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Archiv "Neue Entwicklungen der Hyperthermie" (19.06.1998)

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M E D I Z I N

in Fachgespräch zum Stand von klinischer Anwendung, Forschung und Technik der Hyperthermie in Deutschland fand am 3. Dezember 1997 im Institut für Strahlenhygiene des Bundesamtes für Strahlenschutz unter Teilnahme der Vertreter wichtiger deutscher Hyper- thermiezentren statt (Textkasten). Die besprochene medizinische Behand- lungsform war die lokoregionale Hy- perthermie zur kurativen Krebsbe- handlung, bei der die Temperatur- erhöhung durch Einstrahlung elektro- magnetischer Energie erreicht wird.

Die Ganzkörperhyperthermie wurde nicht berücksichtigt.

Die Hochfrequenz-Hyperther- mie ist eine Behandlungsmethode der Tumortherapie, die neben palliativen Anwendungen seit wenigen Jahren auch für kurative Therapien erfolg- versprechend eingesetzt wird. Derzeit vollzieht sich eine Optimierung dieses Verfahrens unter Berücksichtigung technologischer und tumor-

physiologischer Gesichts- punkte sowie vorliegender klinischer Studienprotokol- le. Die Hyperthermie kann die Strahlen- beziehungs- weise die Chemotherapie nicht ersetzen, sie kann aber bei kombinierter An- wendung eine sinnvolle Er- gänzung darstellen. Derzeit sollte sich die Anwendung der Hyperthermie auf kon- trollierte klinische Studien im Rahmen von Modell- vorhaben beschränken. Da die Verbreitung der Hyper- thermie mit der Einführung von Standardprotokollen

voraussichtlich zunehmen wird, ist bereits heute, soweit wie möglich, die Vorbereitung von Richtlinien zu Durchführung, technischen Stan- dards, Qualitätssicherung, Sicherheits- aspekten und ähnlichem notwendig.

Mit einer Hyperthermiebehand- lung soll eine räumlich definierte, möglichst homogene Erwärmung des Tumors auf Temperaturen von 40 bis

45 °C über einen Zeitraum von 30 bis 60 Minuten erreicht werden. Im Falle der Radiowellen- oder Mikrowellen- hyperthermie erfordern die angestreb- ten Temperaturerhöhungen Feldstär- ken elektromagnetischer Felder, die deutlich oberhalb der beispielsweise für den Arbeitsschutz festgelegten Grenzwerte liegen. Aus diesem Grund ist eine Bewertung aus strahlenhygie- nischer Sicht notwendig. Dabei sind vor allem die Aspekte des Patienten- schutzes, der Exposition des Personals und der Öffentlichkeit zu berücksich- tigen.

Biologische Grundlagen der medizinischen Anwendung

Die Hyperthermie als Krebsthe- rapie in Kombination mit Chemo- und/oder Strahlentherapie beruht auf biologischen Zusammenhängen, die

bisher erst zum Teil geklärt sind. Im wesentlichen werden vier verschiede- ne, temperaturabhängige Mechanis- men angenommen, die in unterschied- licher Weise die Chemo- und/oder Strahlentherapie ergänzen.

¿ Bei der zytotoxischen Wir- kung stehen molekulare und metabo- lische Veränderungen in den Zellen im Vordergrund. Die Erwärmung

oberhalb von 42 Grad Celsius führt über Konformationsänderungen von Makromolekülen zur Destabilisie- rung und schließlich zum Zusammen- bruch multimolekularer Strukturen wie zum Beispiel der Mikrotubuli.

Diese bilden die mitotischen Spindel- fasern und wichtige Komponenten des Zytoskeletts, weshalb Zellen in Mitose, wie auch in der S-Phase, be- sonders wärmeempfindlich sind. Da gerade die Zellen in der S-Phase im allgemeinen vergleichsweise unemp- findlich auf eine Bestrahlung reagie- ren, stellt die zytotoxische Wärmewir- kung eine gute Ergänzung zur Strah- lentherapie dar.

