Dio liischrif( von En \.
Vcisuch einer Erklärung
vun O. Blau.
viclfiiolie Uebcrblcibscl der pböniciscben Sprache wir
aucli in griecbiscben und lateinisclien sowubl als in Urtexten be¬
sitzen, und SU sebr sicb aucb namentlicli die letzteren seit dem
bekiinntcn Werke von üeseiiius gemebrt baben, so war doeb bis
auf die neueste Zeit der lexicaliscbe Gewinn aus ibnen nicbt von
der Bedeutung , wie man für Feststellung des Vcrbältnisses dieser
semitischen .Mundart zu ihren Schwestern und für eine genauere
Anschauung von dem phönicischen Idiom wünschen musste.. Der
gesicherte .Sprachschatz beschriinkte sieh zum grossen Tbeil auf
Kigennamen und einige Weih- und Grabstein-Formeln. Alles was
ausser diesem Bereiche lag, mnsste man für unzulänglich erklä¬
ren, zumal sicb durch genauere Untersuchungen oft ganz andere
Resultate herausstellten, wie z. B. bei der zweisprachigen Inschrift
von Thugga, die nach Gesenius (Mon. Phoen. S. 456 flF. ) zum
grossen Tbeil aus Appellativis bestehen sollte, aber nach de Saulcy
(im Journal asiat. 1843. Fevricr) in der Hauptsache auch nur
Eigennamen bietet. Zu sicheren Erruiigenschaften für die pbö-
nicische Sprache haben erst ganz in neuester Zeit die gründlichen
und gelehrten Arbeiten über „phönicisehe Texte" von Movers ge¬
führt, die, wie bekannt, eine Erklärung der punischen Stellen
im Plautus und einen Commentar über die massiliscbe Opfertafel
enthalten nnd im Verein mit den Bemühungen Munlis (Journ. asiat.
1847.) und Jucalds (Jahrbücher d. Bibl. wissensch. 1. S. 187 ff.)
um das letztgenannte Monument nichts zu wünschen übrig lassen,
als dass wir von säniintliclien anderen pböniciscben Ueberresten
gleich glückliche und geschickte Behandlungen besitzen möchten.
Denn dann erst, wenn der sprachliche Gehalt der Inschriften mög¬
lichst unverrückt festgestellt ist, wird die Wissenschaft den wabren
Nutzen vun der Kenntniss dieses Dialectes baben, dann erst wird
sie das phönicisehe .Spracliidioni recht würdigen können.
Von diesem Stand[innktc aus wird es gerechtfertigt sein,
wenn icb es wage, die Entziiferung eines der umfassendsten und
2 S
430 Blau , die Inschrift von Eryx.
reiclilialtigstcn pliönicisclien Texte, die wir besitzen, iiänilicii uer
Insclirift von Eryx, zu versuchen, da deren Umfang von vorn
herein mehr Ausbeute für die Sprache verspricht, als die Erklä¬
rung aller anderen zweifelhaften oder nocb par nicbt g-clesenen
Inschriften zusammen.
Die Geschichte des .Steines ist zwar kürzer und einfacher,
als man für das völlige Verständniss gerade dieser Inschrift wün¬
schen mochte; doch lässt sie sicii iminer noch etwas vollständi¬
ger und genauer geben, als dies von Gesenius (a.a.O. .S. 158.\
der sich einige \'erscben und Entstellungen zu Scbniden kommen
lässt, gesebeben ist. Gesenius' einzige Quelle ist die 1. Ansirabe
von Gabr. Lancil. Caslello di Torremuzza Sieiliae cl insularuni ail-
jacenliuin velerum inscriptionum eolleclio cic. 1769. Ob es nun blos
an der flüchtigen Benutzung dieses Werkes, welches Ijesenius
nicbt seihst besass, lag, dass in seine .Arbeit sicb jene Uiurc.
nauigkeiten und Kehler einschlichen, oder ob er dieselben aus
seiner Quelle entlehnt , ?wage ich nicbt zu entscheiden, da mir
nur die 2. Ausgabe ( Sieiliae el ubjacenlium insularum velerum in-
scriplionum nova eolleclio proleyomenis el nolis illustrala el ilerum
cum emendalionibus el auclariis evulyala. Panormi 1784.) zu Gebote
stellt, deren auf S. 322. enthaltenen Angaben icb mit besonderer
Rücksicht auf die Stellen, in denen Gesenius einer Verbesserung
bedarf, jetzt folge. Gefunden wurde der Stein nach der Ueber¬
schrift Torremuzzus zu Eryx (nicbt wie Gesenius angiebt: in virinia
montis Erycis urbis cognominis). Er ward dann aufbewahrt ,.Eryce
in aedibus Rocbi Palniae" (Gesenius schreibt: Erycis in aedihus
Rocchae Palmae), ist aber nachher gänzlich verschollen. Die
erste Copie davon nahm Antonio Cordici, die er mittheilte auf
S. 49. seiner ungedruckten Geschichle von Eryx, deren Manu¬
script Dominico Schiaco, Canonicus der Kirche zu Palermo, der
öffentlichen Bibliothek des dusigen Senates testamentarisch ver¬
machte, so dass vielleicbt die Hoffnung noch nicbt aufzugeben
ist, die Handschrift und in ihr die Originalcopie wieder aufzu¬
finden. Aus dieser Hundschrift copirte Torrrmuzza die Inschrift,
welche er mit Verweisung auf die sonst bekannten phönicischen
Inscbriften und Münzen für pbönicisch hält. So gewiss man ibm
hierin beipflichten wird, ebenso gewiss wird man auch sein Be¬
dauern theilen müssen, wenn er sagt: „dolendum quam maximc,
nobilissimum hoc plioeniciae litteraturue monumentnm fato periisse,
ita ut post omnes curus et diligentias adhibitas nullam de eo
apud Erycinos memorinm exstare compcrtum sit."
Indessen haben wir so manchen Verlust gerade auf diesem
Gebiete der Wissenschaft zu beklagen — wie den der Originale
der cyprischen Grubschriften , die Pococke noch gesehen, den der
grossen Inschrift von Lacinium auf der Hannibal in griechischer
und punischer Sprache seine Thaten verewigt hatte (Liv. 28, 46.),
den des im Baalstempel zu Carthago aufgestellten Reiseberichtes
Blau, die Inschrift vnn Ery.i 43 i
,jes Hanno (vgl. Hanno Periphis S. 17.), den des Steines, welchen
Massinissa bei Rückcrstattnng der Elephantenzähne an den Tempel
zu Malta dort ant'gestellt hatte (Cic. Verein. IV, 46.), den der mit
phönicischcr Schrift hcscliriehenen zwei Marmorsanlen von Tigisis,
die Procop (V andal, 2, 10, S, 2hS.) kennt, und so vieler anderen —
dass Antonio Cordici und Caslello di Torremuzza vielmehr unseren
Punk dafür verdienen, dnss sie eine Abschrift des Monumentes, wenn
sie aucb noch so mangelhaft und ungenau ist, gerettet haben, als
dass der \ erlnst des Steines Anlass zu dem Zweifel geben dürfte,
ob er jemals existirt liabc , wie diesen z, B. Benary (Jahrbücher
t", wissensch. Kritik 1839. S. 560.) und Wurm (Jahn's neue Jabrbb.
1338. Ud. 23. S. 23.) offen aussprecben. Wenigstens darum weil
ein Original im Lauf der Zeiten verloren gegangen ist, darf
man die Zeugnisse so glaubhafter Gewährsmänner, wie Torremuzza
doch sonst ist, nicbt verdächtigen, wofern nicbt andere Gründe
paläographischer, sprachlicher und sachlicher Art unabweisbar zu
der Annahme einer Fälschung drängen. Und solcbe liegen hier
nicbt vor. Vielmebr war es im Grunde nur das bisherige Miss-
lingcn der Erklärungsversuche, was dergleichen Vermuthungen
kleinmüthig aufkommen liess und unterstützte, statt dass es um
so mehr bätte Veranlassung geben sollen , auf der Grundlage der
Vorgänger fortzubauen , wie dies namentlich Gesenius' Wunsch war.
Gesenius hat (a. a. O. S. 158—160.) zwar nur einen kleinen
Tbeil der Inschrift zn erklären vermocht, aber dies wenige ist
auch meist überraschend gelungen. Den Anfang von Z. 1. liest
er: D'<n"i33 nn bniub na-ib [a\ „(cippus) Dominae Suihul, filiae Chebirchajjim ( i. e. long-aevi )"; sodann , aber mit dem Zusatz
„fere": la^N m rf^b T'iJ, was aber in dem Zusammenhange nicht
passend sei. — Z. 2.: uias"'» na nöja nja 'nN biaai d^aais ban
„omnia (sunt) cilharae el canlus el gemilus fidium in condone domus
Mecamos." — Z. 3. übergebt er und liest dann Z. 4: üb 3bu:r:J3
Sbia aba Tb TSto p-insi asD« ia-« „prae nive d Candida erat
Stella el sinus velalus tibi instar cordis nivis." Dann ein Stück
von Z. 5: njp p tJSb 1Ü33 aabn ia dessen letzte Worte er
erklärt: rb'p 'ja D3b ©33 und übersetzt: „pudefactus vobis
(i. e. summa tristitia affectus) ßlius naeniarum i. e. p'oeta carminis
lugubris." Von den drei letzten Zeilen, deren Schluss, wie schon
der der fünften verstümmelt ist, bestimmt er nur noch in Z. 7:
bnffi ra .... Dpa — Ausserdem lindet sicb noch im Catalog der
Gesenius^sehen Bibliothek unler Nr. 4260, c. ein Blatt Manuscript:
„de inscriptione Erycina" bemerkt, das weiter nicht bekannt ge¬
worden ist.
