Studiengang Betriebswirtschaft
Fach Außenwirtschaft (WPK 1) Art der Leistung Prüfungsleistung
Klausur-Knz. BW-AUW-P11-011124
Datum 24.11.2001
Um größtmögliche Gerechtigkeit zu erreichen, ist nachfolgend zu jeder Aufgabe eine Musterlö- sung inklusive der Verteilung der Punkte auf die Teilaufgaben zu finden. Natürlich ist es unmög- lich, jede denkbare Lösung anzugeben. Stoßen Sie bei der Korrektur auf eine andere als die angegebene Lösung, die richtig ist, ist eine entsprechende Punktzahl zu vergeben. Sind in der Musterlösung die Punkte für eine Teilaufgabe summarisch angegeben, so ist die Verteilung dieser Punkte auf Teillösungen dem Korrektor überlassen.
Von den 5 Aufgaben sind nur 4 zu beantworten. Sollten dennoch alle beantwortet sein, dann berücksichtigen Sie bitte nur die vier zuerst bearbeiteten in der Bewertung.
BEWERTUNGSSCHLÜSSEL
Aufgabe 1 2 3 4 5 S
maximal erreichbare Punktzahl 25 25 25 25 25 100
50% der insgesamt zu erreichenden Punktzahl genügen, um die Klausur erfolgreich zu beste- hen. Die differenzierte Bewertung in Noten nehmen Sie bitte nach folgendem Bewertungssche- ma vor:
NOTENSPIEGEL
Note
1,0 1,3 1,7 2,0 2,3 2,7 3,0 3,3 3,7 4,0 5,0notw. Punkte 100 – 95 94,5 - 90 89,5 - 85 84,5 - 80 79,5 - 75 74,5 - 70 69,5 - 65 64,5 - 60 59,5 - 55 54,5 - 50 49,5 - 0
Lösung 1
SB 2, S. 21-3625 Punkte
Nennen und erläutern Sie die grundsätzlichen Effekte, die mit der Einführung eines Importzolls ver- bunden sind. Zeigen Sie, durch welche speziellen Einflussfaktoren das Marktergebnis nach Einfüh- rung des Zolles determiniert wird.
Effekte einer Zollerhebung:
Preiseffekt: Durch die Erhebung eines Importzolls steigen die Preise für das Importgut im
Inland und die Exportpreise im Ausland fallen. (3 Pkt.)
Produktionseffekt: Durch die Erhebung eines Importzolls steigt im Inland die Produktion
des mit Zoll belegten Gutes, während im Ausland von diesem Gut weniger produziert wird. (3 Pkt.) Handelsumlenkungseffekt: Das Handelsvolumen des mit Zoll belegten Gutes sinkt. (3 Pkt.) Determinanten des Marktergebnisses:
Je höher die Angebotselastizität im Exportland und je niedriger die Nachfrageelastizität im
Importland ist, (2 Pkt.)
um so mehr steigt der Preis des Importguts im Inland (um so weniger fällt der Exportpreis
im Ausland), (1 Pkt.)
um so weniger verändert sich die Produktionsmenge im Exportland und um so mehr steigt
die heimische Produktion, (1 Pkt.)
um so mehr wird das Importvolumen sinken.
(Entsprechende Argumentation wird ebenfalls mit max. 5 Pkt. bewertet.)
(1 Pkt.)
Besitzt das Exportland große Marktmacht, das Importland hingegen geringe Marktmacht, (2 Pkt.) bleibt der Exportpreis nahezu unverändert, der Importpreis steigt stark. (1 Pkt.) Bleibt die Produktionsmenge des Exportlandes nahezu unverändert, aber steigt das Produk-
tionsvolumen im Inland stark, (1 Pkt.)
sinkt das Importvolumen deutlich.
(Entsprechende Argumentation wird ebenfalls mit max. 5 Pkt. bewertet.)
(1 Pkt.)
Das Zollobjekt bestimmt mit, inwiefern der Schutzeffekt eines Importzolls tatsächlich er-
reicht wird. (2 Pkt.)
