Research Collection
Journal Article
Ökologische Bedeutung der Spinnen als Insektenprädatoren in Wiesen und Getreidefeldern
Author(s):
Nyffeler, Martin; Benz, Georg Publication Date:
1981
Permanent Link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-005779286
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ETH Library
Mitt.dtsch.G€s.rilg.angcw.Ent. 3 33-35
Kiel
1981ökologische Bedeutung der Spinnen als Insektenprädatoren in'S/iesen und Getreidefeldernl
Martin Nyffeler und Georg Benz
Entomologisches
Institut
der Eidgenössischen Technischen Hochschule, ZürichAbstract:
The ecological roleof
the spiders es insect predatorsin
meadows and cereal fields.In the vegation stratum of uncultivated meadows spiders represent a great potential of insectivorous predators.
If
uncultivated meadows are conveftedto
culdvated land the predator potential of the vegetation is lostto
a great part. Contraryto
this the epigeous spiders reach relatively high densities also in cultivated land and may therefore stabilize certain insect populationsof
meadows and cereal fields.Dipl.
Ing.-Agr.M. Nyffeler &
Prof.Dr. G.
Benz, Entomol.Institut,
Eidg. Technische Hochschule,ETH'
Zentrum, CH-8092Zürich,
Schweiz1. Einleitung
Spinnen stellen eine wichtige Komponente imerhalb der A rthropodenfauna terrestrischer ökosysteme dar (CLA R- KE und
GRANT
1967;VAN HOOK
1971;MOULDER
undREICHLE
1972;SCHAEFER
t9Z4;EDVARDS
et zl. 1976;KIRITANI
1979u.a.). Unter für
sie günstigen Bedingungen können sie Besiedlungsdichten von bis zu 800 Individuen/m2 erreichen (DUFFEY 1962;TVEIDEMANN
1928). Bei ihrer vomiegend insektivoren Emährungsweise müßten sie in dichtbesiedelten Biotopen emartungsgemäß einen bedeutenden Prädatorendruck auf Schadinsektenpo-pulationen
ausüben.Veil über die
Nahrungsökologie freilebender Spimen erst wenigeInfomationen
vorliegen, ist ihre Funktion innerhalb der verschiedenen ökosysteme zurZeit
noch weitgehend unerforscht. Um diese Vissens- lücke zu füllen, werden momentan weltweit an Forschungs-instituten der
Entomologie, Zoologie,ökologie,
Lend- wirtschaft und Forstwinschaft Freilanduntersuchungen an Spinnen durchgefühn.2. Material und Methoden
Die
Studienmrden von
1976-1979in
Getreidefeldem(Veizen,
Gerste, Roggen,Hafer,
Mais), Mähwiesen und unbewirtschafteten Viesen beiZürich
durchgefühn. Die Populationsdichtender
Spinnen bestimmtenwir
mittelsder
Quadratmethode.Die
AftenzusammensetzunB der Spimenfaunen wurdemit Hilfe
von Freilandbeobachtun- gen, Streifnetzfängenund
Bodenfallenanalysen studiert.Die
Nahrungsökologieder
Spinnen untersuchtenwir
inFom von
Direktbeobachtungenim Feld. In
unbewirt- schaftetenViesen
wurdennur
die Spinnen der Vegetat- ionsschicht, in Mähwiesen und Getreidefeldern auch dieje- nigen der Bodenoberfläche erforscht.3. Resultate
3.1 Besiedlung der Viesen und Felder In
unbewirtschafrctenNatumiesen
leben die Spinnen während des ganzen Jahres ungestört, was ihnen ermög-licht,
sich dem Beutemgebot entsprechend zu vemehren.Sie können daher in solchen Biotopen relativ gro{3e Popula- tionen aufbauen.
