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Hurmuz.
Von P. Schwarz.
In der Geschichte des Handels mit Indien und China nimmt
der Hafenplatz Hurmuz eine wichtige Stelle ein. Von den arabischen
Geographen nennen ihn der älteste wie der jüngste; Istahri,
MukaddasI und Jäküt schildern die Stadt auf dem Pestlande, Ibn
Batüta die Inselstadt, die noch heute den Namen Hormuz bewahrt. 5
Über die Verlegung des Handelsplatzes vom Festlande auf die Insel
gibt nur Abulfidä' die kurze Nachricht: ,Alt-Hurmüz ist infolge
der Einfälle der Tataren verödet' So ist jede Aufklärung der
Entstehung des heutigen Insel-Hurmuz, die von anderer Seite kommt,
mit Dank zu begrüßen. to
Der Portugiese Pedro Teixeira, dessen Relaciones im
Jahre 1610 in Antwerpen erschienen, kannte Hurmuz aus eigener
Anschauung. Historisches Interesse hatte ihn veranlaßt sich an Ort
und Stelle") mit der Geschichte Persiens und der Insel zu beschäftigen,
seine Kenntnis der persischen Sprache hatte ihn dabei unterstützt, is
Freilich ist der Hauptteil seines Werkes, eine verkürzende Bearbeitung
des Mlr^^änd, für die Gegenwart nahezu bedeutungslos geworden,
aber zwischen den Nachrichten über die Könige von Persien (S. 1-—384)
und der Schilderung der Reise von Indien nach Italien (S. 48—115
neuer Zählung) steht ziemlich versteckt (S. 1—45 dgl.) ein „kurzer 20
Bericht über den Ursprung des Königreichs Harmuz*) und seine
Könige bis zu der Zeit, in der es die Portugiesen in Besitz nahmen'.
Teixeira's Darstellung ist dadurch, daß er das Castilianische statt
seiner Muttersprache wählte, um seinem Buche Leser zu sichern,
etwas behindert worden, außerdem ist zu den in ältern castilianischen is
Schriftwerken häufigen Schwankungen in der Wiedergabe der Worte
1) Ed. Reinaud et Mac Gucltin de Slane 339, Nr. 7.
2) Der Verfasser war weit auf der Erde Iierumgelioniniea. Er erwälint einen Aufenthalt in Mäzenderän im Jahre 1597 (1, 48), aber auch in Mombassa in Ostafrilia (1, 52) und Malakka (2, 47); ferner reiste er von den Philippinen über Mexiko nach Sevilla (2, 41 ff.) und von Goa über Basra, Bagdäd, Aleppo nach Venedig (2, 49 ff.).
3) Diese Namensform gebraucht Teixeira meist, auch Haimus, vereinzelt findet sich ürmuz (2, 49: richtig 63).
eine Anzahl störender Druckfehler getreten. Immerhin bleibt ein
wertvoller Kern. Soweit die in Teixeira's Kurzem Bericht wie in
den übrigen Teilen seines Werkes verstreuten Nachrichten die An¬
gaben der arabiscben Geographen bestätigen oder ergänzen , sollen
5 sie im Folgenden zusammengefaßt werden.
Alt - Hurmuz auf dem Festlande hatte seinen Namen bis auf
Teixeira's Zeit bewahrt. Er sagt (2, 13): ,das erste Hurmuz auf
dem festen Lande verlor nicht seinen Namen, sondern hält ihn fest
und bewahrt ihn bis heute". Geschichtlich tritt Alt-Hurmuz noch
10 einmal hervor bald nach dem Jahre 1345. Als der König Kutb
ad-dm nach seiner Vertreibung den Versuch macht, die Insel zurück¬
zugewinnen, zieht einer seiner frühern Hauptleute von Alt-Hurmuz
mit einer großen Anzahl Leute ihm zu Hilfe (2, 36). Über die
Ausdehnung des Gebietes der Herren von Hurmuz auf dem Festlande
15 berichtet Teixeira aus seiner Zeit noch, sie betrage ,70 Meilen an
der Küste des Persischen Golfes und 28 Meilen Hinterland", das
würde ein Landgebiet von etwa 430:170 km (!) Ausdehnung er¬
geben. Dafür hatten aber die Könige von Hurmuz ,eine Anerkennungs¬
gebühr an den König von Persien zu zahlen , die sie Mokararias
20 nennen" (2, 44). Das letztere dürfte eine Weiterbildung von arab.
mukarrar ,Taxe, Tribut" sein.
An zusammenfassenden Bezeichnungen des festländischen Ge¬
bietes nennt Teixeira Hir ahis tan (2,34) und damit wohl gleich¬
bedeutend Hyr (2,7), was dem Irähistän*) der arabischen
25 Geographen entsprechen wird; ferner Mogost am (2,6; 26; 35),
d. i. Abulfidä's Mügistän"); endlich N a k e 1 s t a m (2, 39). Letzteres
liegt nach Teixeira in Mogostam , es dürfte eine persische Weiter¬
bildung von arabisch nahl , Palmen' sein und ,das Palmenland'
bezeichnen.
30 Auf dem Festlande werden folgende Orte genannt : Barkamin,
eine Festung (2,23), Denü (2,9) vielleicht entstellt aus Dehu
nördlich von Mazuk, Do9är(Do9ar; 2, 13; 33; 34), der der Insel
nächstgelegene Punkt des Festlandes, nur 5 millas (d. i. etwa 9 km)
von ihr entfernt, wo ein kleiner Fluß ins Meer mündet, also wohl
36 östlich des , Swamp' der englischen Karte, Gat, eine Festung
(2, 6; 25), wahrscheinlich das heutige Gatau südöstlich der Mündung des Berez-Plusses, lasques (lazquez 2, 2; 35), heute Jask, Kaream,
eine Festung (2, 8), wohl heutiges Karian, nördlich von Telling,
Kolongon (2, 33; 35), wahrscheinlich Kulagan im Nordosten des
40 , Swamp', Komzara (2, 9), anscheinend in der Nähe der Küste
gelegen , K o s t e k (2, 2), heute Kustak in der Nähe von Kahsia,
Minab (2, 21; 23), eine Festung, die bekannte Stadt am Manujan-
Pluß, Moridon (2, 33), End xur (ebd.), d.i. persisch Rüd i §ür,
Salzfluß, Seugö (2, 6), wahrscheinlich Sekui zwischen Heareh- und
46 Karat-Fluß.
1) Vgl. Iran im M.-A. (II) 75. 2) Ebd. (III) 244.
