generallandschulreglement von 1763.

Darin wurde das Schulgeld wie folgt festgesetzt: Im Winter für jedes Kind, bis es lesen lernt, wöchentlich 6 Pfennige;

für das lesende Kind 9 Pfennige; für das schreibende und lesende 12 Pfennige = 1 Groschen. Im Sommer sollten nur zwei Drittel dieser Beträge entrichtet werden. Erst im Jahre 1888 wurde die Schulgeldzahlung für die Volksschule auf- gehoben und damit der Artikel 25 der preußischen Verfas- sung von 1850 endlich verwirklicht.

Falkenberg seine erste Schule durch das Wohlwollen der Familie von Hohenthal. In seinem Buch „Zur Geschichte der deutschen Volksschule“ hob Eduard Spranger die Einrich- tung von „Freischulen“ für die allgemeine Bevölkerung durch den Kursächsischen Kreishauptmann Peter Freiherrn von Hohenthal rühmlich hervor, übernahm er doch für die Falkenberger Kinder alle Kosten. Er galt als eifriger Verfech- ter des Pietismus, einer in der Lutherischen Kirche aufkom- menden Strömung. Doch die Bauern wehrten sich gegen diese Schule, da sie sich Schmerkendorf gegenüber ver- pflichtet fühlten und auch ihre Abgaben dorthin zu entrich- ten hatten. Obwohl die Adelsherren einen „Vikar“ als

„Schulehalter“ einsetzten und ihm auch die Einkünfte ver- bürgten, war damit noch keine förmliche Ausschulung aus dem Verbande mit Schmerkendorf vollzogen. Erst mehrere Verhandlungen und ein am 29. November 1757 in der

„Oberstuben in der Schenken gehaltener Gerichtstag“, bei dem die Bauern unter Strafandrohung verpflichtet wurden,

„ihre Kinder vom 4. bis 12. Jahre fleissig zur Schule zu hal- ten“ und „dem Schullehrer alle Liebe und freywillige Werk- tätigkeit erwiesen werden sollten“, führten zum Verbleib der Schule. Zwar waren die Falkenberger eigentlich froh, ihre Kinder nun nicht mehr auf den weiten Weg nach Schmerkendorf schicken zu müssen, dennoch hatte es der erste Lehrer Herzog nicht leicht, seine Absichten einer guten, prügelfreien Erziehung durchzusetzen. Er scheiterte an dem Verhalten der Eltern, die die körperliche Züchtigung forderten. Herzog erlebte Widersätzlichkeit und Aufleh- nung der Kinder. Da musste bald auch in seiner Schulstube – genau wie anderswo – der Stock regieren helfen, so schwer es ihm auch fiel, ihn anzuwenden. Ihn ärgerte vor allem auch, dass die Kinder des Sonntags oft an der Schenke anzutreffen waren, dort dem bösen Treiben der Alten zusahen, selbst auch schon Branntwein tranken.

Erstes Schulgebäude in der Lindenstraße – 1852 gebaut, später Wohnung des Kantors, lange Zeit Kindergarten

In einem Bericht des Lehrers Felgentreu von 1831 werden für Falkenberg 76 Schulkinder – 42 Knaben und 34 Mäd- chen – angegeben. Peter Wilhelm von Hohenthal (1823 – 1833) hatte die Einkommensverhältnisse des Lehrers noch einmal aufgebessert, es betrug nun insgesamt 172 Taler

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Wie es um das Gesundheitswesen bestellt war

Auch im Gesundheitswesen ging es sehr schleppend voran. In den Familien handelte man nach dem Motto: „Für jede Krankheit hat der Herrgott ein Kraut wachsen lassen.“

Wenn die Hausmittel nicht helfen wollten, wurden eine

„weise Frau“ oder der Schäfer zu Rate gezogen. Sie sollten

„bießen“, besprechen und bestreichen; man durfte nicht darüber reden und sollte auch die richtige Mondphase be- achten. Die Bader, die bei hohem Fieber und in Notfällen geholt wurden, übten eine recht zweifelhafte Tätigkeit aus.

