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4.2 RISIKOWAHRNEHMUNG UND RISIKOKOMMUNIKATION

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Dr. Neubauer Elektromagnetische Felder und der Mensch Seite 4.2.1

4.2 RISIKOWAHRNEHMUNG UND RISIKOKOMMUNIKATION

Dieses Kapitel gibt einen Überblick zum Thema Risikowahrnehmung, Risikokommunikation und Risikomanagement im Hinblick auf die Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern.

RISIKO UND GEFAHR

Unter Risiko wird laut Brockhaus ein Wagnis verstanden, dass die Möglichkeit mit sich bringt, dass eine Handlung oder Aktivität einen körperlichen oder materiellen Schaden oder Verlust zur Folge hat oder mit anderen Nachteilen verbunden ist. Das Risiko wird auch als Gefahr bzw. Möglichkeit einer Fehlentscheidung aufgrund menschlichen Versagens oder unvollkommener Informationen definiert (Haider et al (04)). Risiko kann auch als die Abweichung des tatsächlichen Ergebnisses vom erwartenden verstanden werden. Im Bereich der Medizin bzw. der Epidemiologie wird das Risiko als Verhältnis der Anzahl der Todesfälle oder Erkrankungen zu einer definierten Bezugsgröße definiert (siehe auch Kapitel 3-6-1 Studienarten). Wiedemann (00) beschreibt ein Risiko als die Möglichkeit des Eintritts eines Schadens.

Weitere Definitionen für Risiko sind:

• Kombination der Häufigkeit des Auftretens von Unfällen oder Zwischenfällen, die zu einem Schaden führen (verursacht durch eine Gefährdung) und des Grades der Schwere dieses Schadens (aus DIN EN 50128 Berichtigung 1)

• Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens (d. h. physische Verletzung oder Schädigung der Gesundheit) und des Schadensausmaßes (ISO 12100, 3.11, modifiziert, aus DIN EN 60204-33)

Ob man von Risiko oder Chance spricht hängt nicht von der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses, sondern von der persönlichen Einschätzung ab, wie man die Folge des Ereignisses bewertet. Sicherheit kennzeichnet einen Zustand, in dem das verbleibende Risiko als akzeptabel eingestuft wird. Der Risikobegriff ist also mehrdeutig und hängt von der Verwendung durch unterschiedliche Gruppierungen ab (Leitgeb (03)).

Die Gefahr wird als unmittelbare Bedrohung oder die menschliche Sicherheit bedrohendes Unheil sowie die Bedrohung der Sicherheit von anderen Lebewesen oder Sachen bezeichnet. Laut Meyer’s Taschenlexikon handelt es sich dabei im rechtlichen Sinn die Möglichkeit eines Schadenseintrittes bzw.

das Risiko eines zufälligen, unverschuldeten Schadens.

Risiko kann mathematisch unterschiedlich definiert werden. Für den Laien ergibt sich das Risiko entweder aus der Eintrittswahrscheinlichkeit oder dem Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert mit subjektiven Bewertungsfaktoren (Leitgeb (03)):

Risiko = E (4.2-1)

Risiko = E x B1 x B2 X B3... (4.2-2)

E = Eintrittswahrscheinlichkeit Bi= subjektive Bewertungsfaktoren

(2)

Dr. Neubauer Elektromagnetische Felder und der Mensch Seite 4.2.2

Für die Öffentlichkeit ergibt sich das Risiko nach 4.4-2 in Abhängigkeit der Empfindung von unterschiedlichen Gruppierungen. In der Wissenschaft kann das Risiko wie folgt ermittelt werden:

Risiko = E x S (4.2-3)

Risiko (Gesellschaft) = E (Exposition) x E (Schaden) x S (4.2-4) S = Schadensfolge

Es handelt sich bei Laien und der Öffentlichkeit um das Ergebnis subjektiver Wahrnehmungen und Deutungen, bei der Wissenschaft und Versicherungen um das Ergebnis objektiver Schätzungen.

Im Versicherungswesen gibt es auch folgende Definition für das Haftungsrisiko:

Risiko (Haftung) = H x S (4.2-5)

H = Haftungswahrscheinlichkeit

Ein weiterer Indikator für Risiko ist die Risikoprioritätszahl (RPN, siehe auch Kapitel 3a

„Elektromagnetische Bedrohungen“).

