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Wie verändern Schulen Reformen?Die historische Implementationsforschung oder die Forschung nach der Evaluation

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Hans Berner ist Pädagoge und Dozent im Fachbereich Unterricht und Lernen an der Pädagogischen Hochschule Zürich

Von Hans Berner

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Sind Bildungsforscherinnen und -forscher einmal unter sich, erzählen sie sich gerne bildungshistorische Anekdo- ten. Eine dieser Geschichten handelt vom Aufstieg und Fall des Sprachlabors, Teil einer der eindrucksvollsten Bil- dungsreformen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun- derts. Allein schon die notwendigen baulichen Massnah- men in den Schulen erweckten den Eindruck einer grundlegenden Veränderung. Massiv beworben in den pädagogischen Fachblättern schienen die Sprachlabore endlich eine effiziente und kontrollierte Vermittlung von Sprachkompetenz zu garantieren. Aus heutiger Sicht wird der Nutzen von Sprachlaboren zwar nicht vollständig in Frage gestellt, aber – gemessen an den hohen Erwartun- gen in der Zeit ihrer Implementation – weitaus vorsichti- ger beurteilt.

Aufstieg und Fall des Sprachlabors

Auch im Kanton Zürich ist bereits wenige Jahre nach der breiten Einführung der Sprachlabore eine eher skeptische Haltung zu vernehmen. Laut Sitzungsprotokoll der «Kom- mission zur Koordination der Sprachlaboratorien» gibt Professor Hans Weber in seinem einleitenden Referat Fol- gendes zu bedenken: «Nach dem Start der Sprachlabors in den 50er-Jahren scheint auch bei uns die Arbeit im Sprachlabor in eine Krise geraten zu sein. Die Labors sind zu wenig ausgelastet – man zweifelt an der Methode, es stehen meist langweilige Texte zur Verfügung –, somit langweilen sich Schüler wie Lehrer. Man benützt die Ein- richtung letztlich nur darum, weil man sie hat.»

Eine gängige Erklärung für das Scheitern von Reformen ist ihre überhastete Einführung. Oft werden in diesem Zu- sammenhang fehlende vorgängige Tests ins Feld geführt.

Für den Kanton Zürich lässt sich aber gerade nicht sagen, dass die neuen Technologien gescheitert seien, weil es zuvor keine Tests gegeben hat. Zehn Jahre vor Webers heftiger Kritik (1964) beauftragte der Erziehungsrat die Pädagogische Arbeitsstelle am Pestalozzianum, sich mit den neuen Lernmethoden und -verfahren eingehender auseinanderzusetzen und diese auf ihren Nutzen hin zu überprüfen.

Die Ergebnisse fallen «durchwegs positiv» aus und so ent- schliesst man sich, für die Kantonsschulen Winterthur, Freudenberg, Oberland und das Unterseminar Küsnacht Sprachlabore einzurichten. Die volle Auslastung der Labo- re in den Kantonsschulen Freudenberg und Winterthur führt bereits Ende 1968 jeweils zur Anschaffung einer zweiten Anlage. Innerhalb kurzer Zeit folgt die Bestü- ckung weiterer Mittelschulen und 1969 richtet sich die Zentralschulpflege an den Stadtrat mit der Bitte, auch auf

Volksschulebene die Einrichtung von Sprachlaboren zu unterstützen. Dieser Bitte wird nachgekommen und der Stadtrat ermächtigt den Schulvorstand zur Beschaffung der notwendigen Infrastruktur im Gesamtwert von bis zu 420.000 Franken.

Wie kommt es, dass trotz einer vierjährigen Testphase, Expertenkommissionen und der breiten Information von Schulpflegen und anderen Beteiligten, das Urteil nur zehn Jahre nach Beginn der Reform derart vernichtend ausfällt? Professor Brun sieht in der bereits erwähnten Sitzung 1974 das Problem in der fehlenden Qualifikation der Lehrpersonen für die neuen Technologien. Er regt an,

«dass der Sprachlaborlehrer erst einmal die Handhabung der Apparatur gründlich kennen und beherrschen lernt.