Die Dörfer wurden von landstreichenden „Wunderdokto- ren“ heimgesucht, die mit ihren „Arzneien“ oft schlimmer unter der Bevölkerung hausten als die Seuchen. Auf den Jahrmärkten in Liebenwerda und Mühlberg traten Markt- schreier als „Medicus“ auf, die mit gewaltigem Redeauf- wand ihre Wundermittel gegen alle möglichen Krankheiten anpriesen. Mit gefälschten Zeugnissen über angebliche er- staunliche Heilerfolge verkauften sie den leichtgläubigen Bauern gegen unerhört hohe Preise ihre wertlosen, oft gar gesundheitsschädlichen „Arzneien“. Ein Arzt bezeichnete 1766 diese Wunderärzte als „Geißel … Ohne einen Kran- ken zu besehen, verkaufen sie ihre Arzneimittel, und es reist keiner von diesen Elenden durch das Land, ohne dass es nicht einigen Einwohnern das Leben kostete.“ Und an anderer Stelle schreibt er: „Ich habe mit Betrübnis gese- hen, dass Bauern und Handwerker, welche an den Notwen- digkeiten des Lebens Mangel litten, das Geld entlehnten, um sich in einem hohen Preise ein Gift anzukaufen, wel- ches ihr Elend vollkommen machte … und sie in auszeh- rende Krankheiten stürzte, welche eine ganze Haushaltung an den Bettelstab bringen kann.“ Was beispielsweise noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts in einem „Wirtschafts- und Hausbuch für das Landvolk“ an Ratschlägen für die und 15 Groschen. Darin waren enthalten ein Fixum der

Gutsherrschaft von 60 Talern, aus Schulgeld der Kinder 32 Taler, freie Wohnung, Garten und Felder mit 32 Talern, der Singumgang (in der Osterzeit ging die Schule von Haus zu Haus „Arien“ singen) mit 5 Talern, Brennmaterial mit 18 Ta- lern und 20 Groschen. Er durfte 2 Kühe und 2 Schweine auf der gemeinschaftlichen Weide unentgeltlich („schuttfrei“) halten.

Die nachfolgende Herrschaft von Schaper weigerte sich je- doch, etwas zum Lehrereinkommen beizutragen. Die Ge- meinde sollte für Schule und Lehrer aufkommen. Nun setzte für Jahre ein Hin und Herr zwischen dem Superin- tendenten Thieme aus Liebenwerda als Schulaufsicht, dem Falkenberger Pfarrer Born als Schulinspektor und dem Rit- tergutsbesitzer von Schaper als Schulpatron ein, wer die Kosten für Lehrer und Schulraum tragen sollte. Die Schule war in der Zeit derer von Hohenthal auf dem Gutshof unter- gebracht, nun sollte ein Grundstück gekauft oder ein

„Schullokal“ gemietet werden. Zeitweilig wollten die Bau- ern ihre Kinder wieder nach Schmerkendorf zur Schule schicken, sie wurden jedoch zurückgewiesen. Die Guts- herrschaft trug sich sogar mit dem Gedanken, nur für die Kinder ihrer Leute einen Schulraum zu suchen. Endlich ging die Gerichtsherrschaft streng gegen den Dorfrichter vor, die Gemeinde wurde unter Strafe ermahnt, sofort einen Schulraum zu beschaffen. So erfolgte der Unterricht dann mit 70 – 80 Kindern ab 1838 im Armenhaus. Der Leh- rer erhielt eine kümmerliche Wohnung in der Schenke, ebenso bescheiden war sein Jahresgehalt von etwa 253 Talern. Da der Raum im Armenhaus zu beengt wurde, er- folgte 1852 endlich der Bau einer kleinen Schule für 1600 Taler neben der alten Kirche in der Lindenstraße. Das in- zwischen umgebaute und erweiterte Gebäude war lange Zeit Kindergarten I.

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Vertreibung von Krankheiten angeboten wurde, mutet wie die finstere Magie des Mittelalters an. Dazu nur einige Bei- spiele: Gegen das Augentränen soll man eine Fuchszunge in einem Tuch zwischen den Schultern tragen. Bei Binde- hautentzündung nehme man den Kopf einer schwarzen Ziege oder einer schwarzen Katze, brenne ihn zu Pulver und blase dem Patienten das Pulver in die Augen. Einem Gichtkranken sollte man lebendige Regenwürmer auf die schmerzenden Glieder binden, bis sie sterben. Wenn dies zwei- oder dreimal getan sei, vergehe die Gicht. Der „Wolf“

am Bein werde geheilt, indem man einen ganzen Maulwurf in einem irdenen Topf verbrenne, ihn zu Pulver stoße und dieses auf die Entzündungen streue.

