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Rebus-, Buchstabiersilben- und Konsonantenschrift. Präzisierungen zur Gelbschen Interpretation der altägyptischen Hieroglyphenschrift als einer Silbenschrift

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(1)

GM 52 (1981) 83

Rebus-, Buchstabiersilben- und Konsonantenschrift

Präzisierungen zur Gelbschen Interpretation der altägyptischen Hieroglyphenschrift als einer Silbenschrift

von Wolfgang Schenkel

Traditionell werden die Phonogramme der altägyptischen Hiero­

glyphenschrift als Ein­, Zwei­ und evtl. Drei­Konsonanten­Zei­

chen verstanden. Nach der Theorie von I.J. Gelb dagegen han­

delt es sich bei den Phonogrammen um Silbenzeichen, um Zeichen für Silben mit bestimmtem Konsonanten, aber beliebigem Vokal^

So sei etwa statt eines "Ein­Konsonanten­Zeichens" K , z.B. m, in Wirklichkeit K

x

, im Beispiel also m*, zu lesen, d.h. eine Silbe aus einem bestimmten Konsonanten, hier m, plus einem be­

liebigen Vokal, also wahlweise z.B. a, ä, i, i,

u

, ü, t> (und evtl. mehr).

Die Begründung dieses Ansatzes lautet im wesentlichen so:

a) Die Geschichte der Schrift kennt keine Entwicklung einer Wort­Schrift (wie auch die altägyptische noch teilweise ei­

ne ist) zu einer Konsonanten­Schrift. Eine solche Entwick­

lung sei schlechterdings undenkbar. Vielfältig bezeugt ist dagegen die Entwicklung einer Wort­Schrift zu einer Silben­

Schrift

2

' .

b) Für die semitischen Schriften läBt sich auf Grund diverser Indizien der Nachweis führen, daß diese Schriften ­ im Ge­

gensatz zu der hieraus entwickelten griechischen Schrift ­ 3)

noch Silbenschriften sind . Das wichtigste Indiz ist dies,

1) I.J. Gelb, A Study of Writing, Chicago/London 1963, bes.

S. 75­81.

2) Gelb, op. cit. (Anm. 1), S. 78f.

3) Gelb, op. cit. (Anm. 1), S. 148­153.

(2)

daß in semitischen S c h r i f t e n , die n a c h t rä g l i c h eine V o k a l ­ schreibung einführen, das u n m a r k i e r t e Zeichen nicht K o n s o ­ nant ohne V o k a l b e z e i c h n e t (im Ä t h i o p i s c h e n z.B. b e z e i c h n e t das u n m a r k i e r t e Zeichen den K o n s o n a n t e n plus folgendes a), w ä h r e n d K o n s o n a n t ohne folgenden Vokal durch dieses Zeichen plus einer M a r k i e r u n g für V o k a l l o s i g k e i t g e s c h r i e b e n w i r d , in derselben W e i s e , w i e man die V e r b i n d u n g K o n s o n a n t plus anderen Vokal schreibt.

c) Die semitischen S c h r i f t e n sind auf die a l t ä g y p t i s c h e H i e r o ­ g l y p h e n s c h r i f t z u r ü c k z u f ü h r e n . W e n n aber die semitischen S c h r i f t e n (noch) S i l b e n s c h r i f t e n seien, sei dies auch von der, w a s die V o k a l s c h r e i b u n g anbelangt, g l e i c h a r t i g e n H i e r o ­

4) g l y p h e n s c h r i f t zu fordern

Für alle E i n z e l h e i t e n und einige R a n d a r g u m e n t e m u ß auf Gelbs A u s f ü h r u n g e n verwiesen w e r d e n , da es im v o r l i e g e n d e n Z u s a m m e n ­ hang nur auf eine Illustration des G e d a n k e n g a n g s a n k o m m t .