Vir
fandenin
der Vegetationszone von Brachlandwiesen ca. 10 Spinnen/m2.Demgegenüber werden Mähwiesen
und
Getreidefelder periodisch gemäht, wobei die Lebensräume und Eikokonsvieler
Spinnenzerstön
werden.In der
Vegetationszone vonKulturfeldem
leben daher nur kleine Spinnenpopula- tionen (0.1-0.6 Spinnen/mz in Getreide, 0.8-1.6 Spinnen/mlin
Mähwiesen). Die Bodenobe#läche von Mähwiesen und Getreidefeldemist relativ dicht
besiedelt (15-42 Spin- nen/m2in
Mähwiesen, 10-50 Spinnen/m2in
Getreidefel- dern).3.2 Spinnenfaunen der \triesen und Getreidefel- der
In der Vegetationsschicht unbewirtschaf teter
Natumie-
sentreffen wir
eine Vielzahlvon
Spinnenarten aus den Ausgeführtmit Unterstützung durch
den Schweizerischen Nationalfondszur
Förderung der Vissenschrftlichen Forschung.33
Mitt.dtsch.Ges.allg.mgew.Ent. 3
Kiel l98l
Familien Argiopidae, Tetragnathidae, Agelenidae,
Theri-
diidae,Dictynidae,
Linyphiidae/Micryphantidae, Saltici- dae, Thomisidae, Pisauridae und Clubionidae an.Im Gegensatz dezu lassen sich in der Vegetationsschicht
von
Mähwiesenund
Getreidefeldernnur
eine begrenzte Anzahl dominanter Spinnenarten aus den FamilienArgio-
pidae, Tetragnathidee, Theridiidae, Linyphiidae undTho-
misidae beobachten.Auf
der Bodenoberfläche von Mähwiesen und Getreide- feldern leben vor allem kleine Netzspinnen aus derFmilie
Micryphantidae und Jagdspinnen aus der Familie Lycosi- dae. Nähere Angaben über die Anenspektren der Spinnen von \[iesen und Getreidefeldem bei Zürich finden sich beiBENZ und NYFFELER
(1980) sowiebei NYFFELER
undBENZ
(1980).Gro&
Kreuzspinnen (Argiope bruennicbi, Araneus qua- dratus)tnd
Trichterspinnen(Agelua
labyrinthica), dre rn unbewirtschafteten Viesenoft
in hohen Dichten vorkom- men, fehlen in Kulturfeldern weitgehend. Auch Springspin- nen (Eoarcba arcuata, Heliophanuslaoipa) und Raubspin- nen (Pisaura mirabilis),die in der
Vegetation unbewin- schafteter Viesen zu den Dominanten gehören,finden sich in Kulturfeldem nur in ganz geringer Dichte. DieseUnter-
schiede zwischen denSpinnenfeuen
unbewirtschafteter und bewirtschafteter Biotope lassen sich dadurch erkldren, daß durchdie Kultivierung
des Landes (Pflügen, Mahd,Monokulturen,
Pestizideetc.)