Mit zäher Unbelehrbarkeit glaubten die Menschen auch noch lange danach an die Heilkraft solcher Mittel. Der Arzt in Uebigau wurde nicht geholt. Oft saßen in Nachbarstäd- ten auch nur Wundärzte, die Kosten für deren Behandlung kamen den Bauern zu hoch. Sehr früh war nun aber Fal- kenberg in der glücklichen Lage, einen eigenen Dorfdoktor zu haben. Derselbe Graf von Hohenthal, der die Freischule errichtete, ließ 1758 einen studierten Arzt, Dr. Ursinus, Sohn eines früh verstorbenen Professors aus Halle, nach Falkenberg kommen. Doch die Bauern wussten diese Wohltat nicht zu schätzen, lehnten meist den Arzt ab, blie- ben misstrauisch und trauten oft dem studierten Arzt we- niger zu als ihrem Schäfer oder der „weisen Frau“. Dr.

Ursinus beklagte sich bitter über die Leute auf dem Lande, obwohl er hier und da Heilerfolge bei armen Leuten erzie- len konnte. Seine Einnahmen reichten zum Leben nicht aus. Herr von Hohenthal sorgte sich um seinen Schützling, übertrug ihm Aufgaben in der Gutsverwaltung, ließ seine eigenen Kinder bei ihm behandeln, sicherte so sein Ein- kommen und baute ihm auch ein Haus, das noch lange das „Ursinische Haus“ hieß. Doch der Doktor fühlte sich

im kleinen Falkenberg nicht wohl und verließ es bald wie- der. Auch der 1772 vom Gutsherren verpflichtete Sieges- mund Adolf Staberow berichtet von geringen Heilerfolgen.

Er war kein „Studierter Doktor“, sondern nur „Chirurgus“, also „Wundarzt“, der sein Gewerbe bei einem Lehrmeister erlernt hatte. Als Arzt konnte er sich in Falkenberg nicht hal- ten und suchte die Seinen durch mancherlei andere Be- schäftigung zu ernähren. Für die Behandlung des Müllersohnes, der an Muskelschwund erkrankt war und mit 12 Jahren wenigstens an Krücken gehen konnte, wollte er auf sein Honorar verzichten, wenn ihm die Gerichtsherr- schaft den „Salzschank“, also das Salzmonopol, verleihen würde. „Wer Salz bei ihm holt, nehme doch auch etwas an- deres mit, so würde sein Kramladen besser gehen lernen.“

Gegen den Einspruch der Uebigauer, er sei kein gelernter legitimierter Kaufmann, noch Apotheker, vermittelte ihm dies der Graf. Und als der hiesige Schenkpächter Born starb, bewarb sich Staberow als dessen Nachfolger. So be- tätigte sich Staberow nun in der Dorfschenke als Wund- arzt, Apotheker, Kaufmann, Kramladenhändler mit Salz und als Schenkwirt.

Im Jahre 1792 ließ sich der Barbier und Chirurg Johann Friedrich Götz, der aus Blumberg stammte, in Falkenberg nieder. Als er auch Kranke behandelte, beschwerte sich der Uebigauer Stadtchirurg Dörffler: Götz sei nur ein ver- abschiedeter Soldat, der sich erlaube, die Chirurgie zu be- treiben, zur Ader zu lassen, zu barbieren, zu schröpfen und Medikamente auszugeben. Er bringe die Menschen um Gesundheit und Leben. Daraufhin wurde dem Götz die Ausübung der Tätigkeit als Chirurg untersagt. Er arbeitete dann als Schuster und dokterte heimlich weiter, und das mit regem Zuspruch. Damit zog er sich den Zorn der Uebi- gauer Schuhmacherinnung auf sich, die ihn der „Pfusche-

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rei“ bezichtigte. Ihre Klage wurde jedoch vom Gericht ab- gewiesen, da Götz mit einem Brief nachweisen konnte, dass er „jede Profession – nur ohne Lehrjungen und Ge- sellen – ausüben dürfe“.

Zunächst kam kein weiterer Vertreter der ärztlichen Kunst nach Falkenberg. Wenn man Hilfe brauchte, holte man den Uebigauer Chirurgus, viel lieber noch den Herzberger Chir- urgen Wilhelm Franz und später dessen Sohn, den be- rühmten Wundarzt Doktor Franz, der in der gesamten Gegend als der „alte Franz“ bekannt und beliebt war.

