Ursula Verhoeven
28 Die interkulturelle Rolle von Priestern im ptolemäischen Ägypten (Kat. 166-170)
Priester höherer Ränge waren in der Epoche des grie
chischrömischen Ägyptens die gelehrten Männer des Landes, die abgesehen vom regelmäßigen Kultvollzug einen tiefen Einblick in das »kulturelle Gedächtnis«, das literarische, mythische und liturgische Repertoire des Alten Ägypten besaßen
1. Auch in Administration, Topographie, Naturkunde, magischmedizinischem Wissen konnten sie bewandert sein, weil sie die Mög
lichkeit hatten, die Schriftquellen verschiedener Epo
chen, Sprachen und Schriften, die in den Tempelbi
bliotheken aufbewahrt wurden, zu lesen und zu ko
pieren. Neben der Umgangssprache und schrift des Demotischen mußten sie die ältere Kursivschrift des Hieratischen beherrschen, die bis in die Römerzeit im
mer noch überwiegend für die Beschriftung von Pa
pyrusrollen mit religiösem, funerärem und teils auch literarischem Inhalt benutzt wurde
2. Ein auf Papyrus erhaltener Text schreibt noch im Jahr 162 n. Chr. vor, daß nur derjenige in den Priesterdienst eingeführt werden könne, der aus einer priesterlichen Familie stammt, beschnitten ist und vor einem Prüfungsgre
mium einen religiösen, hieratisch geschriebenen Text von einer Papyrusrolle vorlesen kann'. Aber auch das immer stärker mit spielerischen Schreibungen angerei
cherte hieroglyphische Schriftsystem, das vornehmlich für Steininschriften benutzt wurde, setzte entspre
chende Spezialisten voraus, die über ein fundiertes Wissen sowohl auf sprachlichschriftlichem als auch auf mythischreligiösem Gebiet verfügten. Daß die Priester auch Griechisch konnten, ist in vielen Fällen belegbar
4, während umgekehrt die griechische Bevöl
kerung eher selten die ägyptischen Dialekte oder Schriftarten erlernte
5. An der Konzeption von Bi
oder Trilinguen, vor allem wenn es dabei um Prie
sterdekrete ging, waren ägyptische Priester daher si
cher ebenfalls maßgeblich beteiligt.
Die makedonischen beziehungsweise ptolemäischen Fremdherrscher Ägyptens waren bekanntlich Auf
traggeber und Finanzträger für umfangreiche Tem
pelbauprogramme am Nil. Die raffinierte Dekoration
der Tempelwände bestand dabei aus der Kombinati
on von anspruchsvollen hieroglyphischen Texten mit Bildern, die zwar der traditionellen ägyptischen Iko
nographie und Komposition verpflichtet waren, de
ren Stil besonders bei den Gesichts und Körperfor
men jedoch innovativ war und auf hellenistische Ein
flüsse zurückgehen dürfte. Umwälzende Neuerungen finden sich auch in den religiösen Vorstellungen: Ge
bäude und Riten um die Geburt des örtlichen Götter
kindes wurden im ganzen Land eingerichtet (soge
nannte Mammisi; siehe auch unten den Beitrag von D. Budde, S. 334341), neue synkretistische Götter
formen und kulte wie Sarapis entstanden und wur
den etabliert (siehe unten den Beitrag von S. Schmidt, S. 291304)
6, und in der religiösen Kleinplastik fan
den graecoägyptische Terrakotten weite Verbreitung (siehe unten den Beitrag von S. Sandri, S. 342346).
Um einen Einblick in die umfangreiche und viel
schichtige ägyptische Götterwelt und Theologie und den Umgang mit dem traditionellen Gedankengut und den ägyptischen Schriftquellen zu gewinnen, be
nötigten die Herrscher entsprechende Spezialisten, die im Dienste der Regierung in bezug auf die Tem
pelorganisation und Baupläne kooperierend tätig wa
ren. Solche Personen sind in vielen Einzelfällen histo
risch greifbar, weil sie nach ägyptischer Tradition in autobiographischen Inschriften über die eigene Kar
riere berichtet haben und uns eine Reihe dieser ein
drucksvollen steinernen Privatstatuen mit ihren hie
roglyphischen Texten erhalten geblieben sind. Die ela
borierten und kunstvoll gestalteten Inschriften sind oft im Rücken der Statuen und in sehr kleiner Schrift angebracht, so daß sie nur unbequem und sowieso nur für Spezialisten lesbar waren. Für die Selbstdar
stellung der Priester, welche die Statuen im Tempelbe
reich aufstellen lassen durften, spielten sie jedoch eine große Rolle. Der Vorschlag, die Texte seien bei der Er
richtung der Statuen möglicherweise auch mündlich vorgetragen und somit »veröffentlicht« worden
7, ist daher sehr einleuchtend.
Nicht nur in der Konzeption der Tempel, sondern
Originalveröffentlichung in: H. Beck, P.C. Bol, M. Bückling (Hg.), Ägypten – Griechenland – Rom, Abwehr und Berührung.Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie, 26. November 2005 - 26. Februar 2006, Tübingen 2005, S.279-284; S. 593-598
2 8 0 URSULA VERHOEVEN
a u c h der ihrer eigenen Stelen ist m a n c h m a l ersicht
lich, d a ß sie die »Persönliche F r ö m m i g k e i t « sehr wörtlich n a h m e n
8und sich gegenüber den N e u e r u n gen der Zeit nicht verschlossen: Der Priester im Kö
nigskult Ptolemaios' V. u n d Tempelschreiber Padi
i m h o t e p , vermutlich aus Tanis im O s t d e l t a , h a t z u m Beispiel die Anbetungsszene seiner Stele sehr eigen
willig gestaltet (Kat. 168); sie ist s o w o h l stilistisch als a u c h von d e r dargestellten G ö t t e r k o n s t e l l a t i o n her u n g e w ö h n l i c h . N e b e n der V e r w e n d u n g zahlreicher ZickzackLinien ist sein mehrschichtiges G e w a n d mit Falten u n d F r a n s e n s c h m u c k auffällig, das zu den In
n o v a t i o n e n der Zeit zählt
9. Ein b e s o n d e r e s Detail zeigt meines E r a c h t e n s eine neue Variante, mit der ägyptischen K o m b i n a t i o n von Frontal und Seitenan
sicht u m z u g e h e n : D e r H a l s k r a g e n wird hinter den v o r d e r e n Partien des N e m e s K o p f t u c h s beziehungs
weise der Perücke nicht weiter a u s g e f ü h r t , weil er in
natura d o r t nichtm e h r zu sehen w a r (vgl. Kat. 2 3 3 ) . Ägyptische Priester am Hof der Ptolemäer
Als »ägyptische E x p e r t e n « , die »am H o f der Ptole
m ä e r « in direkter und persönlicher Beziehung z u m König s t a n d e n , w u r d e n jüngst 15 Personen bezeich
net
1 0, von d e n e n solche mit Priesterämtern hier aus
s c h n i t t h a f t vorgestellt w e r d e n sollen. Einerseits wird dabei ihre F u n k t i o n f ü r die interkulturelle Vermitt
lung, andererseits z u m Teil a u c h ihre A n e i g n u n g neu
er F o r m e n u n d G e d a n k e n zu beleuchten sein. Ihr Ein
fluß und ihre persönliche A u s s t a t t u n g w a r e n i m m e n s , w a s ihre Selbstdarstellung auf den meist lebensgroßen Statuen o d e r a u f w e n d i g gestalteten Stelen erst e r m ö g l i c h t e " . N i c h t zu vergessen ist d a n e b e n die Rolle von einheimischen Priesterinnen im Geflecht von ägypti
scher u n d griechischer Gesellschaft, auf die a n d e r n o r t s ausführlich eingegangen w u r d e
1 2.
Besonders aufschlußreich ist die breite R ü c k e n p l a t t e einer heute leider nicht m e h r erhaltenen Statue des Priesters S o m t u t e f n a c h t a u s H e r a k l e o p o l i s m a g n a (Kat. 166), die verschiedene Besonderheiten a u f w e i s t : ein Bildfeld mit einer K r y p t o g r a p h i e , die vielleicht aus d e m Tempel des Herischef k o p i e r t w u r d e , da solche schwierigen Texte zur E h r u n g der G ö t t e r f i g u r e n in Tempeln m e h r f a c h überliefert s i n d " ; eine direkte u n d sehr persönliche H i n w e n d u n g z u m O r t s g o t t , f ü r des
sen Hilfe er sich s o w o h l bezüglich seiner Karriere a m H o f e u n d a m Tempel als a u c h in schwierigen Kriegs
situationen und auf Reisen b e d a n k t ; eine zeitgenössi
sche Schilderung von 2 0 J a h r e n bewegter ägyptischer Geschichte er erlebte n o c h d a s Ende der letzten p h a raonischen Dynastie, d a n a c h die zweite Perserherr
s c h a f t , d a n k des göttlichen Beistands ü b e r s t a n d er die
Schlacht bei Issos (oder G a u g a m e l a ) und kehrte heil nach Ägypten z u r ü c k , u m schließlich zu Zeiten Alex
a n d e r s des G r o ß e n in seinem ägyptischen H e i m a t o r t die Statue errichten und auf deren Rückseite seinen Lebensbericht in einer H y m n e a n den G o t t Herischef (von den Griechen mit Herakles gleichgesetzt) eingra
vieren zu lassen. N e b e n seiner F u n k t i o n im Tempel
dienst des Herischef w a r er w o h l unter Dareios III.
z u m Vorsteher der Spezialisten in Sachen Schlan
g e n b e s c h w ö r u n g u n d G i f t h e i l u n g e r n a n n t w o r d e n
1 4.
