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Notfall Barotrauma

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Academic year: 2022

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Fliegen ist im Trend, am Urlaubsziel ist meist Wassersport angesagt. Sowohl beim Tauchen als auch beim Fliegen muss das Mittelohr mit Änderungen der Druckverhältnisse fertig wer- den. Unter ungünstigen Bedingungen kann ein Barotrauma resultieren, das den Patienten meist notfallmässig zum Arzt führt.

F R I TZ M E Y E R

Sonntagabend, Notdienst im September. Der 8-jährige Stefan kommt direkt aus Kreta, heftige linksseitige Ohrenschmerzen mit subjektiver Hörminderung führen ihn her. Wie die Eltern berichten, litt er schon einige Tage zuvor unter einem leichten Schnupfen. Während des Steigflugs in Kreta habe er dann über zunehmende Ohrenschmerzen geklagt, die sich während der Landung massiv verschlechtert hätten. Bei der Ohrspiegelung sehe ich links ein eingezogenes und gerötetes Trommelfell, das Kind ist fieberfrei. Stefan hat durch den Flug ein Barotrauma des Mittelohrs erlitten.

Druckausgleich nicht möglich

Die beim Fliegen und Tauchen auftretenden Druckänderungen (Kasten) betreffen vor allem das Mittelohr. Beim Steigflug wird der Überdruck im Mittelohr passiv dadurch ausgeglichen, dass Luft über die eustachische Röhre in den Nasen-Rachen-Raum ausströmt. Die meisten Fluggäste können diesen Vorgang durch Gähnen, Schlucken oder Kauen unterstützen.

Während des Landeanflugs wird der Druck in der Kabine in etwa 15 bis 20 Minuten auf Meereshöhenniveau angehoben.

Der bei Verlassen der Flugreisehöhe in der Pauke herrschende relative Unterdruck und der gleichzeitig zunehmende Aussendruck führen zu einer Trommelfell-Einwärtsbewegung und zu einem tympanalen Tubenverschluss. Der Fluggast muss jetzt aktiv durch ein Valsalva-Manöver die eustachische Röhre

öffnen, damit die Druckdifferenz zwischen Paukenhöhle und Gehörgang aufgehoben wird. Ist dieser Ausgleich unmöglich, etwa bei Schwellung der Tubenschleimhaut im Zusammen- hang mit einem Infekt der oberen Atemwege, kommt es zum Barotrauma, das mehrere Stadien (Tabelle 1) bis zur Perfora- tion des Trommelfells durchlaufen kann. Das Mittelohr- barotrauma des Tauchers entsteht ebenso, wobei der Ab- tauchvorgang dem Sinkflug, das Auftauchen dem Steigflug entspricht.

Was bringt Erleichterung

Die Behandlung des Mittelohrbarotraumas entspricht der einer beginnenden Mittelohrentzündung: abschwellende Nasen-

ARS MEDICI 8 ■ 2006

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Notfall Barotrauma

Wenn Druck krank macht

F O R T B I L D U N G

■ Die beim Fliegen und Tauchen auftretenden Druckänderungen betreffen vor allem das Mittelohr.

■■

■ Patienten mit einer gestörten Tuben-

Mittelohrfunktion haben Schwierigkeiten beim Sinkflug und beim Abtauchen.

■■

■ Die Behandlung des Mittelohrbarotraumas ent- spricht der einer beginnenden Mittelohrentzündung.

M M M

M e e e e rr rr k k k k ss ss ä ä ä ä tt tt zz zz e e e e

Tabelle 1:

Klassifizierung des Mittelohrbarotraumas nach Teed (4)

Grad 0: Normalbefund

Grad 1: Retraktion/Rötung der shrapnellschen Membran/des Hammergriffs

Grad 2: Retraktion und Rötung des gesamten Trommelfells

Grad 3: wie 2, jedoch zusätzlich seröser oder hämorrhagi- scher Paukenerguss

Grad 4: Trommelfellruptur

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ARS MEDICI 8 ■2006

tropfen, Analgetika und Schnäuzverbot sind ausreichend, selbst wenn ein steriler Paukenerguss vorliegt (1). Kommt es je- doch bei gleichzeitigem Vorliegen eines Infektes zur bakteriel- len Besiedelung des Paukensekrets, muss entsprechend anti- biotisch behandelt werden.

Ist als Folge eines Barotraumas eine Trommelfellruptur erkenn- bar, geht der Hausarzt wie bei einer traumatischen Trommelfellperforation vor: Antibiotikatherapie, Schnäuz- verbot, abschwellende Nasentropfen und Vorstellung beim

Hals-Nasen-Ohren-Fachkollegen, der die Frage einer Trommel- fellschienung entscheiden muss (1).

In seltenen Fällen kann es beim Mittelohrbarotrauma zusätz- lich zu einer Mitbeteiligung des Innenohres (Einblutungen in das Labyrinth/Zerreissung der Rundfenstermembran) kommen (2). Der Betroffene klagt über Hörminderung bis zur Ertaubung, Tinnitus, Drehschwindel mit Übelkeit und Erbrechen. Hier sollte ohne Zeitverzug der HNO-Arzt eingeschaltet werden, da bleibende Funktionsverluste möglich sind (1).