Schwarz, Hurmuz. 533
Das festländische Hurmuz selbst wird in den beiden Berichten,
die der König Tonmsäh (1347—78) in der Geschichte seiner Vor¬
fahren gibt, als Gründung der regierenden Familie bezeichnet; der
eine dieser Berichte gibt aber zu, daß der Name Hurmuz als Be¬
zeichnung des Gaues schon vor der Gründung dieser Stadt bestand 5
(2, 4). Die regierende Familie leitete ihren Ursprung aus Arabien
her*). Das entspricht den Berichten der arabischen Geographen
über die Herkunft der Geschlechter, die den Südrand Persiens
besetzt hielten^). Eine gewisse Bestätigung erfahrt die Angabe
durch die in der Geschichte mehrfach hervortretende enge Ver- 10
bindung zvrischen Hurmuz und Kalhät (Kalayat) in 'Omän, südsüd¬
östlich von Mascat*). Von dort soll der Gründer von Hurmuz nach
.Jask übergesetzt sein (2, 2), ein Statthalter greift von da in die
Thronstreitigkeiten auf Hurmuz ein (2, 10; 19), ein vertriebener
Prätendent rettet sich zweimal dahin und kehrt mit neuen Streit- 15
kräften zur Eroberung der Herrschaft zurück (2, 25; 35). Zu diesen
Angaben bei Teixeira tritt das Zeugnis des Jäküt: „Kalhät gehört
dem Herm von Hurmuz" (C. 7, 153, 16).
Über die Gründung der Insel-Stadt Hurmuz berichtet Teixeira
(2, 11): „Im Laufe des Jahres 700 der Muhammedaner zogen aus 20
■Turkestan große Scharen von Türken, besetzten viele Länder
Persiens und rückten , nachdem sie das Reich Kirmän angegriffen
hatten, von dort hinab gegen das Reich von Hurmuz und zerstörten
es vollständig. Das Unglück wäre klein gewesen, wenn es damit
sein Bewenden gehabt hätte, aber durch die Reichtümer, die sie in äs
1) Dagegen leitete die Oberschicht der ansässigen Bevölkerung ihren Ur¬
sprung vom FesUande Persiens her, von einem Dorfe nahe Siräz, genannt Fal.
Teixeira sagt dies ausdrücklich von den Weziren und Statthaltern des Kelches Hurmaz, ferner von den Reizes, Xarafos, Noradins und Bradadins (II, 39). Die ersteren dürften Häuptlinge sein, da Kapitänfamiii en wohl kaum ihre Heimat im Binnenlande suchen. Die Xarafos sind vielleicht die Scherifen, die nach Ibn Ba(üta in STriz außerordentlich stark vertreten waren; es könnte aber auch an die goanische Bezeichnung jarafes gedacht werden „Geldwechsler", die auf arabisch aarräf zurückgehen wird. In Noradin und Bradadin sind deutlich nüri cRn „Liebt des Glaubens' und brädi din „Bruder des Glaubens" zu er¬
kennen; das letztere dürfte den untersten Grad im Derwischorden bezeichnen, das erstere einen höheren Grad. Das Dorf Fal wird man wohl mit Jäküt's Fäl zusammenstellen dürfen unter der Voraussetzung, daß Teixeira's Bestimmung
„nahe Sirix* auf ungenauer Auskunft beruht. Weiter wird dieses Fal mit dem Bweiten Bestandteil von Hungubäl bei Ibn Batüta zusammengehören (vgl. Iran 3, 150; 2, 80; 3, 132). Daß Teixeira in geographischen Angaben, die er nicht ans eigener Anschauung macht, Irrtümern unterworfen ist, beweist u. a.
seine Bemerkung über Sämarrä, es liege in drei Meilen (d. h. etwa 6 km) Ent¬
fernung vom Tigrisflusse (1, 237), obwohl es unmittelbar an diesem Strome sich
befindet. 2) Vgl. die Stellennachweise Iran (II) 76 ff.
3) Das östlich von Kaihat gelegene Kap, das auf den neueren Karten als Ras el Hadd (also ra'« al-hadd) d. i. „Spitzenkap" verzeichnet wird, heißt bei Teixeira (2, 13; 49) Rozalgate und Ro<;algate, dürfte also einem ra'g al-kitf.
in der Volkssprache räa al-gat, d. i. „Katzenkopf' entsprechen. Gleichbedeutend wäre ra'« Atrr bei Bekrl (391, 11), das dieser aber in Persien sucht und mit Rlsahr znsammenstellt, vgl. Iran (III) 120.
jenen Ländern fanden, gereizt, kehrten sie so oft dahin zurück, daß die Leute von Hurmuz, außer Stande, die Last so großer Belästigungen
zu tragen , damit umgingen , das Land zu verlassen , wie sie auch
taten. Die Insel Kism (Queixome oder Broct*)) liegt in der Nähe
5 der Küste des Festlandes von Persien , nur durch einen engen
Meeresarm davon getrennt.... 'Ijäd (Ayaz*)) hefahl den Leuten
von Hurmuz dorthin überzusetzen ; sie gehorchten ihm darin gem,
indem sie alles, was ihnen von der Wut und Gewalt der Türken
übrig gehlieben war, mit sich nahmen. Als sie auf der Insel vereint
10 waren und 'Ijäd einige Tage ausgeruht hatte , zog er aus , durch¬
streifte jenes Meer und suchte unter den dortigen Inseln eine, die
für ihn und die Seinen znr Niederlassung sich eignete. Er gelangte
zu einer öden , zwei Meilen von Kism entfernten Insel , an deren
einer Spitze 'ein Greis Gerun (Gerü) mit seiner Frau lebte. Als
15 dieser den Zweck, zu dem 'Ijäd die Insel suchte, erfahren hatte,
riet er ihm, sich hierher zu wenden, da er für sein Vorhaben keine
so passende Insel sonst finden würde. 'Ijäd musterte sie darauf,
war davon befriedigt vmd plante, sie vom König von Kais 8), dem
sie wie die übrigen Inseln im Persischen Meerbusen gehörte, zu
«0 erbitten .... In Kais regierte damals Nu'aim (Neyn) .... Während
'Ijäd in Gerun war, landete dort ein geistlicher Herr als Mönch,
mit Namen Saih Ismä'il, aus einem Dorfe in der Nähe der persischen
Stadt Lär*). Dieser pflegte in jedem Jahre zu bestimmter Zeit zu
jenen Inseln zu kommen, um Almosen für sich und die Armen
85 (Derwische) seines Dorfes zu sammeln. Mit diesem sprach 'Ijäd
und da er ihn brauchbar fand, versuchte er durch seine Vermittlung
vom König von Kais auf dem Wege der Schenkung oder des Kaufes
die Insel zu erlangen , um mit den Seinen dahin zu übersiedeln ;
zugleich versprach er dem geistlichen Herm für seine Bemühung
so eine gute Belohnung. Dieser führte den Auftrag aus und wußte
die Verhandlung so zu leiten, daß jener die Insel erhielt. Obwohl
sie ihm umsonst gegeben werden sollte , mochte er sie doch nur
gegen eine bestimmte Summe Geldes annehmen. Wegen dieser
Freundlichkeit blieb es bei den Königen von Hurmuz Brauch, jedes
S6 Jahr den Nachkommen jenes geistlichen Herrn eine gewisse Erkennt¬
lichkeitsgabe zu zahlen , deren Abholung ich einige Male erlebte.