Z u Beginn der m a k e d o n i s c h e n E p o c h e lebte u n d w i r k t e auch der b e r ü h m t e H o h e p r i e s t e r und sieben
malige lesonis des T h o t von H e r m o p o l i s n a m e n s Pe
tosiris (Padiwsir, »Der, den O s i r i s g e g e b e n h a t « ) , d e r bei seinem gesellschaftlichen Leben offensichtlich ef
fektiv von seiner G e m a h l i n R e n p e t n e f r e t unterstützt wurde
1 5. Seine G r a b k a p e l l e in Tuna elGebel ist im q u e r g e l a g e r t e n V o r r a u m ü b e r w i e g e n d mit traditio
nellen ägyptischen M o t i v e n , aber in hellenistischem Stil dekoriert, w ä h r e n d der hintere Bereich a u c h im ägyptischen Stil gehalten ist
16. In den ptolemäischen W o h n h ä u s e r n von T u n a elGebel mischten sich im üb
rigen in der W a n d d e k o r a t i o n ebenfalls ägyptische mit griechischen M o t i v e n ( R a u b der Proserpina, Elektra, Ö d i p u s , Sphinx, trojanisches Pferd)
1 7. Schon Petosi
ris' Vater w a r a m Ende der 30. Dynastie als H o h e r priester des T h o t Berater des Königs u n d h a b e i m m e r die W a h r h e i t z u m K ö n i g g e s p r o c h e n , wie Petosiris herausstellt. Er selbst r ü h m t sich der G u n s t des Kö
nigs und seiner b e s o n d e r e n Beliebtheit bei den H o f d a m e n . In einer griechischen Inschrift mit jambischen Distichen bezeichnet sich Petosiris in seinem G r a b zu
d e m als »Weiser« (sophos), in seinen Werken sind sei
ne besonderen Fähigkeiten für Architektur und Rechts
wesen, aber auch sein Interesse an griechischer Sprache und Literatur erkennbar. Für seinen jung verstorbenen Sohn h a t er eine Inschrift a n g e b r a c h t , die einerseits nach ägyptischer Metrik so gestaltet ist, d a ß die Anzahl der H e b u n g e n insgesamt der H ö h e des idealen ägypti
schen Lebensalters von 110 entspricht
1". Andererseits erinnern der Stil und Inhalt des Textes an ein griechi
sches E p i g r a m m , in dem unter a n d e r e m wie in einem
threnos die Klage undTrauer der Hinterbliebenen be
sonders hervorgehoben wird
1 9.
U n g e f ä h r gleichzeitig lebte in M e m p h i s ein Stadtgou
verneur und AmunPriester, dessen N a m e n wir leider nicht kennen (Kat. 167). Die vierzeilige, n u r teilweise erhaltene Inschrift auf d e m Rückenpfeiler seiner Sta
tue b e n e n n t Titel, Eigenschaften u n d Etappen seiner
Karriere. Z u n ä c h s t w i r k t e er d e m n a c h n o c h unter
ägyptischer H e r r s c h a f t , d a n n aber, »zur Zeit der Grie
DIE INTERKULTURELLE ROLLE V O N PRIESTERN IM PTOLEMÄISCHEN ÄGYPTEN 281
chen«, wurde er zum »Herrscher Ägyptens« bestellt, um als »Ratgeber der ersten Stunde«
20zu dienen. Es wird angenommen, daß mit dem Herrscher der Satrap Ptolemaios, Sohn des Lagos, gemeint und somit die Zeit vor dessen Krönung 306 v. Chr. angesprochen ist
21. Interessant ist auch die Aussage, er habe als rede
gewandter und bedächtiger Mann mit Macht und Charakter neue Ideen im Bereich der Politik Ge
naueres läßt sich leider nicht entnehmen geäußert, die dem Ptolemäerkönig gefielen. Seine Gewandkom
bination ist seit der Perserzeit sehr beliebt, hat aber ih
ren Ursprung bereits in der Saitenzeit und beruht auf Vorläufern in der Königsplastik der 18. Dynastie
22.
Aus der Zeit von Ptolemaios I. und II. stammt der be
rühmte Manetho (ägypt. Merinetjeraa)
23, ein ägyp
tischer Priester und Astrologe aus Sebennytos im Del
ta, der durch das erste historische Werk über die Ge
schichte Ägyptens in griechischer Sprache (Aigyptia- ka) bekannt geworden ist. Er hat offensichtlich so
wohl alte hieroglyphische Quellen als auch die münd
liche Überlieferung berücksichtigt, kannte daneben aber auch die Werke von Herodot und Homer. Ob die Ptolemäer ihm den Auftrag zu seinem Werk gaben, um die ägyptische Vergangenheit besser verstehen zu können, und welche Rolle er bei der Entwicklung des SarapisKultes einnahm, wird angesichts der schwie
rigen Überlieferungslage weiterhin diskutiert
24.
Ein Priester mit aussagekräftigen Denkmälern
25 zwei hieroglyphisch beschrifteten Statuen aus den oberägyptischen Städten Qus und Koptos, von denen allerdings nur noch beschriftete Teile erhalten sind ist ein Mann mit dem ägyptischen Namen Senu(
scheri) oder Nisunu(n)/Esnu(n). Die Namen seiner Eltern sind problematisch, der seines Vaters könnte griechisch Jason oder ägyptisch (?) Niseni lauten, der seiner Mutter Tamerut oder Pyr(u)/Pyl(u)
26. Nach seinem ersten Karriereabschnitt in Koptos/Qus wur
de er unter Ptolemaios II. Mitglied der »Geheimen Kammer« »in einer fernen Stadt, die ich nicht kann
te«, das heißt wohl in Alexandria. Dort habe ihn der König wegen seiner Weisheit, Eloquenz, Loyalität und Vertrauenswürdigkeit favorisiert. Außerdem scheint er im Bereich der Hieroglyphenschrift spezia
lisiert gewesen zu sein: Er habe Tage und Nächte da
mit verbracht, treffende Formulierungen und kor
rekte Schreibungen für die Rekonstruktion zerstörter Monumente zu finden. Auch als Deuter von Orakel
fragen (siehe hierzu unten den Beitrag von D. Budde, S. 334341) gelangte er zu Ruhm. Für Ptolemaios II.
von besonderem Interesse könnte aber sein Wissen in juristischen Fragen gewesen sein, denn dieser Herr
scher erließ ein neues Rechtssystem in Ägypten. Nach Senus Rückkehr in seine Heimatstadt konnte er die Tempel des Gaus von Koptos restaurieren, er organi
sierte Prozessionen und Opfer für die lokalen Gott
heiten und errichtete Statuen für Ptolemaios II. und Arsinoe IL, deren Kult er bis nach 270 v. Chr. betrieb.
Wie B. Legras vermutet, zeigte er besonderes Interes
se für die mediterranen Herrschaftsbereiche der Pto
lemäer »bis zur Mitte des Meeres«, vielleicht wegen seines Vaters Jason, der ihn mit der Dichtung über Ja
son und die Argonauten bekannt gemacht haben könnte
27. Möglicherweise ist ihm darüber hinaus ein Gnomon zuzuschreiben, so daß er dann auch in der Astrologie bewandert gewesen wäre
28. Seine religiö
sen Titel beziehen sich auf Priesterämter für die Göt
ter Osiris, Isis, Horus, PtahSokarOsiris in Koptos, Schu und Tefnut in Qus.
Besondere Kenntnisse besaß ein gewisser Harchebis zur Zeit von Ptolemaios VI. und VIII., der von seinem Vater die magische und medizinische Kunst im Um
gang mit Schlangen und anderen Gifttieren erlernt hatte und sich auch in den entsprechenden Texten auskannte. Daneben war er bewandert in der Zeit
rechnung und der aus Mesopotamien herübergekom
menen Astrologie, woher er Voraussagen über die Zu
kunft ableiten konnte. Für den König erstellte er ein Horoskop, das ihm hohe Ehren eintrug, bevor er sich im Alter in seine Heimatstadt Imet im Delta zurück
I Q
zog".