Wird der Zoll auf Endprodukte erhoben, ist der Schutzeffekt für die heimische Industrie
abhängig von den oben genannten Determinanten. (2 Pkt.)
Wird der Zoll auf Vorprodukte erhoben, kann durch gestiegene Preise für Vorleistungen der
Schutzeffekt für die heimische Industrie in sein Gegenteil verkehrt werden. (2 Pkt.)
Lösung 2
SB 3, S. 8 - 1025 Punkte
Definieren Sie die Begriffe Devisen- und Wechselkurs und geben Sie jeweils ein Beispiel für die Re- lation Euro/US-$. Zeigen Sie graphisch, wie sich am Devisenmarkt der Wechselkurs des US-$ gegen- über dem Euro bildet. Berechnen Sie ausgehend von der Relation 1 Euro = 0,9 US-$ den Devisen- und Wechselkurs des Euros nach einem Kursgewinn von 20 %. Wäre es korrekt in diesem Fall von einer Aufwertung des Euros zu sprechen?
Definitionen:
Der Devisenkurs ist als die Preisnotierung einer ausländischen Währung in inländischer
Währung definiert. (3 Pkt.)
Beispiel: 1 US-$ = 1,1 Euro (Devisenkurs des Euros) (2 Pkt.)
Der Wechselkurs ist als die Preisnotierung einer inländischen Währung in ausländischer
Währung definiert; er wird auch als Mengennotierung bezeichnet. (3 Pkt.)
Beispiel: 1 Euro = 0,9 US-$ (Wechselkurs des Euros) (2 Pkt.)
Graphische Darstellung: insg.
(5 Pkt.)
Berechnung des neuen Devisen- und Wechselkurses:
0,9 US-$ · 1,2 = 1,08 US-$, also
1 Euro = 1,08 US-$ (Wechselkurs des Euros)
1 US-$ = 0,93 Euro (Devisenkurs des Euros) (4 Pkt.)
Diskussion Aufwertung:
In diesem Fall wäre es nicht korrekt, von einer Aufwertung des Euros zu sprechen, da sich der Wechselkurs zwischen Euro und Dollar auf freien Devisenmärkten bildet; man
muss also von einem Kursgewinn sprechen. (3 Pkt.)
0,50 0,90 1,50
Euro/US-$
$-Handelsvolumen A = Angebotskurve
N= Nachfragekurve A
N W
V
X Y
A B C
Achsenbezeichnungen: 2 Pkt.
Angebotskurve: 1 Pkt.
Nachfragekurve: 1 Pkt.
Gleichgewichtspunkt 1 Pkt.
Lösung 3
SB 4, S. 11-3125 Punkte
Nennen Sie kurz Definition und Funktion des Leistungsbilanzsaldos. Diskutieren Sie drei alternative Wirtschaftsstrategien in einer offenen Volkswirtschaft zur Verbesserung der Leistungsbilanz.
Die Leistungsbilanz bzw. der Leistungsbilanzsaldo umfasst den Saldo der Handels- und
Dienstleistungsbilanz sowie den Saldo der Übertragungsbilanz. (1 Pkt.) Er wird als Indikator zur Beurteilung der außenwirtschaftlichen Lage einer Volkswirt-
schaft benutzt. (1 Pkt.)
Expansive Fiskalpolitik:
Unter expansiver Fiskalpolitik versteht man eine investive Staatsausgabenerhöhung, die über Multiplikatoreffekte einen expansiven Impuls auf Produktion und Volkseinkommen
auslöst; sie kann steuer- oder kreditfinanziert sein. (3 Pkt.)
Eine Wirkung auf die Leistungsbilanz ist dann mit expansiver Fiskalpolitik verbunden, wenn ein Teil des gestiegenen Volkseinkommens zu steigender Importnachfrage führt;
ein Leistungsbilanzüberschuss kann abgebaut werden. (3 Pkt.)
Dagegen wird sich ein Leistungsbilanzsaldo der Partnerländer vermindern. (2 Pkt.)