Lebensräume geschaffen werden, in denen nur noch solche Spinnenarten existieren können, deren Lebensansprüche auchin
dieser ,,künstli- chenUmvrelt" erfüllt
sind.3.3 Spinnen als Insektenprädatoren
Die
Spinnenin der
Vegetationszonevon Viesen
und Getreidefeldem sind zwar polyphag, erbeuten jedoch amhäufigsten kleine Dipteren und geflügelte
Blattläuse(BENZ
undNYFFELER
1980;NYFFELER
undBENZ
1979a, 1979b).In
der Vegetationszone unbewirtschafteter Viesen können ferner auch Bienen und/oder Heuschrecken einen essentiellenAnteil m
der Beutebiomasse vonNetz-
spinnen ausmachen(NYFFELER
undBENZ
1978).Auf
der Bodenober{läche von Mähwiesen und Getreidefeldem erbeuten die dominanten Spinnen (Micryphantidae, Lyco- sidae) hauptsächlich kleine, weichhäutige Insekten (Col- lembolen, Blattläuse, kleine Dipteren etc.). Stark skleroti- siene Beutetiere (2. B. Carabiden) können von ihnen nichtüberuältigt
werden.Im
bodennahen Bereich leben aber auch Spinnen (Achaearanea riparia, Xysticus spp.), die danknffiniener
Jagdstrategienzur Tötung von
Carabiden befdhigt sind(NYFFELER
undBENZ
1979b, 1980). Aus unseren Beutestudien gehthenor,
daß die Spinnen Präda-toren sowohl von
Schadinsekten (Blattläuse, Feldheu- schrecken, Elateriden etc.) als auch von Nutzanhropoden (Honigbienen, Chrysopiden, Coccinelliden etc.) sind.34
4. Diskussion
Da
sich Spinnenin
der Vegetation unbewirtschafteter Viesen vom Menschen ungestört emähren und vemehren können, stellen solche Biotope oft wahre ,,Spimenparadie-se" dar. Vor allem
großeTrichter- und
Kreuzspinnen besiedeln brachliegendes liüiesenlandin
hohen Dichten.LOHMEYER und PRETSCHER (1979) zählten
in Brachland bei Bonn bis zu61.
bruennicbi-Verbchenlm2.Nach eigenen Beobachtugen erbeuten solch voluminöse Netzspinnen mit ihren starken Fangnetzen grofle Insekten- mengen, z. B. bis zu 7 Feldheuschrecken/Netz/Tzg.bei
A'
br uenn ich i. Bei Kenntnis der Netzdichten und Beutefangra- ten ließ sich errechnen, daßdie Spimen der Vegetationszo- ne unbewirtschafteter Viesen einen bedeutenden Prädato- rendruck auf Insektenpopulationen ausüben
(I'{YFFELER und BENZ
1978).Auch
polnischeund
amerikanische Untersuchungen haben gezeigt, daßdie
Spinnenin
der Vegetationszone unbewirtschafteterViesen
einewichti-
geRolle
als Insektenprädatoren spielen(KAJAK et
al.1968;
KAJAK
1971;VAN HOOK
1971).Dieses Prädatorenpotential
der
Vegetationszone geht bei der Umwandlung der Landschaftin
Kulturland verlo- ren (periodische Zerstörung der Vegetation bei der Mahd, Eliminierungvon
Hecken und anderen Prädatorenreser-voirs). In Kulturfeldern ist der
Energieflußdurch
die Spinnenmischpopulation der Vegetationszone signifikantkleiner als in
unbewirtschafteten Viesen-ökosystemen(NYFFELER
undBENZ
1929a).Betrachten wirjedoch die Bodenoberfläche, so stellen
wir
fest, daß hier die Spinnen auch in Mähwiesen und Getreide- feldern in relativ gro(3en Populationen leben. Dies läßt sich dadurch erklären, daßKulturfelder (=
Initialstadien von Sukzessionen)im
bodennahen Bereich hauptsächlich vonPionierarten
(r-Strategen,z.B.
Erigonearra)
besiedelt werden, die über ein hohes Vemehrungspotential verfügen(MAURER
1980 u.a.).
Forschungsarbeiten aus Japan, Indien, China, Taiwan, Korea und den Philippinen deuten daraufhin,
daß solche Bodenspinnen ihrer hohen Dichte wegenin
Reisfeldern einen bremsendenEinfluß
auf die Bevölkerungsexplosionenvon
Schädlingspopulationen ausüben(CHIU et
al. 1974;SAMAL
undMISRA
1975;IRRI
1926;KIRITANI
1979;t
e.).In
Japan sind sogar schon Versuche unternommen worden, die Spinnendichte in Reisfeldem künstlich zu erhöhen(KOBAYASHI
1975).Inwieweit epigäische Spinnen auch in europäischen Agro- ökosystemen eine
Funktion
als Stabilisatoren von Insek- tenpopulationenerfüllen,
werdenerst künftige
Studien zeigen(vgl.
auchBASEDOV
1973;KAJAK und JA-
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