Als 'Ijäd die Insel Gerun besaß, begab er sich mit den Seinen
dahin, um auf ihr zu leben, und da sie nicht ihre Heimat vergessen
konnten, nannten sie die Insel mit dem gleichen Namen: Hurmuz,
40 obwohl es bei Persern und Arabern gewöhnlich Gerun heißt" (2, 11).
1) Teixeira kennt auf der Insel die Hafen Dargahon (heute Darguwan), Lapht (heute Laft) , Chau (heute Chaha) und Sermion (auch Sirmiö), sämtlich auf der Innenseite (2, 65); Lapht erwähnt er auch als Ortschaft (2, 9). Zu Teixeira's Zeit war der blühende Ackerbau der Insel durch Araber vernichtet worden. Vgl. weiter Iran (II) 82 ff.
2) Nach der Liste ist es der fünfzehnte Herrscher von Hurmuz.
3) Iran (II) 88. 4) Ebd. (III) 133.
Schujarx, Hurmuz. 535
Der Ton der Erzählung könnte gegen ihre Richtigkeit ein¬
nehmen, aber nach Herkunft und Inhalt beansprucht sie doch eine
gewisse Beachtung. Sie entstammt der Überlieferung , die in der
regierenden Familie von Hurmuz selbst bestand. Teixeira folgt in
seiner Geschichte von Hurmuz der Darstellung, die TorunSäh s
(Torunxa), ^der im Jahre 779/1377 verstorbene König der Insel,
in seinem Sähnumä (Xanomä) genannten Werke von der Geschichte
seiner Vorfahren gegeben hat. Vom Inhalt wird zunächst die Jahres¬
zahl bestätigt. Bei A. Müller heißt es : „Auf der Insel befand sich
die Stadt, welche früher auf dem Festland gelegen hatte, erst seit lo
700 (1301), wo der damals regierende Schah von Ormus vor den
Truppen des Ilchäns Gazan dorthin flüchten mußte' *). Gäzän, der
Enkel des Hulagu, regierte 1295—1304"). Da aber die Kara^itai
in Kirmän als Lehnsträger der Ilchane saßen und erst im Jahre 1305
durch mongolische Beamte ersetzt wurden*), so ist es schwer ein- 16
zusehen, wie Truppen des Ilchans schon im Jahre 1301 das fest¬
ländische Hurmuz, ofienbar von seinem natürlichen Hinterlande,
Kirmän, aus, beunruhigen konnten. Unabhängige türkische Gruppen,
wie Teixeira angibt, könnten hier viel eher als Friedensstörer auf¬
getreten sein. Weiter ist es außerordentlich wahrscheinlich, daß 20
die Bevölkerung der festländischen Handelsstadt nicht unmittelbar
nach der Flucht die kleine Insel Hurmuz aufgesucht hat. Eine
größere Insel wie KiSm mit Ackerbau und Trinkwasser bot den
Flüchtlingen eher die Möglichkeit, eine Zeit lang auszuhalten. Endlich
ist die Vermittlungstätigkeit des Derwisch durchaus glaubhaft. Ibn s6
Batüta bezeugt §üfi - Klöster in Lär und l^ungubäl *) und Jäküt
erwähnt, daß am Hofe des Königs von Kais Asketen in hohem
Ansehen standen*). Schon im 12. Jahrhundert hatten die Süfi an
Gazäli's Gönner Nizäm al-mulk einen mächtigen Beschützer gefunden*).
Die Bodengestalt der Insel Hurmuz schildert Teixeira sehr so
anschaulich. „Die Insel hat eine hohe Bergkette, die sie völlig von
Meer zu Meer durchzieht in der Richtung von Ost nach West.
Zwischen dem Fuße der Berge und der Nordspitze der Insel , wo
Stadt und Festung liegen, ist eine weniger unebene Fläche, ungefähr
eine milla (1,8 km) breit. Jenseit der Kette besteht aber alles aus sß
Bergketten , Hügeln und sehr rauhem und furchtbarem Gestrüpp'
(2, 14). Er gibt auch den Namen einer Bergkette, wahrscheinlich
der höchsten, als Kuy Kostarö. Dort soll ein früherer König
von Hurmuz Vornehme von der Insel Kais, die er bei einem Kriegs¬
zuge gefangen genommen hatte , getötet haben ; damit wird der 40
Name in Zusammenhang gebracht: „Bergzug der Toten', es wäre
1) Islam im Morgen- und Abendlande II, 367, Anm. 1.
2) Kbd. II, 254.
3) Desgl. II, 258.
4) Iran (III) 152, Anm. 3.
5) Ebd. (II) 89.
6) Ibn Hilliktn ed. RSlSk 1, 180. 3.
also persisch Kühl kuätegän vorausgesetzt (2, 8). Die Insel weckt
in ihrer Zerklüftung bei Teixeira die Vorstellung, sie habe vulka¬
nischen Ursprung: „es brannte die Insel Gerun in alter Zeit' (2, 14).