F O R T B I L D U N G F O R T B I L D U N G

Kasten:

Druckverhältnisse beim Fliegen und Tauchen

Sowohl beim Fliegen wie beim Tauchen wirken sich die Druckveränderungen in der Umgebung des Menschen auf sein Ohr aus, wegen des unterschiedlichen Zeit- und Druckverlaufs beim Tauchen mehr als beim Fliegen.

Mit zunehmender Höhe nimmt der atmosphärische Druck im Sinne einer Exponentialfunktion stetig ab. Herrschen auf Meereshöhe noch 1 bar (760 mmHg), beträgt der Druck in einer Flughöhe von 10 km nur noch 0,25 bar (190 mmHg). Beim Tauchen steigert sich der auf dem Körper lastende Wasserdruck hingegen linear: bei 10 Metern Wassertiefe beträgt er bereits 2 bar (1520 mmHg).

Beispiel:Beim Besteigen des Matterhorns (4478 m) von Meereshöhe aus, reduziert sich der Luftdruck bis zum Gipfel von 760 mmHg auf 429 mmHg, also um 331 mmHg. Die gleiche Änderung, allerdings als Druckzunahme, würde man beim Tauchen bereits bei einer Wassertiefe von 4,35 Metern erreichen.

Dazu kommt die Geschwindigkeit der Druckänderung: In der Druckkabine des Verkehrsflugzeuges herrscht auf Reiseflughöhe ein Druck, der einem Höhenäquivalent von 2500 Metern entspricht. Die beim Tauchen entsprechende Wassertiefe von 2,70 Meter wird in einigen Sekunden erreicht, Steig- und Sinkflug dauern mindestens eine Viertelstunde. Im Verkehrsflugzeug hat das Tuben-Mittelohrsystem somit wesentlich mehr Zeit zur Druckanpassung als beim Tauchen.

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389 Barotrauma vorbeugen

Patienten mit Barotrauma haben bis zur Normalisierung des otoskopischen Be- fundes Tauch- und Flugverbot. Danach sollte geklärt werden, ob behandlungs- bedürftige Erkrankungen mit einer zeit- lich begrenzten oder dauernden Tuben- funktionsstörung vorliegen (Tabelle 2).

Falls Patienten bei früheren Reisen ent- sprechende Probleme hatten, empfiehlt man am besten neben dem Ausschluss

der in Tabelle 2genannten Ursachen prophylaktisch eine kon- sequente Feuchtpflege der Nase und ausreichende Flüssig- keitszufuhr vor und während des Fluges.

Bei einem geplanten Tauchurlaub sollte die intensive vorherige Feuchtpflege der Nase durch ein konsequentes, tägliches Tubentraining (bis zu 50-mal am Tag) ergänzt werden. Da Kinder (aber nicht nur diese) häufig genug Verständnis- probleme bei der Durchführung des Valsalva-Manövers haben, kann die Mittelohrbelüftung mit dem «Nasenballon» erfolg-

reich trainiert werden (3). Diese wissenschaftlich mehrfach evaluierten Geräte (z.B. Otovent®-Nasenballon) sind in jeder

Apotheke erhältlich. ■

Dr. Fritz Meyer Facharzt für Allgemeinmedizin – Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde

Zwinger 6 D-86732 Oettingen/Bayern Tel. 0049-9082 1035, Fax 0049-9082 920921 E-Mail: praxis.dres.meyer@gmx.de

Interessenkonflikte: keine

Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 7/2005.

Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.

Literatur:

1. Klingmann C., Wallner F. (2004): Tauchmedizinische Aspekte in der HNO-Heilkunde Teil 1: Erkrankungen durch den Tauchsport HNO 52: 757–769.

2. Wurster W.H. (2003): Das Barotrauma des Innenohres; HNO aktuell 4: 139–148.

3. Leunig A., Mees K. (1995): Mittelohrbelüftung mit dem Otovent®-Latexmembran- System; Laryngo-Rhino-Otol. 74: 352–354.

4. Stangerup S.E., Tjernstrom O. et al. (1998): Point prevalence of barotitis in children and adults after flight, and effect of autoinflation; Aviat Space Environ Med 69(1):

45–49.

Kind mit einer operativ versorgten Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und Schiefstand der Nase.

Patienten mit dieser Vorgeschichte haben überdurchschnittlich häufig Tuben-Mittelohrprobleme, müssen also bei geplanten Tauch- oder Flugreisen entsprechend beraten werden.

Tabelle 2:

Ursachen eines akuten oder wiederholten Mittelohrbarotraumas

banale Infekte der oberen Atemwege

Adenoide

Polyposis nasi

akute oder chronische Nasennebenhöhlenentzündungen

funktionell einschränkende Septumdeviation

chronische Rhinitis sicca anterior

allergische Rhinopathie

anatomische Varianten des Nasen-Nasenrachenraum- Tubensystems (z.B. Kiefer-Gaumenspalte)

falsche Durchführung des Valsalva-Manövers

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