À Eine ähnliche Ergänzung er- gibt sich durch physiologische Effek- te der Wärmewirkung. Innerhalb der Tumoren befinden sich häufig hyp- oxische Bereiche, die aufgrund ge- ringer oder ineffizienter Gefäßver- sorgung höhere Temperaturen an- nehmen. Gegenüber der Strah- lentherapie sind hypoxi- sche Zellen im allgemeinen relativ resistent. Umge- kehrt reagieren hypoxische Zellen häufig empfindli- cher auf eine Überwär- mung. Die Wärmebehand- lung führt zu einer Steige- rung des Stoffwechsels, ei- ner gleichzeitigen Hem- mung der Zellatmung und – zumindest in experimentel- len Studien unter bestimm- ten Bedingungen – zu einer weiteren Verschlechterung der Blutversorgung inner- halb des Tumors. Während der oxidative Energiestoff- wechsel zusammenbricht, wird die anaerobe Glykolyse gestei- gert. Es kommt zur Anreicherung von Lactat, einem Endprodukt der Glykolyse, das aufgrund der gerin- gen Perfusion nicht weitertranspor- tiert wird und in der Folge zu einer entsprechenden Ansäuerung des Gewebes führt. Im Gegensatz zum Tumor ist das Normalgewebe durch thermoregulatorische Perfusions- KONGRESSBERICHT

Neue Entwicklungen der Hyperthermie

E

Patient im SIGMA-60-Ringapplikator des Hyperthermiesystems BSD-2000.

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steigerungen (um das Zwei- bis Drei- fache) vor schädigenden Temperatu- ren gut geschützt.

Á In Kombination mit ionisie- renden Strahlen und Zytostatika hat die Hyperthermie einen sensibilisie- renden Effekt, der am stärksten ist, wenn beide Behandlungen gleichzei- tig oder in kurzen zeitlichen Abstän- den zueinander erfolgen. Dabei be- wirkt die Hyperthermie eine Redukti- on der Reparatur von DNA-Schäden.

Für diese sensibilisierende Wirkung der Hyperthermie sind bereits Tem- peraturen von 40 bis 42 Grad Celsius ausreichend. Schon vier Stunden nach einer Bestrahlung ist der Effekt nur noch sehr gering. Die Sensibilisierung bezüglich der Wirkung von Zytostati- ka tritt nicht unspezifisch auf, sondern ist vom verwendeten Zytostatikum und der jeweiligen Temperatur ab- hängig. Sie kann auf eine Verbesse- rung der Durchblutung und damit ei- ne erhöhte Konzentration des Zy- tostatikums im Tumorgewebe und auf eine gesteigerte Permeabilität der Zellmembran mit einer in der Folge entsprechend erhöhten Aufnahme des Zytostatikums in die Zelle zurückzuführen sein. Auch tempera- turabhängige Veränderungen der in- trazellulären Metabolisierung und Wirkung einzelner Zytostatika sind bekannt. Da die besser durchbluteten Bereiche eines Tumors entsprechend gut von der Chemotherapie erreicht werden, während die schlechter durchbluteten Tumorbereiche besser auf die Hyperthermie ansprechen, er- gibt sich erneut eine sinnvolle Ergän- zung der beiden Behandlungsmetho- den.

 Bei langandauernder und/

oder wiederholter Hyperthermie ist schon im Temperaturbereich von 41 bis 43 Grad Celsius die Induktion von sogenannten Heat-Shock-Proteinen (HSP) möglich. Als Folge dieser Pro- teinsynthese ergibt sich einerseits eine vorübergehende Thermotoleranz und andererseits zumindest bei bestimm- ten Tumoren eine immunologische Förderung der Krebsbekämpfung durch eine Aktivierung der durch NK- Zellen (natural killer cells) vermittel- ten Anti-Tumor-Response. Die zu- grundeliegenden Mechanismen sind Gegenstand aktueller Forschungspro- jekte.