RPN = O*S*D (4.2-6)

wobei O für Occurrence (Eintrittswahrscheinlichkeit), S für Severity (Schadensausmaß) und S für Detection (Erkennungsmöglichkeit der Bedrohung) steht.

In diesem Zusammenhang sei noch auf weitere Definitionen für Sicherheit verwiesen:

Freiheit von unvertretbaren Risiken der physischen Verletzung oder Schädigung der Gesundheit von Menschen, entweder direkt der indirekt als ein Ergebnis von Schäden an Gütern oder der Umwelt (aus DIN EN 61508 Beiblatt 1, 2005-10)

Freiheit von unvertretbarem Risiko eines von den betrachteten sicherheitsrelevanten Systemen ausgehenden außerhalb derselben auftretenden Schadens (DIN IEC 60050- 351:2014-09)

Im Englischen wird zwischen Safety und Security unterschieden. Man kann die Bedeutungen von Safety und Security anhand der folgenden Beschreibung unterscheiden:

Die Gebäude einer absolut sicheren Organisation (im Sinne von Safety) haben keine Türen, sondern nur Durchgänge, damit sich im Falle z.B. eines auftretenden Brandes alle Mitarbeiter völlig ungehindert in Sicherheit bringen können. Im Gegensatz dazu haben die Gebäude einer absolut sicheren Organisation im Sinne des Security Konzeptes keine Türen, sondern nur Mauern, da dadurch eine Gefährdung durch Eindringlinge mit bösartigen Absichten verhindert oder zumindest verringert werden kann. Die Gefährdungen im Sinne von Security Betrachtungen sind oftmals beabsichtigter Natur.

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Dr. Neubauer Elektromagnetische Felder und der Mensch Seite 4.2.3

RISIKOWAHRNEHMUNG

Mit der Risikowahrnehmung bezeichnet man die Einschätzung einer Risikosituation aufgrund intuitiver Beurteilung, persönlicher Erfahrung und aufgenommener Informationen (z.B. durch Medien) (Wiedemann (00)).

Bild 4.2-1: Risikowahrnehmung (vermeintlich) kontrollierter Risken (Dürrenberger und Kastenholz (04))

Konflikte um Risken entstehen dann, wenn unterschiedliche Personen oder Gruppen verschiedener Meinung darüber sind, ob ein Risiko besteht, wie groß es ist und ob vorhandene Sicherheitsmaßnahmen ausreichen. Experten sehen Risken als Kennzahlen für Gefahrenpotentiale (Wiedemann (00)). Laien gehen an Risikofragen anders heran. Folgen haben ebenfalls eine Bedeutung, jedoch spielen soziale Zusammenhänge eine wesentliche Rolle (Identifizierung beteiligter Personen in Täter und Opfer, Zuschreibung von Absichten und Motiven, Ereignislogik, die Angabe von Folgen, Formulierung einer Quintessenz (Moral) und die Benennung von Präzedenzfällen).

In der subjektiven Risikobewertung spielen acht Faktoren eine wesentliche Rolle:

Nutzen (persönlich, gesellschaftlich, ökologisch)

Bedrohung (persönlich, gesellschaftlich, Angstpotential (vor allem bei Neuartigem, die Ungewissheit verursacht die größte Angst, Katastrophenpotential, emotionale Betroffenheit (z.B. Kinder))

Beherrschbarkeit (Freiwilligkeit, Kontrollierbarkeit, Durchschaubarkeit)

Vertrautheit (Alltäglichkeit, Gewöhnung, persönliches Wissen)

Gerechtigkeit (Kopplung Schaden – Nutzen, Gleichverteilung Schaden Nutzen

Bekanntheit (mediale Präsenz, öffentliche Diskussion, Bekanntenkreis)

Persönliche Akzeptanz (Vertrauen, Wertvorstellungen, soziale und kulturelle Gruppenzugehörigkeit, Geschlecht)

Stigmatisierung (Angstpotential des Risikofaktors (Krebs, persönliche soziale Bedrohtheit (Kündigung, Prestigeverlust)), Enttäuschung)

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Dr. Neubauer Elektromagnetische Felder und der Mensch Seite 4.2.4

Bild 4.2-2: Risikowahrnehmung unkontrollierter Risken (Dürrenberger und Kastenholz (04)) Im Falle von Bild 4.2-1 sind persönlicher Nutzen, Bekanntheit, Freiwilligkeit und Kontrolle gegeben, daher wird diese Art von Risiko oft akzeptiert. Bild 4.2-2 zeigt ein gegenteiliges Beispiel.