Das von Ibn Batüta erwähnte Vorkommen von Steinsalz bestätigt
6 Teixeira: „Hurmuz hat viel sehr durchsichtiges Steinsalz und sehr
reinen Schwefel, von dem während meiner Anwesenheit Lager, die
große Ausbeute gewähren, gefunden wurden' (2, 14).
Über die Wasserverhältnisse auf der Insel sagt Teixeira:
„Es gibt auf dieser Insel drei ausdauernde Quellen, die am Fuße
10 der Bergkette an verschiedenen Orten liegen; daraus gehen drei
Bäche mit klarem reinem Wasser hervor, dieses ist aber so salzig
wie Meerwasser' (2, 14). „Nur in Torunpaque *), das ein Stück
mit weißem salzhaltigem Lehmboden ist am Ende der Insel, gibt
es einen Brunnen mit süßem Wasser' (2, 16). Eine weitere süße
15 Quelle wurde in der Nähe von Torunpaque im Jahre 1596 u. Z.
erschlossen (2, 16).
Auch die Salzsümpfe, von denen Ibn Batüta spricht, finden
sich bei Teixeira wieder. „Beim Winter - Eegen , der in manchen
Jahren stark ist, entsteht aus dem Wasser, das aus den Bergen
20 herabkommt und sich über die Ebene in der Umgebung der Stadt
ergießt, ohne menschliches Zutun, nur auf natürlichem Wege durch
die Kraft der Sonne viel Salz.' Ebenso berichtet er von Salz¬
ausscheidungen am Rande der Bäche : „Während des Fließens bildet
sich unter dem Einflüsse der Sonne Salz und wird so fest, daß es
25 mir zuweilen begegnete, daß ich darüber ritt, ohne daß es zerbrach,
während das Wasser darunter floß' (2, 14).
Unter diesen Voraussetzungen läßt sich nicht ervrarten, daß
die Insel reichen Pflanzenwuchs zeigte. Teixeira erwähnt in
der Ebene einige das ganze Jahr grünende Zizyphus-Bäume (Konär)
so und am Boden einige kleine Malven im Frühling , endlich die als
Abführmittel bekannte Sennes-Pflanze, die Mekka-Sennes, sanä nuikki,
hier genannt wird. Außerhalb Torunpaque erscheint sonst auf der
Insel weder Baum noch Pflanzen wuchs (2, 16). Dennoch behauptet
Teixeira, daß die Tierwelt reich vertreten war : „es gibt auf der
86 Insel viel Jagd nach Gazellen , femer Adibes (arab. dVb , Wolf),
was eine Art Fuchs ist, Rebhühner, Turteltauben und andere Vögel'
(2, 17). Er wundert sich darüber, wie diese Tiere bei dem Mangel
an süßem Wasser auf der Insel leben können.
Das Klima wird im Sommer durch die Sonnenglut, die
40 Teixeira als „sehr heftig' bezeichnet, beeinflußt. Er sagt, die Insel
„leide im Sommer unter so großer Hitze , daß sie sozusagen uner¬
träglich wird'. Wie hoch die Temperatur steige, könne allein
durch die Erfahrung glaubhaft werden (2, 14). Der Purst brachte
die heiße Zeit auf dem Festlande zu (2, 26; 39). Gleichwohl nennt
46 Teixeira das Klima der Insel (er sagt „Himmel und Luft') „gesund;
1) Wahrscheinlich turuni; bag „Limonengarten*.
Schwarz, Hurmuz. 537
im Sommer herrscht selten Krankheit, weil die schreckliche Hitze
durch den außerordentlich reichen Schweiß alle schlechten Säfte
verzehrt, aber im Herbst müssen Unregelmäßigkeiten des Sommers
gebüßt werden« (2, 18).
Für eine auf den Seehandel angewiesene Bevölkerung bot die 5
Insel einen großen Vorteil: sie verfügte über zwei Häfen, der eine
war nach Osten, der andere nach Westen offen. Im letztern ging
das Schiff, das Teixeira nach Basra bringen sollte, wegen heftigen
Gegenwindes aber zunächst nur bis Shiluh (Chilao) gelangen konnte,
bei der Rückkehr vor Anker (2, 69). Teixeira sagt von den Häfen: 10
„beide verlaufen derart, daß sie an einer sandigen Landzunge, wo
gegenwärtig das Port der Portugiesen steht, miteinander enden«.
Dorthin verlegt er auch die älteste Siedelung, den Wohnsitz „des
alten Gerun«, nach dem die Insel benannt sein soll (2, 15). Einen
zur Landung von Truppen geeigneten Strand, der etwa tausend 15
Schritt von der Stadt entfernt lag, nennt Teixeira Karü (2, 21).
Die Stadt-Anlage war durch das Eingreifen der Portugiesen
verändert worden. Teixeira berichtet: „die Stadt ist nicht groß,
obwohl sie das früher war, jedoch der beste und vornehmste Teil
wurde niedergelegt, um einen großen freien Platz vor der Festung 20
herzustellen« (2, l7). Außerhalb der Stadt erwähnt Teixeira „auf
einem Hügel nahe der Einsiedelei S. Lucia, etwas über 1 milla
von der Stadt entfernt, die Ruinen einiger Türme, wo die Könige
ihre geblendeten Verwandten unterbrachten« (2, 40).
Vom Bau der Häuser erzählt der Schriftsteller: „Die Häuser 25
sind gut gebaut aus einem nicht sehr festen Gestein , das auf der
Insel gewonnen wird, und aus einem vom Meeresboden geholten
Material« (2, 17). Darüber sagt er noch folgendes: „im Persischen
Meere nahe der Insel Hurmuz gibt es einige Steinbrüche unter
dem Meere, aus denen eine Menge Steine geholt werden. Die An- so
sässigen verwenden diese, weil sie sich sehr leicht bearbeiten lassen ;
sie nennen sie sengi mäht („Sangh May«) , d. h. Fisch-Stein , weil
sie unter dem Meere vorkommen und leicht sind. Was aber noch
mehr hervorzuheben ist : es wächst so viel neu, als man wegnimmt«
(1, 166). Danach dürfte nicht Tuff-, sondern Korallenbildung vor- 35
liegen*) und das persische sengi mähi, das nach Vullers nur ist
„ein weißer harter Stein , der im Kopfe einer Fischart vorkommt«
(also wohl ein Gehörstein), „er wird zur Beseitigung der Nieren¬
steine und im Regenzauber verwendet«, dürfte an der Südküste
von Persien auch zur Bezeichnung der Koralle gedient haben. Das 40
aus dem Meere gewonnene Material ist beliebt, „weil es leicht ist
und die Erdbeben, unter denen die Insel zu leiden hat, besonders
1) Weniger walirscheinlicli ist eine Übertragung der Sage von Gog und Magog, nach der aiinächtlich der Damm, der diese Vollmer vom Gebiete des Isläm trennt und von ihnen durchnagt werden soll, wieder wächst und so dick wird wie zuvor (Fleischer, Glaubenslehre des Islam [nach dem Hefte von Herrn Prof. A. Socin]).
