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Berufskrankheiten der Atemwege und der Lunge

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Internist 2021 · 62:906–920

https://doi.org/10.1007/s00108-021-01109-7 Angenommen: 5. Juli 2021

Online publiziert: 13. August 2021

© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021

Redaktion

E. Märker-Hermann, Wiesbaden D. Nowak, München

Berufskrankheiten der Atemwege und der Lunge

Dennis Nowak1,3· Uta Ochmann1,3· Ullrich G. Mueller-Lisse2,3

1Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, LMU Klinikum, München, Deutschland

2Klinik und Poliklinik für Radiologie, LMU Klinikum, München, Deutschland

3Comprehensive Pneumology Center (CPC) München, Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL), München, Deutschland

In diesem Beitrag

Epidemiologie

Obstruktive Atemwegserkrankungen Legaldefinition

·

Asthma

·

Chronisch

obstruktive Lungenerkrankung

Infektionskrankheiten

Legaldefinition

·

Ätiologie und Expositio- nen

·

Diagnostik

Interstitielle Lungenkrankheiten

Krebserkrankungen der Lunge

Vorrangig pneumologische Syndrome mit Arbeitsbezug

Sick-Building-Syndrom

·

Symptome durch Druckeremissionen

·

„Fume events“, aerotoxisches Syndrom

Der Artikel basiert auf einer Kürzung und inhalt- lichen Überarbeitung von Nowak D, Ochmann U, Müller-Lisse U (2021) Arbeitsbedingte Lungen- und Atemwegserkrankungen. In: Kreuter M, Costabel U, Herth F, Kirsten D (Hrsg) Seltene Lun- generkrankungen. Springer, Berlin Heidelberg.

DOIhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-63651- 0[25].

Das Comprehensive Pneumology Center (CPC) München ist Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).

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Zusammenfassung

Die attributablen Anteile berufsbedingter Einflüsse auf Atemwegs- und Lungener- krankungen betragen 10–30 %. Bei obstruktiven Atemwegserkrankungen ist eine medizinische Dokumentation insbesondere noch zu Zeiten der atemwegsbelastenden Tätigkeit im Vergleich zu arbeitsfreien Zeiten erforderlich. Auch bei Rauchern kann eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) berufsbedingte (Teil-)Ursachen haben. Bei berufsbedingten Infektionskrankheiten stand bis 2019 die Tuberkulose im Vordergrund, die Coronapandemie hat die „coronavirus disease 2019“ (COVID- 19) zur häufigsten Berufskrankheit gemacht. Für die arbeitsmedizinische Beurteilung interstitieller und maligner Lungenerkrankungen können anamneseunterstützende Checklisten hilfreich sein.

Schlüsselwörter

Asthma · Infektionskrankheiten · Obstruktive Atemwegserkrankung · Interstitielle Lungenerkran- kungen · Lungenkarzinom

Epidemiologie

Nichtmaligne Atemwegs- und Lungen- erkrankungen. Zur Abschätzung der Krankheitslast („burden of disease“, BOD) durch berufsbedingte nichtmaligne Atem- wegs- und Lungenerkrankungen haben Blanc et al. [2] kürzlich eine Berechnung vorgelegt (.Abb.1).

Bei dem überraschend hohen Anteil be- ruflicher Risikofaktoren bei der idiopathi- schen Lungenfibrose (IPF) sind zwei Mög- lichkeiten denkbar: In relevantem Umfang sind Pneumokoniosen nicht erkannt wor- den, oder/und die berufliche Exposition gegenüber Dampf, Gas, Staub bzw. Rauch stellt einen Trigger für die Entstehung einer IPF dar, ohne dass eine Pneumokoniose im klassischen Sinne vorliegt. Dann stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß dies durch chronische Exposition oder durch etwaige Expositionsspitzen verursacht worden sein kann. Bei den granulomatösen Erkrankun- gen, einschließlich der Sarkoidose, dürfte

es sich zu einem gewissen Anteil um nicht- erkannte Berylliosen handeln.

Maligne Atemwegs- und Lungener- krankungen. Für das Lungenkarzinom als Beispiel eines besonders durch exo- gene inhalative Kanzerogene induzierten Organtumors wurden attributable An- teile bei 2–5 % der betroffenen Frauen und bei 10 bis über 30 % der Männer in der Literatur beschrieben [21], was hierzulande vermutlich einer Überschät- zung entspricht. Beim Mesotheliom als Signaltumor einer arbeitsbedingten Asbe- steinwirkung wurden attributable Anteile von 83 % für Männer und von 42 % für Frauen beschrieben [18].

Im vorliegenden Beitrag werden vor- rangig die arbeitsanamnestischen Schwer- punkte, bezogen auf das „Daran-Denken“, und diagnostische Besonderheiten, die über die alltägliche Funktions-, Bildge- bungs- und pathologisch-anatomische Diagnostik hinausgehen, aufgeführt. Da- rüber hinaus wird auf die entsprechenden

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Berufsbedingte Krankheitslast (%)

Asthma

Chr

onisch obstruktiv e

Lungenerk rankung 30

25 20 15 10 5 0

Chr onische Br

onchitis

Idiopathische L ungenfibr

ose

Pulmonale Alv eolarpr

oteinose

Exogen-aller gische Alv

eolitis Sarkoidose

Tuberkulose (als Silikotuberkulose)Tuberkulose ( Gesundheitsdienst)

Ambulant er worbene P

neumonie

Abb. 18Berufsbedingte Krankheitslast, errechnet wie im Text dargestellt. (Mod. nach Blanc et al. [2]) Berufskrankheiten in der deutschen Liste

der Berufskrankheiten Bezug genommen [10].