Es gibt auch durchaus Situationen, in denen ein unmittelbares Risiko nicht sofort ersichtlich ist, wohl aber die Chancen die eine Situation oder ein Ereignis mit sich bringen. Ein Beispiel dafür ist die Schaffung neuen Wohnraumes oder neuer Arbeitsstätten (siehe Bild 4.2-3).

Bild 4.2-3: Wohnraumschaffung: Szenario, das sowohl als Chance als auch als Risiko wahrgenommen werden kann

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Dr. Neubauer Elektromagnetische Felder und der Mensch Seite 4.2.5

Es ist naheliegend, dass neue Wohnräume Chancen sowohl für Personen die nach Wohnraum suchen als auch für den Arbeitsmarkt darstellen. Implizite Risken sind nicht unbedingt unmittelbar ersichtlich, die Wahrnehmung solcher hängt sehr stark von der subjektiven Einschätzung des Betrachters ab.

Chancen und Risiken können auch als Facetten einer Taxonomie dargestellt werden (siehe auch Kapitel 3a „Elektromagnetische Bedrohungen“)

Bild 4.2-4: Facetten der Risiko– bzw. Chancenwahrnehmung am Beispiel Neubauten am Stadtrand

Die folgenden Bilder illustrieren die Situation in der Mobilkommunikation und vergleichen Mobiltelefonbenutzung mit anderen möglichen Risikofaktoren.

Bild 4.2-5: Unterschiede in der Wahrnehmung zwischen Basisstation und Mobiltelefon (Dürrenberger und Kastenholz (04))

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Dr. Neubauer Elektromagnetische Felder und der Mensch Seite 4.2.6

Bild 4.2-6: Unterschiede in der Wahrnehmung unterschiedlicher möglicher Risikofaktoren (Dürrenberger und Kastenholz (04))

In der Wissenschaft werden Risken anders bewertet. Folgende Fragen werden in der nachfolgenden Reihenfolge geklärt (Leitgeb (03)):

1) Gibt es eine biologische Wirkung?

2) Wenn ja, tritt diese Wirkung beim Menschen auf?

3) Wenn ja, ist sie physiologisch relevant?

4) Wenn ja, ist sie gesundheitsrelevant?

5) Ist sie unter Alltagsbedingungen möglich?

6) Ist sie der Bevölkerung zumutbar?

RISIKOMANAGEMENT

In verschiedenen Ländern kommen teilweise sehr unterschiedliche Grenzwertkonzepte zur Beschränkung der Exposition der Bevölkerung zum Tragen. Dies liegt unter anderem im unterschiedlichen Risikomanagement in den verschiedenen Ländern begründet.

Unter Risikomanagement kann man die Maßnahmen zur Reduzierung, Steuerung und Regulierung von Risken verstehen. Risikomanagement wird meist von der Politik wahrgenommen, die Wissenschaft soll die benötigten Daten dazu bereitstellen. Ein Beispiel für Risikomanagement ist das weltweite Management der COVID-19 Krise.

RISIKOKOMMUNIKATION und RISIKOKOMPETENZ

Unter Risikokommunikation kann man den gezielten Austausch von Informationen über die mögliche Auswirkung von Ereignissen, Handlungen oder Technik auf die menschliche Gesundheit, die Funktionsfähigkeit ökologischer Systeme oder den materiellen oder ideellen Wert kultureller Errungenschaften verstehen (Wiedemann (00)). Risikokommunikation kann der Verbesserung des

0 10 20 30 40 50 60

Handies Atomenergie Genfood Klima

Starke Besorgnis Großer Nutzen Katastrophenpotential

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Dr. Neubauer Elektromagnetische Felder und der Mensch Seite 4.2.7

Wissens über Risken, über Einstellungs- und Verhaltensänderungen bis zur Konfliktlösung dienen.

Wesentliche Elemente sind das Schaffen von Vertrauen und Glaubwürdigkeit, Information und Wissensvermittlung.