Ich h a l t e die S c h l u ß f o l g e r u n g e n Gelbs, was die s e m i t i s c h e n Schriften angeht, für zwingend und erkenne an, daß sich h i e r ­ aus K o n s e q u e n z e n für die B e u r t e i l u n g der ägyptischen H i e r o g l y ­ p h e n s c h r i f t ergeben, allerdings n i c h t genau die, die Gelb zie­

hen zu d ü r f e n glaubte. Bevor ich jedoch in eine K r i t i k des Gelbschen A n s a t z e s e i n t r e t e , m ö c h t e ich mit a l l e r D e u t l i c h k e i t feststellen, daß ich jeden S t a n d p u n k t , der v o r der G e l b ­ schen Theorie h a l t m a c h t , für v e r f e h l t h a l t e . A u c h w e n n ich zu einer etwas anderen A n s i c h t als Gelb gelange, so h a l t e ich sei­

nen A n s a t z w i s s e n s c h a f t s g e s c h i c h t l i c h für eine w e s e n t l i c h e Etappe. Mit intuitivem Unbehagen am G e l b s c h e n A n s a t z allein, w i e es b e i t h e o r i e ­ f r e m d e n P h i l o l o g e n aufzutreten pflegt, ist nichts g e w o n n e n . Der G e l b s c h e A n s a t z w i l l , w e n n er einem nicht behagt, ü b e r w u n d e n w e r d e n . Dazu m u ß man ihn zuerst aber einmal als eine s i n n v o l l e H y p o t h e s e akzeptiert h a b e n .

4) Gelb, op. cit. (Anm. 1), S. 147f.

(3)

Angenommen werden soll a), die altägyptlsche Hieroglyphen­

schrift sei in ihrem phonographischen Teil eine Silbenschrift.

Angenommen sei ferner b), die altägyptische Sprache besitzt ge­

schlossene Silben. Angenommen sei schließlich und letztens c), geschlossene Silben können mit zwei "Ein­Konsonanten­Zeichen"

geschrieben werden.

Die Beschränkung der Argumentation auf "Ein­Konsonanten­

Zelchen" hat allein den Sinn, die Beweisführung so ein­

fach wie möglich zu gestalten. Im Prinzip könnte man auch "Zwei­Konsonanten­Zeichen" oder, falls existent,

"Mehr­als­zwei­Konsonanten­Zeichen" heranziehen, wür­

de hierfür aber wesentlich aufwendiger argumentieren müssen, weil "Mehr­Konsonanten­Zeichen" im Prinzip mehr verschiedene Silbenstrukturen darstellen können als "Ein­

Konsonanten­Zeichen" (ein Beispiel für "Mehr­Konsonanten­

Zeichen" wird unten in anderem Zusammenhang gegeben; sie­

he den nächsten eingerückten Absatz).

Akzeptiert man die drei Annahmen a) bis c), dann muß man auch akzeptieren, daß es sich bei den Silben dieser Schrift nicht in jedem Fall um die Silben der damit geschriebenen Sprache handelt. Man muß vielmehr mit einer Art "Buchstabiersilben"

rechnen. Beispiele (unter Außerachtlassung möglicher Semogram­

me, d.h. konkret: sog. Determinative):

*rlh

"wissend" mit e i n e r , und zwar einer geschlosse­

nen Silbe, geschrieben mit einer Folge von zwei "Ein­Kon­

sonanten­Zeichen" ( 9 ), d.h. als Folge von zwei "Buchsta­

blersilben", r* + h* (oder z.B. auch r

x

+ *h);

t

- *rlh~t

"wissende (f.sg.)" mit zwei Silben, einer offenen und einer geschlossenen, geschrieben mit drei "Ein­Konso­

nanten­Zeichen" ( • ), d.h. als Folge von drei "Buchsta­

biersilben", r

x

+ Jj

x

+ t

x

(oder z.B. auch r

x

+ h* +

x

t;

r

x

+

x

h +

x

t).

(4)

Die Zusatzannahme b) gilt zum mindesten für die Zeit des Urkop­

tischen (Paläokoptischen), d.h. der lautgesetzlich rekonstruier­

ten Sprachstufe, in der die Silbenstruktur durch das sog. Zwei­

silbengesetz gesteuert wird, das offene und einfach geschlossene Silben zuläßt. Nimmt man (was hier nicht diskutiert werden kann, aber der Communis opinio entspricht) zusätzlich d) an, daß diese hypothetische Sprache approximativ ein Altägyptisch des Alten und des Mittleren Reiches ist, so gilt auch Zusatzannahme c).