Ptolemaios XII. scheint gute Beziehungen mit dem Hohenpriester von Memphis, mit Pascherienptah/
Psenptah III., gepflegt zu haben, der unter anderem dessen Krönung organisiert hat, was aus den Inschrif
ten seiner informativen und besonders eindrucksvoll gestalteten Stele (Kat. 170) hervorgeht. Neben dieser hieroglyphischen Stele stand in seinem Grab eine zweite, rein demotisch beschriebene, außerdem ein entsprechendes Paar von Stelen für seine vor ihm ver
storbene Gattin Taimhotep (hieroglyphische Stele BM 147; demotische Stele BM 377). Aus diesen Denkmälern gehen genaue Daten über ihr gemeinsa
mes Leben unter Ptolemaios XII. und Kleopatra VII.
hervor: Während Pascherienptah im Jahr 76 v. Chr.
als 14jähriger bereits die Krönungsfeierlichkeiten von
Ptolemaios XII. Auletes organisierte, wurde seine
Frau erst 73 v. Chr. geboren. Die beiden heirateten im
Alter von 32 beziehungsweise noch nicht 15 im Jahr
58 v. Chr. Sie brachte drei Töchter zur Welt, aber für
die Geburt eines Sohnes mußten sie den Gott Imhotep
um Unterstützung bitten. Im Traum erschien Imhotep
dem Pascherienptah und verlangte Baumaßnah
282 URSULA VERHOEVEN
men von ihm. Nach getaner Arbeit wurde Ta-imhotep schwanger und gebar am 15. 7. 46 v. Chr. um 14 Uhr einen Sohn namens Imhotep beziehungsweise Pa-di- bastet. Doch bereits im Alter von 31 starb sie am 15.
2. 42 v. Chr., ihr Mann anderthalb Jahre später am 14. 7. 41 v. Chr. Im Stelentext sind ihr Worte in den Mund gelegt, die nach dem Prinzip carpe diem ihren überlebenden Gatten auffordern, zu essen, zu trinken und fröhlicher Stimmung zu sein, während das Jen
seits ausgesprochen negativ und deprimierend ge
schildert wird
30.
Ausnahmsweise sind bei den Denkmälern dieser bei
den Eheleute sowohl der Autor als auch der Bildhau
er namentlich genannt: Die Texte der Stelen BM EA 886 und 147 wurden von Taimhoteps Bruder Hor
imhotep verfaßt und von dessen ältestem Sohn Cha
hap graviert (erwähnt ist letzterer nur auf der Stele des Mannes, der Stil beider Stelen ist aber sehr ähnlich).
Griechen und hellenisierte Ägypter in Priesterämtern
Andererseits gibt es auch Quellen, die zeigen, daß nicht nur ägyptische Priester in den Tempeln tätig wa
ren, sondern durchaus auch Griechen oder zumindest stark hellenisierte Ägypter in verschiedenen Ämtern und Positionen zu finden waren. Mit aller Vorsicht bei der Beurteilung griechischer Namen und Rückschlüs
sen auf die ethnische Zugehörigkeit" können eine Reihe von griechischstämmigen Nichtägyptern oder Söhne aus bikulturellen Ehen in ägyptischen Priester
ämtern ausfindig gemacht werden.
Die größte erhaltene Privatstatue (Kairo CG 1230;
3,5 m hoch und aus Granit) stammt aus einem ägyp
tischen Heiligtum in Naukratis, sie ist ans Ende des 4.
oder ins 3. Jahrhundert v. Chr. zu datieren. Sie stellt einen Mann in ägyptischer Manier dar, der sich selbst als »der Grieche, ein Mann aus Pechat (= Naukratis), Priester des Min, des Herrn von Badjed (in Naukra
tis), Haremhab/Armais, Sohn des Krathes/Chrates, geboren von der Schesemtet/Smithis« tituliert. So trägt er als Sohn eines Griechen und einer Ägypterin zwar einen ägyptischen Namen, aber dazu die Be
zeichnung Hau-nebut »der Grieche«. Im weiteren Verlauf der Inschrift auf dem Rückenpfeiler dieser na
ophoren Statue verkündet er, seinen Eltern habe er Bronzestatuen aufstellen lassen, was eine interessante Neuerung aufgrund des griechischen Einflusses dar
stellt'
2. Möglicherweise erlangte er seinen für diese Statuen nötigen Reichtum durch eine Beteiligung am florierenden Handel in der multikulturellen Stadt Naukratis". Seine Bezeichnung als hesy, »Gelobter«, verweist auf einen besonderen, »heiligen« Status, den
er als Verstorbener von der Nachwelt erhielt
34und der seine Integration als Halbgrieche in die ägyptische Gesellschaft anzeigt
35.
Dagegen trägt Dioskurides (ägypt. Dsqrds geschrie
ben), geboren von der Ägypterin Tadiwsir, einen grie
chischen Namen. Er lebte unter Ptolemaios VI. und führt auf seinem anthropoiden Basaltsarkophag (Lou
vre D 40) den hieroglyphischphonetisch geschriebe
nen Titel m irkysmtpyrks (= archisomatopbylax) sowie snty (= dioiketes). Außerdem scheint er General und Priester (des oben genannten Haremhab von Naukra
tis?) gewesen zu sein und vereint damit zivile, militäri
sche und religiöse Funktionen in einer Person. In den Darstellungen ägyptischer Tradition auf seinem Sarg ist er auffälligerweise stets mit einem Diadem mit Ro
sette im Haar geschmückt (vgl. Kat. 169), das den grie
chischen Rang eines syngenes (Bruder/Verwandter des Königs) ausweist
36.
Ein anderer Grieche mit diesem Ehrentitel ist Aristo
nikos
37, der zusätzlich zu verschiedenen Ämtern in der Staatsverwaltung auch das Priesteramt eines Kind
gottWärters innehatte und im 2. Jahrhundert v. Chr.
in Tobener, einem Kultort des AmunRe im Delta, wirkte.
Weitere Griechen mit priesterlichen Funktionen waren zum Beispiel Achilleus, Sohn eines Dioskurides, der um 225 v. Chr. Priester im SarapisKult war; ein Sara
pion trug um 166/65 v. Chr. die Titel »Priester des Ho
rns« (beziehungsweise Apollo?) und »großer Wab- Priester des Pharaos Alexander«; ein Herodes, Sohn des Demophon, aus Pergamon wirkte 163/62 v. Chr.
als »Priester des Chn[ubis]« und als »|Archi]stolist«
der Tempel von Elephantine und Philae. Ein anderer führte als ägyptischen Namen Horemachbit und als griechischen Beinamen Archibios: um 123121 v. Chr.
fungiert er sowohl als dioiketes (Finanzminister) als auch zumindest nominell als Priester und Königli
cher Schreiber
38.
Eine besonders intensive Verquickung der Kulturen und Amtsbereiche zeigt sich bei einem Mann namens Piaton (der Jüngere), Sohn eines Piaton und einer Ägypterin namens TaDjehuti/Tathotis vom Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr., dessen Familie aus Alex
andria stammt, der aber selbst in Oberägypten statio
niert war. Der Text auf dem Rückenpfeiler seiner Sta
tue aus Karnak (Kairo JE 38033), bei der er über ei
nem kurzärmeligen Hemd und einem langen Gewand einen Fransenumhang sowie ein Leopardenfell trägt (vgl. Kat. 168.170), informiert ebenso über seine Tä
tigkeiten wie einige Papyri
39: Er hatte das ptolemäi
sche Amt des Strategen für mehrere Gaue im Bereich
von F'sna und Theben inne und übte Priesterämter für
DIE INTERKULTURELLE ROLLE VON PRIESTERN IM PTOLEMÄISCHEN ÄGYPTEN 283
verschiedene ägyptische G o t t h e i t e n in den Tempeln
von Esna, K o m O m b o , E l k a b , A r m a n t u n d T h e b e n aus. Im S t a t u e n t e x t berichtet er interessanterweise nicht wie üblich über seine Karriere, s o n d e r n schildert drei Situationen, in denen sich A m u n ihm im O r a k e l o f f e n b a r t u n d wie er selbst das O r a k e l übersetzt be
ziehungsweise interpretiert habe. Dies k ö n n t e w ä h rend der G e r i c h t s v e r f a h r e n im Bereich der Tempelto
re geschehen sein, bei denen er als Stratege u n d A m u n Priester a n w e s e n d war
4 0. Insgesamt m u ß er einerseits a m t l i c h e Briefe in Griechisch v e r f a ß t , andererseits perfekt Ägyptisch verstanden und formuliert h a b e n k ö n n e n . Auf oberster Ebene ist in diesem Fall ein grie
chischer F u n k t i o n ä r eng in das religiöse Leben der ägyptischen Tempel e i n g e b u n d e n u n d w a r in der La
ge, die schwierige politische Situation der Zeit nach eigenen M a ß s t ä b e n zu beeinflussen.