Nach Wiedemann 2020 sollte Risikokommunikation aufklären und zu informierten Entscheidungen befähigen. In diesem Sinne ist Risikokommunikation danach zu beurteilen, ob sie Ängste (oder unberechtigte Hoffnungen) schürt oder Ängsten und Sorgen Aufklärung entgegensetzt. Gute Risikokommunikation setzt diffusen Ängsten differenzierte Information entgegen (Risikokommunikation – was läuft bei der Kommunikation zur COVID-19 Pandemie in Deutschland falsch?, Skeptiker, 2/2020) Gute Risikokommunikation unterstützt auch die Erhöhung der Risikokompetenz der Bevölkerung. Eine Möglichkeit ist beispielsweise der Einsatz von Faktenboxen. Diese unterstützen die Entscheidungsfinden von Betroffenen, wie es in Tabelle 4.2-1 zum Thema Früherkennung von Brustkrebs durch Mammografie erläutert wird (Gigerenzer 2013, Risiko – wie man die richtigen Entscheidungen trifft, C. Bertelsmann, 2013).

1000 Frauen ohne Screening 1000 Frauen mit Screening Nutzen

Wieviele Frauen starben an

Brustkrebs? 5 4

Wieviele Frauen starben an

Krebserkrankungen aller Art 21 21

Schaden

Wieviele Frauen ohne Brustkrebs erhielten falsch positive Fehldiagnosen oder Biopsien?

- 100

Wieviele Frauen mit nichtprogressivem Brustkrebs

erhielten unnötige

Behandlungen wie teilweise oder vollständige Entfernung der Brust?

- 5

Tabelle 4.2-1: Faktenbox für Brustkrebs Screening mittels Mammografie. Zahlen für Frauen ab 50 Jahren, die 10 Jahre am Screening teilgenommen haben (Gigerenzer 2013) In diesem Zusammenhang ist es auch erforderlich zwischen Risiko und Ungewissheit unterscheiden zu können. Nach Gigerenzer 2013 spricht man von einem Risiko, „wenn sich die mit einem Ereignis assoziierte Ungewissheit anhand empirischer Beobachtungen oder kausalem Wissen quantifizieren lässt. … Relative Wahrscheinlichkeiten und Häufigkeiten sind Möglichkeiten, Risken auszudrücken.“ Im Gegensatz dazu bedeutet Ungewissheit, dass „einige Risken unbekannt sind. …. Ungewissheit kann nicht nur das Auftreten unbekannter Wahrscheinlichkeiten, sondern auch, dass nicht alle Alternativen (einer Entscheidung) und Konsequenzen bekannt sind, bedeuten.

Ungewissheit verlangt Werkzeuge, die über die Wahrscheinlichkeitstheorie hinausgehen, zum Beispiel intelligente Faustregeln (Heuristiken).“

Beispiele für Situationen wo Risken auftreten sind Würfelspiele, Lotterien oder Spielautomaten, Situationen wo Ungewissheit besteht, sind der Gesundheitsbereich oder die Wirtschaft.

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In diesem Zusammenhang wird die Truthahn Illusion anhand eines Beispiels erläutert, die auf einer Erzählung von Nassim Taleb beruht (aus Gigerenzer 2013):

„Versetzen Sie sich in die Gemütsverfassung eines Truthahns. Am ersten Tag ihres Lebens kam ein Mann. Sie befürchteten, er wolle sie töten, aber er war freundlich und gab Ihnen Futter. Am folgenden Tag näherte sich der Mann erneut. Wird er mich wieder füttern? Nach der Wahrscheinlichkeits-Theorie können Sie berechnen wie groß die Aussicht dafür ist. Man spricht von der Laplace Regel, es dreht sich um die Wahrscheinlichkeit, dass etwas abermals geschieht, wenn es schon n Male passiert ist“

Pturkey = (n+1)/(n+2) (4.2-7)

n = Anzahl der Tage, die der Bauer den Truthahn gefüttert hat

„Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bauer den Truthahn wieder füttern wird demnach nach zwei Tagen ¾, nach 99 Tagen 100/101. Das Problem des Truthahns ist, dass am 100. Tag Thanksgiving ist.

Thanksgiving war dem Truthahn nicht bekannt, hätte der Truthahn alle Risken gekannt, wäre die Anwendung der Laplace Regel durchaus sinnvoll gewesen.“ Der Truthahn hat letztendlich Ungewissheit mit Risiko verwechselt. Eine Faustregel für den Truthahn wäre es zum Beispiel gewesen, darauf zu achten, ob der Bauer ein Beil mit sich trägt.

Risikokompetenz macht es auch erforderlich mit falschen Aussagen (Fakenews) umgehen zu können.