Obstruktive Atemwegs- erkrankungen

Legaldefinition

BK 4301: durch allergisierende Stof- fe verursachte obstruktive Atem- wegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie; seit 01.01.2021 ohne Unterlassungszwang),

BK 4302: durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (seit 01.01.2021 ohne Unterlassungs- zwang),

BK 1315: Erkrankungen durch Isocya- nate,

BK 4111: chronische obstruktive Bron- chitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren ([mg/m3]● Jahre) Asthma

Das Berufsasthma stellt mit einer Inzidenz von 2 bis 5 Patienten/100.000 Einwohner und Jahr [3] die häufigste berufsbezoge-

ne Atemwegs- und Lungenerkrankung dar.

Bei der Diagnose „Asthma“ sind insbe- sondere noch zu Zeiten der exponierten Tätigkeit Maßnahmen der medizinischen

„Beweissicherung“ für ein etwaiges Berufs- krankheitenverfahren relevant.

Ätiologie und Expositionen

Risikofaktoren für ein Berufsasthma sind einerseits arbeitsplatzbezogen, anderer- seits individuell [27]:Arbeitsplatzbezogen ist die Expositionsintensität der sensibi- lisierend oder irritativ wirkenden Noxen entscheidend, daher sind primär Arbeits- schutzmaßnahmen sinnvoll, die die Ex- positionshöhen minimieren können. Für einige atemwegsirritative Noxen existie- ren Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW), die für gesunde Erwachsene festgelegt wurden, die aber möglicherweise die individuelle Suszeptibilität, insbesondere bei vorbeste- hendem Asthma, nicht berücksichtigen.

WichtigeindividuelleRisikofaktoren sind die arbeitsplatzbezogene Rhinitis (je nach Literaturstelle haben zwischen 20 und 78 % der Patienten mit Berufsasthma zu- vor bereits eine berufliche Rhinitis gehabt, im Mittel 5 bis 6 Monate vor Beginn der Atemwegssymptome), genetische Prä- disposition und Atopie (bei Exposition gegenüber hochmolekularen Allergenen).

Landwirtschaftliche Tätigkeiten der Mut- ter während der Schwangerschaft können

das Atopierisiko signifikant und anhaltend bis in das Erwachsenenalter senken.

Tätigkeiten/Expositionen, die zu asth- matischen Atemwegserkrankungen füh- ren können, sind:

Berufsallergene. Meist Inhalationsaller- gene natürlichen Ursprungs, Proteine und biologische Agenzien. Grundsätzlich kön- nen fast alle ubiquitären Inhalationsaller- gene zu Berufsallergenen werden. Meh- le, Isocyanate, Latex, Persulfate, Aldehyde, Tierallergene, Holzstaub, Metallsalze und Enzyme sind für 50–90 % aller Berufsall- ergien der Atemwege verantwortlich; bis- lang sind etwa 400 unterschiedliche Be- rufsallergene für die Atemwege bekannt.

Atemwegsirritative Berufsnoxen. Die Expositionshöhe ist für gesundheitlich adverse Effekte entscheidend. Für die Verursachung eines irritativ-toxischen Asthmas sind meist länger währende Expositionen oberhalb des Arbeitsplatz- grenzwertes erforderlich. Irritativ-toxische Effekte von Berufsstoffen, meist Chemi- kalien, sind den Sicherheitsdatenblättern zu entnehmen. Auch Expositionsspitzen können bei grundsätzlich dauerhafter Ein- haltung von Arbeitsplatzgrenzwerten zu Asthmaerkrankungen beitragen.

Diese Noxen können in Form von Ga- sen, Dämpfen, Stäuben oder Rauchen vor- kommen und lassen sich folgendermaßen gruppieren:

– leicht flüchtige organische Arbeitsstof- fe: z. B. Acrolein, Ethylenimin, Chlor- ameisensäureethylester, Formaldehyd, Phosgen u. a.,

– schwer flüchtige organische Arbeits- stoffe: z. B. einige Härter für Epoxid- harze, bestimmte Isocyanate, Ma- leinsäureanhydrid, Naphthochinon, Phthalsäureanhydrid, p-Phenylendia- min u. a.,

– leicht flüchtige anorganische Ar- beitsstoffe: z. B. Nitrosegase, einige Phosphorchloride, Schwefeldioxid u. a., – schwer flüchtige anorganische Ar-

beitsstoffe: z. B. Persulfat, Zinkchlorid, Beryllium und seine Verbindungen, Cadmiumoxid, Vanadiumpentoxid u. a.

Diagnostik

Sicherung der Diagnose „Asthma“. Bei der Anwendung der Standardkriteri-

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Schwerpunkt Patient mit Asthma und Verdacht auf einen Arbeitsplatzbezug

Arbeitsplatzbezogene Anamnese

Asthma mit Arbeitsplatz- bezug unwahrscheinlich

Ausnahmen, z. B.

Isocyanate

Asthma mit Arbeitsplatz- bezug unwahrscheinlich

Asthma mit Arbeitsplatzbezug wahrscheinlich

Serielle Lungenfunktionsmessung mind. 4- oder 5-mal täglich über mind. 4 Wochen mit Führen eines Tagebuchs.

