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Die Wahl der Herausgeber des Handbuchs kann als ausgesprochen glücklich bezeichnet werden

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The Handbook of Morphology. O x f o r d - M a l d e n / M A : Blackwell 1998 ( = Blackwell H a n d b o o k s in Linguistics).

Martin Neef

1. Allgemeines

Lang ersehnt, nun ist es endlich da: ein Handbuch für Morphologen. Aus der Sicht der 60er Jahre wäre ein solches Handbuch eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, wurde doch die Morphologie, wie die Herausgeber in der Einleitung (S. 1) feststellen, in der Frühphase generativer Linguistik gern als ,the Poland of linguistics' bezeichnet. Die Verhältnisse haben sich geändert; heutzutage kann man ein Handbuch der Morphologie mit der vielleicht provokativ gemeinten, angesichts der Interface-Problematik, die die Morphologiediskussion beherrscht, aber durchaus nachvollziehbaren Aussage beginnen: ,Morphology is at the conceptual centre of linguistics' (S. 1).

Die Wahl der Herausgeber des Handbuchs kann als ausgesprochen glücklich bezeichnet werden. Sowohl Spencer als auch Zwicky sind einschlägig ausgewiesen als Theoretiker und Kenner der Morphologieszene. Zudem verbinden sie den europäi- schen mit dem amerikanischen Blick auf die Linguistik, und sie vertreten unter- schiedliche Wissenschaftlergenerationen. Wie zu erhoffen und zu erwarten, ist es ihnen gelungen, die erste Riege der an Fragen der Morphologie interessierten Wissenschaftler für die Mitarbeit am Handbuch zu gewinnen. Viele Autoren sind Vorreiter im Bereich der von ihnen dargestellten Aspekte der Morphologie. Darüber hinaus vertreten sie unterschiedliche theoretische Strömungen, so daß das Handbuch nicht dogmatisch einen bestimmten Ansatz zu propagieren versucht, sondern sich durch theoretische Offenheit und Pluralismus auszeichnet, die die morphologische Theoriediskussion der letzten 30 Jahre adäquat widerspiegelt.

2. Erster Block: Theoretische Morphologie

Inhaltlich zerfallt das Handbuch in zwei etwa gleich umfangreiche Blöcke, was allerdings dem Inhaltsverzeichnis nicht zu entnehmen ist, da der erste Block aus den Teilen 1 bis 3 besteht, der zweite aus den Teilen 4 und 5. Ich werde zunächst den ersten Block besprechen und dabei nach einigen allgemeinen Bemerkungen Gehalt und Qualität der einzelnen Kapitel einschätzen, allerdings nicht in der vom Handbuch vorgegebenen Reihenfolge. Theoretisch ist dieser erste Block der generativen Morphologie verpflichtet, wie sie sich seit den frühen 70er Jahren entwickelt hat.

Dabei decken die einzelnen Artikel zahlreiche unterschiedliche Strömungen ab, denen eine derivationelle Grammatikkonzeption gemeinsam ist. Mittlerweile ist gerade dieser Aspekt der Theoriekonzeption infrage gestellt worden, ausgelöst durch die Verbreitung der constraint-basierten Optimalitätstheorie (OT), die selbst im

Zeitschrift für Sprachwissenschaft 17.2 (1998), 2 8 7 - 2 9 6

© Vandenhoeck & Ruprecht, 1999 ISSN 0721-9067

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Handbuch nur marginal in Erscheinung tritt, so daß das Handbuch als Fazit derivationeller generativer Morphologie gelesen werden kann.

Innerhalb der derivationellen generativen Morphologie sind in Folge von Hocketts strukturalistischen Überlegungen (1954) zwei(einhalb) distinkte Ansätze diskutiert worden: In einer Konzeption beschäftigt sich die Morphologie mit Morphemen, die als lexikalische Einheiten angesehen werden und die mittels syntaxähnlicher Regeln zu Wörtern konkateniert werden (Item-and-Arrangement, IA). Nach der anderen Konzeption beschäftigt sich die Morphologie mit den Beziehungen zwischen Stämmen bzw. Wörtern, die als Prozesse verstanden werden (Item-and-Process, IP). Ein weiteres von Hockett erwähntes Modell, Word-and- Paradigm (WP), ist in erster Linie für die Flexion relevant, wie aber vor allem die Arbeiten von Anderson (z. B. 1992) gezeigt haben in ein IP-Modell integrierbar. Die Chomsky-Schule der generativen Linguistik als Mainstream favorisiert eindeutig das ΙΑ-Modell. Im Handbuch dagegen wird an vielen Stellen versucht, die Vorzüge von IP gegenüber IA zu demonstrieren. Diese theoretische Tendenz ist erwartbar angesichts der einschlägigen Arbeiten der Herausgeber, die IP vertreten, und so ist zu beobachten, daß unter den Autoren des ersten Blocks die IP-Vertreter ein Überge- wicht haben. Besonders in Teil 1 des Handbuchs wird diese Kontroverse explizit ausgefochten (am eingängigsten in Kap. 6).

