Kollegiale Hospitation Gymnasium Puchheim
1. Ablaufschema:
2. Erläuterungen:
zu 3. Durchführung der Unterrichtsbesuche:
Raster Typ O: Beobachtung mit individuellem (offenem) Beobachtungsfokus Beispiel eines Beobachtungsrasters:
Phase Beobachtungsaufgabe
oder Lehrerverhalten
Kommentar /
Besonderheiten oder Schülerverhalten
Einstieg Erarbeitung Vertiefung Auswertung Transfer oder dgl.
Die beobachtete Lehrkraft gibt den Beobachtern einen einfachen Beobachtungsauftrag, z.B.:
Achtet bitte darauf, wie ich meinen Schülern Anweisungen / Impulse gebe!
Wie oft und warum ermahne ich die Schüler in der Stunde?
Markiert bitte auf einem Blatt, wie ich mich im Klassenzimmer bewege und wo ich die meiste Zeit stehe!
Schreibt bitte genau auf, wie ich auf Unterrichtsstörungen reagiere! Welche Art der Unterstützung gebe ich den Schülern, wenn sie Fragen an mich richten?
Notiert bitte, wie oft ich den Schülern ein Lehrerecho gebe und bei welchen Gelegenheiten! …
Raster Typ G: Beobachtung nach Beobachtungsschwerpunkten mit geschlossenen Beobachtungsbögen
Einfach und praktikabel: ISB Unterrichtsbeobachtungsbogen (s. Material 1) Für beide Raster O und G: Unterrichtsbesuch:
Während des Besuches wird lediglich beobachtet, d.h. es wird protokolliert, was geschieht;
es findet keine Interpretation bzw. Bewertung statt; es wird grundsätzlich nur das beobachtet und protokolliert, was vorher gemeinsam als Beobachtungsschwerpunkt vereinbart wurde.
zu 4. Feedback:
Ablauf:
Die beobachtete Lehrkraft gibt ihren Eindruck von der Stunde unter Berücksichtigung der vereinbarten Beobachtungsschwerpunkte wieder.
Die beobachtende Lehrkraft gibt ihre protokollierten Wahrnehmungen der Unterrichtsstunde wieder; beide tauschen sich über Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung aus. Dabei findet ein Voneinander-Lernen statt, d.h. Bereicherung für beide!
Eventuelle Zielvereinbarungen werden aufgrund der Beobachtungen getroffen und schriftlich festgehalten (Planung einer weiteren Hospitation oder einer Selbstreflexion).
Das Gespräch wird reflektiert, die Rolle der beobachteten Person und des Beobachters werden gemeinsam besprochen.
Grundsätze des Feedbacks:
Objektive Rückmeldungen gibt es nicht
Aussagen von einer Person über das Verhalten einer anderen Person sind nicht objektiv. Sie sind immer persönlich eingefärbt, weil es Aussagen durch eine persönliche
„Brille“ sind.
Rückmeldungen über das situative Verhalten
Rückmeldungen haben beschreibend (nicht bewertend oder interpretierend), konkret (nicht allgemein) und verhaltensbezogen (nicht personenbezogen) zu erfolgen. Sie enthalten keine Aussagen über den „Kern“ oder „Charakter“ einer Person, sondern über deren Verhalten, das wiederum veränderbar ist.
Immer zuerst positive Rückmeldungen
Immer positive und kritische Rückmeldungen oder gar keine – und die positiven immer zuerst! Es ist wichtig, dass beide Personen, beobachtete und beobachtende Lehrkraft, diese Dimensionen beachten. Positive Aspekte helfen der beobachteten Lehrkraft, Kritisches zu akzeptieren.
Keine negativen oder positiven Verallgemeinerungen
Jede einzelne Verhaltensweise gilt für sich und darf nicht auf das Gesamtverhalten bezogen werden.
Jeder spricht nur für sich selbst
Jeder spricht per „ich“ und nicht per „man“. Der Feedback-Geber spricht die Lehrkraft persönlich an. So kann sich jeder auf seine eigene Erfahrungen und Empfindungen beziehen.