A u ß e r diesen identifizierbaren Priestern o d e r Gelehr
ten sind interkulturelle Bezüge beziehungsweise die w e i t r e i c h e n d e K e n n t n i s d e r hellenistischen K u l t u r a u c h vereinzelt in a n o n y m e n Textpassagen auf Papy
rus o d e r in den Ritualszenen der g r o ß e n ägyptischen Tempel der Ptolemäer und besonders der R ö m e r z e i t zu e n t d e c k e n , die möglicherweise auf solche bikultu
rellen Priesterpersönlichkeiten z u r ü c k g e h e n , wie sie hier auszugsweise vorgestellt w u r d e n . In einem hiero
glyphischen P a p y r u s der Ptolemäerzeit, in d e m ein un
b e k a n n t e r Priester m i n u t i ö s die M y t h e n und Kulte im 17./18. oberägyptischen G a u verzeichnet h a t (Papy
rus Jumilhac), sind A n k l ä n g e an die Visionen des H e r metikers Asklepius aufzufinden
4 1. Und in der demoti
schen Literatur, deren Träger ebenfalls die Priester w a r e n , n e h m e n f o r m a l e u n d stoffliche N e u e r u n g e n a b der Ptolemäerzeit zu u n d zeigen m i t u n t e r eine Re
zeption »fremder« Vorbilder
4 2.
In den hieroglyphischen Inschriften des H o r u s T e m pels von E d f u finden sich unter den Aussagen über die S c h ö p f u n g möglicherweise A n k l ä n g e an die platoni
sche Philosophie
4'. A u ß e r d e m wird in der Beschrei
b u n g des Sieges von H o r u s über Seth in einer Inschrift dieses Tempels eine spezielle M e t h o d e der Behand
lung des O p f e r s e r w ä h n t , wie sie in der Was von Achill a n H e k t o r vollzogen wird somit ist a u c h die Kennt
nis v o n H o m e r s W e r k e n bei den H i e r o g r a m m a t e n vorauszusetzen
4 4. Im Tempel von K o m O m b o verber
gen sich Spuren stoischen G e d a n k e n g u t s , indem in ei
n e m H y m n u s an Sobek (allerdings erst unter Domiti
an) die vier Elemente Feuer, L u f t , Wasser und Erde ge
n a n n t w e r d e n , die in ägyptischen K o s m o g o n i e n in dieser Konstellation keine Rolle spielen, deren Bedeu
t u n g aber über E m p e d o k l e s von den Stoikern p r o p a giert w u r d e ; auch das nach stoischer Philosophie un
ausweichliche Schicksal wird im weiteren Verlauf des Textes erwähnt
4 5. In den S c h ö p f u n g s m y t h e n des rö
merzeitlichen Tempels von Esna finden sich ebenfalls Parallelen zur platonischen Philosophie. Es w u r d e ge
zeigt, d a ß die S c h ö p f u n g durch das W o r t hier direkte Bezüge zu Philon von Alexandria (dort: logos tomeus) aufweist, w ä h r e n d andererseits die F u n k t i o n der ägyp
tischen Schöpfungsgöttin Neith mit arche und proton
ergon in V e r b i n d u n g zu bringen ist46.
Die g e n a n n t e n Beispiele g r e i f b a r e r Priesterpersönlich
keiten sowie a n o n y m e Indizien f ü r ihre weitgreifen
den Interessen stellen n u r einen sehr kleinen Aus
schnitt dessen dar, w a s an M a t e r i a l ü b e r die Bedeu
t u n g von Priestern im griechischrömischen Ägypten inzwischen b e k a n n t u n d bearbeitet ist
47. Die Rolle der jährlich gewählten e p o n y m e n Priester im Königskult der Ptolemäer, der u m f a n g r e i c h e u n d g u t belegte Kle
rus von T h e b e n und M e m p h i s , a b e r a u c h a n den gro
ßen T e m p e l n von Philae, E d f u , D e n d e r a , A c h m i m etc., die zahllosen Stelen, Särge, T o t e n b ü c h e r u n d Ak
ten von Priestern, Priesterinnen (besonders zahlreich belegt sind s o g e n a n n t e Sängerinnen des A m u n ) u n d ihrer F a m i l i e n a n g e h ö r i g e n a u s den verschiedensten O r t e n Ägyptens geben Z e u g n i s von der gesellschaftli
chen Bedeutung dieser Berufsgruppe. Die Bezüge z u m eher griechisch geprägten N a c h b a r n o d e r Vorgesetz
ten, zur griechischen K u n s t , Literatur u n d Sprache w e r d e n o f t n u r zufällig t r a n s p a r e n t . In m a n c h e n Ge
bieten des Niltals w a r der d y n a m i s c h e P r o z e ß der A n n ä h e r u n g der K u l t u r e n sicher schon bald so weit fort
geschritten, d a ß zwischen Ä g y p t e r n , Griechen, R ö m e r n nicht m e h r zu t r e n n e n w a r : Ägypten w a r einmal mehr, wie schon von A n b e g i n n , ein f r u c h t b a r e s K o n g l o m e r a t multikultureller K o n t a k t e u n d der d a r a u s resultierenden N e u e r u n g e n auf vielen Gebieten.
Anmerkungen
1 Vgl. z.B. die Kompetenz von Ahmes, Sohn des Smendes, ei
nem Priester von Karnak und Autor der Inschriften des Euerge
tesTores von Karnak: Ph. Derchain, Allusion, citation, inter
textualite, in: M. Minas J. Zeidler (Hrsg.), Aspekte spätägypti
scher Kultur. Festschrift für E. Winter, Aegyptiaca Treverensia 7 (1994) 72 f.
2 Zur Verwendung des Hieratischen im 1. Jt. v. Chr. siehe: U. Ver
hoeven, Untersuchungen zur späthieratischen Buchschrift, Orien
talia Lovaniensia Analecta 99 (2001) bes. 8 ff. (2325 zur Ptolemä
erzeit) und 338 ff.
3 S. Sauneron, Les conditions d'acces ä la fonction sacerdotale ä l'epoque grecoromaine, in: Bulletin de l'lnstitut Francais d'Ar
cheologie Orientale 61,1962, 5557.
4 Literatur bei: H. J. Thissen, Homerischer Einfluss im InarosPetu
bastisZyklus?, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 27,1999, 381, Anm. 60 f. Darüber hinaus nimmt dieser Aufsatz wichtige Grund
satzfragen zur aktuellen Sicht des griechischrömischen Ägyptens
284 URSULA VERHOEVEN
in den Blick und verneint deutlich die immer noch vertretene An
sicht einer Trennung der Gesellschaft in einen ägyptischen und ei
nen griechischen Bereich.
5 H. J. Thissen, Zum Umgang mit der ägyptischen Sprache in der griechischrömischen Antike, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 97,1993, 239252.
6 Siehe dazu: D. Kessler, Das hellenistische Serapeum in Alexan
dria und Ägypten, in: M. Görg G. Hölbl (Hrsg.), Ägypten und der östliche Mittelmeerraum im 1. Jt. v. Chr., Ägypten und Altes Testa
ment 44 (2000) 163230, bes. 166 ff.
7 Siehe dazu jetzt: J. Baines, Egyptian Elite SelfPresentation in the Context of Ptolemaic Rule, in: W. V. Harris G. Ruffini, (Hrsg.), An
cient Alexandria between Egypt and Greece, Columbia Studies in the Classical Tradition 26 (2004) 34 f.
8 Grundsätzlich zu dieser Thematik: M.Th. DerchainUrtel, Priester im Tempel. Die Rezeption der Theologie der Tempel von Edfu und Dendera in den Privatdokumenten aus ptolemäischer Zeit, Göttin
ger Orientforschungen 4/19 (1989).
9 Baines a. O. (s. o. Anm. 7) 51.
10 B. Legras, Les experts egyptiens ä la cour des Ptolemees, in: Re
vue historique 621, 2002, 963991. Grundlegende Literatur (aus althistorischer Sicht) ist weiterhin: W. Huß, Der makedonische Kö
nig und die ägyptischen Priester. Studien zur Geschichte des pto
lemäischen Ägypten, Historia Einzelschriften 85 (1994). Ph. Der
chain, Les imponderables de l'hellenisation, Monographies Reine Elisabeth 7 (2000), zeichnet anhand einzelner hieroglyphischer In
schriften ein schillerndes Bild der Hellenisierung.
11 Allgemein und inspirierend zu dieser Thematik jetzt: Baines a. O.
(s. o. Anm. 7) 3361.
12 Frederic Colin, Les pretresses indigenes dans l'Egypte helleni
stique et romaine. Une question ä la croisee des sources grecques et egyptiennes, in: Le röle et le Statut de la femme en Egypte hel
lenistique, romaine et Byzantine, Actes du colloque international, BruxellesLeuven, 2729 Nov. 1997, Studia Hellenistica 37 (2002) 41122.
13 Zuletzt: Chr. Leitz, Die beiden kryptographischen Inschriften aus Esna mit den Widdern und Krokodilen, in: Studien zur Altägypti
schen Kultur 29, 2001, 251276.
14 G. Burkard, Medizin und Politik. Altägyptische Heilkunst am per
sischen Königshof, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 21,1994, 39 f.