Als Resultat seiner Forschungen stellt er die Bestimmung
des Steines so bin: „eum sepulcralem esse et mulieris non magis
nobilis quam pulcbrae, cujus nomen ab initio legitur, elogium
continere Inctumque de ejus morte describere." Diese Idee fuss-
ten nacb Gesenius auf F. Benary, der aber in der Recension des
432 Dlnu , die Insehrifl ron Erh'.r.
Gesenius'sehen Werkes (Jalirli. f. wissenscli. Krit. 1&39. S. 561.) in voller Aiicrkeiiriiiiia;- des d'elcisleleii gestellt, „wie es iliin ;,uf
(Jriiiid desselben nicbt gelingen wollte, weitere Kesnitatc zn er¬
zielen", nnd Judas, der in seinem reirbbaltigcn A\'erke: Ktiide
deinonslrativc de la langue IMieiiicienne etc, l';iiis 1H47. (S. 192,) zu einem iiiinliclieii Gestiindniss wie lleiiai ;/ ko it , iiiilem er den
Anfang ganz wie (iescuius nimmt: nn rn'i;; r3-''r, im l'ebrigen
aber meint, ,. ipfil scrait tont a fait oiseux , d"eii eiilre|iren(lre
rinter|irelatic)ii Diesen nnvollkoninienen \ ersuelien mnsste leb
micli aiiscliliesscn und icli betrat ilen VVeg dieser > orgiiiiger um
so lieber, als das Missliiigen anderer \ ersuche mieli von dem
Umstoss des durch Gesenius Gewonnenen abschreckte. Ich meine
ziiiiüchst den Vorschlag des Recensenten in .liihirs neuen .lalir-
biicliern (1838. lld. 23. S. 23.), der hei dem Alaiigel einer wei¬
teren IJegrüiulung eiiiiiial sehr an l'iivcrslamlliehkeit leidet, dann aber auch voll von |ialaiigra|iliisclieii und s|irachlieheii Felilerii ist.
So ist z.U. das E durchweg, das Vs , :z und t last immer falsch
bestimmt, obgleich ich ihm gern das Venlieiist lasse, in einer
schwierigen Stelle, auf die wir iiiilen znriirkkoiiinien , ein frag¬
liches Zeichen zuerst riolitig gelesen zu hahen. Ferner ist die
Annahme der dem Phönicischen diireljaus fremden l''eiiiiiiaieii<lniig
tl wenigstens sehr gewagt und ebenso in den Fällen, wo nach
seiner Ansicht diese gar nicht geschrieben ist, die Siihstitiiiriing
eines — unter den letzten .Stamiiibiichstaheii ganz willkürlich. —
Gänzlich verfehlt aber ist eine wcitlänligerc Arlieit des Dr. Ehrard,
der in einem Krlaiiger I'rograiiiiii v. 1843 „ .Vlarmor Krvciiinnt
S|iecimcn linguae l'hocniciae aiii|)lissiniuiii " n. s. w. die ganze
Inschrift bcliaiidelt. Kr hält sie für die Grahschrift eines im Le¬
ben viel von einem Feinde verfolgten .Mannes, Namens Jischlag,
in deren acht Zeilen nach dieser Lesung vierzehn bis fünfzehn
Sentenzen nnd .Sätze des vcrscbicdciistcii Inhaltes ohne alle Ord¬
nung und Zusammenbang sich aneinaiiiler gereiht rni(leii, leider
aher meist so unklar ansgedrückt, dass er am Schluss fast jeder
Zeile nocb einmal umschreiben muss , wus der Siun der \Vortc
und Sätze sein soll. Fr liest so:
13"'« n-i n^ub n-<in cn in-:; nn bn\r bn an ba ujaa -«a bnn-3 lansa "»nx r-:;'^ n'on nbnn
•icnai ran bs Inn m:n ca bn bco n'onn
■ibu;n baD bss lupT; Nins T-n n^N baruj
Tnb nan •\n2 Tb -ijan nnbm ai: T3
1 nnu) n ja ab-^"' na-» otis nb
Jb'.ai ab Diybp Dp?^ iDny aN"<
^yai Tbaa' ybi 012; un ai
und übersetzt:
(In) longum lempus lumuius ptanialus est; domus fraclurae eiiae;
lenlorium , quod sil leyumenlum animi (inaligni) inimiei ejus;
Blau, die Inschrift von Eryx. 433
„Senectus arguel", dictum fratris mei, scriptum ejus (erat): „e teira quis est rrcondilus?"
Sum legumcntum dominalur? Nonne etiam expulsus? Abibil omnis,
juslus el mendax.
Quis (est) qui in aelernum inimirus Sil? Via qua incedil insidians, sicul omne injucundum , Iranquilla est.
Super te esl ledum el cor aruil tibi. Terror concudil cor tuum
Tabula gentium demon.itral tov Jischlag , filium Ch - — Pulredo
et - -
Desiderat gcns nostra eum, qui surgere facial velamenta. Animus
TOV Jischlag —
Princeps realus (poenarum) inediae el irrisionis benefaciat tibi;
aegre facial — -
Man sielit sclion wie gezwungen und gescliraubt der Sinn oft
ist; aber es bleibt nicbt bei blossen Künsteleien, sondern es
laufen sogar Feliler, sowobl paläograpbiscbe als spracblicbe mit
unter. Was jene anbelangt, so greift er nicbt nur Gesercius öfters
un , wo dieser uicbt im Entferntesten an das gedacht bat, was
ibm Ebrard in den Mund legt '), sondern er erluubt sicb selbst
aucb zu viel Willkür in der Bestimmung einzelner Zeicben , z. B.
des vorletzten Bucbstabens in Z. 3., der gur nichts anderes uls m
sein kunn, und der beiden in Z. 6. dreimal vorkommenden Zeichen, die
ich das erstemal 13, dann n, dann 3i gelesen habe, dreimal als
n, und noch mehr in l'orrecturcn und Ergänzungen, die bis¬
weilen, wie in der Mitte von Z. 7., nicht einmul der Raum ge>-
stuttet. Zu sprucblicben Fehlern rechne icb , abgesehen von
häufiger Unterschiebung unerwicsener Bedeutungen und abgesehen
von mehrfach fulscber Punctutiou der hebräischen Wörter, nament¬
lich solche F'ormen , wie ^b in Puusu für (Z. 2.) und ujnsi
statt lansrji. Doch genug, um zu begründen, duss ich auch
nicbt den geringsten Vortbeil aus diesem Versuche habe ziehen,
nuch nicbt ein Wort davon habe brauchen können.
Ein Mangel aber, der nicht bloss diesem, sondern allen frü-
heren Erklärungsversuchen nacbtlieilig geworden ist, ist der, dass
man sich auf Geseniu.i' Genauigkeit zu sehr verliess und die von
ihm (Tab. 13.) gegebene Copie immer wieder zu Grunde legte,
ohne auf Torremuzza zurückzugeben , und sicb zu überzeugen,
ob Gesenius' Abschrift auch wirklich genau und einer Verbesse¬
rung nicht bedürftig sei. Jetzt zeigt es sich, dass dies nicht
1) Dahin gehötl es , wenn es S. 4. heisst: „Primum enim non perspicio, qua de causa per tolum titulum cam lilleram, quae lin. 1, litt. 20. et '24. et .29.; Iin, 2, litt. 25. cot. occurrit, pro Teih, nun pro Jod habuerit", während Gesenius in seiner Krkliirung wirklich überall das Zeichen für Jod nimmt und auch a. a. (). S, .il. Nr. 26. als solches auflührt, und also Hr. Ebrard sich den Schreibfehler in der tabula litterarum (Tub. 13.), wo dau Teth vorgedruckt ist, leicht selbst hiilte corrigiren können.
III. Bd. 28
•AH *
434 Blau , die Inschrift vou Enjs.
der Fall ist, dass vielmehr die schon «ben erwähnte 2. Ansg-nhc
des Torremuzza'sehen Werkes, die als eine verbesserte doch wohl
einen höheren Grad von Autorität heans|iruchen darf als die frü¬
here, eine wenn aucb in wenigen, doch gerade in den wichtig¬
sten Stellen bcnchtenswerthe Varianten bietende t'opie enthält,
welche icb auf der beigefügten 'l'afel treu und genau wieder¬
gegeben habe. Versuchen wir es nunmehr mit Zugrundelegung
dieser Copie die Insebrift selbst zu erklären.
Das 1. Zeichen der ersten Zeile, welches einem j oder t ähn¬
lich sieht, aber durcb die schiefere Richtung der Querlinic sich
von den in unserer Inschrift Uhlichen Figuren des i und i unter¬
scheidet, ist wie die Anfangsbuchstaben einiger anderen Zeilen,
zumal es im Zusammenbang mit den fulgenden sicheren Zeichen
keinen Sinn giebt, für das Fragment eines anderen Rucbstabcn
■u halten, der rechts vom .Schafte verstümmelt ist. Aebniicb sieht
es auch Gesenius an, hält es aber fälschlich für den Rest eines
n, wozu es nach der häufig vorkommenden Figur dieses Uucb-
staben unmöglich passt. Ich sehe darin den Rest eines p , das
sich ohne Mühe ergänzen lässt. Kin ganz ähnlich Fall lindet sich
ausser Cit. 16, I., wo Gesenius glücklich ilen Namen mpb': erkannt
hat, auf einer von Judas (n. a. 0. I'I. VII.) mitgetheilten trijioli-
tanischen Inschrift, wo im Anfange das ähnliclie Zeichen unbe-
tweifelt für p steht, indem das 1. Wort scbon von Judas (S. 140.)
richtig laj? gelesen ist. Diese Lesung, so wie der Anfang eini¬
ger anderen Grabschriften, Marsal. (Gesen. 'Fab. XIV. und Praef.
S. XI. , wo gewiss dieselbe Insebrift zu verstehen ist) iap,
Carthag, Vlll. (Gesen. Tab. XVIII.) (':y)3n3 iap, Cartbag. XV.