Zu dieser Zeit werden urkoptische Formen, wie die als Beispiele zitierten, in der Tat in der angegebenen Weise mit "Ein­Konso­

nanten­Zeichen" geschrieben.

Die einfachst­mögliche Hypothese über den Zusammenhang zwischen Sprachsilben und "Buchstabiersilben" ist die, daß offene Silben als e i n e "Buchstablersilbe" gelten und geschlossene Silben in zwei offene "Buchstabiersilben" aufgebrochen werden. Dies ist das Prinzip, nach dem die semitischen Silbenschriften ver­

fahren.

Während aber die semitischen Schriften ausschließlich dieses Prinzip anwenden, kennt die altägyptische Hieroglyphenschrift bei den "Zwei­Konsonanten­Zeichen" (und evtl. allgemein: "Mehr­

Konsonanten­Zeichen") noch ein anderes Prinzip.

Dieser Unterschied zum Semitischen beruht, um dies ausdrücklich zu sagen, nicht auf der über Eins hin­

ausgehenden Anzahl von Konsonanten, die nur in der Hieroglyphenschrift realisiert ist. "Mehr­Konsonanten­

Zeichen" können im Prinzip genau die "Buchstabiersil­

ben" enthalten, die bei "Ein­Konsonanten­Zeichen" vor­

liegen dürften, mit dem einzigen Unterschied, daß z.B. ein "Zwei­Konsonanten­Zeichen" zwei "Buchstabier­

silben" darstellt, während ein "Ein­Konsonanten­Zei­

chen" e i n e "Buchstabiersilbe" wiedergibt. Z.B.

kann *min "bleibend" als die "Buchstabiersil­

ben"­Folge

mxn*

(mit "Komplement"

nx)

aufgefaßt wer­

den, SS«

*ain^t

"bleibende" als die "Buchstabier­

a

silben"­Folge

mxnx + tx

(ebenfalls mit "Komplement"

n ) .

(5)

Es handelt sich bei dem zweiten Prinzip um folgendes:

Die ägyptischen "Mehr­Konsonanten­Zeichen" stehen keineswegs im­

mer, wie man nach dem ersten Prinzip annehmen müßte, für belie­

bige Silbenfolgen, die die betreffenden Konsonanten enthalten.

Ihre Setzung hängt vielmehr teilweise mit einer ganz bestimmten Silbenstruktur zusammen. Dies ergibt sich aus der unterschied­

lichen Auswahl von "Mehr­Konsonanten­Zeichen" in der Orthogra­

phie bestimmter Wörter. Dies sei an Wörtern exemplifiziert, die mit der Konsonantenfolge jw beginnen.

Die Konsonantenfolge jw kann in "klassischer" Orthographie auf folgende Arten phonographisch geschrieben werden"^ :

a) mit der Zeichenfolge "Ein­Konsonanten­Zeichen" j + "Ein­Kon­

sonanten­Zeichen" w ( ^ ) , z.B. die "Partikel" *j^we- (?) ;

*jaw£f "Fleisch" (meist nur jf geschrieben; *j%w

c

aw "der Er­

be" (allerdings nur AR­Orthographie, vgl. b)) zur Wurzel jw

c

"erben";

b) mit dem "Zwei­Konsonanten­Zeichen" jw ( & 0 , z.B. *jaw "bö­

se, das Böse" zur Wurzel jwj "böse sein"; *jawräyJt "Bohne"

zur Wurzel jwr "schwanger werden, sein"; *jaw

c

aw "der Erbe"

zur Wurzel jw° "erben"; *j^wnew^t "Säulenhalle" (dies auch nach d) schreibbar);

c) mit dem "Ein­Konsonanten­Zeichen" j + "Zwei­Konsonanten­Zei­

chen" für w und einen folgenden dritten Konsonanten, z.B.

mit "Zwei­Konsonanten­Zelchen" wn (^,) : *jaw£n "Farbe";

mit "Zwei­Konsonanten­Zeichen" wl jwi "ein Rind";

d) zusammen mit einem dritten Konsonanten n mit Hilfe des "Drei­

Konsonanten­Zeichens" (wenn man das Zeichen als Phonogramm und nicht als Logogramm klassifiziert) jwn (£j)# z.B.