Zeitschrift der D. M. G. Bd. G8 (1914). 38
gut erträgt' (2, 17). Als Bindemittel kennt Teixeira gec und 6 ärü;
der erstere wird hergestellt ,aus weißem Gips, der auf dem Pest¬
lande häufig ist'; als Ersatz dient auch .roter Gips von der Insel
selbst, der aber weniger gut ist'. Cäru wird für Bauten*), die im
5 Wasser 2) fundamentiert werden, verwendet.
Von der Bevölkerung entwirft Teixeira folgendes Bild:
.Die meisten sind weiß und hahen Ebenmaß, die Männer sind
ritterlich und gebildet, die Prauen schön; alle sprechen persisch,
obwohl nicht sehr rein. Alle Eingeborenen sind Muhammedaner,
10 aber einige Schi'iten , andere Sunniten , zu diesen (letztern) gehört der König. Außerdem gibt es viel Christen : Portugiesen, Armenier,
Georgier, Jakobiten und Nestorianer; auch viel Heiden: Banianen,
Bengalen und Kambodscha-Leute und etwa 150 jüdische Familien'
(2, 18).
16 Für die Ernährung der Bevölkerung bedurfte es besonderer
Vorkehrungen, die Insel selbst bot wenig aus freien Stücken. Sogar
für Wasser mußte gesorgt werden. Die süße Quelle in Torunpaque
war der Bevölkerung kaum zugänglich. .Der König und der Wezir
versorgen sich damit für die Bewässerung des Gartens, den jeder
so der beiden dort hat." .Die Festung hat kein süßes Wasser außer
dem Regenwasser, das sich im Freien in Zisternen sammelt; von
diesen gibt es eine Menge, sie sind im Sommer eine große Er¬
leichterung für die Armen' (2, 15). Außerdem berichtet Teixeira:
.KiSm hat Brunnen mit gutem Wasser, aus denen Hurmuz gewöhnlich
25 seinen Bedarf deckt, freilich auch von andern Orten, es stehen ihm
weiter Karufez, Angan (h. Hanjam I.) zur Verfügung' (2, 65). Be¬
sonders genannt wird auf der Insel KiSm der Ort Sermion. Die
Besetzung dieses Ortes durch Hurmuz sperrt den Schiffen von Kais
die Erneuerung ihrer Wasservorräte (2, 20). Den Fischfang erwähnt
1) Er bemerkt, daß Pur diese aucb anderes Baumaterial gebraucht wird, i bestimmt es aber nicht näher.
2) Das als Lehnwort ins Arabische übernommene ?ärüy bedeutet eben- i falls eine zur Auskleidung von Wasserbehältern verwendete Zementmasse, vgl.
LA. 3, 135. 4; 6. Die Herstellung des iärü beschreibt Teixeira: .er wird be- ; reitet aus dem ältesten und am meisten zermürbten Dunge, der sich auf den i Abraumplätzen findet. Nachdem man die Oberschicht entfernt hat, formt man aus dem übrigen einige Kugeln und trocknet sie an der Sonne. Sind diese recht trocken , so setzt man sie zu einem Haufen zusammen und steckt diesen in Brand, worauf er einige Zeit hindurch brennt Was sich dabei ergibt wird i aufgehoben , davon nimmt man eine gewisse Menge und schüttet es auf eine ! harte und saubere Fläche. Sieben oder acht Araber, die diese Arbeit leisten, ! stellen sich ringsum, jeder mit einem Hakenstock in der Hand, und beginnen : in gleichem Takte (mit den Füßen darauf) zu stampfen; einer von ihnen zählt j mit wohlklingender Stimme von eins bis zu einer bestimmten Zahl, während ' alle andern zusammen bei jedem Fußtritt im gleichen Tone antworten. Auf \ diese Art machen sie es fertig; sogleich wird es dann gebraucht und zur Arbeit i verwendet, weil es, sobald es erkaltet und auf den nächsten Tag aufgehoben i wird, verdirbt und nicht mehr zu brauchen ist. Diese Masse hat eine besondere ; Kraft, das Wasser abzuhalten und behauptet sich lange Zeit dagegen' (2, 17).
4 I I
Schwarz, Hui-muz. 539
Teixeira nur gelegentlich. Der mythische Gerun „gewann seinen
Unterhalt durch Fischen und vei-sorgte mit dem, was er fing, die
Schiffe, die von Indien nach Kais gingen' (2, 11). Die beiden
Gärten in Torunpaque brachten nach Teixeira's Versicherung .alles,
was in ihnen gepfianzt wurde, vollkommen hervor' (2, 15); ftir die 5
Verpflegung der Massen war die Insel jedoch auf die Einfuhr an¬
gewiesen. Eins der wichtigsten Lebensmittel, Datteln, führte Basra
nach Hurmuz (2, 76)*). Nicht einmal das, was die Insel überreich
bot, das Salz, war ohne weiteres zum menschlichen Genuß geeignet.
.Allein das, was aus dem Wasser dui-ch die Wirkung der Sonne lo
«ich bildet, benutzt man zum Würzen und Kochen. Das Steinsalz
ist so scharf, daß es das Fleisch, statt es zu erhalten und dauerhaft
^u machen, verderbt und zerstört und zwar um so mehr, je reich¬
licher man es aufstreut' (2, 15).
