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Miscellen.
Von 0. B»htlingk.
1.
Taitt. Br. 2, 1, 2, 1 lesen wir: mT^rfTTTtVI^VT I t
I I _I J , j |_
v^f^^^nw I vwR vrrar i ^rr iTVfHT^nwwJT; i "rtm-
I TnUfl i ^ ^nfr iiran i ^
4fM%><K*<fl 1 ^nft ^ ^ wnifirftfir i iiui^^^g ii
Schwierigkeit machen nur der Acut auf der Endsilbe von 'OMI-
und das unbetonte d iTM. Im Commentar, wo die Worte
des Textes wiederholt werden, wird zu TTTft % ^ WTTfTTfrfTT
in einer Note bemerkt: TTTTft % ?r HflllMfflRffl I fT^^flTTT:
VJS'-- Das Bhäshja zu dieser unverständlichen Stelle lautet: TTTTY
f?T ^ «ailMpr^H ^^»WrVTTf^T'T: l Die Con¬
jectur ist eine unglückliche, da auch ni^l , abgesehen von der
Unbetontheit, hier nicht erwartet wird, sondem ein Verbum finitum
und zwar ein Aorist. Diesen erhalten wir, wenn wir das Inter-
I I
punctionszeichen I in T verwandeln. 'OMI^'inifllfM zerlegt sich in
VnTTTT und '«ifllR , und nun stimmt auch die Betonung, da
VTTft am Anfange eines Satzes den Acut auf dem Augment
haben muss.
2.
Pracnopanishad 6, 6 wird folgender ^loka citirt:
TITT TVTT»ft wr «ir^W'Mfflrgfli: I
?t ^ yf^' ^ vn m ^ fw: ^fK^^ (ifn) n
Ud. XU. 43
668 Böhtlingk, Miscellen.
Der dritte und vierte Stollen sind ohne allen Zweifel stark
verdorben. Wir nehmen Anstoss an , an der Verbindung IV
V, an zwei überschüssigen Silben und an MfV'«!«»iI. Die Cor¬
ruptelen haben das ehrwürdige Alter von über 1000 Jahren, da
sio schon Qamkaräk arja vorgelegen baben. Das Sprachliche macht
ihm , Vfie so oft , keine Schwierigkeiten : er erklärt ohne alles
Bedenken durch vf^V<i: und ^t^VH: durch Mfi'^Hmd. Dieser
Erklärung schliesst sich KoSr's Uebersetzung genau an: ,Let man
know the spirit, who ought to be known, in order tbat death may
not pain you'. Aehnlich Dr. Lucian Schennan (Philosophische
Hymnen aus der Rig- und Atharva-Sanhitä, S. 66): „Diesen zu er¬
kennenden Purusha möge man erkennen, damit euch nicht der Tod
aus der Passung bringe (umhülle?)". In einer Anmerkimg hält
der vorsichtige Gelebrte eine Corruption des Textes für möglicb.
Das in Klammern stehende, mit einem Fragezeichen versehene ,um-
hüUe' berubt auf der Vermutbung Ludwig's, dass mR'^'I'^ \' auf
zurückgeführt werden könne. F. Max Müller (Saered Books,
Vol. XV, S. 284) übersetzt: „Tbat person who is to be known,
you know bim , lest death should hurt you". Er fasst also
als 2. PI. Praes. (Perf.), diese lautet aber ft^. Wir erwarten aber
aucb hier kein Präsens, sondern, wie schon Qamkaräk'äija es
empfunden hat, einen Imperativ oder einen andem, diesem in der
Bedeutung nahe kommenden Modus. Ehien Conjunctiv der 2. PI.