*j"wan~w "Heliopolis".

5) Rekonstruierte Wörter meist nachgewiesen bei Jürgen Osing,

Die Nominalbildung des Ägyptischen, Mainz 1976.

(6)

Daneben gibt es eine Reihe von mit jw beginnenden Wörtern, die eindeutig logographisch geschrieben zu werden pflegen, z.B. jw

"Insel" (er?)/ jwj "kommen" ^ ). Im übrigen sei ausdrück­

lich darauf hingewiesen, daß es sich bei den angeführten Schreibweisen um die "Standard­Orthographie" handelt, daß also andere Schreibweisen nach einem alternativen Muster im Einzel­

fall durchaus belegt sein können. Besonders die AR­Orthographie läßt Schwankungen zu (vgl. oben das Beispiel *jaw°aw "der Er­

be") .

Aus der Analyse des Befundes nimmt man zweckmäßig zunächst ein­

mal alle deverbalen Nomina heraus. Diese werden nicht anders geschrieben als die zugrundeliegenden Verben. Verben aber ha­

ben bekanntermaßen Formen unterschiedlicher Silbenstruktur

6

', so daß also hier nicht bei konstanter Schreibung für jede Form und daher auch nicht für jede der möglichen nominalen Ablei­

tungen eine genaue Korrespondenz Silbenstruktur ~> Orthographie

« Zr C

bestehen kann. Es scheiden also aus: der Beleg jaw aw aus a) sowie die gesamte Gruppe b) mit Ausnahme von *j"wnew

J

t. Damit bleiben nur noch Belege übrig, die mit dem "Ein­Konsonanten­

Zeichen" J beginnen (Gruppe a)), und solche, die das "Drei­

Konsonanten­Zeichen" (?) jwn verwenden. Nach dieser Bereini­

gung ergibt sich folgender Befund:

­ Gehören die ersten beiden Konsonanten zu verschiedenen Sil­

ben, so steht das "Zwei­Konsonanten­Zeichen" jw ($*•*) nicht.

Es wird vielmehr, sofern mari nicht das "Drei­Konsonanten­

Zeichen" (?) jwn verwendet, der Konsonant der ersten Silbe mit der Struktur Kv durch das "Ein­Konsonanten­Zeichen" j geschrieben. Bei der Schreibung der zweiten Silbe treten dann zwei Unterfälle auf:

6) Z.B. haben (bei dreiradikaligen Verben) perfektische aktive Partizipien die Form m. KaKiK bzw. KlKaK (erste Silben offen und betont), f.

Kawt

bzw.

K^K"t

(erste Silbe geschlossen und betont), die Verbalform stfm­f mit einkonsonantigem Suffix die Form

K^KKÜf

bzw.

K"KKff

(erste Silbe geschlos­

sen und unbetont), die Verbalform sdm.n-f mit einkonsonan­

tigem Suffix die Form

KaKeKnaf

(erste Silbe offen und unbe­

tont) .

(7)

- Folgt ein dritter Konsonant und gibt es ein "Zwei-Konsonan­

ten­Zeichen" für v + diesen Konsonanten, so steht dieses

"Zwei­Konsonanten­Zeichen":

jawen

"Farbe", geschrieben

j +

wn (O^L.).

­ Folgt ein dritter Konsonant und es gibt kein "Zwei­Konso­

nanten­Zeichen" für w + diesen Konsonanten oder es folgt kein dritter Konsonant, so wird

w

geschrieben:

*j^we- (?)

("Partikel"), geschrieben

j + w

(Qfe):

*jawef

"Fleisch", geschrieben gelegentlich j + w + f ( § J ^ ) •

­ Gehören die ersten beiden Konsonanten zu derselben Silbe, so kann das "Zwei­Konsonanten­Zeichen"

jw

(4a»,) stehen:

*j"wnew^t

"Säulenhalle", geschrieben gerne mit jw + n (^JJ).