15 Vgl. dazu: Ph. Derchain, L'entourage feminin de Petosiris, in:
Chronique d'Egypte 77, 20 02, 6572, bes. 70 ff.
16 G. Lefebure, Le tombeau de Petosiris, 3 Bde. (1924). Vgl. auch:
Legras a. O. (s. o. Anm. 10) 969 Anm. 29 mit weiterer Lit.; A. von Lie
ven, Ikonographie und Stil im Spannungsfeld zwischen ägypti
scher Tradition und griechischrömischem Einfluß, in: P. C. Bol G. Kaminski C. Maderna (Hrsg.), Fremdheit Eigenheit. Ägypten, Griechenland und Rom. Austausch und Verständnis, StädelJahr
buch N. F. 19 (2004) 309318; Baines a. O. (s. o. Anm. 7) 4549.
17 H. J. Thissen, Homerischer Einfluss im InarosPetubastisZy
klus?, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 27,1999, 386.
18 Die metrische Analyse wurde in einem Seminar mit Ph. Derchain an der Universität zu Köln erarbeit (unpubliziert).
19 Ph. Derchain, Les imponderables de l'hellenisation, Monogra
phies Reine Elisabeth 7 (2000) 32 f. 5457.
20 Ebenda 18 f.
21 Legras a. O. (s. o. Anm. 10) 971 f.
22 G. Vittmann, Ägypten und die Fremden im ersten vorchristli
chen Jahrtausend (2003) 31.
23 D. B. Redford, The Name Manetho, in: L. H. Lesko (Hrsg.), Egyp
tological Studies in Honor of Richard A. Parker (1986) 118121.
24 Siehe zu diesem Abschnitt im einzelnen die Ausführungen von Legras a. O. (s. o. Anm. 10) 969. 974 ff.
25 Zum Abschnitt vgl.: ebenda 983 ff. Die Denkmäler des Senu wur
den zuletzt eingehend von Derchain a. O. (s. o. Anm. 19) 2231. 44
53 Taf. IllVl sowie von I, Guermeur, Glanures, in: Bulletin de l'lnstitut Francais d'Archeologie Orientale 103, 2003, 281296, behandelt.
26 Diskussion der Namen jetzt bei: I. Guermeur, in: Bibliotheca Ori
entalis 60, 2003, 336338.
27 Legras a. O. (s. o. Anm. 10) 984.
28 Guermeur, in: Bulletin de l'lnstitut Francais d'Archeologie Ori
entale 103, 2003, 290 f. mit Taf. V (Petrie Museum U.C. 16376).
29 Legras a. O. (s. o. Anm. 10) 985 f.; Behandlung der autobiogra
phischen Inschrift bei: Ph. Derchain, Harkhebis, le PsylleAstrolo
gue, in: Chronique d'Egypte 64,1989, 7489.
30 Vgl. R. S. Bianchi et al., Cleopatra's Egypt. Age of the Ptolemies (1988) Nr. 122 (= Kleopatra, Ägypten um die Zeitenwende [1989]
Nr. 116). Vollständige deutsche Übersetzung der Stele der Ehefrau (BM147) von B. Ockinga, in: Grab, Sarg, Votiv und Bauinschriften, Texte aus der Umwelt des Alten Testaments 2/4 (1988) 540544.
31 Siehe dazu: G. Vittmann, Beobachtungen und Überlegungen zu fremden und hellenisierten Ägyptern im Dienste einheimischer Kulte, in: W. Clarysse et al. (Hrsg.), Egyptian Religion. The last thou
sand years. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur II, Orientalia Lovaniensia Analecta 85 (1998) 1233.
32 Ph. Derchain, Les imponderables de l'hellenisation, Monogra
phies Reine Elisabeth 7 (2000) 42 f. Vgl. auch: Vittmann a. 0.1240 (24).
33 Baines a. O. (s. o. Anm. 7) 50.
34 Siehe dazu: Guermeur, in: Bibliotheca Orientalis 60, 2003, 334.
35 Derchain a. O. (s. o. Anm. 32) 20.
36 Zum Fall des Dioskurides: Ph. Collombert. Religion egyptienne et culture grecque. L'exemple de Dioskoun'des, in: Chronique d'Egypte 75,2000,4763. Jetzt auch: Baines a. O. (s. o. Anm. 7) 42 f.
37 I. Guermeur, Le syngenes Aristonikos et la ville de Tobener (Statue Caire JE 85743), in: Revue d'Egyptologie 51, 2000, 6978 mit Taf. 13 f.
38 Alle Belege und Kommentare bei: Vittmann a. O. (s. o. Anm. 31) 1233 ff.
39 Publikation und Bearbeitung: L. Coulon, Quand Amon parle ä Piaton, in: Revue d'Egyptologie 52, 2001, 85126 mit Taf. 1521.
40 Ebenda 107.
41 Ph. Derchain, L'auteur du papyrus Jumilhac, in: Revue d'Egyp
tologie 41,1990, 930, bes. 27.
42 G. Vittmann, Tradition und Neuerung in der demotischen Lite
ratur, in: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 125,1998, 6277.
43 Ph. Derchain, Des usages de l'ecriture. Reflexions d'un savant egyptien, in: Chronique d'Egypte 72,1997,1016.
44 Ph. Derchain, Homere ä Edfou, in: Revue d'Egyptologie 26,1974, 15 f. Zu weiteren Bezügen demotischer Dichtung zu Homer bzw. zur griechischen Epik vgl.: Thissen a. O. (s. o. Anm. 17) 369387.
45 Ph. Derchain, Le stoTcien de Kom Ombo, in: Bulletin de la So
ciete d'Egyptologie Geneve 22,1998,1720.
46 M. Broze, Les sept propos de Methyer, in: Bulletin de l'lnstitut Francais d'Archeologie Orientale 99,1999, 6372.
47 Vgl. z.B. auch: K. Lembke G. Vittmann, Die ptolemäische und römische Skulptur im Ägyptischen Museum Berlin I. Privatplastik, in: Jahrbuch der Berliner Museen 42, 2000, 756.
593
28 Die interkulturelle Rolle von Priestern im 166 Der Priester und Giftheiler Somtu-tef-nacht ptolemäischen Ägypten
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28.166
aus Herakleopolis magna
H 105 cm, B 44,4 cm Kalkstein
Ursprünglich aus Herakleopolis, 1765 im Iseum von Pompeji ent
deckt
Neapel, Museo Archeologico Nazionale Inv. 1035 4. Jahrhundert v. Chr.
Es handelt sich bei diesem O b j e k t nicht u m eine Ste
le, s o n d e r n u m die r ü c k w ä r t i g e Platte einer m o n u mentalen Priesterstatue, die selbst leider nicht m e h r erhalten ist. A u f g r u n d der Texte d ü r f t e sie im Tempel des H a u p t g o t t e s von Herakleopolis, H e r i s c h e f / H a r saphes (von den Griechen mit Herakles gleichgesetzt), aufgestellt gewesen sein, bevor sie in römischer Zeit f ü r die D e k o r a t i o n des Iseum von Pompeji u m g e a r beitet und a b t r a n s p o r t i e r t w u r d e .
Der querrechteckige Bildstreifen zeigt links den wid
d e r k ö p f i g e n G o t t Herischef mit der A t e f k r o n e , vor ihm zwei männliche Figuren mit Königsschurz u n d Krone bzw. N e m e s K o p f t u c h , eine Göttin mit Kuhge
hörn und Sonnenscheibe ( H a t h o r von H e r a k l e o p o lis?), ein G o t t mit oberägyptischer K r o n e (Osiris?) so
wie ein nackter Kindgott mit Finger a m M u n d und Sei
tenzopf (Somtus von Herakleopolis?). Es folgen die
>acht Urgötter< von H e r m o p o l i s mit Frosch und Schlangenköpfen. Wenige eingefügte hieroglyphische Zeichen weisen darauf hin, d a ß dieses Bildfeld als re
busartiger Text zu lesen ist, der sich durch die Schrift
zeichen a m rechten R a n d auf den Stifter Somtutef
nacht bezieht, o h n e d a ß er selbst dargestellt ist. Insge
s a m t ist dieses Feld d e m n a c h f o l g e n d e r m a ß e n zu lesen:
»Ehrwürdiger bei Herischef, dem H e r r n der Beiden Länder, Herrscher der Ufer, H e r r von Herakleopolis«.