Praes. erhalten wir, wenn wir in den Silben VIT die Vocale um¬
stellen ; ^^VI ist ein richtiger solcber Conjunctiv , der in einem
alten (^loka nicht befremden darf. Die Corruptel kann sowohl dem
Gesiebt als auch dem Gehör ihren Ursprung verdanken. Mit dieser
geringen Aenderung entfernen wir zugleich das anstössige VIT TT
und die zwei überscbüssigen Silben im vierten Stollen, "^"»i im dritten Stollen , so bereebtigt es auch an dieser Stelle erscheinen
mag, kann nichtsdestoweniger nach meinem Dafürhalten später hin¬
zugefügt worden sein um den dritten Stollen vollzählig zu machen,
nacbdem das verdorbene VIT zum vierten StoUen gezogen wurde.
xrf^^lVI kann nicbt richtig sein , weil hier eine 3. Sg. erwartet
wird , und weil ^''T nicht transitive Bedeutung hat ; auch würden
wir hier statt des Conj. Praes. lieber einen Aorist ohne Augment
seben. «JIf^fit könnte für ^if^fTT verlesen sein; wenn ich fenier
amiflime, dass VfT. aus Tff^ entstanden sei, so würde dieses tbeils
BShtiingk, Miscellen. m
auf ein Verlesen, theils auf eine Correctur (VlfK statt Hf^ oder
lf%) zurückzuführen sein. Die zweite Hälfte des ^oka würde also
nach meinen Conjecturen folgenden Wortlaut haben:
t 3^ ^^irrer v fr iiftvm: «
Wer statt des Conjunctivs hier lieber den Imperativ und statt
des Activs das Medium sähe, könnte ^^«(«4 vermuthen; IJWT
wäre alsdann kein verlesenes, sondern ein verhörtes
3.
Der die Vocale aufzählende Vers im ^gveda-PrätiQäkhja (S. 6
bei Regnier, 1, 9 bei Max Müller) lautet:
TRVT^nrrft ^ ^ ^ '^ft u«^HB^<n4^K: i
^i<*Ki<0'»0<S^Mir*^<fl«ii'i. 'iw^ mf*T TftT I
Regnier übersetzt den 3. und 4. Stollen: ,Aux brfeves [s'ad-
joignent, comme] secondes, des longues, telles qu'a etc. — Elles
sont[, en y eomprenant le b] au nombre de cinq,] pour les cinq [brfeves]'.
Max Müller: ,Zu diesen kurzen Vokalen (erkenne man) ä, rt, i, ü, li,
welche lang sind, als die Zweiten, die Dvitljas. Diese langen
Vokale (dirghäni) finden sich bei fünfen". Beide ungenau: Jeder
Stollen bildet einen Satz für sich : J[^'5 ist zum 4. Satz zu ziehen, und '^rft bedeutet nach <4^^ , wie stets nach Zahlwörtern, so v. a.
,alle". Man übersetze demnach : ,W u. s. w. , die lang sind, (er¬
kenne man) als die Zweiten; diese (Längen) finden sich bei allen
fünf Kürzen«. Uvata's Bemerkung IfftTT^ f^TTW ftWT^
ist ganz werthlos. Auf die Gefahr hin als Purist verschrien zu
werden, will ich noch bemerken, dass mir ft^ftvi, verdächtig er¬
scheint. Nirgends werden sonst die Längen als zweite Laute be¬
zeichnet, und Tl»n<< l<\ oder Mnlq l<\ wäre doch wahrlich iu jeg¬
licher Beziehung hier besser am Platze.
4.
Wintemitz, ein Gelehrter, auf den sein Lehrer Bühler wohl
mit Stolz blicken darf, hat uns so eben mit einer hübschen Aus¬
gabe des Apastambfja Grhjasüfra beschenkt. Der Text ist wie
auch der des Dhärmasütra des Apastamba an vielen SteUen ver¬
dorben, was aber den uns schon bekannten Commentator Haradatta,
auf dessen Autorität in sprachlichen Dingen ich sehr wenig gebe,
uicht abhält die Corruptelen in seiner gewohnten Art zu rechtfertigen.
m*
670 Böhtlingk, MitcMen.
Hier einige Beispiele. In "Pf 20, 12 (ich citire wie Wintemitz nach KhaQ4& und Sütra) soll die Kürze ^l^tl sein '); desgleichen
in Vrevrn^ 21, 9, obgleich wir in demselben Sütra richtig
finden. 'of^^'V, 19, 7 ist nach den Commentatoren ent¬
weder eine falsche Lesart oder eine vedische Form für ^ft^5H.