Dieses Ergebnis wird bestens abgerundet durch den Befund bei der Konsonantenfolge jwn, die mit dem "Drei­Konsonanten­Zeichen"

(?) jwn (Q) geschrieben werden kann. Vermutlich sind alle Wör­

ter, die in der "Standard­Orthographie" mit dem Zeichen des jwn- Pfeilers geschrieben werden können, etymologisch mit dem Wort jwn "Pfeiler" verwandt. Das Zeichen wäre demnach eher als Logo­

gramm anzusetzen denn als "Drei­Konsonanten­Zeichen", wie oben vorläufig angenommen. Um so kurioser wäre der folgende Tatbe­

stand: Ausgerechnet das Wort

*j~wnew»t

"Säulenhalle, Hof mit Pfeilern", eine Kollektivbildung zu jwn "Pfeiler", das also mit Sicherheit etwas mit dem Objekt jwn­Pfeiler zu tun hat, wird im Gegensatz zu allen anderen beurteilbaren jwn­Wörtern sehr gerne statt mit dem Pfeiler mit dem "Zwel­Konsonanten­Zeichen" jw und einem folgenden "Ein­Konsonanten­Zeichen" n geschrieben

etc.). Der Grund hierfür dürfte folgender sein: Das Wort jwn, die Bezeichnung des jwn-Vfeilers, muß nach den Sil­

benbildungsgesetzen des Ägyptischen (Urkoptischen) die Struktur Kv)KvK besitzen. Eine solche Struktur hat denn auch das damit wohl verwandte einzige Wort, dessen Vokalisation sich teilwei­

se rekonstruieren läßt,

*j»wan^w

"Heliopolis .

*jvwnew"t

dage­

gen hat die hiervon abweichende Silbenstruktur

KVK\KV

etc.

Es eröffnet sich hier ein schönes Feld für orthographische Un­

tersuchungen, allerdings ein recht dornenreiches. Z.B. zeigt

(8)

schon ein B l i c k auf die m i t jn beginnenden Wö r t e r , daß m i t den bei der K o n s o n a n t e n f o l g e jw gefundenen Fällen die M ö g l i c h k e i t e n der O r t h o g r a p h i e n i c h t erschöpft sind. Das Zeichen jn ( 0 < )

i s t e h t u.a. auch in einem W o r t der S t r u k t u r KV\KVK, *janXm "Haut"

( Q S l J ^ '

" allerdings m i t den K o m p l e m e n t e n j und n

( Q ^ ) ,

w a s eben doch ein anderer Fall sein kann als der des k o m p l e m e n t ­ losen " Z w e l ­ K o n s o n a n t e n ­ Z e i c h e n s " jw (&a\). Auf der anderen Sei­

te steht das Zeichen jn nicht in einem W o r t der p a s s e n d e n S t r u k ­ tur Kv\KVK, *jän"r "Stein" (t f ^ ) . Dabei ist zu b e a c h t e n , daß das

" Z w e i ­ K o n s o n a n t e n ­ Z e i c h e n " jn ein r e l a t i v junges P h o n o g r a m m in diesen Wörtern ist, das b e i seiner E i n f ü h r u n g teilweise nach graphischen G e s i c h t s p u n k t e n in ältere S c h r e i b u n g e n eingefügt w o r d e n sein könnte, in denen es sich als R a u m f ü l l e r gut ausnahm

­ so in "janam "Haut", für das vorher die schwer zu g r u p p i e r e n ­ de Zeichenfolge b e l e g t ist; d a g e g e n n i c h t in *jän"r

"Stein", dessen G r u p p i e r u n g als Q^I^ durch ein h o r i z o n t a l e s Zeichen im A u s s e h e n nur v e r s c h l e c h t e r t w e r d e n k a n n . E i n e u m f a s ­ sende A n a l y s e der O r t h o g r a p h i e h ä t t e sicher auch g r a p h i s c h e Prinzipien in Rechnung zu stellen. Die " S t a n d a r d ­ O r t h o g r a p h i e "

hat h i s t o r i s c h e "Schichten". ­ Dies nur am Rande.