Die zytotoxischen und die sensi- bilisierenden Wirkungen der Hyper- thermie betreffen sowohl normale als auch Tumorzellen. Der Effekt der Wärmebehandlung ist jedoch im Tu- mor häufig größer als im normalen Gewebe, was wohl in erster Linie auf physiologische Faktoren zurückzu- führen ist. Welche Mechanismen der in klinischen Studien nachgewiesenen Wirkung der Hyperthermie in Kombi- nation mit der Strahlen- und/oder Chemotherapie tatsächlich zugrunde- liegen, kann bisher nicht eindeutig be- antwortet werden.

Voraussetzungen und Grenzen der Anwendung

Elektromagnetische Felder, wie sie bei der Hyperthermie zum Einsatz kommen, können die Funktion medi- zinischer Hilfsmittel stören und gege- benenfalls zu einer übermäßigen Er- wärmung metallischer Implantate führen. Aus diesem Grund sind Pati- enten mit metallischen Implantaten (zum Beispiel Endoprothesen) bezie- hungsweise elektronischen Hilfsmit- teln, vor allem Herzschrittmachern, von Hyperthermiebehandlungen aus- zuschließen. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand sind weder einzelne OP-Clips (zirka 1 cm groß) noch klei- nere prothetische Strukturen (<10 cm) betroffen.

Der derzeitige Anwendungsbe- reich der lokoregionalen Hyperther- mie beschränkt sich auf Indikatio- nen, für die bereits positive Ergebnis- se vorliegen. Diese beziehen sich weitgehend auf Behandlungen von Rezidivtumoren. Bislang wurde die Kombination von Hyperthermie mit Chemotherapie und/oder Strahlen- therapie in Phase-II- und Phase-III- Studien an Karzinomen des Abdo- mens, des Beckenbereiches und der Extremitäten sowie an oberflächlich gelegenen Tumoren im allgemeinen geprüft. Hervorzuheben sind dabei Untersuchungen an Mammakarzi- nom-Rezidiven, lokoregionalen Re- zidiven maligner Melanome, Zer- vixkarzinomen, Rektumkarzinomen und Sarkomen mit Hochrisiko-Fak- toren. Besonders bei der Behandlung von Zervixkarzinomen konnten Er- folge erzielt werden. Dennoch stellt

das Erreichen der therapeutisch wirksamen Temperaturen in tiefer gelegenen Tumoren ein derzeit noch nicht zufriedenstellend gelöstes, technisches Problem dar. Die nach- gewiesenen Effekte beruhen wahr- scheinlich auf der sensibilisierenden Wirkung der Hyperthermie für Che- mo- und/oder Strahlentherapie. Bis- her existieren keine wissenschaftli- chen Studien aus dem europäischen Bereich zur Hyperthermiebehand- lung von Tumoren der Lunge und der Leber.

Die Möglichkeiten lokoregiona- ler Hyperthermiebehandlung werden grundsätzlich durch die Perfusion eingeschränkt. So können bei gut durchbluteten Organen wie Leber, Niere und Gehirn gewebeschädigen- de Temperaturen nicht erreicht wer- den. Des weiteren ist zu beachten, daß manche Gewebe aufgrund ihrer schlechten Durchblutung und einge- schränkter Thermoregulation (zum Beispiel Narbengewebe) im Hinblick auf eine Überhitzung stärker gefähr- det sind. Damit ist die Kontrolle der Temperaturverteilung ein entschei- dendes Kriterium für die sichere und erfolgreiche Anwendung der Hyper- thermie.

Neben der erwünschten Erwär- mung des Tumors können bei einer Hyperthermiebehandlung auch uner- wünschte Temperaturerhöhungen im gesunden Gewebe auftreten. Über- hitzungsprobleme betreffen vor al- lem die Haut (Verbrennungen) und das subkutane Fettgewebe (Fettge- webenekrosen), denen mit Kühlkis- sen entgegengewirkt werden kann.