^f?l5*V mit verdoppeltem Consonanten kann ja nur durch ein nach¬
folgendes 1 erklärt werden: 'affl^'sil, ist nach Pänini 8, 4, 47 eine
erlaubte Schreibweise für "affliwl«^. Wenn Haradatta etwas als
einen ^uMld zu erklären bereit ist, sollte es doch auch uns gestattet
sein dasselbe zu thun. 18, 11 wird für das uns ganz unbekannte
und unerklärbare tl<j«fl wohl «J'^«« zu lesen sein. Ich gebe noch
immer nicht die Hofihung auf, dass Bühler und seine Schüler einst
in ihrem bis jetzt unerschütterlichen Glauben an Commentatoren
wie Haradatta nebst Consorten wankend gemacht werden. Ich habe
es nicht geläugnet und läugne es auch heute nicht , dass gute
Autoren hier und da eine ungrammatische Form gebraucbt haben
können, aber ich verlange, dass man diese auf eine einfache, uns
überzeugende Weise erkläre. Die Uebereinstimmung der Hand¬
schriften beweist sehr wenig, da sie alle auf eine gemeinschaftliche,
sehr fehlerhafte Handschrift zurückgehen können, die ein mangel¬
haft gebildeter Schüler aus dem Gedäcbtniss oder wie es ihm der
Lehrer vorsprach niedergeschrieben haben konnte. Iwischen dieser
Quasi-Urschrift und dem Autor können viele Jahrhimderte liegen.
Auf Bühler's Artikel in Bd. 40, S. 527 fgg. dieser Zeitschrift ant¬
worte ich ein anderes Mal, wenn ich besonders gut aufgelegt sein
wei-de.
5.
Freund Weber machte mich vor einiger Zeit darauf aufmerk¬
sam , dass in Kätjäjana's (^rautasütra Feminina auf ^ am Anfange
und im Innem eines Compositums nicht selten diesen Vocal ver¬
kürzen. Diese Mittheilung veranlasste mich das Sütra darauf hin
zu untersuchen. Ich hoffte ein Gesetz zu entdecken , habe mich
aber in meiner Erwartung getäuscht. Vielleicht ist ein Anderer
glücklicher als ich. Um diesem die Arbeit zu erleichtern, theile
ich hier das zur Lösung der Frage erforderhche Material voll¬
ständig mit.
1) Im Dharmas. wird ^ |«| ^csclirinbrni, und nuch im OrliiHH. findon wir
^i(vi:'^\A.
Böhtlingk, Miscellen. 671
Verkürzt wird das t nur in fünf Wörtern : Itmi^fllf*! 19, 4, 6.
^fr^urfr 8, 6, 23. 8, 4, 21. Vnft^ 8, 9, 7. 9, 3,
21. 12, 4, 2. 13, 4, 28. 14, 1, 13. VfiT^ 5, 8, 33.
Unverkürzt bleibt das Femininum in einer bedeutend grösseren
Anzahl von Fällen. Ich lasse die Wörter in alphabetischer Ordnung
folgen: Vflf^ 6, 7, 11. TTJ^ («arnftT) 20, 2, 11. 'Vnr^
22, 2, 25. TinnjT^ 23, 4, 4. 22, 6, 12. ^*4lO 20, 6, 18.
mmf^ 22, 11, 21. IfGEnf^ 6, 8, 14. f^vft 24, 6, 38.
1, 7, 13. 15, 4, 30. ViSVft 16, 1, 4. VlsPt 3, 7, 1. 5, 4, 33.