Die v o r a n g e h e n d e Untersuchung der V e r w e n d u n g d e r "Zwei­Konso­

n a n t e n ­ Z e i c h e n " zeigt, daß " Z w e i ­ K o n s o n a n t e n ­ Z e i c h e n " n i c h t im­

m e r einfach einer A d d i t i o n aus zwei " E i n ­ K o n s o n a n t e n ­ Z e i c h e n "

e n t s p r e c h e n . W ä h r e n d " E i n ­ K o n s o n a n t e n ­ Z e i c h e n " theoretisch ei­

ne b e l i e b i g e "Buchstabiersilbe" d a r s t e l l e n , ist die S e t z u n g von " Z w e i ­ K o n s o n a n t e n ­ Z e i c h e n " fallweise daran g e b u n d e n , daß mit der ersten der beiden durch sie d a r g e s t e l l t e n "Buchstabier­

silben" gleichzeitig eine S p r e c h s i l b e b e g i n n t . M . a . W . : Der Durchbruch zum k o n s e q u e n t e n " B u c h s t a b i e r s l l b e n " ­ P r i n z i p , w i e es in s e m i t i s c h e n S c h r i f t e n realisiert ist, ist noch nicht e r ­ folgt ­ ganz abgesehen von der ebenfalls e r f o r d e r l i c h e n O b e r ­ w i n d u n g der s e m a n t i s c h e n K o m p o n e n t e der H i e r o g l y p h e n s c h r i f t

(Logogramme, D e t e r m i n a t i v e ) .

W e n n " Z w e i ­ K o n s o n a n t e n ­ Z e i c h e n " an S p r e c h s i l b e n gebunden sind, so bedeutet dies n i c h t s anderes, als daß m a n sie n i c h t v o l l ­ ends von den W ö r t e r n loslösen k o n n t e oder w o l l t e , aus d e n e n

(9)

sie nach dem Rebusprinzip gewonnen wurden und die mit ebendie- ser Sprechsilbenstruktur behaftet waren. Die altägyptische Hie­

roglyphenschrift ist also in ihrem phonographischen Teil in man­

chen Zügen immer noch eine Rebusschrift, auch wenn man im großen und ganzen bereits die Stufe einer " (Buchstabier­) Silben­

Schrift erreicht hatte.

Dieses Festhängen am Rebus läßt sich durch eine Reihe weiterer Beobachtungen belegen. Drei Tatbestände seien hier angeführt:

a) Zunächst sei an die allbekannte Zeichenklasse der sog. pho­

netischen Determinative erinnert, Zeichen, die nur in Phono­

gramm­Gruppen auftreten, nicht das bedeuten, was sie darstel­

len, aber auch nicht für sich allein als Phonogramme ge­

braucht werden können. So schreibt man gerne jb(j) "dürsten"

mit den Phonogrammen j und b mit Zusatz des Böckchens jb (und evtl. eines Determinativs, wie etwa des sitzenden Man­

nes mit der Hand am Mund)

( Q J ^ ( j t ) ) ) , d

­

h

­

e i n e

Standard­

Schreibung des W o r t e s jb "Böckchen" steht en bloc für das Wort jb(j) "dürsten" (durch ein zusätzliches Determina­

tiv kann man dann klarmachen, daß man "dürsten" meint und nicht "Böckchen"). Das ist nichts anderes als das Rebusprin­

zip, jetzt allerdings angewandt auf einen fortgeschrittenen Zustand des Darstellungssystems als eines echten Schrift­

systems (j und b sind zu dieser Zeit sicher "Phonogramme"

und kaum mehr etwas anderes als dies). Hier liegt nichts an­

deres vor, als wenn man spielerisch mit "Ga" ein "j'ai grand appetit" schreibt, was die Anwendung des Rebusprinzips unter Zugrundelegung der Objekte der Schrift bedeutet, nämlich des Objektes G mit der Bezeichnung "G grand" und des Objektes a mit der Bezeichnung "a petit", oder wenn man französische Automodelle als "DS" ("deesse") oder "ID" ("Idee") bezeich­

net.