Mögliche Temperaturüberhöhungen bei Behandlungen im Gesichtsbe- reich (Auge) sind besonders zu be- achten. Die Gefahr von lokaler Über- hitzung – die im allgemeinen vom Pa- tienten wahrgenommen wird – unter- streicht die Notwendigkeit einer stän- digen Kontrolle während der Be- handlung und des Kontaktes zwi- schen Arzt und Patient. Vor allem in Randbereichen (elektrische Grenz- flächen) kann es aufgrund von Feld- Überhöhungen zu Schmerzempfin- dungen kommen. Die eingestrahlte Leistung wird zumeist durch die Schmerzempfindung des Patienten begrenzt und könnte andererseits bei Vermeidung von Feld-Überhöhun-

M E D I Z I N KONGRESSBERICHT

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gen weiter gesteigert werden. Dabei ist aber zu bedenken, daß kritische Temperaturerhöhungen in bestimm- ten Bereichen auch ohne die entspre- chende Wahrnehmung des Patienten auftreten können. Eine zukünftige Standardbehandlung sollte daher ei- ne geeignete Kontrolle von Tempera- tur- und Leistungsparametern bein- halten.

Qualitätskontrolle

Adäquate Maßnahmen zur Qua- litätssicherung sind eine Vorausset- zung für die Möglichkeit einer repro- duzierbaren, klinischen Wirksamkeit der Hyperthermie. Richtlinien zur Durchführung von Hyperthermiebe- handlungen wurden von der ESHO (European Society of Hyperthermic Oncology) erstellt. Diese Richtlinien betreffen technische Kontrollen, Pla- nung und Durchführung der Hyper- thermiebehandlung sowie Sicher- heitsaspekte. Die Empfehlungen ori- entieren sich an den derzeitigen tech- nischen Standards. Eine Fortschrei- bung und gegebenenfalls engere Handhabung besonders der Kontrolle technischer Parameter bezüglich des eingestrahlten Feldes und der Tempe- raturüberwachung sollte mit dem je- weiligen Stand der Technik erfolgen.

Standardprotokolle zur Qua- litätssicherung liegen bisher noch nicht vor. Unter anderem muß noch geklärt werden, welches die entschei- denden Temperaturparameter für die Hyperthermiebehandlung sind oder welche Werte angestrebt werden soll- ten. Dennoch muß die Entwicklung nachvollziehbarer Qualitätssiche- rungsprotokolle gefordert werden, die spätestens für den Übergang die- ser Methode in die Routineanwen- dung nötig sind. Bei der Anwendung der Hyperthermie muß die Doku- mentation patientenbezogener Daten zu Temperatur- und Leistungspara- metern gewährleistet sein. Des weite- ren sollte der Tumor zur Hyperther- mieplanung in seiner Geometrie und anatomischen Lage auf einem CT- oder MRT-Datensatz dokumentiert sein. Werden diese Punkte nicht er- füllt, ist eine medizinisch sinnvolle Anwendung der Hyperthermie frag- lich.

Applikation und Kontrolle der applizierten Felder

Bei der Hyperthermie werden Antennen zur Einstrahlung von Ra- dio- und Mikrowellen im Frequenzbe- reich 50 bis 1 000 MHz sowie kapaziti- ve und induktive Systeme mit Fre- quenzen von 5 bis 30 MHz eingesetzt.

Letztere werden hier nicht berück- sichtigt, da sie nur oberflächennahe Temperaturerhöhungen erzeugen.

Spezielle Radiowellensysteme reprä- sentieren den derzeitigen Stand der Hyperthermietechnik in Deutsch- land.

Die Feldapplikation muß einer Qualitätssicherung unterliegen. Im derzeitigen Entwicklungsstadium der Methode sind ein regelmäßiger Ver- gleich der angezeigten mit der tatsächlichen Antennenleistung und

ein Abgleich der ringförmig angeord- neten Antennen des Applikators nötig. In Zukunft sollten während der Behandlung Feld-Sensoren, die ge- genwärtig in der Entwicklung sind, ei- ne Online-Kontrolle ermöglichen. Ei- ne qualitative Kontrolle der Geräte- funktionen ist mindestens einmal wöchentlich durchzuführen. Sie kann derzeit mit Phantomen erfolgen, bei denen Miniaturlampen oder Leucht- dioden die Feldverteilung sichtbar machen.