6, 9, 14. 8, 1, 7. 8, 41. 10, 8, 10. 12, 1, 18. 2, 3. 11. 3, 21.
20, 8, 10. 22, 1, 37. 26, 4, 12. VTlft 2, 3, 29. <f|jj*<l*n
15, 9, 20. 24, 3, 36. 4, 21. TTifTTlf^ 10, 6, 17. 13, 1, 3.
15, 3, 49. 20, 1, 2. ^fTft 22, 11, 25. 15, 1, 6. ShTR-
^ 22, 7, 30. TYfipif^ 4, 7, 2. W7T<^ 24, 5, 28. V^
5, 5, 29. ^TTWt 24, 7, 1. 4, 7, 22. 5, 5. 1. ITnfW
18, 4, 6. TT^nft 24, 5, 30. fiRftT^ 18, 6, 21. f^THHlft
8, 8, 37. ^rr^ 6, 10, 86. 9, 6, 25. 25, 5, 24.
In Äpastamba's Gvhjasütra 1, 9 finden wir ^TjfrjTI^tTT mit
der V. 1. ^Tptff". Wintemitz hat, obgleich 4 Handschriften die
Länge bieten , die Lesart W^f^ in den Text aufgenommen , weil
sie durch einen Oommentar bezeugt wird.
Im alten Epos und in späteren metrisch abgefassten Werken
ist die Verkürzung eines langen bei Femininis eine ganz gewöhn¬
liche Erscheinung, wird aber dm-ch das Metrum bedingt.
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Wergeld im Veda.
Von S. Both.
Wer zu wissen verlangt, wie in den Gemeinden und Stämmen
der vedischen Arier Ordnung und Friede erhalten, die Preiheit
beschützt und Recht gehandhabt wurde, der wird in den gelehrten
Werken A. Ludwigs und H. Zimmers nur die allgemeinen Umrisse
finden, meist Dinge, die sich von selbst verstehen. Sollte aber in
der That nicht mehr darüber im Veda zu lesen sein, als wir heute
wissen? Sollte die ansehnliche vedische Literatur, zu welcher wir
in diesem Fall auch die Hrähmana füglich rechnen, uns weniger
darüber sagen, als ein einziges Kapitel des Tacitus von den Ger¬
manen erzählt? Freilich sind diese Priesterschriften nicht dazu
verfasst, um uns über Recht und Staat zu belehren, aber jede
Schrift von einigem Umfang verrät ja eine Menge von Dingen
absichtslos. Die ihren Verfasser umgebende Welt spiegelt sich ohne
sein Zuthun in seinen Worten, Redewendungen, Bildem und Gleich¬
nissen, und unsere Kunst sollte aus dem Wiederschein die Sache
erkennen , welche den Schein geworfen hat. Aber allerdings kann
nur ein erschöpfendes Verständniss, zu dem vrir langsam und mit
Mühe durchdringen, uns diese Fracht liefem.
1.
An dem Worte Qatd-däi/a, das nicht darnach aussieht, als ob
es eine sonderhche Bedeutung bärge, versuche ich zu zeigen, wie
sich da und dort etwas jener Art finden lässt. Eine Genie ist in
Rv. 2, 32, 4 angerufen , dem Opferer einen Mann d. i. Sohn zu
schenken, der gatadaya und ukthya ist. Dieses bedeutet einfach
„rühmlich* und von jenem sagt uns Säyana, so heisse einer, der
viel Geld und Gut (dhanam) habe oder viel verschenke. Das
Hundert verflüchtigt sich in die Vielheit. Wir wundem uns freilich,
dass ein so landläufiger Begriff — im Veda ist ja von Geschenk
und Besitz bis zur Sättigung die Rede — nur ein einziges Mal
gebraucht sei. Was im Atharvan 7, 47, 1. 48, 1 steht, ist blosse
Wiederholung unserer Stelle. Aber wie sollen wir zu einer anderen
Deutung gelangen? Es stehen uns nur die Wurzeln da und dat/