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Industriekirschen mit Potenzial

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Academic year: 2022

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SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR OBST- UND WEINBAU 13/14

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Esther Bravin, Agroscope, Wädenswil

Othmar Eicher, Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg esther.bravin@agroscope.admin.ch

In der Schweiz werden heute zwischen 500 und 1000 Tonnen Industriekirschen auf Hoch- und Mittelstamm- kulturen produziert. Bei Mittelstammkulturen handelt sich um Kirschen, die mit der Schüttelmaschine geerntet werden – also sogenannte «Schüttelkirschen». Die durchschnittliche Ernteleistung kann so 150 kg/h errei- chen.

Im Rahmen einer Analyse von Agroscope gemeinsam mit der Fachstelle Obst Liebegg (AG) wurde die Wirt- schaftlichkeit der Industriekirschenproduktion anhand einer fiktiven Parzelle der Sorte Dolleseppler mit einer Baumdichte von 300 Bäumen pro Hektare und einer Le- bensdauer von 22 Jahren analysiert.

Verteilung der Produktionskosten

Die Produktionskosten von Industriekirschen (Anlage mit rund 300 Bäume/ha) mit dem Einsatz einer Schüttelma-

schine bewegen sich nach Berechnungen mit Arbokost (2014) zwischen 1.80 (bei einem Ertrag von 40 kg/Baum) bis 2.00 Fr./kg (bei einem Ertrag von 36 kg/Baum). Dabei machen Arbeitskosten, Abschreibung der Anlage sowie Maschinen und Geräte rund zwei Drittel der gesamten Produktionskosten aus (Abb. 1).

Industriekirschen mit Potenzial

Die Nachfrage nach inländischen Industrie- und Brennkirschen ist vorhanden. Anbau, Kosten und Preise gestalten sich aber anders als bei der Tafelkirschenproduktion. Ist eine kostendeckende Produktion überhaupt möglich und was sind die Voraussetzungen für eine gewinnbringende Produktion? Neue Berechnungen sollen die Wirtschaftlichkeit der Industrie- und

Brennkirschenproduktion beleuchten.

Abb. 1: Aufteilung der Produktionskosten von Schüttel- kirschen.

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Negative Resultate mit Preisen des Jahres 2012

Wir haben mit dem Vollkostenrechnungsmodell Arbokost für Industriekirschen verschiedene Varianten berechnet.

Die Berechnungsvorgaben werden in der Tabelle vorge- stellt. Für die Berechnung wurden für die Lohnkosten der internen und externen Mitarbeiter 30 Fr./h eingesetzt. In Absprache mit Produzenten von Industriekirschen sind wir von der Annahme ausgegangen, dass die externen Ern- tehelfer Personen der Region sind, die kurzfristig für die Ernte zur Verfügung stehen und aufgrund ihrer Erfahrung und ihres temporären Einsatzes höhere Lohnansprüche haben. In der Berechnung wurden auch die Versorgungssi- cherheitsbeiträge von 1300 Fr./ha berücksichtigt.

Mit diesen Vorgaben können die Produzenten von Industriekirschen ihre Produktionskosten nicht decken.

Ein Grund dafür sind die tiefen Produzentenpreise von 1.57 Fr./kg, die während der ganzen Lebensdauer der Kirschenanlage eingesetzt wurden. Dieser Preis entspricht dem Mittel der Jahre 2010 bis 2012. Der Ver- lust be trägt 1400 Fr./ha, der Deckungsgrad (Leistung/

Produktionskosten) liegt bei 92%, und die Rentabilität (= Eigenkapitalsrente pro investiertem Kapital) beträgt 0.1%. Längerfristig ist der Preis von 1.57 Fr./kg für die Produktion von Industriekirschen nicht tragbar.

Bessere Resultate mit den Preisen von 2013

2013 erhielten die Produzenten von Industriekirschen höhere Preise als 2012. Die Preise 2013 wurden in den Verhandlungen 2014 bestätigt. Die Produzenten können auch 2014 mit dem kostendeckenden Preis von 1.70 Fr./kg rechnen. Für die Kalkulationen wurden die- selben Vorgaben wie 2012 eingesetzt (Tabelle), lediglich der Produzentenpreis wurde auf 1.70 Fr./kg (rot) erhöht, anstelle von Fr. 1.57.

