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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 34–35⏐⏐28. August 2006 AA2261
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er Jubel war groß im saar- ländischen St. Ingbert: Der Aidsforscher Priv.-Doz. Dr.phil. nat. Hagen von Briesen (45) und sein Team am dorti- gen Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik wer- den von der Bill und Melinda Gates Stiftung für ihre Be- teiligung an der Suche nach einem HIV-Impfstoff geför- dert. Mit der Spende von um- gerechnet fast sechs Millio- nen Euro soll eine der mo- dernsten globalen Kryoban- ken entwickelt und installiert werden. In diesem Tiefkühl- Archiv sollen bei etwa minus 200 Grad Celsius Viren, Zel- len des Immunsystems und daraus abgeleitete Reagenzi- en zur Entwicklung einer Vakzine weltweit zentral ge- lagert werden.
Die Summe, die von Brie- sens Arbeitsgruppe erhält, ist Teil der bislang größten pri- vaten Spende für die Aids-
forschung. Rund 227 Millio- nen Euro stellt die von dem Microsoft-Gründer und des- sen Frau initiierte Stiftung zur Verfügung. Damit sol- len bisher unabhängig ar- beitende Teams bei der ge- meinsamen Suche nach ei- nem HIV-Impfstoff unter- stützt werden.
„Die Spende bietet die Mög- lichkeit, viele Einzelkämpfer an einem Strang ziehen zu lassen“, erklärt von Briesen.
Auch wenn die Entwicklung eines Impfstoffes gegen die Immunschwächekrankheit bis- her nur langsame Fortschrit- te verzeichnet, gibt sich der Wissenschaftler optimistisch:
„Wir sind zum Mond gekom- men, dann werden wir auch irgendwann einen Aids-Impf- stoff haben.“
Neben der Gates-Spende erhält von Briesen für das Projekt zwei Millionen Euro von der saarländischen Lan-
desregierung und der Fraun- hofer-Gesellschaft.
Von Briesen war an der er- sten deutschen Isolierung ei- nes HI-Virus im Georg-Spey- er-Haus in Frankfurt am Main beteiligt. Später arbei- tete der Biologe bei der Welt- gesundheitsorganisation und der UNAIDS, der UN-Agen- tur zum Kampf gegen HIV und Aids. Birgit Hibbeler
Hagen von Briesen
Millionenspende von Bill Gates
Namen und Nachrichten Dr. med. Otto Schloßer, In- ternist aus Stephanskirchen, Oberbayern, langjähriges Vor- standsmitglied der Bayerischen Landesärztekammer und Trä- ger der Ernst-von-Bergmann- Plakette, ist am 28. August 85 Jahre alt geworden.
Priv.-Doz. Dr. med. Eber- hard Wolff, füherer Chefarzt der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses Demmin, ist am 5. Juni im Alter von 71 Jahren verstorben. EB
Aufgaben und Ämter Andrea Fischer (46), ehema- lige Bundesgesundheitsmini- sterin, steigt bei der PR-Agen- tur Pleon Kohtes Klewes ein.
Die Grünen-Politikerin wird als Partnerin das Management des Münchener Büros verstär- ken und den Bereich „Health- care Practice“ leiten.
Prof. Dr. med. Uwe Jans- sens (46), Chefarzt der Klinik für Innere Medizin im St.- Antonius-Hospital, Eschwei- ler, ist neuer Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedi- zin und Notfallmedizin. Er löst Prof. Dr. med. Gerhard Walter Sybrecht (63), Direk- tor der Abteilung Pneumolo- gie, Allergologie, Intensivme- dizin der Universitätsklinik Homburg/Saar, ab.
Prof. Dr. med. Ferdinand Hofstädter (58), Leiter des Instituts für Pathologie der Universität Regensburg, ist zum stellvertretenden Vorsit- zenden des Berufsverbandes Deutscher Pathologen e.V.
gewählt worden. Er ist Nach- folger von Prof. Dr. med.
Reinhard Büttner, Leiter des Institutes Pathologie der Uni- versität Bonn.
Prof. Dr. med. Dr. med.
dent. Christian Stoll (46) ist neuer Chefarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts- chirurgie und plastische Ope- ration in den Ruppiner Klini- ken, Neuruppin. Die Klinik wird von zwei Chefärzten ge- leitet, wobei Dr. med. Dieter Prokop für den ambulanten Bereich zuständig ist. EB
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uniorprofessuren sollen dem wissenschaftlichen Nach- wuchs den Karriereweg er- leichtern und außerdem das Erstberufungsalter senken.Was aber geschieht mit älteren Professoren, denen das starre deutsche Beamtenrecht den Ruhestand verordnet und so- mit verhindert, dass sie ihre Erfahrungen weiterhin ein- bringen? Prof. Dr. med. Dr.
h. c. Thomas Brandt (63) hat auf diese Frage für sich eine zufrieden stellende Antwort gefunden. Der Direktor der Neurologischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Univer- sität München ist Deutsch- lands erster Seniorprofessor.
Die von der Hertie-Stiftung geförderte Senior-Forschungs- professur Neurowissenschaf-
ten stellt einen interessan- ten Tauschhandel dar: Brandt verzichtet auf alle hauptamt- lichen Funktionen und gibt die ordentliche Professoren- stelle vorzeitig frei. Der Ordi- narius für Neurologie kann
sich somit ganz auf das wis- senschaftliche Arbeiten kon- zentrieren. Dabei handelt es sich in erster Linie um seine Forschung über die vestibulä- re Funktion und Okulomoto- rik. „Viele Berufe haben ei- nen Pflicht- und einen Küran- teil. Jetzt kann ich mich ganz der Kür widmen“, sagte Brandt anlässlich der Verleihung.
Für den neuen Lehrstuhl stellt die Hertie-Stiftung eine Million Euro zur Verfügung.
Der Fördervertrag für die Se- niorprofessur reicht nicht nur bis zum 68. Lebensjahr, son- dern kann bis zum Jahr 2013 verlängert werden. Dann wird Brandt 70 Jahre alt.
Die Idee der Seniorpro- fessur halten viele für ziel- führend. Auch Bundesfor- schungsministerin Annette Schavan ist von dem Erfolg überzeugt. Die CDU-Politi- kerin verlieh die Stiftungs- professur Mitte Juli in Mün- chen. Birgit Hibbeler
Thomas Brandt
Der erste Seniorprofessor
Personalien
Thomas Brandt
Foto:LMU
Hagen von Briesen
Foto:privat