Ein zentraler Bereich, den das Handbuch abdeckt, umfaßt Basiskonzepte, die genuin morphologischen Charakter haben. Hierunter fallt zunächst das, was je nach theoretischer Sicht als morphologische Prozesse oder morphologische Mittel bezeichnet werden kann. G. Stump legt in INFLECTION (Kap. 1) zunächst die für die Konzeption des Handbuchs fundamentale Begriffsunterscheidung von Flexion und Wortbildung dar: Während Flexion zur Bildung von (grammatischen) Wörtern führt, die das Paradigma eines Lexems ausmachen, dient die Wortbildung zur Bildung neuer Lexeme auf der Basis eines Lexems (Derivation) oder mehrerer Lexeme (Komposition). Allerdings genügen solche theoretisch klaren Abgrenzungen bei der Konfrontation mit der Empirie nicht notwendig zur Lösung aller Problemfal- le, wie Stump ausführlich demonstriert. Das Kapitel liefert einen hervorragenden Überblick über die Vielfältigkeit möglicher Flexionskategorien und ihrer Realisie- rung und skizziert vier konkurrierende theoretische Herangehensweisen mit einer (für ein Handbuch vielleicht unangemessen) deutlichen Präferierung des WP- Modells.

T h e m a t i s c h schließt sich h i e r a n PARADIGMATIC STRUCTURE: INFLECTIONAL PARA- DIGMS AND MORPHOLOGICAL CLASSES v o n A . C a r s t a i r s - M c C a r t h y ( K a p . 16) a n . H i e r gelingt es dem Autor mit leichter Hand, in datenbezogener und relativ theorie- neutraler Weise für das Konzept des Paradigmas zu argumentieren und die damit verbundenen Kernfragen zu erörtern (universelle vs. einzelsprachliche Momente der internen Struktur von Paradigmen, Synkretismen, Probleme der Zuweisung von Lexemen zu Flexionsklassen). D a ß Paradigmenkonsistenz gelegentlich die Anset- zung periphrastischer Formen als Paradigmenglieder verlangt, wird hier allerdings nicht angesprochen (dafür in Kap. 1).

Eine wichtige Funktion der Flexion ist die Markierung von Kongruenz. Dies ist d a s T h e m a v o n MORPHOLOGY AND AGREEMENT ( K a p . 9) v o n G . G . C o r b e t t (der sachlich zweifellos zutreffend, aber im Kontext eines Vorworts doch unpassend als ,informed by his extensive experience as a typologist' (S. 6) vor allen anderen Autoren des Handbuchs herausgehoben wird). Während Kongruenz üblicherweise als primär syntaktische und semantische Angelegenheit abgehandelt wird, gelingt

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Corbett anhand vielfaltiger Daten der Nachweis, daß die Morphologie einen eigenständigen Beitrag zur Erklärung dieses Phänomenbereichs liefert. So kann fehlende Kongruenzmorphologie syntaktische Konstruktionen blockieren und an- dersherum morphologischer Synkretismus ansonsten unmögliche Kongruenz er- möglichen. In seiner Dichte und in der definitorischen und argumentatorischen Stringenz ist dieses Kapitel einer der Höhepunkte des Handbuchs.

Der zweite zentrale Gegenstand der Morphologie ist die Wortbildung (oder Lexembildung). Das erste einschlägige Kapitel zu diesem Bereich, DERIVATION von R. Beard (Kap. 2), leistet allerdings nicht das, was man sich von einem einführenden Handbuchartikel wünschen würde. Der Grund hierfür liegt darin, daß Beard in erster Linie seine eigene theoretische Position zu verteidigen sucht. Dies führt zu unnötigen Überschneidungen mit anderen Artikeln. So beginnt Beard seine Ausfüh- rungen mit der Abgrenzungsproblematik zur Flexion, die auch in Kap. 1 abgehan- delt wird. Daß relativ ausgiebig synthetische Komposita besprochen werden (wie auch - sinnvoller - in Kap. 3) sowie sehr knapp Kontaminationen, liegt an Beards unorthodoxem Verständnis des Terminus Derivation, den er nämlich mit Wortbil- dung gleichsetzt. Damit widerspricht er der von Stump in Kap. 1 für das Handbuch grundgelegten Terminologie und verursacht massive Irritationen. Daß neben der Affigierung auch andere Arten der Stammodifikation wie Apophonie, Reduplika- tion und Konversion unter den Terminus Derivation fallen, ist überzeugend;

allerdings werden die zuletzt genannten Phänomene äußerst knapp abgehandelt, was zu gravierenden Lücken im Handbuch führt (insbesondere zur Konversion hätte man sich einen eigenen Artikel wünschen können). Auf theoretischer Ebene argumentiert Beard ausgiebig (und in Vorgriff auf Kap. 15) gegen die Wortsyntax als Stellvertreter eines ΙΑ-Modells. Das Plädoyer für ein IP-Modell (dessen inhärente Schwächen wie Notwendigkeit der Ansetzung extrinsischer Regelordnung nicht angesprochen werden) verliert allerdings mit einem Blick auf OT an Überzeugungs- kraft, denn OT als aktuelle Ausbuchstabierung eines ΙΑ-Modells vermag zu leisten, was Beard nur IP-Modellen zutraut.