Die Inschrift unterhalb des Bildstreifens führt diesen Text mit der Aufzählung aller Titel dieses Priesters des Herischef und der Sachmet fort, nennt seinen N a m e n Somtutefnacht (Z. 2) sowie die seiner Eltern (Djed
Somtuiufanch und Anchet). In Z . 3 läutet »Er sagt«
einen langen Passus (bis Z . 14) ein, der allerdings nicht autobiographisch von seinem Leben berichtet, sondern die Ereignisse in einen H y m n u s an den Lokalgott He
rischefRe kleidet, bei d e m er sich f ü r Beistand in schwierigen politischen Situationen b e d a n k t : Unter dem ägyptischen König (»dem guten Gott«) h a b e He
rischef ihn an den Hof gelangen lassen, so d a ß der Kö
nig zufrieden w a r mit ihm. Auch der »Prinz von Asien«
(heqa setjetiu) und seine Kurtisanen hätten ihn d o r t ge
liebt und ihn in das A m t des »Vorstehers der WabPrie
ster der Sachmet von Ober und Unterägypten« beför
dert eine Bezeichnung für Spezialisten in der Versor
g u n g von Schlangen und Skorpionstichen. Herischef
habe ihn auch beschützt hei der Offensive der Griechen
594 ÄGYPTEN GRIECHENLAND ROM KATALOG
(damit ist entweder die Schlacht von Issos 3 3 3 v. Chr.
oder die von G a u g a m e l a 331 v. Chr. gemeint):
»Du schütztest
mich in der Schlacht der Griechen, als du die Asiaten zurücktriebst. Sie (= die Griechen) tö
teten eine Million an meinen beiden Seiten, o h n e d a ß sich ein A r m gegen mich e r h o b . D a n a c h sah ich dich im T r a u m . Deine M a j e s t ä t sagte zu mir: >Eile nach He
rakleopolis! Mein Schutz ist bei dir!< Allein durcheil
te ich die F r e m d l ä n d e r und ü b e r q u e r t e das M e e r oh
ne Furcht ... und ich erreichte H e r a k l e o p o l i s , o h n e d a ß ein H a a r von m e i n e m Kopf g e n o m m e n w o r d e n w a r « (Z. 9 1 4 ) .
Es schließt sich ein Anruf a n alle Priester des Herischef a n , f ü r die ein Gebet zugunsten des S o m t u t e f n a c h t in alle Ewigkeit nützlich sein w e r d e (Z. 1 5 2 0 ) .
R. Pirelli, in: La collezione egiziana del Museo Archeologico Nazio
nale di Napoli (1989) 142 f. Nr. 15,1; G. Burkard, Altägyptische Heil
kunst am persischen Königshof, in: Studien zur Altägyptischen Kul
tur 21,1994, 39 f. mit weiterer Lit; R. Pirelli, II monumento di Sam
tawy Tefnakhte e il tempio di Iside a Pompei, in: N. Bonacasa et al.
(Hrsg.), L'Egitto in Italia, Atti del III Congresso Internazionale Italo
Egiziano, Roma, CNRPompei, 1319 Nov. 1995 (1998) 635644.
URSULA VERHOEVEN
167 Anonymer Beamter und Priester aus Memphis
H 26,6 cm, B 19,45 cm, T 13,3 cm Gabbro
Eventuell aus Memphis
Wien, Kunsthistorisches Museum Inv. ÄOS 20 Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr.
Es handelt sich u m den O b e r k ö r p e r einer stehenden M ä n n e r s t a t u e , die einen kleinen N a o s oder eine G ö t terfigur getragen haben d ü r f t e . Die Büste ist glatt ab
geschnitten und w a r bereits in einen Sockel vertieft, als die s e k u n d ä r e G l ä t t u n g und Ü b e r a r b e i t u n g d e r O b e r f l ä c h e v o r g e n o m m e n w u r d e . Die N a s e w u r d e aus den unteren Steinpartien ergänzt. Der Text impli
ziert eine m e m p h i t i s c h e H e r k u n f t , die Statue w u r d e später w o h l von den R ö m e r n zur S c h m ü c k u n g itali
scher Tempel f ü r ägyptische Gottheiten a b t r a n s p o r tiert und dabei möglicherweise neu modelliert.
D a s schmale Gesicht, bei d e m d a s g r ö ß e r e linke O h r auffällig ist, ist von einer Beutelperücke, die tief in der Stirn sitzt, u m r a h m t . Der O b e r k ö r p e r ist mit einem U n t e r h e m d mit r u n d e m sowie d a r ü b e r einem Ärmel
g e w a n d mit Vförmigem Ausschnitt bekleidet, unter
halb der A r m e beginnt ein sicherlich b o d e n l a n g zu er
gänzender, vor der Brust g e k n o t e t e r Wickelschurz, der seit der Saitenzeit belegt ist.
Auf dem Rückenpfeiler sind unter einer breiten H i m
28.167
melshieroglyphe vier T e x t k o l u m n e n mit kleinen Hie
roglyphen eingraviert, welche die Karriere des h o h e n G o u v e r n e u r s und Priesters von M e m p h i s vor und un
ter Ptolemaios, Sohn des Eagos, als »Ratgeber der er
sten Stunde« vor dessen Königsweihe 3 0 6 v. Chr. be
inhalten:
»(1) Der E h r w ü r d i g e bei PtahSüdlichseinerMauer, dem H e r r n von M e m p h i s (Anch-taui), E r b f ü r s t , G o u verneur, Siegler des unterägyptischen Königs, Einzi
ger Freund d u r c h die G u n s t (des Königs), ein Rede
künstler, mit nützlichem R a t s c h l a g und b e d ä c h t i g s p r e c h e n d , | . . . |
(2) mit den Plänen d e r G ö t t e r ; w e n n (er) heraus
k o m m t in Jubel, wird getan, w a s er sagt. Einer mit er
folgreichen Taten, der f ü r das, w a s er begonnen hat, ü b e r a u s richtig >schmiedet<. Der Priester des A m u n des H o c h l a n d e s |von M e m p h i s . . . |
(3) f ü r [...] von deinem Ka. Ich w u r d e reich d u r c h dei
ne Befehle, da d u e r k a n n t e s t , d a ß mein H e r z allem G u t e n zugetan war. Ich w a r dir treu von Kindesbeinen a n , und so gabst du G u n s t b e w e i s e [...]
(4) N u n , zu Zeiten der Hau-nebut (= Griechen) w u r de ich vom H e r r s c h e r Ägyptens (Heka Ta-meri) geru
fen, weil er meinen C h a r a k t e r (oder: mich?) liebte und die Ideen k a n n t e , die [ich] gegeben hatte [...].«
Der seltene Titel »Priester des A m u n des H o c h l a n d e s [von M e m p h i s ...]« k ö n n t e auf eine Identifikation mit A n c h h a p i , dem Besitzer eines Kairener Sarges (Ägyp
tisches M u s e u m Inv. C G 2 9 3 0 8 ) , oder mit einem sei
ner Familienmitglieder verweisen.
E. Rogge, Kunsthistorisches Museum Wien. ÄgyptischOrientali
sche Sammlung 9, Corpus Antiquitatum Aegyptiacarum (1992) 145152 (Übersetzung: G. Vittmann); H. Satzinger, Das Kunsthisto
DIE INTERKULTURELLE ROLLE VON PRIESTERN IM PTOLEMÄISCHEN ÄGYPTEN 595
rische Museum in Wien. Die Ägyptisch-Orientalische Sammlung (1994) 12 Abb. 5; Ph. Derchain, Les imponderables de l'hellenisati- on, Monographies Reine Elisabeth 7 (2000) 18 f. 41. 67-69. Taf. I; I.
Guermeur, in: Bibliotheca Orientalis 60, 2003, 330-333.
URSULA VF.RHOEVEN
168 Der Priester und Tempelschreiber Pa-di-imhotep aus Tanis
H 50 cm, B 33,5 cm, T 8 cm Sandstein
Wahrscheinlich aus Tanis (östliches Nildelta) Amsterdam, Allard Pierson Museum Inv. EA 7776 Ptolemäerzeit, etwa 2. Jahrhundert v. Chr.