7) Vgl. S. Schott, in: Handbuch der Orientalistik, Abschnitt

Ägyptische Schrift und Sprache, Leiden 1959, S. 33.

(10)

b) Das Rebusprinzip der Schriftzeichengewinnung feiert gerade in der Endphase der Hieroglyphenschrift,, in der Schrift der ptolemäisch­römischen Tempel, noch einmal Triumphe, als mit dessen Hilfe erneut eine Fülle von Phonogrammen geschaffen wurde, die das Inventar der Frühzeit oder der klassischen Zeit bei weitem übersteigt. M.a.W.: Das Rebusprinzip ist nie vergessen worden.

c) Daß das Rebusprinzip nie vergessen wurde, dürfte nicht zu­

letzt damit zusammenhängen, daß die Bildhaftigkeit der Hie­

roglyphen permanent erhalten blieb. Die Schriftzeichen sind stets Bilder geblieben, teilweise selbst in den Kursivschrif­

ten und selbst noch, zum mindesten, was einen Teil der De­

terminative angeht, in der kursivsten Schrift, dem Demoti­

schen. Die "Normschrift" dürfte stets die Bilderschrift ge­

wesen sein. Was hier Ursache und was Wirkung ist, läßt sich schwer entscheiden: Die Bildhaftigkeit der Schrift wirkt fördernd auf die stets neue Anwendung des Rebusprinzips; die Wortgebundenheit der Schrift (Wortschreibung) und das damit strukturell verankerte Rebusprinzip kann aber auch umgekehrt zur Erhaltung der Bildhaftigkeit beitragen. Rebusprinzip und Bildhaftigkeit stützen sich gegenseitig.

Daß die Ägypter den Weg zur konsequenten Silbenschrift nicht fanden, hat zwei Ursachen:

a) die hohen Anforderungen an die Abstraktion, um mit Hilfe des Rebusprinzips auf der Grundlage der ägyptischen Sprache ein Syllabar zu gewinnen;

b) die Beharrlichkeit, mit der die Ägypter an einzelnen einmal gefundenen Teillösungen festhielten, die sie folglich daran hinderte, das Gesamtsystem auf das Niveau der fortgeschrit­

tensten Erfahrungen zu heben.

Zu a) :

Die Schwierigkeit der Gewinnung von Silbenzeichen war für den

Ägypter auf Grund der Struktur seiner Sprache erheblich, und

(11)

zwar aus zwei Gründen:

­ Ägyptische Wörter bestehen in der Regel aus langen Ketten von Konsonanten und Vokalen. Dementsprechend ist die Wahrschein­

lichkeit, daß Wörter, die bildlich darstellbare Objekte be­

zeichnen, gleich oder doch sehr ähnlich klingen wie Lautfol­

gen bzw. Teil­Lautfolgen anderer Wörter, die etwas nicht Dar­

stellbares bezeichnen, verhältnismäßig gering

8

^.

­ Ägyptische Semanteme haben, soweit sie in die Wortbildung ein­

gehen und/oder der Flexion unterworfen sind, keine konstante Lautform. Zwar bleibt der Konsonantismus verhältnismäßig sta­

bil, es ändern sich aber oft Silbenstruktur, Akzentuierung und Vokalismus. Z.B. bildet man zu einem sg. "nätar "Gott"

einen pl. *natür"w oder zu einem m *gahas "Dorkasgazelle" ein f. *gahs~t "dto."; u. dgl. mehr. Bei der Anwendung des Rebus­

prinzips stellt sich die Frage, welche Lautform eines Wortes zugrunde gelegt werden soll.