Davon je 2 Wochen mit/ohne Arbeitsexposition Zwei unspezifische Provokationstests mit gleicher Methodik zum Vergleich der

Ausprägung der bronchialen Überempfindlichkeit: 1. möglichst am Ende einer Arbeitswoche nach mindestens zwei Wochen relevanter Exposition

2. nach mindestens zwei Wochen ohne relevante Exposition Verdacht bekräftigt

Unterschied

nicht durch- führbar

negativ positiv

Befunde nicht pathologisch

Befunde pathologisch Kein Unterschied

Meldung an den Träger der gesetz-

lichen Unfall- versicherung

Spezifischer Provo- kationstest unter Laborbedingungen

Asthma mit Arbeits- platzbezug unwahr-

scheinlich

Abb. 29Diagnostischer Algorithmus bei Patienten mit Asthma und Verdacht auf Arbeitsplatzbezug des Asthma. (Mod. nach Nowak und Ochmann [23])

en „asthmatypische Anamnese“ sowie

„Nachweis einer reversiblen bronchialen Obstruktion oder einer bronchialen Hyper- reagibilität“ ist zu berücksichtigen, dass bei fehlender Einwirkung der ursächli- chen Noxe die Atemwegsempfindlichkeit auch normal sein kann. Abwesenheit der ursächlichen Noxe ist dabei nicht nur an arbeitsfreien Tagen möglich, sondern kann auch durch das Ausüben unterschiedlicher Tätigkeiten bedingt sein. Eine detaillierte Arbeitsanamnese ist daher unerlässlich, um zu detektieren, welche beruflichen Tätigkeiten zu welchen Expositionen füh- ren können, und wann diese Tätigkeiten ausgeübt werden.

Sicherung des Arbeitsplatzbezugs.Die- se basiert auf folgenden Bausteinen:

Anamnese: Wenngleich die Screening- frage „Werden die Atemwegsbeschwerden in arbeitsfreien Zeiten besser?“ eine gute Orientierung gibt, ist sie zwar sensitiv, aber nicht spezifisch. Eine umfangreiche Evalu- ation der beruflichen Expositionen, ggf.

einschließlich Einsicht in die Sicherheits- datenblätter der verwendeten Stoffe, ist notwendig, um mögliche Ursachen zu de- tektieren. Neue Allergene, das Auftreten von Noxen bei als harmlos eingeschätzten Tätigkeiten oder auch komplexe Arbeits- bedingungen, die vom Betroffenen nicht detailliert beschrieben werden, können die Evaluation erschweren. Eine Zusammenar- beit mit dem zuständigen Betriebsarzt, der die Arbeitsplätze und deren Expositionen beurteilen kann, ist hilfreich.

Unspezifische bronchiale Provoka- tion: Der Nachweis einer bronchialen

Hyperreagibilität hat primär zunächst ei- ne geringe Spezifität von 48–64 % [35]

und eine Sensitivität von 84 % für die Diagnose eines Berufsasthmas. Die seri- elle Messung kann die Spezifität deutlich erhöhen: Eine signifikante Änderung der Atemwegsempfindlichkeit zwischen den Messungen unter fortbestehender Expo- sition im Vergleich zur Messung nach 2- bis 3-wöchiger Expositionsfreiheit mit Reduktion der für die Verdopplung des spezifischen Atemwegswiderstands not- wendigen kumulierten Methacholindosis um den Faktor 3, bestimmt mit der glei- chen Methode, zeigt einen relevanten Einfluss der beruflichen Exposition. Eine negative unspezifische bronchiale Pro- vokation unter Exposition schließt das Vorliegen eines Berufsasthmas weitge- hend aus. Ausnahmen gelten z. B. beim

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Tab. 1 Tätigkeiten, kategorisiert nach Tuberkulose-Infektionsgefährdung und mit Hinweis darauf, ob ein Indexpatient für Anerkennung als Berufs- krankheit erforderlich ist. (Aus Nienhaus et al. [20])

Kategorie A Kategorie B Kategorie C Kategorie D

Tätigkeit/

Einsatz- bereich

TB-Station, Lungenfach- klinik, Lungenfachpraxis (Pneumologie), mikrobiolo- gische Labors, die Sputum untersuchen

Bronchoskopien, Kehlkopfspiegelung, Notfallintubation, Sektionen, Atemtherapie, Tätigkeiten auf Infektionssta- tion, im Rettungsdienst, in Notfallaufnahme, in Geriatrie und Altenpflege (falls der Anteil pflegebedürftiger Pa- tienten in der Altenpflege überwiegt), Betreuung von Risikogruppen, Auslandseinsätze in Gebieten mit hoher Inzidenz

Allgemeinkranken- häuser, Allgemein- arztpraxen, Zahn- arztpraxen

Alle anderen Tätig- keiten im Gesund- heitsdienst und in der Wohlfahrtspfle- ge

Indexperson erforderlich

Nein Nein Ja, Ausnahmen sind

möglich

Ja Begründung Spezifisches Patientengut Epidemiologische Begründung ausreichend Epidemiologische

Begründung nicht ausreichend

Kein epidemiolo- gisch begründetes Risiko

TBTuberkulose

Isocyanatasthma. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer zeitnahen Diagnostik noch unter der angeschuldigten Expositi- on [28].