Die h o c h r e c h t e c k i g e Stele b e g i n n t m i t einer Kopfzeile fü r die Titel u n d N a m e n des V e r s t o r b e n e n , die aller
d i n g s erst n a c h e i n e m u n b e s c h r i f t e t e n Q u a d r a t f e l d b e g i n n e n :
» W o r t e zu s p r e c h e n v o m Priester (... H i e r o g l y p h e d e r K u h m i t H a l s b e h a n g , s i t z e n d e r M a n n ) , Priester d e r E r s c h e i n e n d e n G ö t t e r (= P t o l e m a i o s ' V.), Schreiber v o m T e m p e l d e r A n a t , O s i r i s P a d i i m h o t e p , g e b o r e n v o n T a d i u , g e r e c h t f e r t i g t a n S t i m m e . «
D a s in v e r t i e f t e m Relief g e a r b e i t e t e Bildfeld w i r d o b e n v o n einer ü b e r d i m e n s i o n a l e n s c h r a f f i e r t e n H i m m e l s h i e r o g l y p h e ü b e r s p a n n t . R e c h t s s t e h t d e r Priester m i t R ä u c h e r g e r ä t u n d L i b a t i o n s g e f ä ß v o r e i n e m nied
rigen Altar. Er h a t eine g l a t t e k a p p e n a r t i g e Frisur u n d ist b e k l e i d e t m i t H a l s k r a g e n , g e f ä l t e l t e m u n d g e k n o t e t e m S c h u l t e r t u c h , f r a n s e n g e s c h m ü c k t e m w a d e n l a n gen S c h u r z u n d S a n d a l e n . D a s Schriftfeld ü b e r seinem K o p f b e z e i c h n e t ihn w i e d e r als » O s i r i s P a d i i m h o t e p , g e b o r e n v o n T a d i u , g e r e c h t f e r t i g t an S t i m m e « . Er ist kultisch a k t i v v o r einer D r e i h e i t v o n G ö t t e r n , die s o s o n s t n i c h t belegt ist: Als erste G o t t h e i t steht i h m » C h o n s d a s K i n d , d e r H e r r v o n »Haus d e r Anat<« g e g e n ü b e r , b e k r ö n t m i t d e r H e m h e m k r o n e a u f W i d d e r g e h ö r n , d e m N e m e s K o p f t u c h mit U r ä u s u n d J u g e n d l o c k e u n d g e k l e i d e t m i t e i n e m plissierten knie
l a n g e n S c h e n d i t S c h u r z m i t S t i e r s c h w a n z im R ü c k e n In d e n H ä n d e n h ä l t er d i e k ö n i g l i c h e n Insignien K r u m m s t a b u n d Wedel s o w i e ein A n c h Z e i c h e n . I Unter i h m sitzen a u f e i n e m h o h e n Sockel zwei G ö t t i n n e n a u f e i n z e l n e n B l o c k t h r o n e n m i t s c h r a f f i e r t e n S e i t e n f l ä c h e n . Die erste, » M u t , die G r o ß e , die H e r r i n v o n >Haus d e r Anat<«, t r ä g t u n t e r d e r D o p p e l k r o n e v o n O b e r u n d U n t e r ä g y p t e n eine G e i e r h a u b e u n d ei
ne dreigeteilte P e r ü c k e . Die z w e i t e , » A n a t , die H e r r i n v o n >Haus d e r Anat<«, ist m i t d e r A t e f k r o n e ge
s c h m ü c k t , die a u s e i n e m Binsengeflecht mit S o n n e n scheibe u n d zwei S t r a u ß e n f e d e r n besteht. Beide G ö t tinnen t r a g e n lange s c h m a l e G e w ä n d e r mit Fischgrät
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m u s t e r u n d S c h u l t e r t r ä g e r n , d a z u w i e C h o n s einen breiten H a l s k r a g e n . W ä h r e n d er bei A n a t a u f g r u n d ihrer K r o n e v o n einer S c h u l t e r z u r a n d e r e n zu s e h e n ist, ist er bei C h o n s u n d Isis r a f f i n i e r t e r w e i s e n u r zwi
schen d e n v o n v o r n e zu s e h e n d e n E n d e n d e s K o p f t u c h s bzw. d e r P e r ü c k e a u s g e f ü h r t (vgl. a u c h K a t . 2 3 3 ) . D a s Bildfeld w i r d v o n einer — w i e d e r u m s c h r a f fierten S t a n d f l ä c h e a b g e s c h l o s s e n .
D e r a n s c h l i e ß e n d e vierzeilige T e x t e n t h ä l t einen A n ruf a n die L e b e n d e n z u g u n s t e n des v e r s t o r b e n e n Pa
d i i m h o t e p u n d b e z e u g t d a m i t die A u f s t e l l u n g d e r Ste
le a n einem ö f f e n t l i c h z u g ä n g l i c h e n O r t :
»(1) O h , alle Schreiber, alle Reinigungspriester, die al
le a u s d e n Städten u n d G a u e n k o m m e n : sie sollen ne
ben diesem Bildnis stehen u n d seinen N a m e n n e n n e n (2) m i t allen g u t e n D i n g e n , u n d sie sollen s a g e n : »Osi
ris P a d i i m h o t e p , n i m m f ü r dich dieses dein k ü h l e s Wasser, d a s h e r v o r k o m m t n e b e n Osiris, m ö g e n d e i n e Beine (3) auf w e i ß e m Stein schreiten, m ö g e s t d u W a s ser v o n d e r Stelle im Fluß t r i n k e n , m ö g e dein Ba her
a u s g e h e n in d e r N a c h t , m ö g e dein H e r z göttlich sein, S o k a r O s i r i s , (4) m ö g e s t d u eintreten a n d e r Seite d e r G ö t t e r d e r b e i d e n W a h r h e i t e n , m ö g e s t d u m i t d e n trefflichen BaVögeln vereint w e r d e n , m ö g e dein H e r z
596 ÄGYPTEN GRIECHENLAND ROM KATALOG
mit deinem Leib z u s a m m e n g e f
ü g t w e r d e n , ewiglich«.«
Der (erwachsen dargestellte) Kindgott C h o n s p a c h e red u n d die Göttin M u t sind Bestandteile der theba
nischtanitischen Triade A m u n M u t C h o n s , die seit der Ramessidenzeit in Tanis verehrt w u r d e . M u t k a n n d a r ü b e r hinaus als Tochter des Re a u c h die k ä m p f e r i schen u n d gefährlichen Z ü g e einer Löwin h a b e n . Die ursprünglich vorderasiatische Kriegsgöttin A n a t galt in Tanis als M u t t e r des Königs. A u f g r u n d seiner Ä m ter in ihrem Heiligtum w a r P a d i i m h o t e p ihr beson
ders verpflichtet. Die e x p o n i e r t e Stellung des Kind
gottes, mit d e m er in gleicher K ö r p e r g r ö ß e und H ö h e in der rechten H ä l f t e des Bildfeldes dargestellt ist, im
pliziert eine Angleichung o d e r z u m i n d e s t enge Bezie
h u n g zwischen d e m Priester u n d d e m G ö t t e r s o h n : N o r m a l e r w e i s e ist der Kindgott kleiner als seine M u t ter o d e r hinter ihr stehend dargestellt.
Kindgestaltige Gottheiten w u r d e n in der Ptolemäerzeit immer häufiger im ganzen Land verehrt, wobei Chons
pachered in Tanis dem Herakles angeglichen und mit
unter auch eine Keule haltend dargestellt w u r d e (wäh
rend der ägyptischen M u t die griechische Hera ent
sprach). Die H e m h e m k r o n e (siehe den Beitrag von D. Budde, S. 3 3 4 3 4 1 mit Abb. 13) ist an diesem O r t typisch für ihn, w ä h r e n d N e m e s K o p f t u c h , Schurz und Insignien dem Darstellungskanon des ägyptischen Kö
nigs entsprechen, f ü r dessen legitime T h r o n f o l g e als leiblicher Sohn mit Sonnengottaspekten die Kindgötter Pate standen. Die späteren Prolemäer ließen sich in An
lehnung an den G ö t t e r s o h n d a n n auch gerne selbst mit der Jugendlocke (Kat. 143) abbilden.
J. Yoyotte P. Chuvin, Le Zeus Casios de Peluse ä Tivoli: Hypothe
se, in: Bulletin de l'lnstitut Francais d'Archeologie Orientale 88, 1988,175177 Abb. 2; R. S. Bianchi R. A. Fazzini (Hrsg.), Cleopa
tra's Egypt. Age of the Ptolemies. Exhibition Catalogue New York, Brooklyn Museum 7 Oct. 1988 2 Jan. 1989 (1988) Nr. 125; Kleopa
tra. Ägypten um die Zeitenwende (1989) Nr. 119; E. Lanciers, Die Priester des ptolemäischen Königskultes, in: Revue d'Egyptologie 42,1991,128 f.; M. Minas, Die hieroglyphischen Ahnenreihen der pto
lemäischen Könige, Aegyptiaca Treverensia 9 (2000) 39.
URSULA VERHOEVEN
169 Kopfteil einer anonymen Priesterstatue aus Buto
H 19,5 cm Schwarzer Basalt Aus Buto (Nildelta)
Württembergisches Landesmuseum Stuttgart Inv. 1.26 Ptolemäerzeit, 2. Jahrhundert v. Chr.
D a s kräftige Gesicht mit breitem Schädel und glatter kantiger Stirn ist u m r a h m t von H a u p t h a a r und Bart,
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die in ihrer gekräuselten S t r u k t u r ineinander überge
hen, n u r der O b e r l i p p e n b a r t ist mit gerade verlaufen
den H ä r c h e n wiedergegeben. Auf dem Kopf trägt der Dargestellte einen u m l a u f e n d e n K r a n z aus einzelnen, fast q u a d r a t i s c h g e f o r m t e n Rosetten, die den Ehren
rang eines V e r w a n d t e n des Königshauses (griech. syn-
genes) anzeigend ü r f t e n . N a c h W. Kaiser g e h ö r t die
ser Kopf zu den realistischen Darstellungen nach 125 v. Chr. und gibt eine v e r ä n d e r t e Geisteshaltung der Zeit nach Ptolemaios VIII./Kleopatra II. wieder.