In COMPOUNDING (Kap. 3) gelingt es N. Fabb, in angenehm theorieoffener Weise einen Überblick über die einschlägigen Phänomenbereiche und theoretischen Kernfragen zu gewähren (allerdings unter Auslassung von Phrasenkomposita und Kontaminationen), wobei Vorschläge verschiedener theoretischer Richtungen refe- riert und vorsichtig bewertet werden. Während sich der Artikel im Wesentlichen durch überzeugende und eingängige Definitionen auszeichnet, ist gerade der Terminus ,Kompositum' nicht klar definiert. Wenn ein Kompositum eine Einheit ist, die aus zwei oder mehr Wörtern besteht (vgl. S. 66), wäre es schön zu wissen, wie die Einheit ,Wort' definiert ist. Überraschenderweise wird dies an keiner Stelle des Handbuchs geleistet, und weder ,Wort* noch die distinkten Teilkonzepte ,phonologi- sches Wort1 und ,grammatisches Wort' werden im Gegenstandsindex erwähnt.

Zudem folgt Fabbs Definition nicht dem in Kap. 1 gemachten Vorschlag. Dem Fazit des Kapitels, »Comparatively little theoretical work has been done on compounding1

(S. 82), kann man sich mit einem Blick auf die in Deutschland geführte Diskussion (die in erster Linie mit dem Namen G. Fanselow verbunden ist) nicht anschließen.

Allerdings hat Fabb die deutsche Literatur hierzu leider nicht rezipiert.

Ein besonderer Fall von Komposition ist die Inkorporation. In beiden Fällen wird ein Wortstamm auf der Grundlage zweier Stämme gebildet; im Falle der Inkorpora- tion erfüllt der resultierende Stamm aber die syntaktische Rolle beider beteiligter Stämme. Wie D. B . Gerdts in INCORPORATION (Kap. 4 ) zeigt, ist der häufigste Fall

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Nomeninkorporation, bei der typischerweise ein als Objekt fungierendes Nomen mit seinem regierenden Verb verschmolzen wird. Das Kapitel ist ein gelungenes Beispiel dafür, daß auch weniger prominente Autor(inn)en glänzende Handbuchartikel zu verfassen vermögen. Anhand repräsentativer Daten aus unterschiedlichen Sprachen klassifiziert Gerdts die wesentlichen Typen, isoliert ihre Eigenschaften und fokussiert die theoretische Brisanz des Phänomens, wobei in der einschlägigen Literatur vertretene Thesen mittels Fakten evaluiert werden. Daß die Bakersche Inkorpora- tionstheorie hier nur marginale Erwähnung findet, ist im Rahmen der Konzeption des Artikels verständlich und wird aufgewogen durch eine ausführliche Würdigung in den Kap. 8 und 10.

Die letzte Art der Wortbildung, der ein eigenes Kapitel gewidmet ist (womit sich zugleich längere Passagen in Kap. 1 zum selben Gegenstand als redundant erweisen), stellen Klitika dar. A. L. Halpern strukturiert seinen Beitrag CLITICS (Kap. 5) nach Zwickys Unterscheidung von simple clitics und special clitics. Dabei demonstriert er einen beeindruckenden Literaturüberblick und wägt anhand einschlägiger Daten eine Reihe konkurrierender theoretischer Ansätze gegeneinander ab. Allein seine optimistische Aussicht auf Umrisse einer einheitlichen Klitik-Theorie vermag nicht zu überzeugen.

Die Frage, wie Allomorphie theoretisch zu behandeln ist, wird unterschiedlich beantwortet. Vielfach wird regelmäßige Allomorphie im Kern der Phonologie zugeschlagen. Von daher beginnt mit MORPHOPHONOLOGICAL OPERATIONS von A. Spencer (Kap. 6) ein zweiter zentraler Bereich des Handbuchs, der sich mit der Interface-Problematik beschäftigt, die für die Morphologiediskussion prägend ist.

Dabei hält Spencer die Darstellung relativ theorieoffen und orientiert sich an Daten, die in vielfältiger Weise zeigen, wie die Morphologie Gebrauch von der Phonologie machen kann. Ein argumentativer Schwerpunkt liegt freilich auf solcher Morpholo- gie, die nicht als Affigierung erklärt werden kann.

Eine andere Art phonologischen Einflusses auf die Morphologie diskutiert A. Carstairs-McCarthy im mit fünf Seiten kürzesten Artikel des Handbuchs ( K a p . 7 ) , d e s s e n T i t e l PHONOLOGICAL CONSTRAINTS ON MORPHOLOGICAL RULES allerdings ein wenig irreführend ist, denn der Terminus,Regel' taucht an keiner Stelle im Text auf; vielmehr ist hier die Rede von morphologischen Prozessen', wiewohl es im Grunde eher um phonologische Beschränkungen für spezifische morphologische Kategorien geht. Mit großartiger Bündigkeit behandelt Carstairs-McCarthy sieben Fälle, bei denen die Verbindbarkeit bestimmter Flexions- und Derivationsaffixe mit manchen Basen blockiert ist, weil diese die phonologischen Anforderungen der Affixe nicht erfüllen. Während für die Derivationsaffixe gewöhnlich nur in unsyste- matischer Weise morphologische Alternativen existieren, zeichnen sich die Flexions- falle dadurch aus, daß die phonologisch konditionierten Lücken durchweg geschlos- sen werden, entweder durch ein alternatives Affix (eigentlich also durch ein phonologisch konditioniertes Allomorph) oder durch syntaktische Periphrase. Wie diese Fälle theoretisch zu behandeln sind, läßt der Autor offen.