Mit einem Preis für Industriekirschen von 1.70 Fr./kg während der ganzen Produktionsdauer von 22 Jahren sieht das Resultat deutlich besser aus: Damit sind die Produktionskosten der Produzenten von Industriekir- schen gedeckt. Der Gewinn beträgt 7 Fr./ha, der De- ckungsgrad ist nun 100% und die Rentabilität + 2.4%.

In Abbildung 2 werden die Cashflow-Kurven der bei- den Preisvarianten miteinander verglichen.

Jahre mit tieferen Erntemengen

Wie schon Mouron und Carint (2001) beschrieben haben, beeinflussen Preis, Erntemenge und Qualität das Ein-

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kommen überproportional. Die Resultate können auch aufgrund von Ertragsschwankungen stark variieren. In diesem Beispiel wird angenommen, dass die Produzen- ten mit 1.70 Fr./kg für die Industriekirschen rechnen kön- nen. Anhand der Cashflow-Kurve (Gewinn + Abschrei- bungen) wird gezeigt, wie sich das ökonomische Resultat der Parzelle ohne Ertragsausfall als Standardversion im Vergleich zu Jahren mit Ertragsausfall verändert (Abb. 3).

Wir führten Berechnungen mit ein, zwei und drei Jahren mit Ertragsausfall durch. Mit einer gleichmässigen Ernte- menge von 40 kg/ha in der Ertragsphase werden im 20. Standjahr die gesamten Investitionen (inkl. Lohn- und Zinsanspruch) zurückgezahlt (Gewinnschwelle). Bereits ein Jahr mit komplettem Ertragsausfall (0 kg/Baum) führt zu einer Rentabilitätsreduktion; die Obstanlage erreicht die Gewinnschwelle bis zur Rodung nicht mehr. Der Produzent muss nach 22 Standjahren mit einem Verlust rechnen und er kann aus der Anlage kein Kapital für Neuinvestitionen erwirtschaften. Nach zwei Jahren mit Ertragsausfall erreicht der Cashflow im 22. Standjahr -32 000 Fr./ha. Auch in diesem Fall können die Produkti- onskosten nicht gedeckt werden. Bei drei Jahren mit Ertragsausfall verharrt die Cashflow-Kurve auf dem tiefen Niveau von -47 000 Fr./ha.

Berechnungsvorgaben 2012 (2013).

Wert

Erntemenge 40 kg/Baum

Produzentenpreis Industriekirschen 1.57 (1.70)Fr./kg

Preis Abgang 0 Fr./kg

Anteil Industriekirschen 85%

Abgang 15%

Ernteleistung 150 kg/h

Lohnkosten intern/extern 30 Fr./h Anteil externe Arbeitskräfte für die Ernte 90%

Pflanzenschutzmittelkosten 2270 Fr./ha Versorgungssicherheitsbeiträge 1300 Fr./ha

Abb. 2: Vergleich der Cashflow-Kurven der Variante mit einem Preis von 1.57 Fr./kg (Preis 2012) und der Variante mit 1.70 Fr./kg (Preis 2013 und 2014).

Abb. 3: Cashflow- Kurven: Varianten mit variierenden Erntemengen.

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Tiefere Pflanzenschutzmittelkosten

Um 10% tiefere Pflanzenschutzkosten (2040 statt 2270 Fr./ha) in der Vollertragsphase bei gleichbleibender Qualität und Menge beeinflussen die Cashflow-Kurve nur leicht (Abb. 4). Trotzdem werden die gesamten In- vestitionen inklusive Löhnen und Zinsanspruch bereits im 19. Standjahr (ein Jahr früher) zurückbezahlt.

Produktion von Brennkirschen

In diesem Beispiel haben wir die Cashflow-Kurve von Brennkirschen mit einem Produzentenpreis (in Fr./kg) von 1.07 Fr./kg (Preis Suisse Garantie 2014 inkl. Abzüge) und 0.71 Fr./kg (Preis Konventionell 2014 inkl. Abzüge) verglichen (Abb. 5).