Dazu muss er die notwendige Zeit opfern, um wenigstens von dieser Seite keine Schwierigkeiten mehr befürchten zu müssen.» Ein Blick in die Protokolle gibt aber auch der Vermutung Raum, dass die Ausbildung der Lehrpersonen nicht das einzige Problem in der Nutzung der Sprachlabo- re war. Der grosse Teil der Diskussion kreist um techni- sche Fragen, die Wartung der Geräte, Raumnot, und die richtigen Lehrmittel, die zum Teil erst aufwendig herge- stellt werden müssen. Es wird die mangelhafte Qualität der Kopfhörer beklagt oder es werden die unterschiedli- chen technischen Lösungen gegeneinander abgewogen.

Nicht zuletzt ist von «Aggression» oder gar «Sabotageak- ten» seitens der Schülerschaft die Rede.

Mit der Diagnose eines Scheiterns der Sprachlabore ist aber noch nicht viel gewonnen. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie es zu den massiven Investitionen kam, warum die Tests nicht verhindern konnten, dass es bei der Einführung der Sprachlabore derartige Probleme gab und was vor Ort in den Schulklassen tatsächlich passiert ist.

Kluft zwischen Reformprogramm und Resultat

Die herkömmliche Sichtweise auf Reformprozesse ist hier- archisch. An oberster Stelle werden Gesetze oder Reform- programme formuliert, die nachher nur richtig durchge- setzt werden müssen, um einer Reform den gewünschten Erfolg zu bescheren. Dass dem nicht so ist, hat das Bei- spiel des Sprachlabors gezeigt. Das allzu einfache und allzu optimistische mechanische Modell des Reformge- schehens muss also von einer Sichtweise abgelöst wer- den, die es erlaubt, die Vielheit an Faktoren und Akteu- ren, die an der Umsetzung von Reformen beteiligt sind, in ihren ganzen komplexen Abhängigkeiten in den Blick zu nehmen.

Genau dies tut die Historische Implementationsforschung.

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W i e v e r ä n d e r n S c h u l e n R e f o r m e n ?

Die historische Implementationsforschung oder die Forschung nach der Evaluation

Michael Geiss und Andrea Schwab sind wissenschaftliche Mitarbeitende am Institut für historische Bildungsforschung Pestalozzianum der Pädagogischen Hochschule Zürich

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Von Michael Geiss und Andrea Schwab

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Der Ausgangspunkt dieses Forschungsansatzes sind die immer wieder mit Enttäuschung festgestellten grossen Diskrepanzen zwischen ursprünglichen Intentionen und den tatsächlichen Resultaten. Sie ist also, um es mit den Worten von Stefan Haas zu sagen, ein «Kind der Enttäu- schung» (Haas 2005, 28).

Die Historische Implementationsforschung setzt ihre Un- tersuchung dort an, wo die Evaluation aufhört: bei der Feststellung der Kluft zwischen Input und Output, zwi- schen Reformprogramm und Resultat. Es geht darum zu rekonstruieren, was zwischen der Programmformulierung und ihrer Realisierung geschehen ist. Der Untersuchungs- gegenstand ist die Durchführung bzw. Anwendung des Reformprogramms.

Liegt der Implementationsprozess einmal abgeschlossen vor uns, kann er anhand historischer Methoden aufge- schlüsselt und nachvollzogen werden. Dabei muss stets der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes Rech- nung getragen werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass oft eine allzu simple Vorstellung der Implementati- on der Reformprogramme den Reformprozess steuert und diesen mit Illusionen überfrachtet (Haas 2005, Landwehr 2000, Mayntz 1980). Die Annahme, dass Reformprogram- me auf der obersten Hierarchiestufe formuliert werden und dann kraft der Autorität, die dem Hierarchiegefälle angeblich innewohnt, unverändert bei den Reformadres- saten durchgesetzt werden können, hält der Überprüfung nicht stand. Die ursprüngliche Reformabsicht wird wäh- rend der Implementation mehrfach gebrochen, modifi- ziert, ignoriert, missverstanden oder gar bekämpft. Daher muss das Forschungsfeld, in unserem Fall das Schulfeld, in seiner ganzen Komplexität untersucht werden. Dazu gehören die wesentlichen strukturellen Faktoren, die am Implementationsprozess beteiligt sind, und die jeweili- gen in sich nochmals differenzierten Akteursgruppierun- gen der Programmgeber, Programmanwender und Pro- grammempfänger (Landwehr 2000, S. 38).