´Beggar-my-Neighbour-Policy´:
´Beggar-my-Neighbour-Policy´ bezeichnet eine Politikstrategie, das nationale Volksein- kommen und/oder die nationale Leistungsbilanz auf Kosten der Handelspartner zu verbessern; dies kann durch eine Politik der Importsubstitution oder der Exportförderung
geschehen. (3 Pkt.)
Greifen die Maßnahmen der Exportförderung/Importsubstitution werden bestehende negative Leistungsbilanzsalden abgebaut, dagegen ist die Leistungsbilanzentwicklung in
den Partnerländern entgegengerichtet. (3 Pkt.)
Langfristig sind positive Wohlfahrtseffekte auf die nationale Volkswirtschaft eher von einer Strategie der Exportförderung zu erwarten, da sie die Einbindung in die globalen
Wirtschaftsbeziehungen garantiert. (2 Pkt.)
Aktive Wechselkurspolitik:
Unter aktiver Wechselkurspolitik versteht man den Versuch, durch eine Auf- oder Ab- wertung der Währung die Leistungsbilanz in die gewünschte Richtung (Abbau eines
Leistungsbilanzüberschusses oder eines Leistungsbilanzdefizits) zu beeinflussen. (3 Pkt.) Zunächst muss aber gewährleistet sein, dass aus einer nominalen Auf- oder Abwertung
einer Währung auch reale Effekte resultieren. (2 Pkt.)
Eine Verbesserung der Leistungsbilanz (Abbau eines Defizits) wird durch eine Abwer- tung allerdings nur erreicht, wenn die sog. Marshall-Lerner-Bedingungen erfüllt sind: die Summe der Nachfrageelastizitäten nach Importgütern muss im Inland und Ausland grö-
ßer als 1 sein. (2 Pkt.)
Lösung 4 SB 5, S. 9-33, insb. S. 33 25 Punkte
Stellen Sie die Institutionen der geld- und währungsbasierten Entwicklungspolitik vor und erläutern Sie kurz ihre Aufgaben und Instrumente.
Der Internationale Währungsfonds (IWF):
Der IWF ist die bedeutendste Organisation zur Sicherung des Weltwährungssystems. Er wurde 1945 gegründet und hat zur Zeit 182 Mitgliedstaaten; aufgrund der Höhe ihrer finanziellen Einlagen besitzen die USA, Deutschland, Japan, Frankreich und Großbri-
tannien den größten Einfluss im IWF (ständige Vertretung im Exekutivrat). (3 Pkt.) Die Aufgaben des IWF konzentrieren sich auf die Sicherung des Weltwährungssystems:
Bekämpfung nationaler und internationaler Finanzkrisen, Überwachung der Wechsel- kurspolitik, Harmonisierung der Wirtschaftspolitik, Finanzierung der ökonomischen
Transformation der Länder Osteuropas. (3 Pkt.)
Dazu stehen dem IWF folgende Instrumente zur Verfügung: konditionale Kredite, kurz-
fristige Finanz- bzw. Liquiditätshilfen und technische Hilfen. (3 Pkt.) Die Weltbank-Gruppe:
Die Weltbank-Gruppe besteht aus drei Finanzierungsinstituten: Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), Internationale Entwicklungsorganisation
(IDA), Internationale Finanz-Corporation (IFC). (3 Pkt.)
Die Aufgabe der Weltbank-Gruppe besteht im weitesten Sinne in der Unterstützung der ökonomischen Entwicklung weniger entwickelter Staaten; dabei besitzen die verschie- denen Finanzierungsinstitutionen unterschiedliche Schwerpunkte: die IBRD finanziert v.a. Projekte in Schwellenländern, die IDA Projekte in den ärmsten Staaten und die IFC
tritt als Kofinanzier von privaten Investitionen in der Dritten Welt auf. (3 Pkt.) Ihre Ziele verfolgt die Weltbank mit dem Instrument der Kreditvergabe; die Konditionen
der Kreditvergabe variieren entsprechend der Klientel der verschiedenen Finanzierungs-
institutionen. (2 Pkt.)