Zudem bestanden verwandtschaftliche Bande mit Falken- berg, war doch Frau Franz eine Tochter des hiesigen För- sters Ferdinand Erler.

Als dann Falkenberg durch die Entwicklung zum Eisen- bahnknotenpunkt Jahr für Jahr mehr Einwohner zählte, wurde eine ärztliche Betreuung am Ort zur dringlichen Not- wendigkeit. Im Jahre 1888 ließ sich Dr. Elbusch in Falken- berg nieder. Er richtete als Krankenkassenarzt im Haus Friedrichstraße 5 eine Privatpraxis ein und war auch der erste Eisenbahnarzt. Als „praktischer Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer“ war er sehr begehrt. Später siedelte er nach Hoyerswerda über und starb dort 1936. Im Jahre 1906 löste ihn Dr. Glatschke als Eisenbahnarzt ab. Er praktizierte in den gleichen Räumen und fuhr zweispännig zu seinen Patienten, auch in die umliegenden Dörfer, und das bei jedem Wind und Wetter. So war er ein äußerst beliebter

„Doktor“. In der Zeit des 1. Weltkrieges war er der einzige praktizierende Arzt in der Umgebung Falkenbergs. Für seine hervorragende Arbeit zeichnete man ihn mit dem Titel „Sanitätsrat“ aus. Er ist 1944 verstorben.

Nach dem 1. Weltkrieg praktizierte bis 1927 der Ober- stabsarzt a. D. Dr. Lindner in der Friedrich-List-Straße 14.

Dann kam Dr. Gregor, der einige Jahre in Uebigau tätig ge- wesen war, im Jahre 1935 nach Falkenberg. Zuerst hatte

er seine Praxis am Hermann-Löns-Platz, wohnte aber am Markt 7. Im Jahre 1936 bezog er die von der Firma Ahrens im Landhausstil erbaute Villa auf dem Grundstück Freiherr- vom-Stein-Straße 5 und richtete dort die neue Arztpraxis ein. Über ihn wird an anderer Stelle noch zu berichten sein.

Im Jahr 1926 kam Dr. Köhler als junger Arzt in unseren Ort.

Von Herrn Dr. Glatschke bestens unterstützt, konnte er bald fest Fuß fassen und übernahm von ihm auch Aufgaben als Reichsbahnarzt. Seit 1928 betreute er eine Sanitätsstelle des Bahnbetriebswagenwerkes (am ehemaligen Volks- wohlbad) und später eine ursprünglich in einer Baracke, später im neuen Sozialgebäude untergebrachte Sanitäts- stelle des Bahnhofs. Im 2. Weltkrieg wurde er als Militärarzt einberufen, und Dr. Gregor hatte allein die ärztliche Versor- gung unseres Ortes und der umliegenden Gemeinden zu sichern. Dann nahm Dr. Köhler seine Tätigkeit wieder in vollem Umfang im Doppelhaus in der Heinrich-Zille-Straße 13 auf. Der von ihm betreute Bahnarztbezirk reichte bis Do- berschütz und Oehna. Durch seine gewissenhafte, um- fangreiche Tätigkeit und seinen Einsatz im Deutschen Roten Kreuz erwarb er sich ein großes Ansehen. Im Jahre 1973 verließ er nach einer Erkrankung Falkenberg und stellte einen Teil seines Vermögens für soziale und karita- tive Belange zur Verfügung.

Zeitweilig arbeitete Frau Dr. Nick von 1943 bis 1945 in der Praxis von Herrn Dr. Glatschke, außerdem Herr Dr. Pupke in der Karlstraße 27, zeitweilig auch als Sportarzt.

Ab Sommer 1943 praktizierte in den Räumen von Herrn Dr.

Köhler die Augenärztin Frau Prof. Dr. Gaedertz, außerdem in der Hindenburgstraße 8 (August-Bebel-Straße) die Haut- ärztin Frau Dr. Steffens. Beide Ärztinnen waren aus Berlin evakuiert, verließen Ende April wieder Falkenberg.