Eine mögliche Antwort findet sich in PROSODIC MORPHOLOGY von J. J. McCarthy und A. S. Prince (Kap. 14), den Begründern dieser Forschungsrichtung, die sich für die theoretische Entwicklung der letzten zehn Jahre als eminent fruchtbar und einflußreich erwiesen hat. In äußerst klarer Form stellen die Autoren die Grundprin- zipien der Prosodischen Morphologie vor und diskutieren als Beispiele Fälle von Reduplikation und Trunkierung, zunächst in einer derivationellen Theoriekonzep- tion, dann im Rahmen der ergebnisorientierten OT, die in vorbildlicher Weise

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eingeführt und angewendet wird. Damit ist dieser Artikel der einzige des ersten Blocks des Handbuchs, der nicht vollständig der derivationellen Perspektive verpflichtet ist. Teilweise ist er übrigens wortgleich mit dem in Goldsmiths (1995) Phonologiehandbuch abgedruckten, an anderen Stellen aber auch modifiziert bzw.

erweitert um morphologiespezifische Aspekte, vor allem einen Ausblick auf Mög- lichkeiten von OT für die Prosodische Morphologie.

Der andere für die morphologische Theoriebildung entscheidende Schnittbereich der letzten Jahre ist der zur Syntax. Aus dieser Perspektive wird der Platz der Morphologie in MORPHOLOGY AS COMPONENT OR MODULE: M A P P I N G PRINCIPLE APPROACHES von R. Sproat (Kap. 17) diskutiert. Die hier besprochenen Ansätze von J. M. Sadock und R. Sproat stimmen auf der Basis eines strikten IA- Ansatzes darin überein, daß sie von einer unterschiedlichen Strukturierung von Sätzen aus morphologischer gegenüber syntaktischer Sicht ausgehen, so daß bestimmte Prinzi- pien die Abbildung dieser beiden Strukturierungen aufeinander leisten müssen.

Während Sadock diese Prinzipien in einer autonomen morphologischen Komponen- te angesiedelt sieht, argumentiert Sproat dafür, daß oberflächlich morphologisch wirkende Prinzipien sich auf solche anderer Komponenten reduzieren lassen, so daß keine eigenständige Morphologiekomponente anzunehmen ist.

Letztere Annahme teilt auch der in W O R D SYNTAX (Kap. 1 5 ) behandelte theoreti- sche Ansatz, der freilich wirkungsgeschichtlich wesentlich bedeutender ist. In diesem glänzenden Artikel gelingt es J. Toman, der mit seiner Kölner Dissertation gleichen Titels zu einem der Mitbegründer dieser Richtung wurde, in knapper Form die Motive und Ziele der Wortsyntaktiker historisch zu lokalisieren und in abwägend- kritischer Weise die Vorteile, Grenzen und Probleme der wortsyntaktischen Kern- hypothese zu beleuchten, wonach Wörter prinzipiell den gleichen Prinzipien unterliegen wie Phrasen.

Ob die Morphologie als Teil der Syntax angesehen werden kann, ist auch Gegenstand von MORPHOLOGY AND SYNTAX (Kap. 8) von H. Borer. Teilweise deckt dieser mit 40 Seiten recht üppig geratene Artikel die beiden zuletzt besprochen ab, geht aber in der Fülle der behandelten konkurrierenden Ansätze weit darüber hinaus.

Dabei diskutiert Borer auf hohem theoretischen und argumentativen Niveau Konsequenzen der lexikalistischen sowie der syntaktischen Hypothese und fokus- siert Unterschiede zwischen morphologischen und syntaktischen Strukturen. Ihre Überlegungen münden in einem Plädoyer für eine parallele Grammatikkonzeption, wonach morphologische und syntaktische Strukturen parallel erzeugt werden, so daß Wörter auf verschiedenen Repräsentationsebenen in die Syntax eingesetzt werden können und folglich in unterschiedlichem Ausmaß von syntaktischen Prinzipien betroffen sein können. Auch wenn die Reichweite der parallelen Morphologie nicht recht deutlich wird, zeigt sich hier doch ein Ansatz, der mit Schwierigkeiten einer strikten Hintereinanderschaltung von Komponenten aufräu- men kann und so in gewisser Weise zu nicht-derivationellen Grammatikkonzeptio- nen überleitet.