Unter dem H i n t e r k o p f endet der Rückenpfeiler. Im Bildfeld ist der Priester nun k a h l k ö p f i g , mit langem Schurz, a n b e t e n d vor einem falkenköpfigetl G o t t mit D o p p e l k r o n e sowie einer löwenköpfigen G ö t t i n mit Sonnenscheibe und Uräusschlange eingraviert. Allein der F u n d o r t v e r m a g die G o t t h e i t e n zu identifizieren, deren N a m e n s k o l u m n e n frei geblieben sind: die Lo
kalgottheiten der uralten D o p p e l s t a d t Pe und Dep, später Buto (= » O r t der Uto«) im Delta w a r e n H o r u s und Um/Wadjet. H o r u s wird hier mythisch in seiner jugendlichen Gestalt verehrt, in der er in den S ü m p f e n des Deltas von seiner M u t t e r Isis u n d von U t o be
schützt w u r d e . Die s e k u n d ä r e Löwengestalt der ur
sprünglich mit der Schlange v e r b u n d e n e n Uto f ü h r t e z u m griechischen S t a d t n a m e n Leontopolis.
Die K o m b i n a t i o n von griechisch beeinflußter D a r stellungsart im R u n d b i l d und traditionell ägyptischer Ansicht im Relief, d e m sicherlich eine hieroglyphische Inschrift mit Titeln und N a m e folgte, weist den dar
gestellten Priester als in beiden Kulturen v e r a n k e r t e Persönlichkeit aus.
Vgl. dazu den Beitrag von U. Verhoeven, S. 279284; E. Brunner
Traut H. Brunner J. ZickNissen, Osiris, Kreuz und Halbmond. Die drei Religionen Ägyptens (1984) 139 Nr. 110; L. Delvaux, Les bron
zes de Sais, les dieux de Bouto et les rois des marais, in: W. Clarysse
A. Schoors H. Willems (Hrsg.), Egyptian Religion. The last thou
sand years. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur
DIE INTERKULTURELLE ROLLE VON PRIESTERN IM PTOLEMÄISCHEN ÄGYPTEN 597
I, Orientalia Lovaniensia Analecta 84 (1998) 551568; W. Kaiser, Zur Datierung realistischer Rundbildnisse ptolemäischrömischer Zeit, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abtei
lung Kairo 55,1999, 255 Taf. 38 f.
URSULA VhRHOEVEN
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170 Der Hohepriester des Ptah von Memphis Pascherienptah III.
H 72 cm, B 60 cm, T 8 cm Kalkstein
Aus Saqqära
London, British Museum Inv. EA 886 Späte Ptolemäerzeit, 41 v. Chr.
D a s g e w ö l b t e Bildfeld zeigt unter einem Sternenhim
mel u n d d e r geflügelten S o n n e n s c h e i b e links den k n i e n d e n Priester mit der seitlichen H a a r l o c k e des H o h e n p r i e s t e r s des Ptah von M e m p h i s , gekleidet in ein langes G e w a n d mit P a n t h e r f e l l ü b e r w u r f (das vor
ne mit einer g e k n o t e t e n Schnur z u s a m m e n g e h a l t e n wird) sowie mit Sandalen. Sein N a m e Pascherien
ptah/Psentais bedeutet »Der Sohn des P t a h « . Er f ü h r t
das Ritual »Den G o t t viermal a n b e t e n « aus, vor i h m ist sein eigenes T o t e n o p f e r dargestellt. Ihm gegenüber stehen a c h t Gottheiten, deren Gesichter sich auf der
selben H ö h e wie das des H o h e n p r i e s t e r s befinden, al
lerdings ist er a u f g r u n d seiner k n i e n d e n H a l t u n g da
d u r c h die g r ö ß t e und unterschwellig b e d e u t e n d s t e Fi
gur des Registers. Die G ö t t e r von links n a c h rechts:
Osiris mumifiziert, mit der A t e f k r o n e , auf d e m Sok
kel der M a ' a t stehend,
Apis mit Stierkopf und Uräusschlange,
Isis und N e p h t h y s bei denen jeweils beide Brüste in für Ägypten singulärer Weise n e b e n e i n a n d e r im Pro
fil reliefiert sind, w a s eine w o h l hellenistisch inspirier
te I n n o v a t i o n darstellt,
H a r e n d o t e s mit Falkenkopf u n d D o p p e l k r o n e , Anubis mit S c h a k a l s k o p f ,
I m h o t e p vergöttlichter Baumeister und H e i l k u n d i ger, der hier als Verstorbener gekleidet ist,
der Falke des Westens auf einer S t a n d a r t e , so d a ß er als Tier dieselbe Gesichtshöhe wie die übrigen G ö t t e r erreicht.
Sie alle geben ihm nach Aussage der Beischriften Gutes f ü r seine jenseitige Existenz. A m linken R a n d u m k l a m m e r t eine lange Palmrippe als Symbol für Mil
lionen von Jahren die Figur des Priesters mit dem Text, rechts steht ein langes WasSzepter als Himmelsstütze und als Symbol für Glück bzw. M a c h t . Die letzte Text
zeile ist von dieser U m k l a m m e r u n g a u s g e n o m m e n , sie enthalt die N e n n u n g des Verfassers des Textes (der Schwager des Pascherienptah mit Schreiber und Prie
sterämtern n a m e n s Horimhotep) sowie des Graveurs (dessen ältester Sohn Chahap).
Der 14zeilige Text beginnt mit einer O p f e r f o r m e l an die dargestellten G ö t t e r und n e n n t d a n n über drei Zei
len alle Titel des Pascherienptah, so d a ß sein N a m e in der Mitte von Z . 5 sicher nicht zufällig e x a k t im me
trischen Z e n t r u m der g e s a m t e n Stele steht. A m An
fang von Z . 6 lautet die Formel »Er sagt« den a u t o b i o g r a p h i s c h e n Teil ein, dessen L e b e n s d a t e n a u f g r u n d von A n g a b e n auf der Stele seiner G e m a h l i n Ta
i m h o t e p / T a i m u t h e s ( L o n d o n , British M u s e u m Inv.
EA 147) sicher d a t i e r b a r sind:
Kurz nach seiner A m t s e i n f ü h r u n g als H o h e r p r i e s t e r mit 14 J a h r e n organisiert er im J a h r 76 v. Chr. in M e m phis die K r ö n u n g von Ptolemaios XII. nach p h a r a o n i schem Ritual. Anschließend fährt er nach Alexandria, w a s er altertümlich umschreibt: »Ich ging zur Resi
denz der griechischen Herrscher (in Z . 9 findet sich der
ägyptische Ausdruck für die Inseln der Ägäis: hau-ne-
but), diean der Küste des Meeres liegt, westlich der
Ac/tfSümpfe, u n d die m a n Rakotis nennt.« Der König
erscheint und gelangt z u m Tempel der Isis, w o er ein
großes Speiseopfer und "anschließend eine Prozession
598 ÄGYPTEN GRIECHENLAND ROM - KATALOG
um den Tempel der Isis in seiner Q u a d r i g a im G a l o p p « vollzieht (in Z . 10 zweimal eine detaillierte Streitwa
genHieroglyphe). Anschließend h a b e der König ver
k ü n d e t : »Ich h a b e den großen Vorsteher der H a n d w e r k e r Pascherienptah zu meinem Priester ge
m a c h t « , und dieser bespricht mit ihm d a r a u f h i n jähr
lich die Angelegenheiten der Tempel von Ober u n d Unterägypten. Jedes M a l , w e n n der König seine In
spektionsreisen nach Süden u n t e r n i m m t , m a c h t er mit seinem Gefolge Station in M e m p h i s bei Pascherien
p t a h , der für ihn ein üppiges Picknick zur Erholung veranstaltet, u m r a h m t von den u n t e r h a l t s a m e n Feiern zum dortigen N e k r o p o l e n f e s t . Er wird vom König des
wegen sehr gelobt, und die Details seiner Anstrengun
gen w e r d e n erahnbar, w e n n Pascherienptah zur Be
g r ü n d u n g der königlichen Ehren bekennt: »Ich bin schließlich ein sehr reicher M a n n und verfüge über die schönsten Tänzerinnen.«
Ph. Derchain, Le pique-nique de l'Aulete, in: W. Clarysse - A. Schoors - H. Willems (Hrsg.), Egyptian Religion. The last thou- sand years. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur II, Orientalia Lovaniensia Analecta 85 (1998) 1158-1160; S. Walker - P. Higgs (Hrsg.). Cleopatra of Egypt. From History to Myth, Exhi- bition Catalogue London, British Museum, 12 April - 26 Aug. 2001 (2001) 184-186 Nr. 192; J. Baines, Egyptian Elite Self-Presentation in the Context of Ptolemaic Rule, in: W. V. Harris - G. Ruffini (Hrsg.), Ancient Alexandria between Egypt and Greece, Columbia Studies in the Classical Tradition 26 (2004) 56-59.
U R S U L A V F . R H O K V E N