Im wesentlichen wurden die Bedürfnisse der Bewohner durch is
Einfuhr gedeckt. Teixeira sagt: .Obwohl die Insel an eigenem
nichts besitzt, wird alles von auswärts in großem Überflusse ge¬
bracht und alles ist preiswert und wird nach ehrlichem Gewicht
verkauft' (2, 18). •
Eine Heilquelle bot die Insel für die im Süden häuflge und so
recht lästige Trägheit der Eingeweide : .In der Nähe des Torunpaque
zwischen einigen großen Felsen nicht weit vom Meere entspringt
ein heilkräftiges Wasser, bei den Leuten von Hurmuz Abdarmon
(äii darmän), d. h. Medizinalwasser, genannt, das als Getränk ein¬
genommen die Eigentümlichkeit hat, den Leib zu öffnen und von 2.0
allem Kot und Unrat zu reinigen. Viele Leute gehen zu einer
bestimmten Zeit im Jahre dahin und trinken so viel davon, als
ihnen genügend erscheint' (2, 16)").
Weiter berichtet der Schriftsteller auch über das Verfahren
bei der Blendung, wie es in der regierenden Familie geübt wurde, so
um unbequeme Anwärter dauernd von der Thronfolge auszuschließen.
.Man nahm ein Messingstäbchen und zog dieses, sobald es am Feuer
so heiß als möglich geworden war, zwei oder dreimal vor den
Augen des Mannes, der geblendet werden sollte, vorüber; man ver¬
nichtete so ohne weitere Verletzung die Sehkraft, weil die Seh- ss
nerven durch das Feuer beschädigt wurden, während die Augen
hell und klar blieben wie früher' (2, 40).
Über die Beschäftigung der Vornehmen gibt Teixeira gelegentlich
einiges. Kriege gegen außen, Kämpfe um die Thronfolge waren
ja sehr häufig und beanspruchten wohl viel Aufmerksamkeit und jo
Zeit. Daneben erfreuten sich die Fürsten an der Jagd auf dem
1) Vgl. Iran (III) 244.
2) Teixeira erzählt auch, wie eine Nachprüfung der Wirkung vor¬
genommen wurde: .Fühlen sie sich befreit, so essen sie um sich zu versichern, dafi sie es wirklich sind, ein wenig Orangen oder Limonen; wenn sie sogleich nacb dem Verschlucken die Kerne oder ähnliches unten auswerfen , halten sie sich für völlig gereinigt und essen danach (wieder)'.
35*
Festlande (2, 33) und am Polospiel. Von dem letztern erzfthlt der
Schriftsteller bei den Nachrichten über GuStäsp. ,Das Spiel mit
dem Hakenstock zu Pferde ist sehr gebräuchlich in jenen Ländern-
ich sah den König .Ferrogotxa ^)" in Hurmuz einige Male mit seinen
5 Edelleuten zu Pferde spielen , in solcher Ordnung und Harmonie
daß es nicht besser zu Fuß gemacht werden konnte* (1, 63).
Die Sprache der Einwohner unterscheidet Teixeira als H a r m u z I vom § T r ä z T und R o s t ä ' T , also vom Hoch - Persisch der Stadt¬
bevölkerung von äiräz und der Umgangssprache der Landbevölkerung
10 {rustäj = rusfäk , Gau). Er sagt vom Harmuzl : ,es enthält viel
unpassende Ausdrücke, die Aussprache ist grob und zugehackt' (1, 22).
Von einer wahrscheinlich in bescheidenen Grenzen sich haltenden
Handwerkstätigkeit erzählt Teixeira: „Von dem salzhaltigen Ton
(der Insel) werden dort Trinkgeföße und Wasserkrüge angefertigt,
15 die, sobald sie ausgelaugt sind, das Wasser frisch halten und ihm
einen lieblichen Geschmack verleihen" (2, 16).
Die Teilnahme der Bevölkerung an der Schiffahrt be¬
schränkte sich wohl im wesentlichen auf die Kriegsschiffe"), der in
Hurmuz ansässige Handel bevorzugte wahrscheinlich neutrale Schiffe.
20 Teixeira versichert glaubhaft: „die Perser haben keine andere Schiff¬
fahrt als auf dem Kaspischen Meere; einige, die nach Indien reisen,
tun es auf portugiesischen Schiffen oder andern , wie sie wollen"
(1, 382),
Vom Handel erzählt der Schriftsteller : „Aus allen Provinzen
25 Persiens kommen regelmäßig große Karawanen nach Hurmuz, um
mit den Portugiesen und andern Christen , mit den Heiden und
Arabern, die dort sich aufhalten, zu handeln". Die Karawanen
bringen aus dem Binnenlande nach Hurmuz: „Gold, Silber, lose
und verarbeitete Seide, Brokate, Teppiche, Pferde*), Krapp, Alaun,
»oZink, Rhabarber, Rosenwasser und verschiedene andere Waren".
„Im Austausch für das, was sie bringen, nehmen sie mit sioh
zurück : Kleider und sehr feine Kopftücher , Gewürznelken, Zimmt,
Pfeffer, Kardamom, Ingwer, Muskatblüte, Muskatnuß, Zucker, Zinn,
Sandelholz , Brasilholz , chinesisches Porzellan , Moschus , Ambra *),
1) Wohl persisch farru]} „glücklich" -f (?) -f Säh oder farjiunde „glück¬
lich" -1- Sah.
2) Teixeira nennt sie terrada, d. i. arabisch tarrada.
3) Daneben scheinen auch Pferde aus Arabien über Hurmuz nach Indien gegangen zu sein. Bei der Erwähnung von Arabien spricht Teixeira über die dort gezogenen vorzüglichen Pferde, „von denen ganze Schiffsladungen nach Indien über Hurmuz und Mascat gehen" (1, 148).
4) Ein auffälliges Erlebnis aus dem Ambra-Handel in Hnrmuz berichtet Teixeira (1, 167): „Als ich in Hurmuz eine Sammäma von Ambra, d. i. einen in seiner ursprünglichen Form erhaltenen, nicht künstlich gebildeten Apfel, prüfen wollte, indem ich ihn mit einer heißen Nadel untersuchte, teilte er sich in zwei Stücke und iu der Mitte fand ich einen kleinen Schnabel und Federn eines Vogels, auch einige Bruchstücke von kleinen Muscheln, was nicht nur bei mir, sondem auch bei andern, die in dergleichen ziemliche Erfahrung hatten. Er-
Schwarz, Hurmuz. 541
Aloeholz, Edelsteine, Perlen, Indigo, Lack und viele andere Waren -
gattungen' (1, 382). Zucker und Indigo stammten aus dem Indus-
gebietfc: »Von Lahore kommen viele große Boote, die röit ver¬
schiedenen Waren beladen sind, (auf dem Indus) herab'. Teixeira
nennt: »eine große Menge von Leinwandzeug in vielen und ver- 5
schiedenen Arten, Zucker, Indigo, Plorettgarn" und bezeichnet als
Ziel «ler Boote »Bändel, was der Hafen zur Überfahrt nach Hurmuz
ist' i »last alles wird auf portugiesische und arabische Schiffe um¬
geladen' (1,92).