Bedeutungsaspekte von Wörtern werden in zwei theoretisch wie argumentativ eng zusammengehörenden Artikeln besprochen, nämlich in MORPHOLOGY AND A R G U - MENT STRUCTURE von L. Sadler und A. Spencer (Kap. 10) und in MORPHOLOGY AND LEXICAL SEMANTICS von Β. Levin und M. Rappaport Hovav(Kap. 12). Lexikalische Einträge umfassen neben formalen Aspekten eine syntaktische Repräsentation, die als Argumentstruktur bezeichnet wird, sowie eine semantische Repräsentation, die als konzeptuelle Struktur aufgefaßt werden kann. Anhand eines erhellenden

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Datenüberblicks etablieren Sadler und Spencer eine Distinktion von bedeutungsver- ändernden morpholexikalischen Operationen und bedeutungserhaltenden morpho- syntaktischen Operationen, deren Relevanz an unterschiedlichen Konstruktionen in diversen Sprachen überprüft wird. Im Zentrum der Diskussion stehen Linkingtheo- rien innerhalb verschiedener theoretischer Ansätze. Ebenfalls ausschließlich an Verben plädieren Levin und Rappaport Hovav für eine Bedeutungsrepräsentation mittels lexikalischer Dekomposition statt semantischer Rollen (und liefern dabei eine glänzende Einführung in die Lexikalische Semantik). Auf breiter typologischer Basis zeigen die Autorinnen, welche konzeptuellen Strukturen mittels Simplizia ausge- drückt werden können, welche mit morphologisch komplexen Ausdrücken und welche gar nicht, wobei einige ForschungsdeSiderata isoliert werden. Daß für die Diskussion deutscher be-Verben auf Literatur aus den frühen siebziger Jahren zurückgegriffen wird statt auf Wunderlich (1987), ist allerdings bedauerlich.

In der generativen Linguistik wird ,Lexikon' meist als ,generatives Lexikon' verstanden. So sind beispielsweise alle bislang angesprochenen Themen genuine Gegenstände des Düsseldorfer Sonderforschungsbereichs ,Theorie des Lexikons'.

Insofern ist der Titel des von M. Aronoff und F. Anshen verfaßten Kap. 11

MORPHOLOGY AND THE LEXICON: LEXICALIZATION AND PRODUCTIVITY irreführend.

Freilich betonen die Autoren ein enges Lexikonverständnis als Liste von Unregelmä- ßigkeiten, allerdings psycholinguistisch interpretiert als individuelles mentales Lexikon. Widersprüchliche Aussagen formulieren die Autoren zu der Frage, ob auch regelmäßige Wörter (besser: Lexeme) lexikalisch gespeichert sein können. Daß das Phänomen der Blockierung, verstanden als Synonymievermeidung, an der Schnitt- stelle von Morphologie und Lexikon liegt, ist in der Tat unbestreitbar; was aber das Phänomen der Produktivität mit dem Lexikon im gewählten Begriffsverständnis zu tun hat, ist unklar, denn produktiv sind morphologische Regeln und nicht Lexikoneinheiten. Hinzu kommt, daß die Autoren das Phänomen auf der Basis von Frequenz und pragmatischen Erwägungen diskutieren.

Hieran knüpft M O R P H O L O G Y AND PRAGMATICS von F. Kiefer (Kap. 1 3 ) an, das eine Definition des Begriffs und einen Überblick über wenig beachtete Phänomene liefert, die sich dadurch auszeichnen, daß morphologische Systeme variierende stilistische Ausdrucksmöglichkeiten bieten können, wobei die Pragmatik entschei- det, welche Form situativ beispielsweise zum Ausdruck des Grads des Ansehens einer bezeichneten Person oder von Höflichkeit angemessen ist.

Daß ich bei der Darstellung der Qualitäten der ersten 17 Kapitel nicht der Reihenfolge des Handbuchs gefolgt bin, impliziert eine Kritik an der von den Herausgebern gewählten Konzeption. Die ersten 7 Kapitel bilden Teil 1, der in optimistischer Weise ,The Phenomena' betitelt ist. Aber Phänomene erkennen heißt eine bestimmte Theorie verfolgen, und so stecken die entsprechenden Kapitel voller Theorie, so voll allerdings, daß man gelegentlich die Phänomene aus den Augen verliert (dies gilt in besonderem Maße für Kap. 2). Freilich kann man den Autoren nicht verdenken, daß sie ihre eigene Position verdeutlichen wollen; dies sollte aber nicht das Thema des jeweiligen Kapitels verdunkeln. Überdies fallen die Kap. 6 und 7 aus dem Rahmen, da sie nicht morphologische Grundphänomene präsentieren, sondern phonologische Einflüsse. Dagegen würden die Kapitel 9 und 16 sehr gut in diesen Teil passen, da sie phänomenorientiert geschrieben sind.