(Judas PI, IX.) aan iap, und der Punormituniscben , welche Ge¬
senius (Praef. S. XI.) erwähnt, ■<mna nap, giebt uuch Aufschluss
über das Wort, das der vorliegenden Abkürzung zu Grunde liegt:
das p bedeutet "iap und der Stein ist, worauf uucb ulles übrige
hinweist, ein Grabstein. Aehnlicbc Abkürzungen sind, wenn auch
nicht so häufig, wie Gesenius (S. 54.) annimmt, an einzelnen
Stellen namentlich der Citiensiscbcn Inscbriften sicher, wie das :
am Schluss von Cit. XL, die ich leichter als Gesenius
a'jinsi) '2 Dt
d, i, Alharmoehramo (cultori Regis Alti) cippus, lese, für a^is;. —
Die drei folgenden Worte hat sclion Gesenius und nach ihm Judas
(S. 192.) richtig gelesen: na bniüb naib. Ks war diese Inschrift
früher das einzige Zeugniss dafür, dass der Titel nat ausser
den Göttinnen nnn (vgl. Cartb. II, 1. III, 1, V, 1. XIV, 1.) und
mniBJ» (Cit. I, 3, vgl. Gesen. Thesaur. S. 1082. ii. Movers Phö¬
nicisehe Texte I. S. 135.) aucb sterblichen Krauen beigelegt wird,
was an und für sich nicht unwahrscheinlich sein kunn, da ai
sowohl von Göttern als Menschen gebraucht wird (vgl, Tripol,
Blau , die Inschrift von Eryx. 433
II, 1. II. 4., und ("artli. XIII, 1. nach der von Rödiger in Hall.
Litt. Zeit. Nov. 1848. .S. 777. mitgetheilten Lesung Gesenius':
isja p banr:} jetzt aber besitzen wir noch eine Grab-
scbrift einer Frau , die ebenfalls nm genannt wird. E« ist die
scbon oben erwähnte tri|iolifaniscbe (Jud. PI. VII.), deren An¬
fang ich, mit Vorbehalt der tieferen liegriindung für eine andere
Gelegenheit, lese:
b Dna rs nanb nap
Nnosn
d. i. sepulrrum dominae loiius populi Garamanlum , Thyalirae (oder
wie man den Namen sonst aussprechen will). — Die vier folgen¬
den Rnchstabcn enthalten den Namen der Begrabenen mit vorauf-
gehcndcr Partikel b. Er ist bn\i; zu lesen. Ueber die Aussprache
wird sicb niclits feststellen lassen. Gesenius vergleicht den Namen
der Stallt .Suthul (Sallnst. Jugurtb. 38.); icb füge den Namen
des pböniciscben Königs .Set Ii los hinzu, den Eustathins zu Odyss.
4, til7. in der Stelle: iivfi di ^o'ißulov avTov (nämlich 0aiit-
f,iov 2idovi'(ov ßuailtu) , ittnot di ^i&Xuv laxÖQTjOuv erwähnt,
und der sicb wie Mudilx; durch bsa na , durch b»3 bniö planta
Baalis erklären liesse. — Der Vater des Mädchens, der in den
nacb na folgenden Buchstaben genannt wird, heisst, wenn man
Gesenius' Correctur des 3. Zeichens iu n anerkennt, 'Hnas, wel¬
ches ich nicht durch longaerus übersetzen , sondern mit Beziehung
nnf den Kabirenriilt der i'liönicier (vgl. Movers Phönicier Bd. I.
5. 671 ff.) und mit Vergleichung der älinlicben Namen bN/n 1 Kön.
16, 34., Iliosius, Eigenname eines Sardiscben Prinzen Liv. 23, 40.
Sil. Dal. 12, 347., d. i. nni2)5 ■'n, und Himilco z= npba -»n, durch
n^n nsä erklären möchte. Vielleicht ist es auch nur phönicisehe
Schreibung des griechischen Namens Kaßlgi^og (Plut. gen. Soerat.
30. Boeckh C. I. Nr. 1584. Z. 31.; vgl. yVeiske Prometheus S. 441.
n. 7.), nacb Analogie v<A Cit. XXIII, 2. wo Uiliig (Heidelb. Jahrb.
1839. S. 840) den griechischen Namen 'Agxviag in NnsnM findet,
was Movers (Ph. Texte 1. S. 83.) billigt. — Unter den folgenden
fünf Zeichen ist am schwierigsten das zweite zu bestimmen.
Gesenius hält es ohne genügenden Grund für 3; Ebrard mit etwas
mehr Wahrscheinlichkeit für n, doch lässt sich dagegen sagen,
dass die Form von allen anderen des n in unserer Inschrift be¬
deutend abweicht. Zugegeben aber, dass das Zeichen einen Buch¬
staben darstellt, der sonst in der Inschrift weiter nicht vorkommt,
80 liegt nichts näher, als an t3 zu denken, das unverkennbar
wäre, wenn der vielleicht bloss durch .Ausgleiten des Meisseis ver¬
längerte rechte Schaft nur bis zum Querbalken reichte. Derglei¬
chen ungenaue Figuren des schwer einzuschneidenden Teth haben
wir mehrere, namentlich in den Citienischen Inschriften z. B. III, 1.
und VHI, 1., wo die von Gesenius für n gelesenen Zeicben von
Movers (a. o. 0. S. 83.) beide richtig für ö erkannt worden sind.
Sonach bekämen wir die Buchstaben n'^^tsa. Ueber ihren Sinn
28 •
43G Ulau, dif Inschrift von Fry.r.
giebt uns aurb liier die Vergleiclinng einiger anderen iibiinicisclicn
insrbriften Aufscliluss. In der Alben. I\. (Jiidun \\.) slehl
an gleicher Stelle wie hier das lieniilleinin n:T2; , gi ieehlscli
^JM1NL4 (vgl. Movers a. a. <). I. S. 82. Ja,las a. a. (). S. 79.).
Kbenso in Nuniid. \'\. {(lesen. Tab. 25.), deren Anfang ich so lese:
E33 ba; ]ay
mi:Nn uis na ny
wobei ich aber niJJM nicht wie Judas (S. 100.) durch Ti/riac über¬
setzen mochte, da et zum Namen gehiirt nnd n der Artikel ist, und
es also näher liegt, an die numidiscbe .Stadl .izura, welche i'lin.
H. N. 5, 4. als oppidum.izurilanunt erwähnt, zu denken. Danach darf
man aucb hier ein (jcntilicinm erwarten, worauf die .Scblusss>Ibe
n'' —■ hindeutet. Dann aber kann n-'IDa gewiss nichts anderes
bedeuten als aus Motj/e. Und nichts passt besser hierher als dies.
Diese .Stadt nämlicb in der Nähe des lil\häisclicn \orgehirges,
etwa eine Meile südwestifcb von Krvx gelegen (vgl. Mnnnerl («eogr,
IX. Abth. 2. S. .382.) war nach 'i'lincydides (6, 2.) und i'ansanias
(Kliac. 1, 25.) eine (/olonie der Phönicier, deren Namen sich anf
einigen phöniciscben .^lünzcn, die lli'si iiius niiltlieilt ('i'ab. 39, .\ll.),
MlUn geschrieben lindet, und es liesse sich so die ..vicinia montis
Krycis", wo nach Gesenius der .Stein gefunden sein soll, noeb
näher dabin bestimmen, dass er nacb .Motye seihst gehörte, ob¬
wohl ich das weder für nöthig halte, indem der nachharlielie Ver¬
kehr heider Städte es vollkommen erklärt, wie eine .Motycnserin
nacb Kryx kommen konnte, nocb aucb für zulässig, da Torre¬
muzza iu der 2. Ausgabe als Kundort nur Kryx nennt.
Soweit geht nacb meiner Ansicht die Ueberschrift des .Steines
und es beginnt nun die KIcgie auf den 'l\td der Suihul. in dem
Reste dieser Zeile bedürfen aber zunächst nuch zwei iiucbstabeu
einer näheren itesprcchnng. Der erste -^ärc eigentlich dasselbe
b, welcbes in dem Namen hmu vorkommt, wenn nicht der dar¬
über stehende Punkt auch seine itcaclitnng verdiente. Naeh Ge¬
senius' Vorgange, der bei Cit. i, 3. auf das letzte n des Namens
nnn*,:;? dasselbe Mittel angewandt hat, wird es erlaubt seiu, in
jenem i'unkte die Spur einer Linie zn erkennen nnd diese wieder
herzustellen. Dann hätten wir ein n. Der näelisle iliiehstahe isl
schon von Gesenius richtig für ein n, nämlich ein von oben nach
unten gekehrtes, erkannt worden, wie denn in unserer Inschrift
öfters verkehrte Stellungen von ituchstahen vorkommen : des N in
Z. 1. 3. 4., des b Z. 3, Uuchst. 4, des a Z. ti, it. 3, des n
Z. 7, B. 6, Beispiele, welche die von Gesenius (S. 59. u. 290.)
aufgeführten vermehren mögen. Auch anf griccbisehcn Inscbrif¬
ten erinnere ich mich vinzelne Kälic gesehen zu balK'a, die man
nicbt sowohl den Abschreibern uls den Steinmetzen .Schuld geben
mnss. Hier wird einiges vielleicht noch durch die Annahme ent¬
schuldigt, dass der, welcbcr dun Stein fertigte, ein au die ent-
Itlnii , liil- liin/iii/t I nn Ei fix. 437
«■•'«■•'"ifcsclzlc SSchrirCriclifiiiiJC gi-wöliiilcr (iricclie oder Hiiiuer wur.
(la iiiaii tii'M .Stein dem .Seliriltcliarakler nacli gewiss nicht in die , „i'oriecliischc Periode Sii'iliens setzen dart". Die übrigen llnch- slalien l><>t schon (juscnius richtig irelcsen, uher falsch uhgelheilt.