Internationale Entwicklungsbanken:
Unter dem Begriff Internationale Entwicklungsbanken werden Entwicklungsbanken mit regionalem Tätigkeitsbereich zusammengefasst; diese bestehen für Europa (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung), für Asien (Asiatische Entwicklungsbank), für Mittel- und Südamerika (Inter-Amerikanische Entwicklungsbank), für den karibischen
Raum (Karibische Entwicklungsbank) und für Afrika (Afrikanische Entwicklungsbank). (3 Pkt.) Ihre Aufgaben bestehen in der Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung und In-
tegration der jeweiligen Regionen; ihre Arbeit soll den Charakter von Selbsthilfe besit-
zen. (2 Pkt.)
Ihre Instrumente sind analog zur Weltbank-Gruppe die gezielte Vergabe von Krediten und Finanzhilfen sowie eine beratende Tätigkeit zur Verbesserung von Finanzierungs-
Lösung 5 SB 1, 61-70 25 Punkte
Außenhandel hat vielfältige Wirkungen auf die Faktor- und Güterallokation von Volkswirtschaften.
Erläutern Sie in diesem Zusammenhang die Theoreme von Heckscher und Ohlin, Rybczynski sowie von Samuelson und Stolper.
Heckscher-Ohlin-Theorem:
Außenhandel geht auf Unterschiede in der Ausstattung an Produktionsfaktoren zurück: (2 Pkt).
Länder mit einer guten Kapitalausstattung werden kapitalintensive Güter exportieren und arbeitsintensive Güter importieren; Länder mit einer geringen Kapitalausstattung werden
arbeitsintensive Güter exportieren und kapitalintensive Güter importieren. (4 Pkt.) Nimmt bspw. ein Land mit einer relativ hohen Kapitalausstattung Außenhandel auf, wird
es kapitalintensive Güter exportieren, da der Faktorpreis für Kapital aufgrund der ab- nehmenden Grenzproduktivität des Kapitals relativ niedrig ist. (Argumentation für eine
Volkswirtschaft mit relativ hoher Ausstattung an Arbeitskräften entsprechend). (3 Pkt.) Rybczynski-Theorem:
Aussage über die Auswirkung von Faktorausstattungsveränderungen auf die produzier-
ten Gütermengen eines Landes unter der Annahme konstanter Güter- und Faktorpreise. (2 Pkt.) Wenn ein Land eine relative Zunahme eines seiner Produktionsfaktoren erfährt, so steigt
die Produktionsmenge der Güter, für deren Produktion dieser Produktionsfaktor relativ
intensiver genutzt wird. (3 Pkt.)
Eine Vermehrung des Kapitalbestandes bei konstanter Arbeitsausstattung ist mit einer absoluten Verringerung der Produktion des arbeitsintensiven Gutes verbunden: Die Vollbeschäftigung des vermehrten Kapitals erfordert auch Arbeitseinsatz. Arbeit kann aber bei konstanter Ausstattung nur durch eine Verringerung der Produktion des ar- beitsintensiven Gutes verfügbar werden. Damit wird die Wirtschaftsstruktur eines Lan-
des immer einseitiger und die Abhängigkeit von bestimmten Importgütern immer größer (3 Pkt.) Stolper-Samuelson-Theorem:
Aussage über den Zusammenhang zwischen Güterpreisen und realen Faktoreinkommen
(funktionale Einkommensverteilung). (3 Pkt.)
In Folge einer Änderung der relativen Güterpreise kommt es zu einer Änderung der Pro- duktionsstruktur in Richtung der relativ teurer zu verkaufenden Produkte, was dazu führt, dass der Anteil des Produktionsfaktors zunimmt, der in der expandierenden Pro- duktionsrichtung intensiver eingesetzt wird. Dies verändert die funktionale Einkom-
mensverteilung. (3 Pkt.)
Darüber hinaus gilt:
¨ Das Faktorpreisverhältnis reagiert überproportional auf Veränderungen der relativen
Güterpreise. (1 Pkt.)
¨ Steigt der Preis eines Gutes an, so erhöht sich c.p. der Preis desjenigen Produktions- faktors, der bei der Produktion des betroffenen Gutes relativ intensiv genutzt wird,
während der Preis des anderen Produktionsfaktors fällt. (1 Pkt.)