Peak-flow-Messungen am Arbeits- platz: Hierfür sollten mindestens 14 Tage mit der angeschuldigten Exposition und zum Vergleich 14 Tage ohne Exposition gemessen werden. An allen Messtagen müssen über den Tagesverlauf verteilt mindestens 4 oder 5 Dreifachmessungen erfolgen. Parallel muss ein Tagebuch mit Dokumentation der Exposition, Beschwer- den und Medikamenteneinnahme geführt werden. Eine Änderung des Peak-Flow um mindestens 20 % wird als signifikant an- gesehen. Die Methodik ist sehr aufwendig und kann nur bei guter Compliance des Betroffenen angewendet werden. Con- founder sind neben nichtausreichender Mitarbeit wiederum Atemwegsinfektio- nen und außerberufliche klinisch relevante Typ-I-Sensibilisierungen. Die Sensitivität beträgt 64 %, die Spezifität 77 % [33].

Immunologische Untersuchungen:

Bei beruflicher Exposition gegenüber sen- sibilisierenden Arbeitsstoffen kann der Nachweis einer Typ-I-Sensibilisierung ein wichtiger Brückenbefund sein.

Biologische Marker: Die Variabilität des exhalierten Stickstoffmonoxids (NO) und die Eosinophilenzahl im induzierten Spu- tum, insbesondere über die Zeit mit und ohne berufliche Exposition aufgetragen, können weitere Bausteine sein.

Merke.Die Sicherung diagnostischer Bau- steine noch zu Zeiten der Tätigkeit ist wich- tig und in einem späteren Berufskrank-

heitenverfahren durch nichts zu ersetzen.

Hierzu zählen insbesondere:

– Anamnese (Frage nach Besserung an arbeitsfreien Tagen),

– unspezifische Provokationstestungen (möglichst seriell),

– Peak-flow-Messungen mit und ohne Arbeitsexposition,

– spezifische IgE-Bestimmungen, – serielle NO-Bestimmungen.

Spezifische Expositionstestung: Sie gilt als Goldstandard in der Diagnostik des Be- rufsasthmas, ist wegen ihres Aufwands aber vorrangig gutachterlichen Fragestel- lungen vorbehalten. Während bei atem- wegsirritativen Noxen ausschließlich eine Sofortreaktion zu erwarten ist und auch bei hochmolekularen Allergenen meist ei- ne sofortige, seltener eine duale Reaktion eintritt, sind bei niedrigmolekularen Aller- genen isolierte späte oder auch untypische Reaktionen beschrieben. Die Leitlinie „Ar- beitsplatzbezogener Inhalationstest“ der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Klinische Umweltmedizin (DGAUM), der Deutschen Gesellschaft für Pneumo- logie und Beatmungsmedizin (DGP) sowie der Deutschen Gesellschaft für Allergolo- gie und Klinische Immunologie (DGAKI) beschreibt das Vorgehen im Detail [30]

und ergänzt und aktualisiert die Arbeit von Vandenplas et al. [34].

Ein Ablaufschema für die Diagnostik asthmatischer Erkrankungen mit Arbeits- platzbezug findet sich in .Abb.2 (aus [23]).

Chronisch obstruktive Lungen- erkrankung

Ätiologie und Expositionen

Dämpfe, Gase, Stäube und Rauche als arbeitsbedingte Noxen sind bei Nichtrau- chern die Ursache eines mehr als verdrei- fachten Risikos für die Entwicklung einer chronisch obstruktiven Lungenerkran- kung (COPD). Langjährige Expositionen unter ungünstigen lüftungstechnischen Voraussetzungen und Grenzwertüber- schreitungen können eine beruflich be- dingte COPD begründen [29]:

Anorganische Stäube bzw. Rauche. Im Bergbau Tätige (Kohle, Quarz) mit Einwir- kung von kumulativen Dosismaßen von in der Regel 100 Feinstaubjahren ([mg/m3]● Jahre), bei Nierauchern von 86 Fein- staubjahren, Tunnelbauer, Ausführende von Metallschmelzprozessen, Koksofen- arbeiter, Asphaltarbeiter, Zementarbeiter, Schweißer, Cadmiumarbeiter, Passivrauch- exponierte (Gastronomie) und Personen mit beruflicher Exposition gegenüber Dieselmotoremissionen. Eine neue Be- rufskrankheit, möglicherweise künftig BK 4117, befindet sich im Stadium der Beratungen: „chronische obstruktive Bron- chitis oder Emphysem durch berufliche Quarzstaubexposition...“ bei Nachweis ei- ner zum Zeitpunkt der Drucklegung noch zu definierenden kumulativen Einwir- kungsdosis.

Organische Stäube. Landwirtschaft (Schweine-, Putenmast, seltener Milch- viehwirtschaft), Textilindustrie, Arbeiten mit Rohbaumwolle (u. a. Endotoxine), Ar-

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Tab. 2 Zoonosen mit Lungenbeteiligung, übertragen durch Kontakt zu Haus-, Nutz- und Wildtieren. (Nach Nowak und Ochmann [22])

Erkrankung (Erreger) Inkubationszeit Reservoir Gefährdung Symptomatik

Echinokokkose < 5 bis 15 Jahre Alveolär: Fuchs, Katze, Feld- maus (E. multilocularis) Zystisch: Hund (E. granulo- sus)

Mit Kot kontaminierte Nahrung Zysten in Leber, Lunge, Gehirn

Ornithose (Chlamy- dophila psittaciund C. pneumoniae)

1–4 Wochen Vögel, Rinder Schafe, Kat- zen, Hunde

Aerogen, direkter Kontakt, in Exkrementen, Sekreten, Federn

Grippeähnlich, uncharakteris- tisches Exanthem, interstitielle Pneumonie, Splenomegalie Pasteurellose Variabel je nach