Der zweite Teil, der die Kapitel 8 bis 13 umfaßt, heißt ,Morphology and Grammar'. Verwunderlich hieran ist, daß die Phonologie offenkundig nicht zur Grammatik gerechnet wird, dafür aber das Lexikon (in der von Aronoff und Anshen

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vertretenen engen Auffassung) sowie die Pragmatik. Dasjenige Kapitel, das sich am explizitesten mit dem Verhältnis der Morphologie zu anderen Komponenten der Grammatik befaßt, nämlich Kap. 17, befindet sich nicht in diesem, sondern im nächsten Teil, dem 3. namens,Theoretical Issues'. Theoretisch ausgerichtet sind auch zahlreiche Kapitel der ersten beiden Teile; dafür ist gerade Kap. 16 besonders wenig theoretisch festgelegt, so daß dieser 3. Teil eher als Sammelsurium übriggebliebener Artikel erscheint, die recht wenig miteinander zu tun haben. (Bedauerlich in diesem Zusammenhang ist das Fehlen eines Artikels zur Lexikalischen Phonologie und Morphologie, die entgegen ihrer Bedeutung für die Morphologiediskussion im Handbuch generell erheblich unterrepräsentiert ist.)

Prinzipiell ist eine Untergliederung in betitelte Teile wünschenswert, weil sie dem Leser eine wichtige Orientierungshilfe liefern kann, nicht aber in diesem Fall, wo Titel und zugeordnete Kapitel so weit divergieren. Daß die gewählte Reihenfolge nicht die einzig mögliche oder gar beste ist, scheint den Herausgebern selbst aufgefallen zu sein, denn in der Einleitung folgen sie nicht der späteren Reihenfolge, sondern einer anderen, die freilich auch nicht mit der von mir gewählten korrespondiert.

Insgesamt macht der erste Block des Handbuchs eher den Eindruck einer Sammlung von Essays zu wichtigen Fragen der theoretischen Morphologie als den eines kohärenten und aufeinander abgestimmten Handbuchs. Besonders irritierend ist, daß die zentralen Grundbegriffe nicht einheitlich gehandhabt werden. Aus diesem Grund ziehe ich das grandiose Überblickswerk von Spencer (1991) diesem ersten Block des Handbuchs für einen Einblick in die zentralen Konzepte und Theorien der generativen Morphologie vor. Dieser Text glänzt nicht nur durch eine einheitliche Darstellung, sondern liefert auch, woran es dem Handbuch gänzlich mangelt: einen Abriß der historischen Entwicklung morphologischer Theorien, der viele Annahmen und Kontroversen erst verständlich macht.

3. Zweiter Block: Praktische Morphologie

Der zweite Block des Handbuchs dagegen macht einen völlig anderen Eindruck; hier findet man unverzichtbare Überblicke und Informationen, die in dieser Dichte in keinem früher erschienenen Werk enthalten sind. Der vierte Teil des Handbuchs, ,Morphology in a Wider Setting', enthält vier psycholinguistische Artikel sowie DIACHRONIC MORPHOLOGY von B.D. Joseph (Kap. 18). Trotz seiner thematischen Isolation ist dieser Artikel ein notwendiger Bestandteil eines Handbuchs zur Morphologie. Anhand vieler Daten aus überwiegend indo-europäischen Sprachen werden mögliche Quellen morphologischer Erscheinungen benannt sowie Auslöser und Richtungen morphologischen Wandels diskutiert, insbesondere Analogie und Grammatikalisierung. Dabei betont Joseph, daß unter prädikativem Gesichtspunkt jeweils nur tendenzielle Aussagen möglich sind, keine verläßlichen Voraussagen. Auf theoretischer Ebene zeigt er sich skeptisch gegenüber generativen Ansätzen und favorisiert funktionale und kognitive Modelle.

Die vier psycholinguistischen Artikel decken alle hierzu wesentlichen Bereiche ab.

E.V. Clark beschränkt sich in MORPHOLOGY IN LANGUAGE ACQUISITION ( K a p . 19) allerdings auf die insgesamt eintönige Skizzierung von Verläufen des Erstspracher- werbs unter der wenig brisanten Hypothese, daß komplexe morphologische Systeme schwerer zu erwerben seien als einfache. Die Behauptung, im Spracherwerb dominiere in frühen Stadien die Nullderivation, ist für das Englische nachvollzieh-

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bar, wird aber leider nicht mit einer typologisch breiten Datenbasis verifiziert.

Hinweise zur Methodik oder zu theoretischen Implikationen fehlen fast vollständig.

Was Sprachstörungen über die Funktionsweise des gesunden Systems aussagen können, ist das Hauptthema des Beitrags von W. Badecker und A. Caramazza unter dem Titel MORPHOLOGY AND APHASIA (Kap. 20). Diskutiert werden hier anhand konkreter Daten von verschiedenen Patienten zentrale Streitpunkte wie die Grenz- ziehung zwischen Flexion und Derivation oder die Frage, ob das Lexikon als Vollformenlexikon oder als regelbasiertes generatives Lexikon zu konzipieren ist. Die Ergebnisse sind allerdings weniger eindeutig als man es sich von Seiten der theoretischen Morphologie wünschen würde, weil Fälle, die eindeutig als morpholo- gische Störungen zu klassifizieren sind, nicht ohne weiteres zu erkennen sind.