Ein Beispiel dafür ist die Wakefield Studie (nach Hacker 2021, Pandemien, Corona und die neuen globalen Infektionskrankheiten). Wakefield und Kollegen haben 1998 eine Fallserie in the Lancet mit Hinweisen, dass die Impfung gegen Mumps, Masern und Röteln die Ursache für Entwicklungsstörungen sein könnte, publiziert (Fallzahl n=12, nichtstandardisiertes Design, spekulativer Charakter der Schlussfolgerungen). Eine Konsequenz der Publikation war, dass die Impfzahlen in UK zu sinken begannen. Mehrere epidemiologische Studien wiederlegten Wakefield, Wakefield hatte es zudem verabsäumt finanzielle Interessen offenzulegen. Wakefield war nach Hacker von Anwälten finanziert worden, die von in Klagen gegen Impfstoffhersteller involvierte Eltern engagiert worden waren. Lancet zog den Artikel zurück, Wakefield erhielt von der britischen Ärztekammer ein lebenslanges Berufsverbot, es stellte sich letztendlich auch Faktenfälschung heraus. Trotzdem sank die Impfrate in Großbritannien von 92 % im Jahr 1996 auf 79% im Jahr 2003 (für eine erfolgreiche Eindämmung der Masern ist eine Impfrate von 95 % erforderlich), die Gerüchte, dass die Impfung gegen Mumps, Masern und Röteln für Entwicklungsstörungen ursächlich sein könnte, halten sich bis heute.

Risikokompetenz erfordert auch den Umgang mit Verschwörungstheorien. Ein prominentes Beispiel ist die Behauptung, SARS-CoV-2 ist in einem Geheimlabor entwickelt und in Verkehr gebracht worden um Pharmafirmen oder Bill Gates große Gewinne zu bescheren. Die Stiftung von Bill und Melinda Gates unterstützt tatsächlich ein Institut, das ein Patent mit dem Namen Coronavirus hält. Bei diesem Patent aus dem Jahr 2015 geht es um die Entwicklung eines Impfstoffes gegen einen Geflügelvirus, der mit dem SARS-CoV-2 nichts zu tun hat (Hacker 2021).

Abschließend wird auf ein paar Behauptungen rund um 5G eingegangen. 5G wird häufig mit SARS- CoV-2 in Zusammenhang gebracht1. Diese Verschwörungstheorien haben auch dazu geführt, dass 5G Basisstationen z.B. in den UK in Brand gesetzt wurden. Es gibt zwei Hauptargumentationslinien über den behaupteten Zusammenhang zwischen 5G und COVID-19

• 5G schwächt das Immunsystem und macht Menschen vulnerabler im Hinblick auf eine Ansteckung durch SARS-CoV-2

1 https://www.bbc.co.uk/bitesize/articles/zbw492p,Zugriff 26.05.2020

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Dr. Neubauer Elektromagnetische Felder und der Mensch Seite 4.2.9

• Das Virus wird über das 5G Netzwerk übertragen

Die erste Argumentationslinie ist zumindest denkbar, wiewohl es keine Evidenz für diese Behauptung gibt. Die zweite Argumentationslinie ist auch grundsätzlich falsch, weil kein physikalischer Mechanismus bekannt ist, wie eine elektromagnetische Welle einen Virus transportieren könnte. Diese Behauptungen könnten entstanden sein, weil Wuhan einerseits einer der ersten Städte war, wo 5G getestet wurde und andererseits die COVID-19 Pandemie in dieser Stadt ihren Ausgang nahm.

Dieser Behauptung bzw. Verschwörungstheorie kann man beispielsweise entgegenhalten, dass COVID-19 sich in vielen Ländern wie z.B. dem Iran stark ausgebreitet hat, wo gar kein 5G Netzwerk ausgerollt wurde2. Trotzdem werden weiter falsche Behauptungen über 5G verbreitet, teilweise auch durch Prominente oder Politiker3. Ein Vergleich zwischen älteren Mobilfunktechnologien und 5G findet sich in Kapitel 5.2.

2 https://www.who.int/images/default-source/health-topics/coronavirus/myth-busters/web- mythbusters/eng-mythbusting-ncov-(15).png?sfvrsn=a8b9e94_4, Zugriff am 26.05.2021

3 https://www.bbc.com/news/53191523, Zugriff am 26.05.2021

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