Organmanifesta- tion

Katze, Hund, Nagetiere, Schwein

Bisse, aerogen (Staub) Wundinfektion, Bronchitis, Pneu- monie

Q-Fieber 2–4 Wochen Nager, Zecken, Schaf, Ziege, Rind, Wildtiere

Aerogen (Staub), direkter Kon- takt zu Ausscheidungen

Hohes Fieber, retrobulbärer Kopf- schmerz, atypische Pneumonie Rindertuberkulose (My-

cobacterium bovis)

Unklar, wie bei Mycobacterium tuberculosis

Rinder Aerogen bei Lungenbefall der

Rinder

Wie bei Infektionen mitMycobac- terium tuberculosis

Toxokarose (Spulwurm) Wochen bis Monate

Hund, Fuchs, Katze Schmierinfektion (Fäzes), orale Aufnahme der Eier

Oft asymptomatisch, selten vis- zerales oder okuläres Larva-mi- grans-Syndrom

Tularämie 1–14 Tage Nagetiere, Wildtiere, Haus- und Nutztiere

Direkter Kontakt zu infizierten, (toten) Tieren, zu Tiermaterial.

Aerogen (Staub, Aerosole)

Grippeähnliche Symptome, Pneumonie, Lymphadenopa- thie, (Schleim-)Hautinfektionen

beiten mit Flachs, Jute (u. a. Endotoxine), Arbeiten in der Getreideverladung (u. a.

Endotoxine).

Irritativ wirksame Gase. Ozon, Schwe- feldioxid, Chlorgas, Ammoniak, Alkohole, Formaldehyd.

Siehe Auflistung „atemwegsirritativer Berufsnoxen“ im Abschn. „Asthma: Ätio- logie und Expositionen“.

Eine COPD kann auch Folgeerkrankung der Silikose (BK 4101), der Asbestose (BK 4103), der exogen-allergischen Alveoli- tis (EAA,BK 4201), nach Einwirkung von organischen Stäuben – Byssinose (BK 4202) und nach Einwirkungen von Me- tall(verbindung)en: Vanadium (BK 1107), Aluminium (BK 4106), Cadmium (BK 1104), evtl. Chrom (BK 1103) oder Nickel sein.

Typisch für die Byssinose (BK 4202) ist eine „Montagssymptomatik“ (pathophy- siologisch: Endotoxintoleranz nach mehr- maliger Exposition) in Form von Kurzluf- tigkeit und Allgemeinbeschwerden beim Reinigen und Verarbeiten der Rohfasern von Baumwolle, Rohflachs oder Rohhanf.

Langfristig entwickeln sich gehäuft eine Atemwegsüberempfindlichkeit und eine obstruktive Bronchitis.

Diagnostik

Die arbeitsbezogene Expositionsanamne- se ist der Schlüssel zur Verdachtsdiagnose

einer beruflichen COPD. Die Funktionsdia- gnostik unterscheidet sich nicht von der- jenigen nichtberufsbedingter COPD-For- men.

Merke. Die Expositionsanamnese bei COPD-Patienten hört nicht bei der Er- hebung des Raucherstatus auf, sondern auch ein Raucher kann eine COPD als Berufskrankheit haben.

Infektionskrankheiten Legaldefinition

BK 3101: Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war,

BK 3102: von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten.

Ätiologie und Expositionen

Unter den pneumologisch relevanten In- fektionskrankheiten kommen insbesonde- re seit jeher der Tuberkulose (TB) und – seit 2020 im Zusammenhang mit der durch das „severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“ (SARS-CoV-2) ausgelösten

Pandemie – der „coronavirus disease 2019“

(COVID-19) – besondere Bedeutung als Be- rufskrankheiten zu.

Ein beruflich erhöhtesTB-Risikofindet sich insbesondere in folgenden Bereichen:

– Tätigkeiten auf TB-Stationen, – Laboratorien für Sputumproben, – Bronchoskopie, Intubation, Absaugen, – Notfallaufnahme, Rettungswesen, – Betreuung von Hochrisikogruppen

(Gefängnisinsassen, Flüchtlinge aus Ländern mit höherer TB-Prävalenz), – pflegerische Maßnahmen,

– Atemtherapie, Logopädie, – zahnärztliche Untersuchungen/

Interventionen,

– HNO-ärztliche Untersuchungen/

Interventionen, – Obduktion, Pathologie,

– 8-stündiger Raumkontakt/kumuliert 40 h (bei mikroskopisch positiver Indexperson).

Verallgemeinerbare Einschätzungen des beruflichen TB-Risikos, die auf empiri- schen Erhebungen beruhen, finden sich bei Nienhaus et al. [20] und sind in.Tab.1 zusammengefasst.

Für Details bezüglichSARS-CoV-2und COVID-19 wird daher auf den Beitrag von Wicker et al. [36] in diesem Schwerpunkt- heft sowie auf Nowak et al. [24] verwiesen.