Einheitliche Behandlungsproto- kolle sollten von den entsprechen- den medizinischen Forschungszentren entwickelt werden und die Dokumen- tation der patientenbezogenen Daten zusammen mit den Temperatur- und Leistungsparametern beinhalten.

Dosimetrie, direkte und indirekte Thermometrie

Die Dosimetrie und besonders die Kontrolle der Temperatur stellen einen wichtigen Aspekt für die An- wendbarkeit von Hyperthermie zur Tumortherapie dar. Grundsätzlich ist eine regelmäßige Kalibrierung der Meßsysteme zu fordern. Eine hinrei- chend genaue Kalkulation der Tem- peraturverteilung ist aufgrund der starken zeitlichen und räumlichen In- homogenität des menschlichen Kör- pers sowie der Perfusionsverhältnisse derzeit noch nicht möglich. Dazu müs- sen erheblich verfeinerte physiologi- sche Modelle zu Mechanismen und Regulation der Wärmeabgabe beim Menschen entwickelt werden. Eine Abschätzung der spezifischen Ab- sorptionsrate (SAR) kann jedoch be- reits heute durch die Anwendung ent- sprechender Algorithmen auf geeig- nete Patienten- und Antennenmodule erfolgen und sollte bei der Hyperther- mieplanung eingesetzt werden. Auf- grund der begrenzten Möglichkeiten, die Temperatur im betroffenen Gewe- be indirekt zu erfassen oder zu kalku- lieren, ist derzeit eine tumorbezogene Temperaturmessung notwendig, wo- bei mindestens ein Meßpunkt im Tu- mor und einer im gesunden Gewebe zu berücksichtigen sind. Untersu- chungen der Temperaturverteilung im Gewebe haben gezeigt, daß endolu- minale tumorbezogene Temperatur-

M E D I Z I N KONGRESSBERICHT

Teilnehmer des Fachgesprächs:

Prof. Dr. Bernhardt (Gesprächslei- tung), Bundesamt für Strahlen- schutz, Institut für Strahlenhygiene (ISH); Dr. Böttger, Bundesmini- sterium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU);

Prof. Dr. Burkart, ISH; Dr. Brix, ISH; Priv.-Doz. Dr. Feldmann, München, Klinikum Rechts der Isar, Klinik u. Poliklinik für Strah- lentherapie; Dr. Gumprecht, Bonn, SSK Geschäftsstelle; Dr. Hehr, Universität Tübingen, Abteilung für Strahlentherapie; Prof. Dr. Is- sels, München, Klinikum Großha- dern, Med. Klinik III und GSF, In- stitut für klinische Hämatologie;

Dr. Mohr, Buxtehude, Dermatolo- gisches Zentrum; Prof. Dr. Richter, Universität Lübeck, Medizinische Fakultät, Klinik für Strahlenthera- pie und Nuklearmedizin; Prof. Dr.

Sack, Universität Essen, Radiologi- sches Zentrum; Dr. Schulz, ISH; Dr.

Dr. Schwarz, ISH; Prof. Dr. h. c.

Streffer, Universitätsklinik Essen, Institut für Medizinische Strahlen- biologie; Priv.-Doz. Dr. Strnad, Universität Erlangen, Klinik für Strahlentherapie; Dr. Vogel, ISH;

Priv.-Doz. Dr. Wust, Humboldt- Universität Berlin (Charité-Cam- pus), Virchow-Klinikum, Strah- lenklinik und Poliklinik.

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messungen äquivalent zu invasiv er- hobenen intratumoralen Messungen sein können. Daher könnte in Fällen, bei denen endoluminale Referenz- punkte eine nicht invasive tumornahe Messung in unmittelbarer Nähe zum Tumor ermöglichen, diese die invasi- ve Messung ersetzen. Empfehlens- wert ist eine invasive Temperaturmes- sung, wenn kein endoluminal erreich- barer Referenzpunkt vorhanden ist.