Ich theile so:
Nmn •'in
il. i. nz-" xnin '"'^n. Welehes sind nun aher die Itriiji' , welehe
hier i^cmeinl sein können '. Der Fundort des Steines drängl nn-
lihweishar den Gedanken an den ICr«\ auf: und es kommt nur
darauf an , den Namen Nmn uiit dieser Idee zn vcrcinharcn.
|<'h halle Nnin tiir den |iliöiiicischcn Namen der Stadt nnd dos
ISerifCS /'.V//.r, welche am w ahrscheinliehsten zuerst von l'liöniciern
niio'eliaiil wurden, wie schon in der Sage hei Diodor (4, 33.)
anneileiilel liegt, wo ein Sohn des Itntas (vgl. liiozug A|i|i. 8,43.) und der A|ihroilile als (niiiider der ,Slad( geiiaiiiit wird, worauf niicr nanientlieh der Ciill iler Aslarte, deren Heiligtlinm die l'ar-
Ihagcr sognl wie die Kinwoliiicr verehrten (Diod. a. a, <).), hin¬
weist (»gl. Maninil, (ieogr. lld. I.\, 2. S. 383.). .la mir scheint
es sogar nieht nnniöglieh, ilass der griechische Name, der sich
zweimal auch in der Femininalform 'Hfjvy.)- (Ael. hist, anini. 4, 2.)
lindel , ans iliesein |iliöiiiciselieii eiilstaiidcii ist. Dass das n durch S|iiriliis lenis ausgedrüekl wird, ist wie in Vyn^in — \-1\'vl,'liti:
•>'et( öliiilieli , dass es aher auch hisw eilen durch x gegeben w urde, beweisen "rn — Kilixlit, 'J'^n —- l\äi)(iui II. a. VVas die KImho- loi;ie des Namens selbst aiihcirifl't , so mnss man davon ausgehen dass jene 'Frilitleralbildniigeii , welche den 1. Slanimeoiisoiianteii
nach ileiii 2. wiederholen, ihrer .Vlehrzabl nach durch Abkürzung
ans Staiiimfornien hervorgegangen sind, welche die kurze Wnr/.i'l
zweimal lauten lassen '). Wie hiernach I'oXyii'Jii Matth. 27,
ans nb.ira bcrvorgeg-angen ist und der von llfsfniiia ('riics. ,S. 1117.) uiierkliirt gelassene Kigeiiiiaiiie ncOt 1 Chr. 7, 38. auf den Slaiiiiii
SDE znrückdelitet , so cnts|iriiigt inncrhalh des l'hönieiscben das
Nomen |pro|ir. in CiL Vlll, 4. ans p:D I'lilmzirriij (vgl. n:D:D
Name einer Stadt .los. 1."», 31.) und begründet fiir Nmn eine
sichere Analogie. Kct/teres führt daher zunächst anf eine Form
imn. vgl. Prov. 2G, 21. m. Deut 28, 22. Fsr. 2, 51. Neb. 7,53.
und durch sie auf den Stamm mn , dessen (■'rniidbedeuliiiig arsil.
j'criinil in dem Kigennamen ^^n , Incns sulf us(ns, auf Soiinen-
glulli iihertragen ist. Kine ähnliche Uedeiiluiig möchte ich auch
unserem Nmn vindiciren und brauche wohl kaum noch zu be¬
merken, wie gilt diese auf eine auf einem llerge gelegene Stadt
passt. 1'cbcr die Kemiiiiiialeiidiiiig N, die sich iianieiitlich in No-
iiiinibus [tropriis lindet, während die Appellativa meistens ein n
j) S. liunlil Aii-sfiibrl. Lclirl). iKr lubr. .Spr. .S. ■>•<-, liril. tiraiinuiit.
.S. niö. Aiiui.
438 Blau, die Insehrifl ve« Eryx.
atatt des hebr. !i hüben , verweise icb uuf .Movers (u. u. (). I. S. 88.
II. S. 18. 91.) nnd Gesenius (u. u. 0. S. 440.), dessen gesuininelte
Beispiele ich aber um zwei vermindern niuss: Mn:a (Gerliit. 1. s.u.)
und Nasa , das man seit des Due de Luynes vortreifiicbem Werke
(Essai sur la numismatique des Katrapes ct dc la l'lienicie S. 40 f.)
nicbt mebr für den Namen der Stadt Vaya halten wind, hingegen
wenigstens noch um eins, den Namen NTUSn aus Tripol. III, 2.
vermehren will. — sa;; ist das sonst nicbt gebräuchliche Kal von
aai, dessen Piel Jud. 5, 28. von der Webklage der Mutter um
ihren gefallenen Sobn steht. — Der Anfang der Elegie bat etwas
grossartiges : die ganze Natur theilt den Schmerz um den Tod
der Jungfrau; die Berge von Eryx selbst klagen um sie. Man
erinnere sicb, wie der Gedanke einer solchen unmittelbaren Tbeil-
nahme der Natur an den Schicksalen der Menschen aucb der he¬
bräischen Poesie eigenthümlichen Reiz giebt (vgl. Jes. 44, 23.
49, 13, 55, 12, Ps. 96, 11. n. a.).
In der zweilen Zeile schreitet das Gedicht fort zur Schilde¬
rung der Trauer, die in der Familie der Verstorbenen herrscht.
Ich stimme im Ganzen der Lesung dieser Zeile, wie sie Gesenius
vorgeschlagen hat :
tuaai» na naaa nsa ■^ntn b^ai tj'a^j: ran
d. i. 'aj7js"')3t .. na.. nsaa— 1 n:a • "«nN- buiai Oiraa ban,- lauier Sailen-
spiel und Gesang und Klagelöne von Harfen in der Vcr.sammlung des
Hauses Mecamosch, bei und beschränke mich, ohne die von ibm
selbst gegebenen Begründungen des Einzelnen zu wiederholen,
hier nur auf Vertheidigung einiger Punkte , die man angegriffen
hat, oder angreifen könnte. Zunächst hat Ebrard Anstoss ge¬
nommen an der Bestimmung des 6. und 7. Buchstabens der Zeile,
als 173 , und es lässt sich nicht längncii , dass dus erstere Zeichen
wie es dusteht, kein 73 sein kunn (freilich ebensowenig geben
beide zusammen ein phönicischcs n) , über, du es einmal den pa¬
läograpbischen Gesetzen der pböniciscben Sprache sich in keiner
Weise anpassen lässt — die ähnliche Figur in Curtb. XI, 4. lässt
sich nicbt vergleichen — , so hat man die Restauration eines 73
als eine kühne, durcb den Zusammenhang geforderte Conjectur
anzusehen und sicb dabei zu begnügen. Dagegen findet der Vor¬
wurf, dass der nun folgende Buchstab kein t sein könne, seine
vollkommene Erledigung durch die zweite Copie, wo das i ganz
deutlich ist, indem der entstellende Haken um unteren Ende fehlt.
— Der Unterschied zwiscben 3 nnd 3, den £&rord angreift, lässt
sich, obwohl die Figuren in der Insebrift, vou denen im Allge¬
meinen scbon Torremuzza sagt: ,,Characterum plures mule fuerunt
delineuti et expressi" oft sebr ähnlich sind, fast durchgreifend
so feststellen, dass der Schaft des 3 mehr gerade, der des 3
mehr gebogen ist, wie im numidischen Schriftcbarakter. — Um
die Femininalform nia für tJ^Sö zu rechtfertigen, erinnere ich an
Blau , die Inschrift von Eryx. 439
(las, Tvas Gesenius (u. a. 0. S. 44(1.) sagt: „nonnulla nomiua apud
l'liocnices forniaia fcmiiiinain Labcnt, ubi baec apud Hebraeos non
usitata est, v. c. na? ct cuutr. nj» i. q. Oy, populus ; n»N et
insula i. q- ; Oca N^y ruina; Iratb rfy urüs , n. pr." Zu
diesen iteispielcn, die vielleicbt nocb einer Sicbfung bedürfen, füge
icb folgende liinzu: r-iy Haut, bebr. niy , Massil. 4. 6, 8. 10.;
p;D bebr. ^nz^ .Vlussil. 13. (vgl. Movers zu den .Stellen); dognüS-
Blall, bebr. (Gesen. a. a. 0. S. 390.), vielleicbt aucb lAßü^,
bebr. 3N , Vater (Gesen. S. 384.); genug um die Alöglicbkeit einer
sulcben Anomalie zu sicbero. — Der Name des Gottes 55723 war
nicbt u;i723 zu punktireu, sondern nach den biblischen Texten
'j;i733. L'eber die Bedeutung desselben als eines Meergottes vgl.
Hilzig in den ileidelb. Jahrb. 1839., S. 853.; womit sich vielleicbt
in Verbindung bringen liesse, dass bei Apollodor (2, 5, 10 f.)
Poseidon als Vater des Eryx genannt wird.
im Folgenden kommt der Grund der Trauer. Die dritte Zeil«
lese icb su :
•CN "^^riTfD nb p nnan3 nabb nb»a Nin-" bn ny
Nach dem leicht aber nothwendig corrigirten rjy nur, welche«
ganz nach deu Gesetzen phönicischcr Orthographie ohne n, wie
Ps. 74, 6. Ivz. 23. 43., geschrieben ist, folgt zunäcbt ein n, dann
ein Buchstab, der, wie er in Gesenius Exemplar dasteht, allen
paläugraphischen Kegeln trotzt, in der von mir mitgetheilten Copie
indessen nicht so rätbselbaft aussieht. Da ist nämlicb die untere
Rundung durch einen so schwachen Zug angegeben, dass man
stark in Versuchung kommt zu glauben , es habe diese Linie nicht
eigentlich zum Buchstaben gehört. Lassen wir sie also unberück¬
sichtigt. Dann aber ist das Zeicben für nichts anderes als ein
in derselben Weise, wie das M u. a. auf unserer Inschrift um¬
gekehrtes b zu halten und wir bekommen so ein bn, d. i,
n, vgl. Deut. 32, 6. Von der doppelten Bedeutung dieser Partikel
ist die überwiegende die des latein. tium? auf welches man ein
Sein erwartet, eine Bedeutung, für welche namentlich 2 Sam.