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Schwerpunkt

Tab.3AnorganischePneumokoniosen Erkrankung (BK-Nummer)ExpositionKlinischeZeichen,allg. DiagnostikLungen- funktions- muster

RöntgenmorphologieTherapiePrognose,Komplikationen Silikose,Berg- arbeiterpneu- mokoniose (BK4101),ggf. Silikotuberku- lose(BK4102)

FreiekristallineKieselsäure (Quarz=SiO2)inKohlebergbau, Steinbruch-,Keramik-,Glasindustrie, Stahl-undEisenindustrie,Gießereien, Stollenarbeiter,Mineure Oftmalsgeringtrotz ausgedehnterRönt- genbefunde,Bronchitis, Belastungsluftnot.Zei- chenderBronchitisund desEmphysems.Selten: akuteSilikose Initial normal, späterRe- striktion undOb- struktion ReinerQuarzstaub:rundlicheKnötchenbis2mm(Schrot- kornlunge).MischstäubemitgeringeremQuarzanteil: gßere,unschärfereKnoten(Schneegestöberlunge), Ober-undMittelfelderbetont,AusbildungvonKoales- zenzendurchVerschmelzungvonstaubhaltigenKnöt- chen;SchwielenbildungdurchKonfluenz;Eierschalenhili durchQuarzstaubablagerungeninhilärenundmediasti- nalenLymphknoten

Antiob- struktiv, Thera- pieder Kompli- kationen

KomplikationendurchTuber- kulose,Rechtsherzbelastung, Caplan-Syndrom,Karzinome. EinschmelzungvonSchwielen Phthisisatra Asbestose(BK 4103)Serpentinasbest(Chrysotil)und Amphibolasbest(Krokydolith, AmositundAnthophyllit):Fa- sern=nge:Dicke3:1.Mahlen, Vertrieb,Isolierung,Herstellung/ VerwendungvonAsbesttextilien, -zement,-papier,Werftindustrieetc., s.auchExpositionenbzgl.BK4104in .Tab.5

Belastungsluftnot, Husten,Knisterrasseln, Uhrglasnägel Restriktion, Minde- rungder Lungen- dehn- barkeit UnregelmäßigekleineSchatten,Parenchymbänderund kurvilineareLinien,vorrangigindenUnterlappen,beson- derssubpleural;beizunehmenderFibroseundTraktion isteineLungendistorsionmöglich;Kaudalverlagerung deshorizontalenInterlobiums;imSpätstadiumistein UIP-artigesFibrosemusterglich OftmalsKoinzidenzmitPleuraplaques(verkalktund unverkalkt) Therapie derKom- plika- tionen

OftnurlangsameProgredienz. TypischeKomplikationen:be- nigneAsbestpleuritis,oftmals mitEinrollatelektase.Lun- genkarzinomundPleurameso- theliomnachLatenzzeitenvon imMittel25und35Jahren Siderose(kei- neBK,aber §3-Pventi- onsmnah- menfürBK 4115)

EisenbeimElektroschweißenAllenfallsBronchitisNormal- befundÄhnlichunkomplizierterSilikose:rundlichekleineFleck- schattenKeinePrognosegut(reversibelnach Expositionskarenz),selten: Siderobrose Siderobrose (BK4115)EisenbeimElektroschweißenBelastungsluftnot, HustenRestriktionRetikulonoduläresMusterbeiFibroseTherapie derKom- plika- tionen HeterogenbishinzurTrans- plantation TalkoseTalkstaubBelastungsluftnotRestriktion, Obstruk- tion

NoduläreZeichnung,Mittelfelder,teilweiseretikulärbei FibroseGgf. antiob- struktiv Ehergünstig,Komplikationen ggf.durchKontaminationdes TalksmitAsbest Berylliose(BK 1110)HerstellungvonGlührpern,Reak- tortechnik,Raumfahrt,Mahlenvon Be

WieSarkoidose.Mitun- tertoxischeBe-Pneu- monievorangegan- gen.B-Lymphozyten- Transformationstestoft positiv Restriktion, teilweise Obstruk- tion WieSarkoidoseSteroide? (Nicht belegt)

Progressionlangsam Aluminose(BK 4106)Al-Pulverexposition(Pyro-Fein- schliff),evtl.SchmelzenHusten,Belastungsluft- notRestriktion hrendFrühstadium:milchglasartige,unscharfbegrenzteFleck- schattenoderKnötchenmitDurchmessernbisca.3mm, bevorzugtindenLungenoberfeldern Spätstadium:ausgeprägteFibrosierungen(retikulonodu- läresMuster)undLungenschrumpfung

Therapie derKom- plika- tionen Komplikationen:Pneumotho- races

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Tab.3(Fortsetzung) Erkrankung (BK-Nummer)ExpositionKlinischeZeichen,allg. DiagnostikLungen- funktions- muster RöntgenmorphologieTherapiePrognose,Komplikationen Hartmetall- fibrose(BK 4107)

Nur(!)gesinterteKarbidevonWolf- ram,Tantal,Titan,Niob,Molybdän, ChromundVanadium;Kobaltund NickelalsBindemittel Husten,Belastungsluft- not.BeiExpositionoft Schleimhautreizung, ggf.Bronchiolitisobli- terans RestriktionRetikulonoduläresMusterbeiFibroseTherapie derKom- plika- tionen

Heterogen Thomasphos- phatlunge(BK 4108)

Thomasschlacke(Stahlerzeugung), gemahlenalsThomasmehl:Dünge- mittel AkuteBronchitisGgf.Ob- struktionGgf.PneumonieTherapie derKom- plika- tionen AusheilungderBronchitis AlAluminium,BeBeryllium,UIP„usualinterstitialpneumonia

DieLegionellosekann im Einzelfall un- ter der BK 3101 subsumiert werden oder auch Arbeitsunfall sein.

Zoonosen mit typischer oder gele- gentlicher Lungenbeteiligung im Sinne der Legaldefinition der BK 3102, übertra- gen durch Kontakt zu Haus-, Nutz- und Wildtieren finden sich in .Tab.2 (nach [22]).

