A-1316 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 19, 12. Mai 2000
V A R I A
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ehmen sich zwei Meister ihres Fachs gemeinsam eines Vorhabens an, kann man Besonderes erwarten.Beispielhaft hierfür ist seit nunmehr zweieinhalb Jahren das Museum Beyeler in Rie- hen nahe Basel: Renzo Piano schuf dort eine zeitlos schöne,
„elegante“ und funktionelle Hülle für die Kollektion des sehr erfolgreichen Galeristen Ernst Beyeler. Diese brilliert trotz vieler gelungener Neu- bauten der europäischen Mu- seumslandschaft der letzten Jahre. Sowohl Freunde der Architektur als auch der Klas- sischen Moderne kommen dort auf ihre Kosten.
Renzo Piano machte seine ersten musealen Erfahrungen als Architekt des Centre Pompidou in Paris in den 70er-Jahren sowie dessen um- fangreicher Renovierung, die Ende letzten Jahres zum Ab- schluss kam. Zu seinen welt- weit beachteten Projekten zählen unter anderem der Flughafen Kansei in Osaka, das Daimler-Benz-Projekt am Potsdamer Platz in Berlin sowie das besuchenswerte Atelier Brancusi in Paris.
Das Ehepaar Hildy und Ernst Beyeler rief 1982 eine Stiftung ins Leben, in die es seine Sammlung einbrachte.
Ihr Galeristenleben war unter anderem geprägt von Freund- schaften mit Picasso, Klee und Kandinsky. Diese und an- dere Kontakte erklären die durchweg hohe Güte der Sammlung.
Die Fondation Beyeler besteht aus drei Teilen: der Sammlung, den Wechselaus-
stellungen und der Architek- tur. Die Sammlung umfasst rund 160 Werke von 33 Künstlern und gibt einen um- fassenden Überblick über die Klassische Moderne: Begin- nend mit dem Spätimpressio- nismus (Cézanne, van Gogh, Monet), setzt sie sich über den Kubismus (Picasso, Braque) fort, ergänzt durch weitere repräsentative Werkgruppen (unter anderem Miró, Mon- drian, Kandinsky, Klee). Es folgen Werke des abstrakten Expressionismus (Rothko, Newman) und der amerikani- schen Pop-Art (Warhol, Lich- tenstein, Rauschenberg). Die
Sammlung schließt zeitlich mit Baselitz, Kiefer und Fa- bro ab. Den Bronzen A. Gia- comettis und Monets Tripty- chon „Le bassin aux nym- phéas“, einst ein „Ladenhü- ter“ der Galerie Beyeler, sind eigene Räume gewidmet.
Zeitgenössische Strömungen findet man nicht. „Kontra- punkte“ bilden einige ausge- wählte Werke aus Afrika, Alaska und Ozeanien. Die Wechselausstellungen neh- men Bezug zur Gegenwart und fördern die Auseinander- setzung mit der modernen Kunst. Bis 30. Juli ist die Sonderausstellung „Farbe zu
Licht“ zu sehen: Rund 110 Werke von 54 Künstlern vom Impressionismus bis zur aktu- ellen Gegenwart, die das Ta- felbild verlassen und mit far- bigen Lichtquellen den Raum
„bemalen“. Die Leihgaben stammen aus großen Museen und Privatsammlungen der ganzen Welt.
Das hinter einer Porphyr- mauer verborgene Gebäude, ebenfalls porphyrverkleidet, ist 110 Meter lang, seine Stirn- seiten sind verglast und geben den Blick auf den Berower- park frei. Aus einem der west- lichen Längsseite vorgelager- ten „Wintergarten“ führt eine Treppe ins Untergeschoss mit seinem Multifunktionsraum.
Über allem „schwebt“ ein 4 000 Quadratmeter großes Glasdach mit „Sonnensegeln“, die für optimale Lichtverhält- nisse in den ruhigen Ausstel- lungsräumen sorgen.
Dr. med. Dr. med. dent.
Hans-Walter Krannich FEUILLETON
Sowohl Freunde der Architektur als auch der Klassischen Moderne kommen in Basel auf ihre Kosten.
Das Museum Beyeler
Kunst unter Sonnensegeln
Das Museum ist montags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Wegen der begrenzten Anzahl an Parkplätzen nimmt man am besten die Tram Nr. 6 (ab Innenstadt Basel und Badi- schem Bahnhof) oder die Tram Nr. 2 (ab Bahnhof SBB) mit Umsteigen bei der Haltestelle „Messeplatz“ auf Tram Nr. 6. In- formationen: Fondation Beyeler, Baselerstraße 101, CH-4125 Riehen, Telefon: 00 41(0) 61 645 9700, Fax: 00 41(0) 61 645 9719.
Foto: Fondation Beyeler