7, 5. vtfl. m. 1 Chron. 17, 4. lehrreich ist. In diesem negirenden
Sinne stebt sie aucb hier ganz passend '). — Die nächst bn fol¬
genden Buchstaben in'< sind sicher; das dicht über dem i stehende
Zeichen , welches man nicbt übersehen darf, scheint von einem
mit dem i verschlungenen n herzurühren, wie ja dergleichen Li¬
gaturen öfters vorkommen (vgl. Gesen. a. a. O. S. 52 f.). Ich
wenigstens sehe keine andere Möglichkeit, dasselbe cu erklären;
1) Vielleicht dUrftc eine frühere Idee vnn mir der ICrwiihnung werth sein, nach welcher ieh geradezu Nin -"b nny theiltc und 'b mit Vergicicbunj der zweilen Sylbe der Partikeln "'blN und 'bib für eine Nebenform der Ne¬
gation hielt. Ich hin davon zurückgekommen und ziehr die obige Erklärung eniscbicden \ar.
440 Blau, die Inschrift von Eryx.
denh Ebrard's Ansicht, dass es wie in Curtli. VIII, 1. Gesen.
S. 179.) ein diacritisches Zeichen sei, um auf die Aussprache des
buja aufmerksam zu raachen, fällt schon darum iu sich zusammen,
weil es gar nicht über dem Worte blta steht. Die Form Kirr
aber ist für die phönicisehe! Grammatik von Wichtigkeit. Sic
entspricht dem hehr. nTl' mit Vertauschung des wnrzclhaftcn in
1, und des rr am Knde in N. Und dies ist die allein echt phö.
nicische Schreihung des .Stammes, Zwar haben frühere Krklärer
phönicischer Texte die Form mit angenommen , wie Gesenius,
der in der Inschrift von Thugga (Z. 5.) in^i el erat las, und
Jlfo«eis, der (a. a. 0. I. S. 76.) die plautinische Form ihy •^n^
achreibt: aber jene Stelle ist sicher falscb gelesen *), und iu der
pinutinischen Stelle spricht der dumpfe Vocal Y und nocb mehr
das V des recipirten Textes eher für die Annahme eines wurzel¬
haften 1 als gegen dieselbe. Dieses i wird ferner noch gesichert
1) durcb die archaistischen Formen des A. T. nin Genes. 27, 29.,
i-in Jes. 16, 4., und die Substantiva nin und nih; 2) durcb die
Form des Verbi in den aramäischen Dialecten , welche immer i
haben; wohin aucb gehört n^n Neb. 6, 6. Kcclcs. 2, 22.; 3) durch
den schon im A. T. bisweilen, im Pböniciscben aber immer mit i
geschriebenen verwandten Stamm Nin leben, für welcben Belege
sind die Formen avo , hau , hauon in Plautus Poenulus ( vgl.
Movers a. a. 0. I. S. 108. 109.) und die Nnmidiscben Inschriften,
wie Nr. VII, Z. 2, {Gesen. Tab. 26.):
V3129^ ncy rwsm etis
vixil annos decern et quinque (vgl. VI, 5. XV, 3. XIV, 2. .Wll, 2,
XVIII, 3.), wo überall dies Verbum nur mit dem Wechsel von n
und s, wie in 113735 = man, von Judas richtig gelesen ist. —
Die eben angezogenen Stellen liefern zugleich den Beweis für
die zweite Behauptung, die wir an die fragliche Form Min knü¬
pfen, dass nämlicb diu Verba nb im Phönicischen als Kndbuch-
staben sämmtlich ein N haben. Ich bemerke darüber noch Fol¬
gendes : Die von Gesenius (a. a. 0. S. 439.) angeführten Beispiele
aus pböniciscben Inschriften beweisen ulle nichts für die Schrei¬
bung des letzten Stummbuchstabens und beruhen uusserdem auf
unsicherer Lesung. Das "<n''i (Tliugg. 5,) ist schon oben bespro¬
chen ; auch das las = rtOS (Num. VI, 5. VII, 2.) nacb dem obigen
beseitigt, und das Part. l*iel yna^nSIM aus Garbit. 2. ist bei
genauer Betrachtung des .Steines ebenso unhaltbar, leb setze den
Anfang dieser Insebrift, wie ich sie lese, um so lieber her, als
1) Deutlich ist im phünicischcn Texte nach Uonegyer's Ciipie 'IT (vgl.
Movers a. a. 0. I. S. 110.), aher dass der volle Name ^TTK (vgl. l^lonak Appian. 8, 70.) war, scheini aus der libyschen Beischrift hervorzugehen, in¬
dem der vorau.sgehende Punkt überall in diesem Texte ein N \erlrill, das im phönicisehcn Te.\te durch die Lücke mil vertilgt ist.
Blau , (He Insehrifl von Eryx. 441
wir iu ilir eiu Ueispiel lür die Schreibung- der \'erba nb mit M
finden :
S3N £<:p n-.nt ('j-a byai-iNb
Locum qnielis fundavil Alia (vgl. Cit. \, 2.) Arubali (vgl. 'Agißag
Odvss. 15, 426.) Ulminyilano. Hier ist das \ crhum N:p , hehr.
HIN so sicherer, als wir auf der grossen massilischcn In¬
schrift ( Z. 14.) das bekannte Dcrivatuni dieses Stammes n3p73
ebenfalls in der Form N:pa linden (vgl, Movers a. a. 0. II, S. Uli).
Ferner bat Luynes in Cit, I, 1, ein N2-1 = 52") von n2t, und
Z. 3. ein Nby^nbs^ v"" !^b? entdeckt (a. a. 0. S. 113. u. 117.).
Endlich finden sich nocb in unserer Inschrift (s. S.445.) zwei Zeug¬
nisse dafür: ein Fiel N^il Z.6. und ein Hijibil Nllin Z. 7,; Beispiele
genug, um uns zu dem .Schlüsse zu berechtigen, dass es im
l'höriicischcu so wenig wie in den aramäischen Dialecten ein
Vcrhum nb gab. Sonacb ist die Form Nin vollkommen sicher,
und ich füge nur noch hinzu , dass sich das Verbum ganz ebenso
geschrieben aucb an zwei Stellen des A. 'F. findet: Nin Hiob
37, 6. uud Nini Kcclcs. 11, 3. — nbirn hehr, nr^ira vgl', Hiob
41, 25., beisst ihres tileiehen. — Das nächste mir lange zweifel¬
hafte Wort lese ich n;3"rb, d. b. ihrem Volhe. Die Auslassung
des im hehr, BN? wurzelhaflcn N kann nicht auffallen, wenn man
an die Analogien nicht nur im Phönicischen (i-^a für '"INa Cartb,
^Jll, 2,; Naa für N3N3 Cit. \MII, 2.; Db"» = ObN' Mässil. 8.
und ohen n'ica =n">Nia7j) , sondern auch des hebräischen Schrift-
gebrauches erinnert, wo sich viele Beispiele finden. — Bis hierher
gebt das erste Glied des Verses, das also zusammen übersetzt
werden dürfte: Isl nun teohl ihres Gleichen ihrem Vollce? Es hebt
sodann das Lob der Jungfrau an, in dem namentlich die Fülle
schöngcwäblter Bilder an die erotische Poesie der Araber erinnert.
Der Rest der Zeile heisst:
ffiN "jinnD .nb p nnan:
d. i. \25n rjmns nb 72 nnanj, ihre Ilerrlichheil tear ihr gleiehieie
ein Slrom Feuei's. Paläogmiifiiscbe Schwierigkeiten sind in die¬
sem .Stücke weiter nicbt, als in dem dritten Zeichen, das icb für
ein auseinandergerissenes 3 halte. — '^'?^n3 bier mit defectiver
Schreibung und angebängtem Suff. 3. feminin, kommt im Hebräi¬
schen einmal (Hiob 30, 15.) als Substantivum vor, vgl. Cant. 7, 2,
, - •
— Ueber das Verbum p (arab. , syr, ^D) vergleiche man
Movers (a. a. 0. II. S, 97,), dessen Gründen für die Kxistenz
desselben im Phöniciscben ich vollkommen beistimme (namentlich
in Bezug auf die Stelle Plaut, Poen. V, 1, 6., wo Münk und Ge¬
senius das ehon gewiss richtiger fassen als Movers I, S. 86., mit
dessen übriger Erklärung sicb diese ganz wobl vcreiuigeu lässt),
ausser dem ciucn , duss „dus eutspreclieudc n^n in phuuicischeu
442 Blau, die Inschrift von Eryjt,.
Inschriften hisher noch nicht vorgefunden sei" (vgl. oben). In¬
dessen lässt sich aucb so nichts dagegen sagen, da beide Verba
recht wohl neben einander besteben konnten. Dem Einwurf, dass
man hier eigentlich das Femininum erwarten sollte, begegne ich
nicht sowobl durch Verweisung auf die Stelle der massiliscben
Insebrift, denn da stebt zu Anfang eines Satzes, vor einem Femi¬
ninum das Verbum im Masculinum, als vielmebr durch die Bemer¬
kung Gesenius' (a.Ja. 0. S. 216.): „Pboenices in sexu femineo in
praedicatis ponendo admodum parcos fuisse." Freilich ist der dort
besprochene Fall aus Tripol. I. aucb der einzige mir bekannte,
indem die beiden anderen Cit. II, 2. XXIII, 2. ■) auf falscher
Lesung beruhen, aber er ist sicher. — Der Dativ ab steht wie
so häuCg fast pleonastiscb (vgl. Gesen. zu Z. 4. ^b). — Die
Worte ü:tt linMD sind deutlicb und heissen : wie ein Strom Feuers.
Die scriptio plena, die bei dem fraglichen Worte auch Ez. 22, 22.
im stat. construct. t)D3 T]irn3 stebt, haben wir in unserer In¬
schrift öfters bemerkt j sowohl' in Gesenius' Lesung ( t3'32J: Z. 2.
und pTiK Z. 4.) als in der eigenen (r'ltsö Z. 1.) neben der de-
1) Es sei mir erluubt, über beide Inschriften bei dieser Gelegenheit noch eia Wort zu sagen.' In der unzählig oft behandelten Cit. II. waren die beiden schwierigsten Puncte iminer der Anfang der zweiten Zeile Öb und weiterbin nM3t3'»." Movers Ph. Texte I. S. 105. schlügt für jenes die Verbindung öb nasa mit Ausstossung des 3> von fib? nceernum (vgl. ebend. S. 81.