Diagnostik

Die Diagnostik arbeitsbedingter Infekti- onskrankheiten weist gegenüber derje- nigen nichtarbeitsbedingter Infektions- krankheiten keine Besonderheiten auf.

Gegebenenfalls ist an die Beweissiche- rung in Form von Dokumentation der Infektionsquelle/des Indexpatienten zu denken.

Interstitielle Lungenkrankheiten Bei interstitiellen Lungenerkrankungen gilt es, mithilfe der Erhebung der Arbeits- anamnese durch Arbeitseinflüsse verur- sachte Krankheitsbilder herauszuarbeiten, um ggf. weitere schädliche Arbeitsein- flüsse zu eliminieren, um die gesetzlich vorgeschriebene Berufskrankheiten-Ver- dachtsanzeige zu erstatten und um ggf.

die Gefährdung weiterer potenziell ex- ponierter Personen zu reduzieren. Der hohe Anteil arbeitsattributabler Ursachen bei der vordergründig „idiopathischen“

Lungenfibrose (.Abb.1) ist Mahnung zu konsequenteren arbeitsanamnestischen Erhebungen.

Ein wichtiges Anamnesehilfsmittel ist der Patientenfragebogen zur Erfassung der Ursachen interstitieller und seltener Lun- generkrankungen [16].

Der Kombination aus Expositionsana- mnese, klinischer und bildgebender Un- tersuchung kommt im interdisziplinären Konsil für interstitielle Lungenerkrankun- gen („ILD-Board“) eine Schlüsselfunktion zu.

Aufgrund der im Vergleich zu ande- ren Lungenerkrankungen geringen Häu- figkeit der interstitiellen Lungenkrankhei- ten und aufgrund der Verschiedenartigkeit von Erscheinungsbild, Verlauf und Progno- se dieser Erkrankungen erscheint es beson- ders wichtig, die radiologischen Verfah- ren zu deren bildlicher Darstellung, Unter-

scheidung und Verlaufsbeurteilung mög- lichst weitgehend zu vereinheitlichen. Hier soll auf die ausführlicheren radiologischen Ausführungen von Müller-Lisse [19] und Nowak et al. [24] verwiesen werden.

Seit 2004 gibt es für die High Resolu- tion Computed Tomography (HRCT) bzw.

die Niedrigdosis-Multi-Detektor-Compu- tertomographie (Niedrigdosis-MDCT) des Thorax die „International Classification of Occupational and Environmental Respi- ratory Diseases“ (ICOERD), mit der Be- funde an Lunge und Pleura sowie an den übrigen abgebildeten anatomischen Strukturen des Thorax kodiert werden können. Diese ist mit der Klassifikation der International Labour Organisation (ILO) bei der konventionellen Radiogra- phie vergleichbar. Mithilfe der ICOERD sollen die Forderungen der Versicherten und der Berufsgenossenschaften, im Ent- scheidungsfall auf reproduzierbare und vergleichbare Befunde zurückgreifen zu können, erfüllt werden [7,8].

Sowohl die Begriffe der ILO- als auch die der ICOERD-Klassifikation beruhen auf den einschlägigen Begriffsbildungen der Fleischner Society, sodass eine interna- tional durchgängige Terminologie für die bildgebende Untersuchung des Thorax ge- schaffen worden ist [5]); diese wurde in- zwischen auch in die deutsche Sprache übersetzt [37].

Anorganische Pneumokoniosen, die hierzulande relevant sind, finden sich mit Bezug zur jeweiligen BK-Nummer in

.Tab.3. Auch wenn viele der Expositio- nen altbekannt und durch arbeitstech- nische Vorkehrungen vermeidbar sind, ist es erschreckend zu beobachten, dass beispielsweise Asbestosen weltweit zu- nehmen [38] und Silikosen durch das Sandstrahlen von Jeans und das Schleifen und Schneiden künstlicher quarzbasierter Küchenplatten in den letzten Jahren in neuen Szenarien wieder aufgetreten sind [9].

Unter denorganischen Pneumokonio- senist vorrangig die EAA zu nennen. Die Diagnosekriterien von Quirce et al. [31]), deutschsprachig zitiert bei Koschel et al.

[14], haben die älteren deutschen Diagno- sekriterien [32] wegen ihrer besseren Dif- ferenzierung nach akuten/subakuten und chronischen Verlaufsformen weitgehend abgelöst; sie sind in.Tab.4aufgeführt.

(10)

Hier steht eine Anzeige.

K

(11)

Tab. 4 Diagnosekriterien der akuten und chronischen exogen-allergischen Alveolitis (EAA).

(Aus Koschel et al. [14], nach Quirce et al. [31])

Eine akute/subakute EAA kann diagnostiziert werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind 1 Exposition gegenüber potenzieller Antigenquelle

2 Rezidivierende Symptome 4–8 h nach Exposition 3 Erhöhte spezifische IgG-Antikörper

4 Nachweis einer Sklerophonie (Knisterrasseln) bei der Auskultation der Lunge 5 HRCT-Befund vereinbar mit einer akuten/subakuten EAA

Fehlt eines der oben genannten Kriterien, so kann dieses durch eines der folgenden ersetzt werden:

6 Lymphozytose in der BAL

7 Histopathologischer Befund mit akuter/subakuter EAA zu vereinbaren

8 Positiver inhalativer Expositions- oder Provokationstest bzw. positiver Karenztest Eine chronische EAA kann diagnostiziert werden, wenn mindestens 4 Kriterien erfüllt sind 1 Exposition gegenüber potenzieller Antigenquelle

2a Erhöhte spezifische IgG-Antikörper oder 2b Lymphozytose in der BAL

3 DLCO eingeschränkt und/oder paO2in Ruhe und/oder bei Belastung erniedrigt 4 HRCT-Befund vereinbar mit einer chronischen EAA

5 Histopathologischer Befund mit chronischer EAA zu vereinbaren

6 Positiver inhalativer Expositions- oder Provokationstest bzw. positiver Karenztest BALbronchoalveoläre Lavage,DLCO„pulmonary diffusion capacity“,HRCTHigh Resolution Compu- ted Tomography,paO2arterieller Sauerstoffpartialdruck

Arbeitsbedingte Auslöser einerAlveo- larproteinose ist vorrangig Quarz, aber auch Indiumzinnoxid und andere Arbeits- stoffe [17] kommen in Frage.