Mutmaßlich ist das erstgenannte Problem das schwerwiegendere. Im Falle der unterschiedlich lautenden Wortformen mag es immerhin noch "natürliche" Auswahlkriterien geben: Der Singular mag "ele­

mentarer" sein als der Plural, das Maskulinum "elementarer" als das durch ein zusätzliches Morphem abgeleitete Femininum. Dage­

gen war eine hinreichende Menge von Phonogrammen nur dadurch zu gewinnen, daß man "es nicht sehr genau nahm", d.h. daß man, wo

"Gleiches" nicht zur Verfügung stand, auf "Ähnliches" rekurrier­

9)

te . Man ignorierte fallweise Silbenstruktur, Akzentuierung, Vokalismus. So verwendet man dann z.B. die Darstellung des Spiel­

bretts O als "Zwei­Konsonanten­Zeichen" mn in der Schreibung

8) Vgl. H. Brunner, Die Schrift der Ägypter, in: ü. Hausmann (Hrsg.), Handbuch der Archäologie, Allgemeine Grundlagen, München 1969, S. 208f.; id., Die altägyptische Schrift, in:

Studium generale 18, 1965, S. 758; Gelb, op. cit. (Anm. 1), S. 111 .

9) Vgl. Brunner, in: Studium generale (s. Anm. 8), S. 762.

(12)

/

des Wortes

*min

"bleibend" (geschlossene Silbe; betont; Vokal i) ebenso wie in der Schreibung des Wortanfangs von

*manäh^w

"Mei­

ßel" (zwei offene Silben; erste Silbe unbetont, zweite Silbe be­

tont: zweimal Vokal a). Aber man geht noch weiter: Man ignoriert auch "schwache" Konsonanten wie j, w und S und die "starken"

Konsonanten von Wortbildungs­ und Flexionselementen wie z.B. die Femininendung .t. So gewinnt man z.B. über das Wort

*dawäw->t

"ei­

ne Schlange" das Phonogramm ^ mit dem Lautwert d.

Die Komplexität dieses Abstraktionsprozesses darf man dann wohl dafür verantwortlich machen, daß Lösungen unterschiedlicher Struktur gefunden wurden: daß für einen Teil der Konsonantenfol­

gen "Mehr­Konsonanten­Zeichen" gewonnen wurden, daneben aber auch ein kompletter Satz von "Ein­Konsonanten­Zeichen" für alle in der Sprache vorkommenden Konsonanten; daß "Mehr­Konsonanten­Zeichen"

fallweise als echte Silbenzeichen im Sinne von Gelb, fallweise aber auch noch rebusartig­wortbezogen Verwendung fanden (z.B.

möglicherweise, um nur den Typ noch einmal zu exemplifizieren, in der Schreibung des Wortes

*j»wkn

"Farbe", in der der Hase

*v*n "darinsteckt"). Den Abstraktionsprozeß muß man sich lang­

wierig vorstellen. Man darf also erwarten, daß bei Abschluß der primären Entwicklungsphase einige früh gefundene Teillösungen schon so unverrückbar feststanden, daß man nie mehr zu einer endgültigen Revision des Systems kam, die zu einer Reduktion auf das einfachste gefundene Prinzip, die "Ein­Konsonanten­Zei­

chen", hätte führen können. Schriftgeschichtlich gesehen, blie­

ben die Ägypter also auf dem Weg zur konsequenten Silbenschrift des semitischen Typs stecken, ziemlich nahe bei einer solchen Lösung, aber eben doch, in einigen Zügen unverkennbar, davor.

Man könnte die Schrift, um sie in Gelbs Evolutionsschema einzu­

fügen, eine "Wort­Rebus­Silbenschrift" nennen.

Den entwicklungsgeschichtlich nächsten Schritt, den Schritt zur konsequenten Silbenschrift, vollziehen erst die semiti­

schen Schriften. Erst diese Schriften realisieren durchgängig das Prinzip der "Buchstablersüben". Nicht zufällig filtern sie aus dem hieroglyphischen Schriftsystem die "Ein­Konsonanten­Zei­

chen" heraus. Durch ihre große Anwendungsbreite waren diese

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schon früh zu echten Silbenzeichen geworden. Die Möglichkeit zur konsequenten Silbenschrift war also in der Hieroglyphen­

schrift angelegt. Das Prinzip tatsächlich zum alleinigen Prin­

zip der Schrift zu machen, verlangte, daß man sich über Tradi­

tionen hinwegsetzte. Die dazu nötige Unbefangenheit besaßen of­

fensichtlich nur Nicht­Ägypter.

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