Weiter berichtet er bei der Stadt Raij , der Vorgängerin des lo
heutigen Teheran, das in der dortigen Gegend gewonnene Manna,
»das vollkommenste und reinste, das man bisher kennt', werde „in
großer Menge nach Hurmuz gebracht und von dort nach dem
ganzen Osten geschafft' (1, 29)*). Ebenso war Hurmuz der Um¬
schlaghafen für die E e i s Versorgung. Bei der Erwähnung von 15
Bahrain (Barbe) sagt Teixeira: „Der Reis, der nach den Datteln
das gewöhnlichste Nahrungsmittel ist, kommt dahin von Hurmuz
aus den von Indien dort eingeführten Vorräten' (2, 27).
Sonst erwähnt der Schriftsteller noch als Gegenstand der
Ausfuhr Salz, das auf der Insel selbst aus triftigen Gründen ver- so
schmähte Steinsalz. »Einige Schiffe, die von Cochin dahin kommen,
nehmen es als Ballast ein, um es nach Bengalen zu bringen, wo
es wegen des dort herrschenden Mangels daran Geldeswert hat' (2, 14).
Die Blüte des Handels von Hurmuz beruhte darauf, daß die
Schiffe, die früher in Siräf, danach in Kais ihre Handelsreisen von a
China und Indien her beendet hatten, nunmehr schon in Hurmuz
ihre Waren auf den Markt brachten ^). So sagt Teixeira : „Die
Messen und der Markt , die heute in Hurmuz - Gerun stattfinden,
wurden erst auf einer anderen Insel, Kais genannt, abgehalten'
(1, 120). Bei der Erwähnung von Kais bemerkt er: „es hatte s
früher den Handel und die Schiffahrt, die jetzt Hurmuz besitzt;
es hat sie durch die Kriege vollständig eingebüßt und kaum noch
den Namen bewahrt' (2, 12). Die Kämpfe zwischen Kais und
Hurmuz nehmen einen großen Eaum in der Geschichte des Reiches
staunen hervorrief. Teixeira wird wohl Opfer eines Teuschungsversuches ge¬
worden sein ; dsifi die Käufer dagegen auf der Hut sein mußten, beweist er selbst ja durch die Untersuchung des Ambraballen mit Hilfe einer glühenden Nadel.
1) Er nennt diese Art siri keat (xir quest) und erklärt es als Milch vom Baume Kost, daneben kennt er noch die gewöhnliche Art tarangub'm (tora- niabin).
2) Sehr hübsch vergleicht Teixeira die Insel mit einer Boje (2, 13). Für eine Zeit, in der die KüstenschifiFahrt überwog, war sie das in der Tat. Hier schieden sich die „Straße von Hurmuz' und die „Straße von Basra'. Unter der letitei-en verstand man den persischen Golf. Den Anfang der Straße von Hurmuz lechnete man von „Guadel in Persien' und Kap Rofalgate (heute Guadar sn der Küste von Beludschistan und Ras el Hadd an der Küste von Oman);
die we.be .tkUsdehnung der Bezeichnung ergab sich wohl aus dem Bereiche der Seegeltung der Herrscher von Hurmuz.
4 0*
Hurmuz ein. Das Meer und der Boden beider Inseln wurden zum
Kriegsschauplatz , Hurmuz mußte eine längere Blockade ertragen.
Auch der Versuch durch eine Verschwägerung der regierenden
Familien beider Reiche die Gegensätze zu beseitigen, mißlang. Der
5 aus Hurmuz stammende Schwiegersohn des Königs von Kais wurde
von der Bevölkerung jener Insel vertrieben.
Daß die Umleitung des Handels von der älteren Stätte auf
die jüngere nicht ausschließlich auf friedlichem Wege geschah, etwa
durch Einräumung größerer Vorteile , ist im voraus zu vermuten.
10 Der König von Kais leitete das Recht zum Kriege gegen Hurmuz
daraus her, „daß der König von Hurmuz die SchiflFe, die von Indien
nach Kais gingen, festhielt mit ihren Waren und ihm Rechte und
Einkünfte entzog und verminderte*. Die bloße Tatsache, daß
SchiflFe an Hurmuz vorüberfahren, scheint schon zu Angriffen Ver-
15 anlassung gegeben zu haben. Teixeira berichtet in einem Falle,
daß der Herr von Hurmuz mit seiner Flotte bei Sirmiö auf der
Insel Kilm stand. Dort erfuhr er, daß zehn Schiffe, mit Waren
aus Indien beladen , zwischen Hurmuz und Lärek ihre Fahrt nach
Kais nahmen. ,Er fuhr mit seiner Flotte ihnen entgegen, nahm sie
20 im Kampfe und brachte sie auf nach Hurmuz" (2, 20).
Wichtig war für Hurmuz in diesen Kämpfen der Besitz an
der Küste Ostarabiens, er sicherte ihm eine doppelte Kontrolle über
den Handelsverkehr. Wie Hurmuz von diesem Besitz abhing, zeigte
sich bei einem Zwiste in der regierenden Familie , als der aus
25 Hurmuz vertriebene Herrscher in Kalhät sich festsetzte und von
dort nicht nur den Handel, sondern auch die Verpflegung von
Hurmuz empflndlich störte. Sobald beide Besitzungen wieder in
einer Hand vereint waren, „ermäßigte sich der Preis der Lebens¬
mittel" in Hurmuz; bis dahin waren sie „unzureichend und teuer"
30 gewesen (2, 36).
Zeitweise erstreckte sich die Macht der Herrscher von Hurmuz
auf die Insel Kism — in Läft unterhielten sie eine Besatzung
(2,38) — weiter auf die Bahrain - Insel (2,42)*) und die Insel
Kais (2, 37).