Von neuen international publizierten interstitiellen Lungenerkrankungen sollen hier nur diePopcorn-Lungeund dieBe- flockungslungeerwähnt werden. Bei der Popcorn-Lunge handelt es sich um eine Bronchiolitis obliterans, ausgelöst durch Aromastoffe wie Diacetyl (2,3-Butandion) und 2,3-Pentandion in der Herstellung von Popcorn, Aromastoffen und in der Kaffee- produktion [11]. Die Beflockungslunge ist eine interstitielle Pneumonie mit nodulä- ren peribronchovaskulären interstitiellen Infiltraten mit lymphozytärer und eosino- philer Bronchiolitis, ausgelöst durch ge- schnittene Kunstseidefasern [13]. Rückfra- gen bei den Unfallversicherungsträgern er- gaben, dass solche Krankheitsbilder auf- grund technisch anderer Herstellungsver- fahren hierzulande nicht zu erwarten sei- en.

Merke.Vonseiten der Kliniker, Pneumolo- gen, Radiologen und Pathologen ist ste- tige Aufmerksamkeit gegenüber inhalati- ven Noxen in der Genese von Lungenge- rüsterkrankungen angezeigt – auch durch

solche, die in neuem Gewand einherkom- men.

Krebserkrankungen der Lunge Bei Krebserkrankungen der Lunge gilt es, neben dem leicht und rasch erhobenen und routinemäßig quantifizierten Faktor

„Rauchen“ eine qualifizierte Arbeitsana- mnese zu erheben. Da das Vorkommen der karzinogenen Arbeitsstoffe oft wenig bekannt ist, kann es nützlich sein, diese vonseiten der Arbeitsstoffe mit dem Pa- tienten zu ermitteln. Hierzu soll.Tab.5 dienen. Der Übersichtlichkeit halber sind hier nur die jeweiligen Berufskrankheiten und die klassischen zugehörigen Exposi- tionen genannt.

In der Diagnostik unterscheiden sich Lungenkrebserkrankungen durch arbeits- bedingte Noxen weder radiologisch noch histopathologisch von Lungenkrebser- krankungen durch ubiquitäre Noxen bzw.

das Rauchen. Bezüglich Besonderheiten der histopathologischen Diagnostik bei asbestbedingten Lungenkrebserkrankun- gen wird auf die Leitlinie [15] und bei quarzbedingten Lungenkrebserkrankun- gen auf die Leitlinie [1] verwiesen.

Vorrangig pneumologische Syndrome mit Arbeitsbezug Es gibt eine ganze Reihe von Syndromen mit Arbeitsplatzbezug, bei denen schwer- punktmäßig, aber nicht nur, pneumologi- sche Symptome benannt werden. Deren fundierte Abhandlung würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, genannt werden daher im Folgenden nur 3 quantitativ be- deutsame Syndrome. Weiterführende Li- teratur ist bei Nowak et al. [26] zitiert.

Sick-Building-Syndrom

Der Begriff ist insofern problematisch, als die Gebäudenutzer und nicht das Gebäu- de Krankheitssymptome äußern. Es wird ein breites Spektrum gebäudebezogener unspezifischer Schleimhaut-, Haut-, Atem- wegs- und Allgemeinsymptome geäußert.

Im Gegensatz dazu umfasst der Begriff der

„building-related diseases“ klare nosologi- sche Entitäten wie die gebäudebezogene Legionellose, EAA wie das Befeuchterfie- ber oder klare toxikologische Expositions- folgen. In Gebäuden mit Klimaanlagen ist die Symptomatik häufiger, auch wenn hier einschlägige Empfehlungen für Raumluft- qualität oft eingehalten werden. Soziale Faktoren (weibliches Geschlecht, niedri- ge Hierarchieebene, ungünstige Arbeitsat- mosphäre) spielen eine Rolle. Ein biopsy- chosoziales Modell ist angemessen. Ver- besserte Belüftung, verbesserte Reinigung und verbesserte Interaktion zwischen Be- troffenen und Vorgesetzten können oft helfen. Frühzeitiges Tätigwerden der ver- antwortlichen Vorgesetzten ist klug.

Symptome durch Drucker- emissionen

Laserdruckeremissionen führen zu einer erhöhten Belastung der Innenraumluft mit Nanopartikeln. Unzureichender Luftwech- sel scheint zu irritativen Symptomen bei- zutragen [4]. Kontrollierte Expositionsstu- dien [6,12] ergaben keine Anhaltspunk- te für objektiv messbare pathophysiologi- sche Prozesse, die mit den berichteten Be- schwerden korrespondierten. Gleichwohl ist unter Präventivaspekten der Einsatz ge- ring emittierender Geräte sinnvoll.

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