104. 105.) vori und ntX30-< hält er (I. S. 83.) für 1. Sing. Perf. Hiph. von dem in mehreren Inschriften nachgewiesenen M3C3 posuit. Ist nun dies das Veri>am des Satzes, so kann nicht, wie Gesenius wollte, das 'DIO in Z. 3.
als solches gelten, und so komme ich auf eine Erklärung zurück, die schon hortbach (Jen. Litt. Zeit. 1813. Nr. 221.) in ähnlicher Weise vorgeschlagen bat, indem er T.ffiNba verband und überseUle : wie auch meiner Gatlin, nur dass ich statt des S lieber T lese , da sich dieses durch den dickeren Schafl, gerade wie in der massiliscben Inschrift, deutlich von jenem unter¬
scheidet. Im ganzen also so:
nasa in p tjoisiaj» p iDNnas ^35«
Nbi tjbfb Tna aaca b» nttaö» "na ob
Tbaia» p DNn na niniDsnaitb "»niu
d. i. Jägo Abdosir, filius Aldsusim, filius Chor monunientum aeternum in vila mea posui super cubili requiei meae aelernae el uxoris meae, Amnthasch- toreth, filiae Thom, filii Abdmelech. Man denke dabei vielleicht an Erbbe¬
gräbnisse. Das Lamed vor TlBN sieht nach Gesen. Gramm. §. 112, 2. a.
Cit, XXIII. ist von Movers (I, S. 83.) sehr ingeniös corrigirl worden:
n:ü-' \bn D"ina nasa
Nna-iNb 'aNb lONna?
aoer er nDersetzt falsch das b durch filius; denn dann verlKre der Sleia ganz seinen Zweck, als Grahschrift, wenn nicht einmal der Name dessen, dem der Stein gesetzt ist, erwähnt wäre. Deshalb halte ich mit Gesenius
'a« für Appellativum meinem Vater, und um die Ensilage der Person zu
venaeidoo, »chlage ich vor D«3B^ zo lesen.
Blau, die Insehrifl von Eryx. 443
fectiven in ähnlichen Fällen. Schon dies Schwanken dürfte auf
eiuen ziemlich jungen Ursprung der Inschrift hindeuten, wenn
sich auch nicht läugnen lässt, dass hisweilen schon in der älte¬
sten Zeit die quiescirenden Buchstuben geschrieben worden sind,
^ie z. B. auf den Münzen des Königs Knylos von Byblos, der
um 332. V. Chr. lebte, welche die interessante Legende bt»:'?
^33 Iba bieten (vgl. Luynes a. a. 0. S. 9L), das Jod. — Bei
dem Bilde vom Feuerstrom liegt es übrigens hier sehr nahe, an
das prächtig schöne Natnrscbuuspiel eines Lavaergusses aus dem
Krater des Aetna zu denken.
Hieran schliesst sich nur im besten Einklag die t^ierle Zeile,
wie sie Gesenius gelesen bat:
3b»V V 3b3.. I I ¥ n=>toI -.. T rpTiNi-. -: 3D3N. - tbi T Fib» ibwrmV ■--- -
Undeutlich und unsicher ist höchstens das N in 333N. Man könnte
das Zeichen ebenso gut zu einem p ergänzen und statt 13' in
gleich passendem Sinne pi3' lesen; doch scheint mir Gesenius'.
V'orschlag wegen der Symmetrie des Artikels in der zweiten Vers¬
hälfte nocb vorzuziehen. — Wem, wie mir indessen nicht, der
Ausdruck 3bts 3b etwas zu gesucht erscheint, würde paläographisch
ebenso richtig vielleicbt 3b\l! 33 (vgl. die Namen a: und n'fSs
im A. T.) d. i. Hügel von Schnee lesen können. Eine treffende
Parallele dazu ist in Jones poems chiefly consisting of translations
S. 19.; Wer bosom fairer lhan a hill of snow. — Die comparative
Bedeutung des 3, welche Gesenius in den Worten 3bp 3ba an¬
wendet, ist wenigstens etwas anders aufzufassen, als dies vob
ihm in der Grammatik und dem Lexicon geschehen ist. Die
eigentliche Comparationspartikei fehlt nämlicb , wie das 3 so
häufig, und das a ist das von den Grammatikern sogenannte ISeth
essentiae. In derselben Weise gesetzt finden wir es im Anfang
der fünften Zeile, wo es beisst:
Tbtüa p3b nn V:3
d. i. mit hebräischer Punctation: ?t\v53 ^333!; mi V33 , wörtlich:
als (wie) eine Blume des H'indes (ist) unser Herl um deinetwillen.
— yD ist im Phöniciscben die häufigere Form , während sie im
Hebräischen nur Genes. 40, 10. zweifelhaft (s. Tuch z. St. S. 513.)
vorkommt. Wir haben sie sicher in den Eigennamen yan (vgl.
griech. 2ri(parog) Athen. II, 2. und ns'NS: (vgl. griech. Ohav&tj
D. pr. fem. Demosth. 43, 26.) Cit. III, 2. — tili V3 Blume des
Windes kann etweder eine vom Winde (wobei man an den der
Vegetation so schädlichen Sirocco Siciliens denken mag) geknickte
und verwelkte, verdorrte Blume bedeuten, wie dies Bild auch in
der hebräischen Poesie zur Bezeichnung der Trauer vorkommt
(vgl. die Stämme b3N und b33 und Jes. 40, 8. Ez. 17, 10. 19,
12.), oder nn yj ist speciell die Anemone (von avtfios vgl.
Meleag. praef. Anthol. v. 46.: nv/ftoi; uvd^ia <pv6(itva), deren
444 Ulau , die lusvhriH von Erijs.
ufricaiiisclicn von Dinscor. 2, 207. auf bcwalii ton Nanieu \oi'(ffoi<;
Gesenius (a. a. 0. S. 39.1.) IHN pro >w'D3 frater eenii- er¬
klärt, und deren Verglclcliung desliall) um so passender wäre, als
uach einer phönicischen Sage die Anemone, die viclicirht auch
mit Bezug darauf von Rnliiins (Kpigr. Ih.) hcsondcrs voinitj ge¬
nannt wird, aus Thräncn , aus den 'IMiränen , die Aphrodite um
den Adonis vergoss , entstanden war, wie Bion (1, HB II.) erzählt.
— 132b ist dcfectiv gcschriehen, wie ]b»3 Curth. I. II. |||. |v. \.
XIV. und Melit. I, 1. Gleich am Knde unserer Zeile hekom-
men wir pb für 133b; dagegen weiter unten (Z. 7.) ein Beispiel,
wo das 1 am Ende geschrieben ist. HX'^'^ späteren
Uebraismus eigenthümlicbe Präposition buia mit Sulf. 2. fem.,
welche dem Phöniciscben grade in dieser Komi um so mehr vin-
dicirt werden darf, als das Relativum nicht -ivjN , sondern uj ist,
und aucb die Partikel blö wenigstens in den numidischen Inschrif¬
ten (VI, 1. VII, 1. XV, 1.) vorkommt. - Mit diesem ersten Gliede
nun, dus den bildlichen Ausdruck enthält, scheint die zweite \ ers-
bälfte in eigentlicher Sprache parallel zn laufen. Ich schliesse
dies trotz der üuvollständigkeit der Zeile aus deu lesbaren Worteu:
... pb n:p Taa
d. i. 533b r'l3"'P — ni3"']5 -isa ist ganz ähnlich gesagt, wie
oben Zi 2.: n3a TIN und wie die Griechen sagen yöovg öaxgviiv
(.Sopb. Ajax 579.). — Am Knde der Zeile wäre etwa zu ergänzen
13103 (vgl. 3b-''1.2lC3 Ps. 94, 19. Jes. 61, 1.) oder etwas ähn¬
liches, das den Gedanken, von der L'laije der Traueraesiinae isl
unser Herz gebrochen, ausfüllte.
In der sechslen Zeile wird die .Schilderung der Trauer nocb
weiter ausgeführt:
bai Nin nab na"» i« •^■a oanb
mit Punctation: bai i»3 Nini nab nui^ 133 in Dianb. I»er
Sinn des Ganzen ist leicbt zu fassen, aher tlie einzelencn Worte
bedürfen noch einiger Kriäuternng. — Heber die Unikebrung des
Betb in Dan (vgl. an lluscu Hioh 31, 33.) s. o. —- .Schon wieder
stösst uns eine arcbaistiscbe Korin anf in dem Singular 173 Wasser,
der im Hebräischen nur noch in dem Kigennamen ""UinN (1 l'liron.
4, 2.) erhalten ist. Zwar lindet sich in den bisher' bekannten
phöniciscben Texten gi'cadc diese Singularform nichl , wenn mau
uicbt das ^73 in Z. 2. unserer Inschrift luid me in einigen Städle-
namen (vgl. Geseu. S. 427, a.) für den Stat. constr. singnl. ballen
will, du wenigstens der Plural D";73 ehcns<i wenig vorkommt: aber
bier weist sowohl der Zusammenhang ( bvo in der lledeutung
Thrünen s. Jerem. 8, 23. 9, 17. Thren. 1, 16.j der Gedanken als
der Worte, da ein Stat. constr. durchaus nicht anzubringen ist,
dringend auf jenen .Singular bin. Das Verhnui nj3 , dessen
Nipbal wir bier wie 2 Sam. 14, 14. Tbreu, 3, 49. uud soust hüben.