Am 1. Oktober 1945 zog Fräulein Dr. Strickstrock nach Fal-

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kenberg, jene mutige Frau, die nach der Erschießung von Dr. Koch als leitende Ärztin des Krankenhauses Herzberg eingesetzt war und trotz Androhung der Todesstrafe die Evakuierung der Kranken und Verwundeten in die Wälder ablehnte. Anfangs praktizierte sie ebenfalls im Hause Friedrichstraße 5, dann in der Friedrich-List-Straße 17. Als verheiratete Frau Dr. Mitulla spezialisierte sie sich als Ner- venärztin und genoss in ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit ebenfalls ein hohes Ansehen.

Im Jahre 1901 wurde für Falkenberg vom Vaterländischen Frauenverein des Kreises Liebenwerda die erste Gemein- deschwester Marie berufen; für ihre Schwesternwohnung musste gesammelt und der Erlös eines Unterhaltungs- abends aufgebracht werden. Schließlich unterstützte die Reichsbahn mit jährlich 200 Mark die Erhaltung der Schwe- sternstation. Im Jahre 1926 werden 2 Gemeindeschwe- stern, 2 Hebammen und eine Fürsorgeschwester erwähnt.

Als Tierarzt kam Mitte der 20er Jahre Herr Dr. Eugen Aschenbrenner nach Falkenberg. Er hatte in der Linden- straße 8 und ab 1932 in seiner Villa in der Liebenwerdaer Straße 3 seine Praxisräume.

Am 12. November 1909 erfolgte in Falkenberg die Grün- dung der „Genossenschaft freiwilliger Krankenpfleger“, zu den Mitbegründern zählten Herr Dr. Glatschke und der Apotheker Herr Labedzki. Es wurden Kurse für die Erste Hilfe durchgeführt, und vier Teilnehmer besuchten einen vierteljährlichen Kurs an der Universitätsklinik Halle. Im Jahre 1914 zählte man schon 40 Mitglieder, jedoch zerfiel die Organisation während des 1. Weltkrieges. Auf Initia- tive des Bürgermeisters Rudolph wurde sie dann 1919 wie- der ins Leben gerufen. Im Mai 1933 löste Herr Dr. Köhler den Lehrer und Konrektor Paul Günther als Vorsitzenden ab. Frau Labedzki setzte sich 1939 für die Bildung einer

Helferinnengruppe ein. Die Falkenberger Gruppe wurde abwechselnd den Sanitätskolonnen Mühlberg bzw. Lie- benwerda zugeordnet, als Zugführer fungierten Herr Albert Anuschewski und Herr Lehrer Henri Holz, als Zugarzt Herr Dr. Köhler.

Die Mitglieder halfen unter Einsatz ihres Lebens bei der Rettung, Betreuung und Beförderung von Verwundeten nach den Bombenangriffen 1945 wie auch bei der Bergung der Toten. Ende August 1945 gab Bürgermeister Küver den Auftrag zur Bildung eines Sanitäts- und Hilfsdienstes als

„Gesundheitsdienst Falkenberg“, denn das Deutsche Rote Kreuz (DRK) – seit 1938 mit diesem Namen – war in der so- wjetischen Besatzungszone im August 1945 allgemein aufgelöst worden. Erst Ende Oktober 1952 konnte das DRK in Falkenberg neu gegründet werden und stand dann unter der Leitung des Ehepaares Teichfischer, das 1929 in der Friedrich-List-Straße 11 eine orthopädische Werkstatt über- nommen und durch ein Sanitätsgeschäft erweitert hatte, in dem ausschließlich Krankenkassenpatienten beliefert wurden. Dem Ehepaar Teichfischer gebührt das Verdienst, als erste im Kreis Liebenwerda 2 Gruppen junger Sanitäter ins Leben gerufen zu haben.

Nun noch einige Bemerkungen zur zahnärztlichen Versor- gung. Sie wurde in früherer Zeit durch sogenannte Bader in der Weise ausgeführt, dass kranke Zähne auf sehr robuste und natürlich äußert schmerzhafte Weise entfernt oder bei Zahngeschwüren Blutegel angesetzt wurden. Die fort- schreitende Zeit verlangte nach der Behandlung kranker Zähne, was zuerst in den benachbarten Städten möglich wurde. In der Ausgabe des „Liebenwerdaer Kreisblattes“

vom 8. September 1894 liest man: „Hohle Zähne erhält man dauernd in gutem Zustand und schmerzfrei durch Selbstplombieren mit Künzels schmerzstillendem Zahnkitt,