85 Gegenüber Feinden vom Festlande bewährte sich die Verlegung
der Stadt auf die Insel. Wenn der Statthalter von Persien sich
mit dem Herm von Kais verband, konnte die vereinigte Macht
beider wohl Hurmuz bedrohen (2, 20). Für festländische Feinde
war die Insel jedoch uneinnehmbar. Teixeira erzählt von einem
40 Eroberungsversuche, der kurz vor dem Aufkommen der Sefewiden-
Dynastie (1, 65), also in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts u. Z.,
erfolgte. „Suphy Hhalila (wohl §üfi [oder Safi?] ^alTlä) erhob
1) Nach Teixeira ging dieser Besitz im Jahre 1602 u. Z. verloren: der König vou Persien brachte ihn durch Verrat in seine Hand (2, 26). Wichtig ist der Besitz wegen der Ferlfiscberei (vgi, Iran II, 84 f.). (Spruner war das Datum entgangen, er bietet Aufier-Europa, Karte XIII : „Ist Bahrein P,[ortugiesisch]
1515— ? •.)
4 0 *
Schwarz, Hurmuz. 543
sich in Persien, nahm es vollständig in Besitz und durchzog es bis
zur Küste von Gerun oder Hurmuz; er wünschte sehr dahin über¬
zusetzen, konnte es aber nicht aus Mangel an Schiffen. Schließlich
zog er ab, ohne daß er dem Könige von Hurmuz mehr als auf
dem Festlandgebiet Schaden zufügen konnte' (2, 43). 5
Es spricht für Teixeira's Ehrlichkeit, daß er die im Jahre 1507
durch Alfon90 de Albuquerque erfolgte Einnahme der Insel nicht
als Grundlage eines weiteren Aufschwunges betrachtet. ,Mit dem
Einzug der Portugiesen wandte Hurmuz sich zum Niedergang,
wegen der Bedrückung und Gewalttätigkeit, die es von dem portu- lo
giesischen Gouverneur (Capitan) und den Beamten erleidet; es ist
ja zu weit entfernt von denen, die dagegen Abhilfe schaffen können«
(2, 19). Immerhin war der Verkehr nach der Insel noch zu
Teixeira's Zeit lebhaft. Als das Schiff, das ihn von Goa nach dem
Westen bringen soll, das Kap Ro9algate hinter sich hat, gewahren 15
die Insassen .viele Schiffe, welche den gleichen Weg verfolgen'
und es kommt sogar durch die Ungeschicklichkeit eines Schiffleiters dahin, daß Bugspriet und Bugsprietsegel eines größeren Schiffes sich
über den Hauptmast des Schiffes von Teixeira legen und dieses in
große Gefahr bringen (2, 49: richtig 63). so
Zusammenfassend urteilt Teixeira über die Bedeutung der Insel
zu seiner Zeit: ,1m ganzen genommen ist Gerun (Hurmuz) ein
fester Platz, Preimarkt und Stapelplatz für die ganze Welt, wo
dauernd alle Waren feilgeboten werden und in solchen Mengen,
wie man nur wünschen kann; sie werden dahin aus verschiedenen 25
Ländern gebracht unter großem Zusammenströmen von Kaufleuten
aus mancherlei Völkern' (2, 19). Für die Geschichte der Insel
unter den Portugiesen verweist er auf Juan de Bayrros, zweite
Dekade, zweites Buch (2, 45).
Ibn Barragän.
Von Ign. Goldziher.
In seiner jüngst erschienenen akademischen Schrift Aben-
masarra y sua escuela, Origenes de la Filosofi a his-
pano-musulmana (Madrid 1914) unterzieht Professor Miguel
Asin Palacios die philosophische Stellung und den Einfluß des
5 andalusischen Neuplatonikers Muhammed b. 'Abdallah ihn
Masarra (st. 319/931), auf dessen Bedeutung zuerst Dozy die
Aufmerksamkeit gelenkt hatte*) und dessen Lehre seither Gegen¬
stand nur dürftiger Behandlung war, einer erschöpfenden Unter¬
suchung. Seine Studie füllt eine Lücke in der Geschichte der
10 Philosophie und des Mystizismus im westlichen Islam aus. Sie er¬
streckt sich nicht nur auf die Forschung nach den Ursprüngen und
Quellen der Lehre Ibn Masarra's, sondern auch auf die spätere Ent¬
wicklung der Masarrijja und die Kontinuität ihrer Wirkung auf
den Süfismus (hier besonders auf Muhji al-dln ibn 'Arabi), ja sogar
15 auf die Scholastik des Abendlandes. Als eines der Mittelglieder dieser
Kontinuität in der orientalischen Mystik wird (p. 109 ff.) auf den
Sevillaner 'Abdassaläm ibn Barragän (st. 536/1141)") hin¬
gewiesen, dessen Spekulationen auf Muhji al-dln ibn 'Arabi, diesen
Kristallisationspunkt des späteren Süfismus, Einfluß geübt haben.
20 Da durch das Buch des Prof. Palacios das Interesse auf diesen
magbribinischen Mystiker gelenkt wurde, möchte ich die Gelegen¬
heit benutzen, um an ein an seinen Namen sich knüpfendes Moment
zu erinnern, das mit einem großen Ereignis der Islamgeschichte in Ver¬
bindung gesetzt wird und dem Ibn Barragän nach seinem Tode popu-
25 läre Berühmtheit erwarb. Es wird u. a.*) bei Ibn Cballikän Nr. 606
erzählt (ed. Wüstenfeld, VI, 121) in der Biographie des Muhammed
b. abi-l-Hasan al-DimaSkI (st. 598/1202), Nachkommen des
'Otmän b. 'Aflfän, Kädi zu Damaskus, — desselben, der am ersten
Freitag nach der Rückeroberung J^usalems durch Saladin mit der
30 Abhaltung der feierlichen Chutbas ' in der Sachra-Moschee betraut
wurde, die wir bei Ibn Cballikän (122—126) und wohl aus dessen
1) Geschichte der Mauren in Spanien, II, 12 ff.
2) Diese Namenform wird als Kontraktion aus abu-r-rigäl erklärt:
i31-=>-y! I^^j! iwÄä^. Sujütl, Bugjat al-wu'ät 306, 5, wo ein Homonym dieses 'Abdassaläm (st. 627 H.) als großer Lugakenner, der eine polemische Schrift (o^) gegen Ibn Sida verfaßte, aufgeführt ist.
3) Vgl. Abü Säma; Sujüti, Ta'rich al-chulafä (Kairo 1305) 182.