Blau, die Inschrift von Eryx. 445
ist in seinen Derivatis auch anderweit schon als phönicisch be¬
kannt ans den Kigennamen: Meneggere = tf^ii , Naraggara
=: ttIäN irtJ, Auzegere, Segtre (vgl. Gesen. k. 418.). — niC^
Imperfect. Hujtlial von n'ir ( Kxod. 21, 30.) ist deshalb fiir die
semitische .Sprachforschung interessant, weil es einen neuen Beleg
für die enge Verwandtschaft des Pböniciscben uud Hebräischen
gicb(: CS bat nämlicb von den verwandten Dialecten kein einziger
das Verbum n^ui, nur der phönicisehe und zwar, wie es scheint,
irar nicht selten. Gesenius fand es an drei Stellen: Cit. II, 3.
erste Pers. Perf. Ti'd ; Numid. VI , 3. dritte Pers. Imperf. niB"» ;
Cartbag. XI, 6. Part. Hoph. nz'Q ' ). Judas las es in Numid.
X\ II, 5.; Movers Älassil. 17. 20., wozu ich noch eine Stelle aus
Cit. XV. fiige, deren Schluss beisst:
-N niö
-ia ^03 Ti
bt
l'o.iuil Arec (i. e. longus) fusor ferri (vgl. bttattj Ö303n Thugg.
7.). Die Bedeutung des V'erbums ist in unserer Stelle ähnlich,
wie scbon im Hebräischen , wo r'*U} nach Umständen bisweilen
auch sc/ȟt(cn, giessen beisst (s. Gesen. lex. manual. S. 917. 2, f.).
Uass das Relativum vor nab n'ä'' auggelassen ist, wonach der
ganze Satz zu übersetzen: zum Busen strümeti Thrünen, welche
vergossen werden für die Jung/rau , macht gar keine Schwierigkeit.
Kiuen Kall, wo auch im Phönicischen dies geschehen ist, führe
icb nach Movers' Lesung (a. a. 0. I , S. 82.), „deren Richtigkeit
er verbürgen zu können glaubt" (?), aus Athen. IV, 3. an: D3^^
ba"i3 DbN „sacerdotum, quorum Dens Nergnl". — NU ist Piel
m'it causativer Bedeutung wie Ps. 65, 11. Jes. 16, 9. von dem
nacb S. 441. mit N geschriebenen Stamme Nil (bebr. !Til), des¬
sen Derivat Nil = ^11, ^*1 ^) in der Bedeutung ite^en'aus Cit.
XXII, die ich mit geringer Veränderung lese :
1) Doch h.abcn von diesen die Itc und 3te ihre Erledigung schon im Laufe dieser Abhandlung gefunden und Carth. XI., auch noch in Thesaur.
S. 1082. von Gesenius, obwohl anders, doch falsch gelesen, muss man an¬
ders erklären. Movers hat iu der Eneykl. von E. u. Gr. , Art. Phönicien S. 429. zuerst richtig in dieser Inschrift (Z. 5.) u. ausserdem in Melit. II, 2.
u. Cit. I, 1. das Wort ni^ Monat erkannt. Diesem folgt in allen dreien wahrscheinlich ein Monatsname, der in Cit. I, 1. NaiJ3 , Melit, II, 3. und
Carth XI, 5. ÖNB1Ö geschrieben wird. Nun erwartet man nach der Be¬
stimmung des Monats die des Jahres, die ganz deutlich Cit. I. folgt, wo sie mit n31ü3 im Jahre anfängt. Danach bat man auch Dffla (Melit.) zu erklären, wozu ich nur an den Gebrauch des T'iü f. 11311; auf den Münzen von .Mara¬
thus erinnere. So bleibt denn auch Für unser: niniüSSja b3'a3lN rtt)
keine andere Deutung übrig, als: des Jahres Adonibaal's und Magenuslartus, welche wohl die Sulfeten des Jahres waren.
2) Dass selbst die sogenannten Scgolalformcn , die von solchen Stämmen abgeleitet siud, das N behalten, beweisen Beispiele wie NIJ (Mass. Z, 9,
•l 9
446 Blau, die Intchrift von Eryx, 3515
13 1ÜS3«J Nil in»
und in der Bedeutung' Bach durch den Namen des in Numidien
und Spanien voricommenden Flusses Rubricalus (vgl. Gesen. a. a. O,
S. 148.) constatirt ist, wogegen das Bl = irrigation in der latei¬
nischen .Steinschrift hei Judas (a. a. 0. S. 154.) sehr prohlematisch
sein dürfte, — uia (Hiob 7, 5. uJij , ui-a ) Scholle darf dem Phö¬
nicischen um so eher vindicirt werden, als es im talmudiscben
Sprachgebrauch, dem das Phönicisehe oft sehr nahe steht, ebenso
vorkommt (s, Gesenius Thesaur, S. 276.). — Ob das fulgende ba
die Negation ist, welche wir aucb Mass. 15. baben (vgl. Movers
H, S. 16 f.) , oder 3. Praet. des mit Nil synonymen bba , wovon
phön. billis (s. Gesen. S. 387. b.), Part. pass, bba Massil. 14. und
bba Nom. propr. Thugg. 7., wage icb nicbt zu entscheiden, da
die Zeile unvollständig ist. Was aber auch in der Lücke ge¬
standen baben mag, es schloss die .Schilderung der Trauer und
es knüpft sich an sie zum Schluss ein Gebet an die Gottheit.
Mit der siebenten Zeile beginnt dies Gebet:
bnuj na na TbN Dpa isniia Nmn
Die Ligatur der beiden ersten Buchstaben, welche gerade in der
zweiten Copie vollkommen deutlicb ist, bat zuerst ll'urm in der
S, 432. genannten Recension entdeckt. Nmn ist 3. fem. imperf.
Hipbil von dem Stamme Nm3) der nacb S, 441. im Hebräischen
fWi, einmal (Jerem, 23, 39.) aber aucb ttviz geschrieben wird und
vergessen bedeutet, im Hipbil also (wie Hiob 11, 6. 39, 17.) ver¬
gessen machen. — Das folgende Wort las icb zuerst irbfa, aber
in Erwägung dessen , dass in Eryx nicht leicht ein anderer Göt¬
tername das die Schutzgottbeit bezeichnende Suffixum bekommen
würde,'als der der Astarte, zog ich I3nya vor uud glaube auch
diese Schreibung rechtfertigen zu können. Dass das b in b^a
öfters nicht blos in der Aussprache, sondern uuch in der .Schrift
ausfiel, steht fest. Ich erinnere an 3>aN = bsaN (Cit. V, 2,
Gerbit. 1.) und an nipba^a = nipbabra (Cartbag. XV.). Dazu
kommt, dass eben unser in Frage stehendes Wort als Name der
Astarte mit ausgeworfenem b vorkommt, nämlich in der Glosse
bei Hesychius Baiwtii 'Afgodirrj nagu ^vgaxovaloig , was ge¬
wiss nichts anderes ist, als die sicilische Ausspruche von Tibya,
das wir als Namen der Astarte aucb sonst kennen, leb reebne
dahin ausser der schon von Gesenius (S, 402.) mitgetheilten Stelle
aus Hesychius: Bi^Xt'^s rj"Hgu ^'Aqtgoiizri namentlich die Nacb-
Movers II. S. 49.) ="''1J Böckchen, M1D (.Mas.s. Z. 11.: \ii NID, Gar- tenfrüchte, wozu das folgende ys, Blume; C)SUJ = ^'tit© bei Buxtorf Lex.
talm. fructus nnscentes ex olea insertn mnlo pmico; nTM vielleicht ver¬
wandt mit dem chald. fth, gcrmen, gramen, segcs primum crescens gul
passl) =^"10 FrucAt.
Blau, die Insehrifl von Eryx. 447
rieht des Joann. Lydus (de mens. §. 24.): BXarra ovofia l4tf(jo-
SiTTii loü xatu Tovg Ooivtxag, der nnr darin irrt, dass er die
Etymologie in dem lat. hlalla = Purpur sucht (vgl. Lenz, d. Göttin
V. Paphos S. 23.). Damit stimmt vollkommen iiberein, dass bier io
Ervx , wo der Dienst der Aphrodite der bekannteste ist, dir Göttin
I3n53 Unsere Herrin (vgl. Notre Dame) genannt wird. — Im
Folgenden kommt es hauptsächlich auf die richtige Bestimmung
des 13ten Zeichens an , das icb für ein T halte. Dasselbe findet
sich in der letzten Zeile noch zweimal, worunter einmal (Buchst. 9)
in mebr eckiger Gestalt. Aus der alten Figur dieses Bucbstabens
(vgl. Gesen. S. 27.) lässt sich zunächst diese eckige, dann aber
die beiden runden sebr wobl ableiten, zumal wenn man das Stre¬
ben des ganzen Schriftcbarakters nacb abgerundeten und ge¬
schwungenen Figuren nicht verkennt. — Dann ist aber aucb keine
Schwierigkeit mebr in der Zeile. In T^M entspricht das M, wie
so oft und namentlich im Artikel dem n der hebräischen Sprache,
die uns bier das vom Zusammenhang geforderte Demonstrativ¬
pronomen tbn bietet, welcbes sowobl Masculinum als Femininum
(2 Kön. 4, 25.) und hier vielleicht deshalb für letzteres zu halten
ist, weil wir Dpa Ort als phönicisches Femininum aus Plaut. Poen.
5, 1, 1. macom sylh = nNT Dpa und v. 9. hi mucop (nach Movers'
Correctur für pi mucop s. 1, S. 98.) = Dpa N'^.Tt kennen, und
kein Beweis vorliegt, dass es als .Masculinum gebraucht worden
wäre; denn der Stadtname Macomades kann wegen der Verschie¬
denheit der Schreibung {Macomada , Macodama) nichts dafür be¬
weisen. — Tbw Dpa ist der erste Accusativ, der von ttvn ab¬
hängt, der zweite ist bnU) na na den Tod der Maid Suthul.
Damit bricht die Zeile ab und so fehlt leider der Schlüssel
zum vollkommenen Verständniss der achten Zeile, die nach dem,
wie ich ihren zweiten Tbeil lesen muss, zu urtheilen, von allen
allein nicbt mit einem neuen Satze anhebt, sondern eng mit dem
Vorangegangenen verbunden ist. Vom sechsten Zeicben an lese
ich nämlich :
^bsb Db» ntaai
d. i. ^bab Dbiti nnai, wörtlich: verleihend Frieden dir ganz.
