Algebraische Grundlagen
Steffen Reith
Steffen.Reith@hs-rm.de
Hochschule RheinMain
21. Januar 2015
Steffen Reith Algebraische Grundlagen 21. Januar 2015 1 / 17
Grundlagen & Geschichte
In der Algebra werden Strukturen von Mengen untersucht.
Geschichtlich geht die Algebra aus dem L¨osen von Gleichungen hervor:
ca. 825 n.Chr.
”al-Kitab al-mukhtasar fi hisab al-dschabr wa-l-muqabala“
Bedeutung: Das kurz gefasste Buch ¨uber die Rechenverfahren zum Erg¨anzen und Ausgleichen von al-Chwarizmi aus Bagdad
Der Gruppenbegriff
Definition
Ein Paar (G,◦) heißt Gruppe, wenn
i) ”◦“ ist eine Funktion der Form ◦: G × G → G (Abgeschlossenheit) ii) ∀a,b,c ∈ G gilt a ◦(b ◦c) = (a ◦b)◦c (Assoziativit¨at)
iii) Es gibt ein Element e ∈ G, so dass ∀a ∈ G gilt a◦ e = a = e ◦a (Existenz des neutralen Elements)
iv) ∀a ∈ G ∃a0 ∈ G, so dass a ◦a0 = e = a0 ◦a. (Existenz des inversen Elements)
v) Gilt zus¨atzlich ∀a,b ∈ G auch a ◦b = b ◦ a, dann heißt (G,◦) kommutative oder abelsche Gruppe.
Beispiele:
(Z,+), (R\{0},·), (C\{0}) sind abelsche Gruppen.
(N,+) ist keine Gruppe
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Drehung eines Vierecks
Es gibt vier verschiedene Drehungen eines Vierecks:
o 90o
180o 270o
Drehung
1 2
3 4
Drehung
1 2
3 4
Drehung
1 2
3 4
Drehung
1 2
3 4
4
1 2
3
4 3
1 2
2
3 4
1 1 4
2 3
0
δ , α,
γ ,
β ,
Die Verkn¨upfung von Drehungen sei die Hintereinanderausf¨uhrung, dann ergibt sich die folgende Verkn¨upfungstafel:
Drehung eines Vierecks (II)
Mit den vier verschiedenen Drehungen ergibt sich:
◦ α β γ δ
α α β γ δ
β β γ δ α
γ γ δ α β
δ δ α β γ
Lemma
({α, β, γ, δ},◦) ist eine (abelsche) Gruppe.
Solche Verkn¨upfungstafeln werden auch Gruppentafeln genannt.
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Der Kongruenzbegriff
Definition
Sei m ∈ N und m ≥ 2. Zwei Zahlen a,b ∈ Z heißen kongruent modulo m, wenn m | (a− b).
Schreibweise. a ≡ b mod m
Lemma
Die Kongruenz ist eine (bin¨are) ¨Aquivalenzrelation.
Beweis: ¨Ubung
Beispiel: 2 ≡ 4 mod 2, 5 ≡ 7 mod 2, 5 ≡ 8 mod 3, aber 11 6≡ 10 mod 9
Der Kongruenzbegriff (II)
Lemma
Seien m ∈ N mit m ≥ 2 und a,b ∈ Z, dann sind die folgenden Aussagen
¨aquivalent:
i) a ≡ b mod m
ii) a = b +k ·m mit m ∈ Z
iii) a und b lassen bei der ganzzahligen Division durch m den gleichen Rest.
Beweis: Wir f¨uhren einen Zirkelschluß durch.
i) → ii): Wenn a ≡ b mod m, dann gilt nach Definition m | (a− b).
Also existiert ein k mit a− b = k ·m und somit folgt a = b + k ·m.
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Der Kongruenzbegriff (III)
ii) → iii): Wenn a = b +k ·m, dann l¨aßt a bei der Division durch m den Rest b. Da b = a −k ·m ist, gilt das auch f¨ur b.
iii) → i): Wenn a und b bei der Division durch m den gleichen Rest r lassen, dann gilt a = r + k ·m bzw. b = r + k0 ·m. Also muss a −b = k ·m −k0 ·m = (k −k0)·m gelten. Damit ist m | (a −b) und a ≡ b mod m nach Definition.
Weitere algebraische Strukturen
Definition
Das Tripel (R,⊕,) heißt Ring, wenn i) (R,⊕) ist eine abelsche Gruppe
ii) ist vom Typ : R × R → R (Abgeschlossenheit von )
iii) ∀a,b,c ∈ R gilt a (b c) = (a b) c (Assoziativit¨at von ) iv) ∀a,b,c ∈ R, dann gelten
I a(b ⊕c) = (ab)⊕(ac)
I (a⊕b)c = (ac) ⊕(bc) (Distributitvit¨at)
v) Gilt zus¨atzlich ∀a,b ∈ R auch a b = b a, dann heißt (R,⊕,) kommutativer Ring.