Für ein derartiges Forschungsprojekt müsste analysiert werden, wie der Zusammenhang von Sprachlabor und Verbesserung der Sprachkompetenz der Lernenden von den Reformern gedacht wurde, wie solche Vorstellungen das Programm prägten, wie genau damit gearbeitet wer- den sollte, welche Lehrmittel eingesetzt und wie die Lehrkräfte ausgebildet werden sollten. Zum andern müss- te die Finanzierung unter die Lupe genommen werden:

Wer investierte wo wieviel Geld? Wer vertrat dabei wel- che Interessen? Ein weiterer Faktor wäre die Informati- onspolitik: Wer wurde informiert? Worüber? Wie detail- liert? Von wem? Wo? Welche Leistungen zur Unterstüt- zung der Umsetzung wurden von wem erbracht? Inner- halb welcher Strukturen oder Institutionen musste sich die Umsetzung bewegen? Dies sind nur einige der mögli- chen Untersuchungsgegenstände.

Vielmehr als pfannenfertige Rezepte zu formulieren, kann die Historische Implementationsforschung unsere Sicht auf das Reformgeschehen differenzieren. Es geht um eine Abkehr von der einfachen und allzu optimistischen Ein- schätzung der Durchsetzungsmöglichkeit von Reformvor- haben. Unser Blick muss sich von der Fixierung auf die Reforminitianten lösen und auch auf die Adressaten so- wie die strukturellen Bedingungen der Reform gerichtet werden. Nur auf diese Weise kann die Untersuchung der komplexen Schulrealität Rechnung tragen und Bedürfnis- se zum Beispiel von Lehrkräften und Lernenden in die Analyse einbeziehen, ohne sie als blosse Störfaktoren im Reformprozess zu begreifen. Fokussiert werden ebenfalls die Erwartungen der Eltern, die Euphorie für das Neue, die dann aber rasch verpuffen kann, oder einfach die kleinen alltäglichen Probleme der Schulpraxis wie defek- te Kopfhörer und fehlende Lehrmittel.

Diese vielen, den praktischen Schulalltag konstituieren- den Faktoren sind es nämlich, welche massgeblich über Erfolg oder Misserfolg der mit Sicherheit stets besten Re- formabsichten mitentscheiden, die im Zusammenspiel mit Reformern, Reformvermittlern und den Reformadres- saten den Ausgang des Reformprozesses bestimmen. Da- bei ist das Sprachlabor nur ein möglicher Untersuchungs- gegenstand. Die Historische Implementationsforschung kann auf beliebige Programme und ihre Umsetzung über- tragen werden. Ihre Stärke ist die Berücksichtigung der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes und ihre Möglichkeit, multikausale Erklärungen für den Erfolg oder Misserfolg von Reformen zu liefern. Schauen wir aber bei der Analyse von Reformprozessen weiterhin über diese vielgestaltige Gemengelage hinweg, bleiben wir blind für das eigentliche Reformgeschehen und werden in unseren Erwartungen immer wieder enttäuscht werden.

Quellen und Literatur

Sämtliche in diesem Beitrag verwendete Quellen entstammen dem Wymann-Archiv in der Bibliothek des Instituts für Histori- sche Bildungsforschung Pestalozzianum.

Stefan Haas, Die Kultur der Verwaltung. Die Umsetzung der preus- sischen Reformen 1800-1848, Frankfurt am Main / New York 2005.

Achim Landwehr, Policey im Alltag. Die Implementation frühneu- zeitlicher Policeyordnungen in Leonberg, Frankfurt am Main 2000 (Studien zu Policey und Policeywissenschaft).

Renate Mayntz, Die Entwicklung des analytischen Paradigmas der Implementationsforschung, in: Dies. (Hg.): Implementation politischer Programme. Empirische Forschungsberichte (Neue wissenschaftliche Bibliothek 97 Soziologie), Königstein/Ts 1980, S. 1–17.

In der Rubrik «Standpunkt» nehmen Persönlichkeiten Stellung zu einem aktuellen Thema. Die Aussagen sollen kompetent sein, sie dürfen aber auch persönlich gefärbt und pointiert sein und müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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