Schwierigkeiten dabei macht nur für den ersten Augenblick das
nTa73, welches ich für Femin Part. Piel von nta Wohlthaten ver¬
leihen (Ps. 71, 6. von Gott gebraucbt) halte. Hebräisch würde
die Form fiTja lauten , über die Feminalendung n vergl. Gesen.
S. 439. Movers H , S. 92. — Die ganze Phrase entspricht dem
einfachen Db» auf dem Stein von Carpentras (Gesen. S. 231.) und
Dbs» (nach Movers I, S. 104. für mb») Cit. XXXIII, 6., wozu
icb noch vergleiche den Schluss der letzten der melitensischen,
welche Torremuzza S. 320. Nr. XIH. edirt, Gesenius Praef. S, X.
Not. 12. wenigstens erwähnt hat, welcher sich deutlich lesen lässt
Dp^ Dbi^, d. i. salvus dormiat. — Ueber die Ausfüllung der Lücke
448 Blau, die Inschrift von Eryx.
nin Ende wage ich keine Entsclicidung. Möglich dass die Elegie
nuch den eben erklärten Worten schloss und nun hinten dran der
Name des Steinmetzen stand , welchem das Verbum ti» sculpsit
voraufging. Möglich auch, dass das (Jedicht und zunächst der
in der letzten Zeile ausgcs|iroclienc Wunsch mit einem Dri» oder
nsi dV» endigte. Jedenfalls aber gieht der Schluss dieser Zeile
durcb die Satzconstruction einigen Aufschluss für den Anfang
derselben. — Dieser lässt sicb mit Hülfe einer Conjectur:
ptn ai
lesen. Das 5te Zeicben nämlicb, welches ein gescbnörkcltes ^
sein könnte, gieht als solches keinen Sinn, da es mir wenigstens
nicht hat gelingen wollen, aus den ihm zunächst stehenden Iiuch-
Stäben irgend einen bier passenden .Stamm zusammenzufinden, der
S enthielte. Dagegen ist die einzige mit in anbebende Wurzel,
die hier denkbar ist, jptn und es dürfte ausserdem, zumal bei
der bedeutenden Vereinfachung der Figur in der zweiten Copie,
von alleu die leichteste Aenderung sein, ein p zn corrigiren.
Dies pm ai, d. i. viel Kraft oder Hülfe, könnte dann im Faral-
lelismus mit dem zweiten Gliede einen Gedanken voraussetzen,
wie: (indem sie uns spendet) reiche Kraft, als weitere Aiisfülirung
der lütte in Z. 7. Doch enthalte ich mich auf so unsicherem Bo¬
den jeder bestimmten Behauptung und will namentlich die Erklä¬
rung dieser Stelle nur als einen Versuch betrachtet wissen.
Hiernach enthält der Stein dies:
Grab der Fürstin Suihul, der Tochter Kabirchis aus Motye,
Die Berge von Eryx klagen;
Lauier Cilhem und Gesang und Klageion der Harfen in der Ver¬
sammlung des Hauses Mecamosch.
Isl nun wohl ihres Gleichen ihrem Volke? ihre Herrlichkeit war
gleichwie ein Strom Feuers;
Mehr denn Schnee glänzte ihr der Augenstern; und der verhüllte
Busen dir wie das Herz des Schnees.
Wie eine welke Blume (od. Anemone) ist unser Herz um Deinet¬
willen; von der Klage der Trauerlieder [gebrochen].
Zum Busen strömen Thränen, vergossen der Maid, und netzen die
Scholle und ....
Möchte vergessen lassen Unsre Herrin diesen Ort den Tod der
Maid Suthul, [spendend uns]
Reichliche Kraft und verleihend Frieden Dir! . , .
So böte sich auf einem vermoderten und verdächtigten Grab¬
steine uns eine Probe jener phöniciscben Poesie , deren lyrischen
Character uns vereinzelte Nachrichten classischer Autoren ahnen
Hessen, wie namentlich die .Stelle bei Athenäus (lö, 53.), der
nach Anführung eines sogen, lokrischeu Liedes :
'ß t/ Tiäa/Jis; f.iTj nQoStög tifi/ii', txtzivü) nglv Hoi fioXiv xitvov, üviatio'
Ulau , die. Insehrifl von Eryx. 449
fA.Tj xaxo» fi^ya noirjorj at x«/if tijv dtiXäxQuy.
u^fga xai fjJij • t6 (f üg diu jüg ärgidog ovx iaogijg;
hinzufügt: TotovTü)v yug aa/uürav . . . nüaa nXij'pijf fj Ooivlxt].
Vgl. auch Jes. 23, 15. 16. Das uns erhaltene Bruchstück recht¬
fertigt vollkommen die bisher nur auf solche Nachrichten b'asirte
Ansicht, dass die Phönicier, wie bei einem auf einer so hohen
Stufe der Bildung stehenden Volke natürlich , eine reiche und
vortreffliche lyrische Poesie gehabt haben. Es steht in Gedanken
und Form diese Elegie der hebräischen nnd arabischen Poesie
wahrlich nicht nach, indem die Sprache sicb gleich der Prosa
der lateinisch schreibenden Punier Apulejus und Tertnllianus durch
einen hohen Schwung und Bilderreicbtbum auszeichnet, und der
durcb den durchgreifenden Parallelismus der Glieder hervorge¬
brachte Rhythmus sicb eben so wenig verkennen lässt, als in dem
iujn der 2ten und nbwa der 3ten Zeile, dem abffi ab der 4ten
und pab der 5ten Zeile einige Spuren von der aus der hebräi¬
schen Litteratur bekannten kunstreichen Form der Stufenlieder,
deren ältestes , das Lied der Deborah (Jud. 5.) für uns um so be¬
deutsamer ist, als es aus der unmittelbaren Näbe Pböniciens
stammt. Uebrigens darf man bei den grossen Fortscbritten, welche
die Bereicherung der phönicischen Litteratur jetzt macht, hoffen,
dass noch mehr dergleichen Poesien an's Licht gefordert werden:
was für die Sicherung des durch meinen Verbuch über die Ery-
cinische Inschrift gewonnenen um so Wünschenswerther und vor-
theilbafter sein würde, als diese so ganz allein im Gegensatz zu
dem gewöhnlichen trockenen und einfachen Tone ihrer Schwestern
steht und nacb der Lüftung des sie verhüllenden Schleiers so
verlassen und einsam und darum so schüchtern in die Welt hin¬
austritt, dass ich mich gedrungen fühle zum Schluss ihr ein Wort
Orellis mit auf den Weg zu geben, das, wenn irgendwo, auf die
Erklärung phönicischer Inschriften anwendbar ist: Solemus omnes
errare, quicunque in inscriplionibus explicandis versamur : neque
proplerea, ul acerbius minusque humane ab censoribus excipiamur,
aequum esl (Collect. Inscr, lat. I, S. 497.).
m. Bd.
2 9 *
29
450
Notizen, Correspondenzen und Vermischtes.
Vdber eine Handscbr! ft des ersten Bandes des Kitäb Tabaqät
al-kabyr vom Seitretär des Wäqidy.
Von Aleya Sprenger.
Der wichtigste Codex , den ich ia Indien gesehen habe , ist der erste Band des grösseren Werltes über die Biographien der Begriinder und Ver¬
breiter des Isläm von dem Sekretür des VVaqidy (Kitab tabaqät al-kabyr).
Da sieh meines Wissens kein Exemplar dieses Werkes in Europa vorfindet, dürfte eine Notiz darüber der deutschen morgenländischen Gesellschaft nicht naiagenehm sein. Das Manuscript besteht aus 600 Seiten 4. von 28 Zeilen.
Es endet mit folgenden Worten: |^^. jAaXJI oUaUI (j* J}KI ^
Ärfy^LJ' XjU«*».^ yiis lUi^ |.Lc ^ ij«^a^|
njsi iu>J^[^i jJ jJUI j4c v5jU^J' '^•♦»•1 v\*5>-t fcoCr 8j*litll ^y,
jjj l^j^ Ji4Ai ü*- ^Uai'Slj j^y?-^!' er» ^Ä^LiJ' liliJI ,5
»L.M«>^l ^\ |»41UL» O^y (>~(^ »Hier eadet der erste
Tbeil dos grüssercn Werkes über die Tabaqät. Die Abschrift wurde voll¬
esset am ersten Donnerstag des Sha'bän 718 (Chr. 1318, 28. Sept.) tn Kairo {■ dem Stadttheile Näsirijja, von Ahmad ben Ahmad Hakkäry. Im zweilen Tkoil* folgt die zweite Klasse der Ausgewanderten (Mekkaner) mnd der Helfer (MediDCDser) , welche zwar nicht zn Badr gefochlen, aber dessen ungeachtet fkük sieli znm Isläm bekannt haben, wie auch die Meisten von ihnea nacb Abessinien ansgewandert sind."
Es erhellt ans mehreren Glossen, dass das Exemplar, welcbes mir vor¬
liegt, von einem sehr werthvollen Codex abgeschrieben wurde, den Häfiz Abü
Mohammad 'Abd al-mämin ben Khalaf Dimyäjy im Jahre 647 mit Glossen
versehen hatte. Die Handschrift hat in wichtigen Fällen die Vokale und ist so correct, dass ich bisher nur einen Fehler darin gefunden habe. Ueber den Verfasser verweise ich den Leser auf Ibn Khallikän ; ich will nur be¬
merken , dass er auf dem Titelblatt nl - Kdtib al - Wäqidy genannt wird und nieht Kätih al-Wäqidy '), auch wird er von Ibn Qotnyba und Mas'üdy, die ilin
1) Vgl. Nawawi, Tahdhib al-asmä, S. aöv Z. 7: Ouim jLä
gJt ikäUJ» v^V, und H-Ch, IV. Nr. 790.3. D. Red.