Bei Störungen „Signal“ geben
Fühlt sich eine Lehrkraft verunsichert, soll dies sofort mitgeteilt werden, sodass darüber gesprochen werden kann.
Jeder ist für sich selbst verantwortlich
Rückmeldungen sind keine Verpflichtungen, vielmehr Angebote zur Selbstprüfung. Der Feedbackempfänger entscheidet selbst, was er aufnehmen, annehmen und gegebenenfalls bei sich verändern will.
Strikte Vertraulichkeit und Datenhoheit
Alles, was im Rahmen eines persönlichen Feedbacks besprochen wird, bleibt ausschließlich im Kreis der Anwesenden und wird nicht nach außen weiter getragen.
Die Verantwortung für ein gutes Feedback liegt beim Geber, die Verantwortung für den Umgang mit dem Feedback liegt beim Nehmer.
Fachwissenschaftlicher Hintergrund:
Claus Buhren, Kollegiale Hospitation, Köln 2014, führt zahlreiche empirische Daten an, wie kollegiale Hospitation auf der Ebene des Unterrichts und des Kollegiums positiv wirkt (Gesamtschule Waldstatt, Schweiz; QUS Baden-Württemberg u.a.).
Auch John Hattie wünscht sich viel mehr kollegiale Hospitation an den Schulen
→ http://www.youtube.com/watch?v=XKDGFxPhD_s.
Nach seiner Studie von 2009 trägt zur Verbesserung des Unterrichts v.a. das „formative Assessment“ bei, in unserem Sprachgebrauch nichts anderes als die systematische kollegiale Hospitation.
Auswirkungen
Am Gymnasium Puchheim wurde die Kollegiale Hospitation am Anfang des Schuljahres 2014/2015 eingeführt. Es haben sich bis jetzt sechs Lehrertandems gebildet und erste Erfahrungen mit dem Konzept gemacht. Eine kurze Evaluation (s. Material 2) hat Folgendes ergeben:
Alle Teams betonen die Verbesserung der kollegialen Kommunikation. Die Hospitation wurde als Stärkung der eigenen Professionalität und nicht als Kontrolle empfunden.
Die besuchten Kolleginnen und Kollegen waren in der Regel davon überrascht, dass sie eine wertschätzende Beobachtung ihres Unterrichts erfuhren und sinnvolle, sofort umsetzbare Ratschläge und Tipps erhielten, die sie selber nicht entdeckt hatten.
Mehrere Kolleginnen und Kollegen betonten, dass sie unmittelbar nach der Kollegialen Hospitation motivierter und sicherer in ihren Unterricht gingen, in zwei Fällen konnte das
„Problem“ sofort gelöst werden.
Alle Kolleginnen und Kollegen in den Tandems besuchten sich gegenseitig. Vielen wurde der Unterschied zwischen Feedback und Beurteilung klar und wichtig.
Oft ergaben sich aus den Tandems heraus weitere Impulse der Zusammenarbeit über die Kollegiale Hospitation hinaus (gemeinsame Schulaufgaben / Prüfungen, Lehrertausch, Austausch und Erarbeitung von Unterrichtsmaterial und Unterrichtskonzepten).
Im Zusammenhang mit der „Mittelstufe Plus“ – das Gymnasium Puchheim ist Pilotschule - soll auch im neuen Schuljahr das Konzept Kollegiale Hospitation beworben und forciert
werden. Die Anzahl der Tandems soll weiter gesteigert werden. Dazu werden die positiven Ergebnisse der bisherigen Tandems in die Kollegenschaft eingespielt. Vielleicht ergibt sich gerade für Lehrpersonen in Mittelstufe-Plus–Klassen etwas mehr Raum und Zeit für die Gestaltung der Kollegialen Hospitation. Dennoch soll die Teilnahme nach wie vor völlig freiwillig erfolgen.