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Flaschen a 50 Pfennige für ein Jahr reichend“. Und 1895 annoncierte ein Herr Otto Schmidt aus Falkenberg: „Künst- liche Zähne, schmerzlos eingesetzt, fest sitzend, beim Essen brauchbar. Reparaturen sofort. Plomben in allen Me- tallen. Nervtödten, Preise billigst.“ Schließlich sei ein Inse- rat vom Friseur Max Kieselack, Lindenstraße, aus dem Jahre 1913 angeführt:

„Zahnschmerz verschwindet sofort mit ´Blitz´, Flasche 25 Pfennige.“ Hoffentlich hat das alles geholfen.

Der erste Falkenberger Dentist war Herr Bruno Zeh, der seit 1910 in Falkenberg im Hause Friedrichstraße 1 praktizierte.

Er arbeitete anfangs noch mit einer durch den Fuß ange- triebenen Bohrmaschine. Wegen seines kompromisslosen Vorgehens war er zwar oft gefürchtet, wegen seines Kön- nens aber weit und breit geachtet. Anfangs in der Friedrich- straße 32, dann in der Parkstraße arbeitete der Dentist Eschrich. Herr Dr. König kam 1926 nach Falkenberg, er wandte vermutlich als erster Zahnarzt die elektrische Bohr- maschine an, seine Praxisräume befanden sich lange Zeit im Doppelhaus Heinrich-Zille-Straße 13. Ende der 20er Jahre kamen die Dentistin Charlotte Bernthal (zuletzt in der Lindenstraße 5 praktizierend) und der Dentist Last nach Falkenberg, der seine Praxis in den Hufen 4b hatte. Außer- dem war dann in der Walter-Rathenau-Straße 12 auch der Dentist Zschörneck tätig. Im Jahre 1947 kam Herr Dr. Weiß- leder als Kieferorthopäde nach Falkenberg. In der vorheri- gen Praxis von Herrn Dr. König richtete er auch ein zahntechnisches Labor ein und verfügte über einen Rönt- genapparat und weitere Spezialgeräte. Seine Patienten kamen oft von weit her, sogar aus Torgau, Eilenburg, Jüter- bog und Elsterwerda, da er seinerzeit der einzige Kieferor- thopäde in der Umgebung war. Über die weitere Entwicklung der ärztlichen Versorgung wird im 2. Teil der Chronik zu berichten sein.

Vom dörflichen Leben

Die Falkenberger Dorfschenke wurde bereits 1412, 1487 und 1497 in Lehnbriefen aufgeführt, denn von den Schankwirten, auch „Krügern“ genannt, waren Abgaben an die Rittergutsverwaltung zu entrichten. Die im Drei- ßigjährigen Krieg zerstörte Schenke lag mitten im Dorf, der Halbhüfner Däumichen auf dem Hof Nr. 30 war brau- und schankberechtigt. Um 1740 wurde dann die neue Schenke (später „Goldener Anker“) an der Kreuzung Dorfstraße – Uebigauer Straße – Cölsaer Weg gebaut. Die durchfahrenden Fuhrleute sollten sich hier stärken. Das Hohenthalsche Gericht schrieb dem Schankwirt eine Bewirtschaftungsordnung, die „Taxe“ vor, die genaue Festlegungen über Preise für Speisen, Getränke und Übernachtungen enthielt und bei Übertretung 20 Taler Strafe androhte. Christian Johann Forkert, der 1788 die Schenke für 25 Taler kaufte, war gleichzeitig noch Fleischsteuerpächter. Die Familie Forkert besaß durch drei Generationen die Schenke.

Das Schnapstrinken ist wohl damals eine böse Gewohn- heit gewesen. Beim Schankwirt gab es meist nur selbst- gebrannten Fusel, und während des Frondienstes auf dem Rittergut kamen die Bauern leicht in der dortigen Brennerei zu einem scharfen Trunk. Durch die Schnaps- brennerei und die Verpflichtung, dass die Schankwirte diesen dort beziehen mussten, verdiente der Herr Graf und Konsistorialrat zusätzlich an seinen Untertanen, sie dabei zugleich ruinierend. Nach des Lehrers Herzog Kla- gen verführten aber auch die Tanzmusiker zu „zuchtlo- sem Wesen“. Es muss oft Schimpferei und Rauferei gegeben haben. Zeitweilig wurden im Jahr 1758 sogar alle Lustbarkeiten und Nachtmusiken in der Schenke und auf der Straße verboten. Dem musste notgedrungen

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(„…wenn nur seiner Dorfschaft geholfen würde, dass jeg- liches böse Wesen von ihr fern bliebe“) auch von Hohen- thal zustimmen und auf seine Musikeinnahmen verzichten, stand ihm doch das Recht zu, das Musikma- chen an einen Schneider zu verpachten. Kein anderer durfte in Falkenberg fiedeln oder blasen.