Der gelungenste Artikel dieses Teils des Handbuchs ist MORPHOLOGY IN WORD RECOGNITION von J. M. McQueen und A. Cutler (Kap. 21). Die Autoren gehen u. a.

der Frage nach, welche Rolle morphologische Struktur im Prozess der Abbildung von perzeptueller Information auf das mentale Lexikon spielt, und diskutieren zahlreiche auf der Grundlage verschiedenster Testparadigmen formulierte Lexikon- modelle. Hierbei steht die Annahme prälexikalischer Dekomposition im Mittel- punkt. Die Ausführungen zeigen, daß Dekomposition eine mögliche, aber keine notwendige Strategie ist, die eher bei Flexion als bei Derivation und eher bei visueller als bei auditiver Darbietung angewendet wird, wobei sprachspezifische Unterschiede zu beobachten sind. Als Fazit plädieren die Autoren für dualistische Modelle morphologischer Informationsspeicherung, die Eigenschaften von Netzwerkmodel- len mit denen von Dekompositionsmodellen verbinden.

D e n A b s c h l u ß dieses Teils bildet MORPHOLOGY IN LANGUAGE PRODUCTION WITH SPECIAL REFERENCE TO CONNECTIONISM v o n J. P. S t e m b e r g e r ( K a p . 22). Hier w i r d zunächst eine Typologie von Produktionsfehlern erarbeitet, primär aus der Flexion.

Regelbasierte Ansätze zur Erklärung dieser Daten bewertet Stemberger als generell wenig ausgearbeitet. Dafür hat sich für die Analyse von Produktionsphänomenen in den letzten Jahren ein Paradigma verbreitet, das ansonsten in der Theoriediskussion nur eine nebengeordnete Rolle spielt, nämlich der Konnektionismus. Stemberger zeigt die Überlegenheit dieses Ansatzes gegenüber regelbasierten Modellen in vielen Datenbereichen, räumt allerdings ein, daß auch der Konnektionismus nicht auf alle Fragen Antworten bereitstellt, jedenfalls noch nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Entwicklung.

Besonders McQueen und Cutler betonen, daß die Ergebnisse der Psycho- Morphologie vielfach nicht mit denen der theoretischen Linguistik kompatibel sind.

Dieser bedauerliche Umstand ist sicher nicht allein mit gegenseitiger Ignoranz zu erklären. Vielmehr behindern auf psycholinguistischer Seite (abgesehen von Ar- beiten zum Spracherwerb) zwei Faktoren die Kommunikation: zum einen konzen- trieren sich die entsprechenden Untersuchungen sehr stark auf die englische Sprache, die sicher nicht als repräsentativ für morphologische Systeme angesehen werden kann. Zum anderen arbeiten diese Untersuchungen überwiegend mit visuell darge- botenen Stimuli, während in der theoretischen Linguistik der Bezug der Morpholo- gie zur Orthographie nur eine marginale Rolle spielt. Hier ist sicher McQueen und Cutler beizupflichten, daß die Psycho-Morphologie sich verstärkt auditiven Unter- suchungsmethoden zuwenden und Sprachen mit reicherer Morphologie betrachten sollte.

Der fünfte und letzte Teil des Handbuchs ist der Skizzierung morphologischer Systeme einzelner Sprachen gewidmet (im Falle des Keltischen eines mehrere

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Sprachen umfassenden Sprachzweigs, die ζ. T. ausgestorben sind). Diese Sprachen repräsentieren typologisch unterschiedliche Sprachfamilien. Einige dieser Sprachen haben weniger als fünftausend Sprecher und stehen unter massivem Einfluß dominierender Nachbarsprachen, andere (Chichewa und Malagasy) werden von mehreren Millionen Sprechern gesprochen und haben den Status von Staatsspra- chen. Die folgende Tabelle führt die Titel der entsprechenden Kapitel auf:

23: ARCHI (CAUCASIAN - DAGHESTANIAN), von A . E . Kibrik 24: CELTIC (INDO-EUROPEAN), von J. Fife und G. King 25: CHICHEWA (BANTU), von S . A . Mchombo

26: CHUKCHEE (PALEO-SIBERIAN), von I . A . Muravyova 27: HUA (PAPUAN), von J. H a i m a n

28: MALAGASY (AUSTRONESIAN), von E . L . Keenan und M . Polinsky

2 9 : QAFAR (EAST CUSHITIC), von R.J. Hayward

30: SLAVE (NORTHERN ATHAPASKAN), von K . Rice 31: WARI' (AMAZONIAN), von D. L. Everett

32: WARUMUNGU (AUSTRALIAN - PAMA-NYUNGAN), von J . Simpson

Bei der Konzeption dieses 5. Teils hätte man sich vorstellen können, daß die Skizzen einem einheitlichen Schema folgen, um die Systeme vergleichbar zu machen. Daß die Autoren einem solchen Konzept nicht folgen konnten, wird schnell deutlich bei der Lektüre der Kapitel: Zu vielfaltig sind die morphologischen Besonderheiten, als daß man sie über einen Kamm scheren könnte. Die Artikel stellen eine Fundgrube für Morphologen (bzw. Linguisten generell) dar, die nach Eigentümlichkeiten und Skurrilitäten Ausschau halten. So existieren im Hua keine Satzkonjunktionen; dafür fallt die Markierung der entsprechenden Funktionen in den Bereich der Morpholo- gie, da Verbaflixe hierfür eingesetzt werden. Verben im Slave verfügen über zwölf Positionen für Präfixe, die auf den ersten Blick der universellen Tendenz widerspre- chen, Flexion außerhalb von Derivation zu markieren. Unter Einbeziehung prosodi- scher und morphosyntaktischer Information können sie aber als im Einklang mit dieser Tendenz stehend analysiert werden. Im Warumungu verfügt das Ergativmor- phem über mehr als zwei Dutzend Allomorphe, die überwiegend phonologisch und grammatisch und nur zu einem kleinen Teil lexikalisch konditioniert sind. Im Archi fallen die 150 existierenden einfachen Verben in mehr als 30 Konjugationsklassen und bilden Paradigmen mit mehr als einer Millionen Formen.