Beispiele: (Z,+,·) ist ein kommutativer Ring, die Menge aller n × n Matrizen ¨uber R bilden zusammen mit der Addition und Multiplikation von Matrizen einen Ring.
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Weitere algebraische Strukturen (II)
Definition
Ist (K,⊕,) ein Ring und zus¨atzlich (K\{e+},) eine abelsche Gruppe, wobei e+ das neutrale Element f¨ur ⊕ ist, dann heißt (K,⊕,) K¨orper (engl. Field).
In K¨orpern kann die Multiplikation
”r¨uckg¨angig“ gemacht werden, d.h. man kann
”dividieren“.
Beispiele: (Q,⊕,), (R,⊕,) und (C,⊕,) sind K¨orper. (Z,⊕,) ist ein Ring, aber kein K¨orper.
Modulorechnung
Seien a,b,c,d ∈ Z, n ∈ N mit n ≥ 2 und a ≡ b mod n bzw. c ≡ d mod n. Dann gilt
1 a+ c ≡ b + d mod n
2 a·c ≡ b ·d mod n
Beweis: Meinel / Mundhenk, Mathematische Grundlagen der Informatik.
Dieses Lemma kann man so auffassen, dass man Umformungen vornehmen kann wie gewohnt, indem man auf beiden Seiten multipliziert / addiert (Achtung: Die Division funktioniert nicht wie gewohnt!).
Bei der Rechen mit Resten ist es unerheblich mit welchen Zahlen man rechnet, solange sie nur den gleichen Rest bei der Division mit n lassen.
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Modulorechnung (II)
Man kann mod n statt als ¨Aquivalenzrelation auch als
”Modulo-Funktion“ verwenden, d.h.
(x + y) mod n = ((x mod n) + (y mod n)) mod n
So ist dies oft in den ¨ublichen Programmiersprachen gel¨ost, z.B. Java oder C mit dem %-Operator.
Beispiel:
(2370 + 5780) mod 100 = ((2370 mod 100) + (5780 mod 100))
= 70 + 80 mod 100
= 150 mod 100
= 50 mod 100
Restklassenringe
Definition
Sei n ∈ N mit n ≥ 2, dann ist Zn = {a | 0 ≤ a < n} die Menge aller Restklassen modulo n. F¨ur a,b ∈ Zn definieren wir
i) a ⊕ b = (a+ b) mod n ii) a b = (a·b) mod n
Zn ist eigentlich eine Menge von ¨Aquivalenzklassen. Da es egal ist mit welchem Repr¨asentanten man rechnet, definiert man Zn oft vereinfachend wie hier.
Bemerkung
(Zn,⊕,·) ist ein kommutativer Ring, wobei es sogar ein neutrales Element bzgl. gibt.
(Zn,⊕,·) heißt Restklassenring modulo n.
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Der gr¨ oßte gemeinsame Teiler
Definition
Seien a,b ∈ Z, dann bezeichnet ggT(a,b) den gr¨oßten gemeinsamen Teiler, d.h. wenn
Ta = {c | c teilt a} (Menge aller Teiler von a) Tb = {c | c teilt b} (Menge aller Teiler von b), dann ist ggT(a,b) = max(Ta ∩Tb).
Zwei Zahlen a,b ∈ Z heißen teilerfremd (relativ prim), wenn gilt ggT(a,b) = 1.
Wir legen fest: ggT(0,0) = 0
Beispiel: ggT(10,15) = 5 und ggT(3,7) = 1, d.h. 3 und 7 sind teilerfremd.
Das RSA-Verfahren
Satz
Sei n ∈ N, n ≥ 2 und a ∈ Zn. Es gibt genau dann ein a0 ∈ Zn mit a a0 ≡ 1 mod n, wenn ggT(a,n) = 1.
Beweis: sp¨ater (evtl. Security)
Beispiel: Das RSA-Verfahren nach (Rivest, Shamir und Adleman).
Im Setup f¨uhren wir folgende Schritt durch
i) w¨ahle zwei verschiedene Primzahlen p und q ii) berechne n = p ·q und Φ = (p −1)·(q − 1) iii) w¨ahle ein e, so dass ggT(e,Φ) = 1
iv) suche ein d mit e ·d ≡ 1 mod Φ Offentlich ist (e¨ ,n) und geheim ist d.
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Das RSA-Verfahren (II)
Verschl¨usseln mit E(m) = me mod n mit Nachricht m ∈ Zn Entschl¨usseln mit D(m) = md mod n mit Nachricht m ∈ Zn
Beispiel: Sei p = 7 und q = 11, dann n = 77 und Φ = 60. Mit e = 17 liefert KnowHow oder probieren d = 53.
Sei nun m = 45, dann ist
E(45) ≡ 4517 ≡ 12 mod 77 und
D(12) ≡ 1253 ≡ 45 mod 77 Fragen:
Welche Algorithmen brauchen wir daf¨ur? Wie findet man Primzahlen?
Wie macht man das effizient? (In der Praxis haben p und q minimal
Ende der Vorlesung
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