Es ist auch überliefert, dass sich Mädchen und Jungen an den Abenden in den Spinnstuben zusammenfanden. Die Herren forderten den Tribut an Leinwand. An den surren- den Spinnrädern wurde ebenso wie beim Federreißen viel gesungen, gab es allerlei zu plauschen.

Und zur verabredeten Stunde kamen die Burschen, um mit ihren Mädchen ein Tänzchen zu drehen oder sie nach Hause zu bringen. Was gab es für ein Necken und fröhli- ches Treiben bei zahlreichen Gebräuchen: Osterwasser sollte heimlich geholt werden und Glück bringen, wurde aber leicht zum „Plapperwasser“. Zur Fastnachtszeit gab es das Zempern, die Jugendfastnacht, Kostüm- und Mas- kenbälle und schließlich das „Aschekehren“. In einigen alteingesessenen Familien existieren heute noch die

„Klemmeisen“, denn zu Lichtmeß am 2. Februar gab es den „Klemmkuchen“. Aus Mehl, Sahne (oder „Schlapper- milch“), Salz, Zimt, Rosinen, Kartoffeln und Speck wurde ein Teig geknetet (mancherorts auch ohne Kartoffeln, aber mit Hefe und Eiern), in das Klemmeisen – eine schwere eiserne Zange, deren Schenkel etwa einen hal- ben Meter lang waren und deren breite „Kiefern“ oft kunstvoll ausgearbeitete Druckformen hatten – gebracht, langsam zusammengekniffen und in das Feuer gehalten.

So entstand eine Art Waffelkuchen. Man sollte ihn „tüch- tig klemmen für die Sonne“, denn mit der Lichtmeß ver- banden sich so manche alte Regeln, z. B. „Wenn´s zur Lichtmeß stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit“ oder „Scheint zur Lichtmeß die Sonne auf den Mist,

schließt der Bauer das Futter in die Kist.“ Auch vom Kranzstechen bei Dorffesten, von Maien- und Stoppel- tanz wird berichtet.

„So zum Bäuern (Name für die Bauernversammlung) ge- boten wird, schickt der Richter den Hammer durch das Dorf zu den Nachbarn...“ , so heißt es in der auch für Fal- kenberg gültigen alten Schmerkendorfer Dorfordnung.

Der Hammer war der amtliche Bote, das Publikationsor- gan des Richters, das ein Nachbar zum anderen bringen musste, ein Schreiben, das an einen Stiel (mitunter

„Schulzenknüppel“ genannt) gebunden war, tat des Richters Willen kund. In früheren Zeiten waren kaum schriftliche Bekanntmachungen auszusenden, denn die meisten Bauern konnten nicht lesen. Kam der Hammer auf den Hof, wusste jeder, dass alle Bauern sofort auf den Dorfplatz oder in die Schenke zum Bauernthing kom- men mussten.

Die Dorfordnung setzte fest, wie schnell das zu gesche- hen hatte, auch, welche Bußen zu zahlen waren, wenn jemand den Hammer nicht weiterreichte. Wirkliche Rechte hatten einst nur die Bauern. Gärtner und Häusler, die aus der slawischen Bevölkerungsschicht stammten, galten nichts.

Erst 1884 mussten die Bekanntmachungen der Ge- meinde durch Anschlagtafeln oder durch Ausschellen er- folgen. Zu dieser Zeit wird auch in Falkenberg der Hammer durch eine große Klingel (Handglocke) abgelöst worden sein. Und wenn es noch so unglaublich er- scheint: Bis Mai 1970 hat der Gemeindebote, Herr Lang- ner, in unserem Ort wichtige Bekanntmachungen

„ausgeklingelt“.

Was den Handel betrifft, so wurde er durch Jahrhunderte hindurch auf der Basis des Tausches betrieben. Die Bauern

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