Die Artikel sind überwiegend flüssig geschrieben und spannend zu lesen und zeugen von hoher Kompetenz der Autoren. Lediglich Kap. 26 erweckt den Eindruck, nur auf der Lektüre von Grammatiken zu basieren, und ist in seinem Streben nach Vollständigkeit ermüdend. Kap. 28 ist mit 61 Seiten deutlich zu lang. Die Darstellun- gen gehen überwiegend phänomenorientiert vor; nur selten werden bestimmte Theorien zur Analyse herangezogen (v. a. in Kap. 30, das dem Minimalistischen Programm verpflichtet ist).

Fazit

Das besprochene Handbuch glänzt durch inhaltlichen Reichtum, verantwortet von überwiegend anerkannten Wissenschaftlern, denen zumeist in sich stimmige Beiträge gelungen sind. Weniger stimmig dagegen ist die Gesamtkonzeption des Bands: ein Mehr an terminologischer Einheitlichkeit und eine sinnvollere Anordnung der

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Artikel würden seine Verwendbarkeit deutlich steigern. Enttäuschend ist die sparsame Verknüpfung der beiden konstatierten Blöcke untereinander: Weder machen die Artikel des zweiten Blocks ausgiebig Gebrauch von den theoretischen Erkenntnissen des ersten Blocks, noch läßt die Vielfalt der im zweiten Block präsentierten morphologischen Phänomene hoffen, daß die im ersten Block disku- tierten theoretischen Ansätze diesen gerecht werden könnten. Der Weg zu einer integrativen Theorie der Morphologie ist noch weit. Möglicherweise wird constraint- basierten Ansätzen wie OT hier mehr Erfolg beschieden sein.

Den Abschluß des Handbuchs bildet ein umfangreiches Literaturverzeichnis (das u.a. die Aktualität des Handbuchs belegt, da Texte bis zum Erscheinungsjahr 1997 verzeichnet sind) sowie ein Gegenstands- und ein Autorenindex. Daß etwa 5% der hier verzeichneten Autoren dem deutschsprachigen Wissenschaftsraum zugeordnet werden können, muß wohl als aus deutscher Perspektive gesehen zufriedenstellend bezeichnet werden. Allerdings fehlen einige Namen, die einem deutschen Morpholo- gen als bedauerliche Lücken auffallen: neben Klassikern wie H. Paul, W. Wilmanns und W. Henzen vermisse ich beispielsweise T. Becker, G. Fanselow, P. Gallmann, T. Höhle, K.M. Kopeke, J. Mugdan und R. Raflelsiefen, die allesamt wichtige Beiträge zur Entwicklung der theoretischen Morphologie geliefert haben.

Ungeachtet aller Probleme hat das von Blackwell verlegte Handbuch einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem in Kürze erscheinenden (freilich wesentlich umfangreicheren) de Gruyter-Handbuch zur Morphologie (Booij et al. (Hrsg), im Druck): der Preis. Während de Gruyter-Handbücher prinzipiell nur für Bibliotheken bezahlbar sind, gelingt es Blackwell, Handbücher zu einem äußerst günstigen Preis auf den Markt zu bringen. Neben der Hardcover-Version ist in Kürze mit einer Paperback-Ausgabe zu rechnen, die für weniger als 100,- DM zu erstehen sein wird.

Dieser Umstand ist ein nicht zu unterschätzender Garant dafür, daß das Blackwell- Handbuch dort verwendet werden wird, wo Handbücher hingehören: auf dem Schreibtisch der heimischen Studierstube.

Literatur

Anderson, Stephen R. (1992): A-Morphous Morphology. Cambridge: Cambridge University Press ( = Cambridge Studies in Linguistics 62).

Booij, Geert/ Lehmann, Christian/ Mugdan, Joachim (Hgg.), (im Druck): Morphologie:

Ein Handbuch zur Flexion und Wortbildung. Berlin, New York: de Gruyter.

Goldsmith, John A. (ed.) (1995): The Handbook of Phonological Theory. Oxford, Cambridge/MA: Blackwell.

Hockett, Charles (1954): Two Models of Grammatical Description. In: Word 10, 210-231.

Spencer, Andrew (1991): Morphological Theory. Oxford, Cambridge/MA: Blackwell.

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Dr. Martin Neef, Inst. f. deutsche Sprache und Literatur, Universität zu Köln, 50923 Köln

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