Für diese Berechnung haben wir Erträge von 40 kg Brennkirschen pro Baum angenommen in einer Anlage von 300 Bäumen pro Hektare. Die Ernteleistung beträgt bei Industriekirschen (Schüttelkirschen) 150 kg/ha. Für die Berechnung des Cashflows der Brennkirschenpro- duktion wurden die Kosten für Pflanzenschutzmittel auf 1100 Fr./ha geschätzt, also rund die Hälfte der Kosten wie bei den Industriekirschen.

Um die Gewinnschwelle zu erreichen, brauchen die Produzenten einen Preis für Brennkirschen von 1.23 Fr./kg. Wenn aber mit einem tieferen Ertrag von 33 kg/Baum gerechnet wird, können die Produktionskos- ten nur mit einem Preis von 1.41 gedeckt werden.

Schlussfolgerung

Erhalten die Produzenten von Industriekirschen (Schüt- telmaschine) einen Preis von mindestens 1.70 Fr./kg, dann können sie nach 21 Produktionsjahren die Produktions- kosten inklusiv Investitionen, Löhnen und Zinsen decken.

Dieses positive Resultat gilt aber nur, wenn jährlich min- Abb. 5: Cashflow-Kurven: Brennkirschen mit verschiedenen Preisen bei einem

Ertrag von 40 kg/Baum.

Abb. 4: Cashflow-Kurven: Varianten mit tieferen Pflanzenschutzmittelkosten.

Mit 6 bis 7 Perso- nen kann pro Stunde eine Ton- ne Kirschen ge- schüttelt werden.

Auf dem Band entfernt ein Ge- bläse Laub und Zweige. Nach dem Schütteln werden die Blachen hy- draulisch einge- zogen.

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Industriekirschen sind die festgelegten Preise (von 1.62 bis 1.75 Fr./kg inkl. Abzügen) erfreulich. Damit kann eine langfristige Produktion von Industriekirschen in der

Schweiz gewährleistet werden. n

Literatur

Arbokost Industriekirschen 2012: Vollkostenrechnungsmodell für die Obstproduktion, URL: www.arbokost.agroscope.ch.

Mouron P. und Carint D.: Rendite-Risiko-Profil von Tafelobstan- lagen. Teil II: Risikopotenzial, Schweiz. Z. Obst-Weinbau, 137, 106–110, Wädenswil, 2001.

Schweizer Obstverband: Vermarktungskonzept für Schweizer Konservenkirschen ab 2011, Zug, 2011.

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K I R S C H E N P R O D U K T I O N

R É S U M É

Des cerises industrielles avec du potentiel

La rentabilité de la production de cerises industrielles dépend de facteurs tels que le rendement, la qualité et le prix. Au prix où les producteurs étaient payés en 2012, la rentabilité ne serait pas garantie à long terme.

Les prix payés en 2013 ont permis de couvrir les coûts et fort heureusement, ces prix ont pu être maintenus en 2014. Le rendement, nous l’avons vu, compte parmi les critères de rentabilité de la production de cerises

dédiées à des fins industrielles. Avec un rendement qui s‘établit à 40 kg/arbre sur le long terme et des prix d’au moins Fr 1.70/kg, le seuil de rentabilité est atteint. La production de cerises de distillerie est moins rentable que celle de cerises industrielles si l’on part d’un rendement de 40 kg/arbre utilisables à 100% aux prix actuellement pratiqués.

destens 40 kg Kirschen pro Baum geerntet werden können mit einer Ausbeute von mindestens 85%. Sobald in einem Jahr die Erträge tiefer sind, erreicht die Produktion bis zum Ende der Ertragsphase die Gewinnschwelle nicht mehr. Können 10% der Pflanzenschutzmittelkosten ohne Ertrags- oder Qualitätsverlust gespart werden, dann wird (bei einem Preis von 1 .70 Fr./kg) bis zur Rodung ein Ge- winn von über 10 000 Fr./ha erreicht. Die Produktion von Brennkirschen ist mit den heutigen Preisen von 0.70 Fr./kg (konventionell inkl. Abzügen) und 1.07 Fr./kg (Suisse Ga- rantie inkl. Abzügen) weniger rentabel als die Produktion von Industriekirschen. Für die Schweizer Produktion von

Dolleseppler, eine ideale «Schüttel- kirsche».

Referenzen

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