Das Problem der Temperaturmessung bezieht sich auf unerwünschte Tem- peraturerhöhungen an natürlichen Grenzflächen, von denen nicht nur die Haut, sondern auch tiefergelegene Gewebe betroffen sein können. Die subjektiven Eindrücke des Patienten bilden derzeit ein wesentliches Kon- trollmaß für eine unerwünschte Er- wärmung, was in der zukünftigen Ent- wicklung sicherlich nicht ausreichend sein wird und einen Mangel der ge- genwärtigen Anwendung der Hyper- thermie darstellt. Die Möglichkeit, gegebenenfalls auf invasive Tempera- turmessungen zu verzichten, stellte ei- nen großen Fortschritt dar, durch den die Hyperthermie für den Patienten

wesentlich verträglicher würde. Das Vorhaben der Temperaturmessung mittels Niederfeld-Kernspinresonanz (MR mit einem statischen Gleichfeld von 0,2 T) befindet sich noch im Ent- wicklungsstadium. Möglicherweise wird die Kombination von Hyperther- mie und Temperaturmessung durch MR das Problem der Dosimetrie wei- testgehend lösen. Jedoch ist noch nicht absehbar, ob diese Kombination in Zukunft für den Routineeinsatz ge- eignet sein wird.

Personenschutz und elektromagnetische Verträglichkeit

Mit der Anwendung von Hyper- thermie entstehen Streufelder in der Umgebung der Applikatoren, die ein Risiko für Personal und Begleitperso- nen darstellen können. Daher sind ei- ne Einführung des Personals in die Gefahren einer Exposition gegen- über hochfrequenten Feldern und re- gelmäßige Belehrungen nötig. Eine Beurteilung der Exposition kann an-

hand internationaler Richtlinien er- folgen. In jedem Fall ist eine uner- wünschte Exposition zu minimieren.

Die Streufelder im Behandlungsraum sollten dosimetrisch erfaßt und Berei- che gekennzeichnet werden, in denen eine bestimmte maximale Leistungs- flußdichte nicht überschritten wird.

Die Behandlungen erfolgen aufgrund der EMV-(elektromagnetische Ver- träglichkeit-)Vorschriften sowie zur Vermeidung von Störungen bei der Nachrichten- und Funkübertragung in Abschirmkabinen, außerhalb derer eine Beeinflussung von Geräten aus- geschlossen ist. Die Verwendung elektronischer Geräte innerhalb der Kabine ist zumeist nicht möglich oder erfordert entsprechende Abschir- mungen.

Dr. rer. nat. Olaf Schulz Dr. rer. nat. Evi Vogel

Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. habil.

Jürgen Helmut Bernhardt Bundesamt für Strahlenschutz Institut für Strahlenhygiene Ingolstädter Landstraße 1

85764 Oberschleißheim (Neuherberg) KONGRESSBERICHT/DISKUSSION

Tepel und Mitarbeiter haben sich dankenswerterweise der Aufga- be unterzogen, die „praktische The- rapie der chronischen Niereninsuffi- zienz durch Progressionshemmung“

in sehr detaillierter Weise und gut fundiert darzustellen. In den letzten Jahren sind auf diesem Gebiet große Fortschritte gemacht worden, deren praktische Umsetzung, insbesondere auch im niedergelassenen Bereich, für den Krankheitsverlauf des chro- nisch Nierenkranken von erhebli- cher Bedeutung ist. Auf einige weni- ge Aspekte dieser Arbeit, deren Ge- wichtung wir nicht ganz teilen,

möchten wir im folgenden hinwei- sen:

¿Die Einordnung der Behand- lung mit Fischöl bei der IgA-Nephro- pathie unter der Überschrift „Thera-

pie der Hyperlipidämie“ ist etwas ir- reführend, da die Behandlung mit Fischöl auf der Annahme einer modulierenden Wirkung von Omega- 3-mehrfach-ungesättigten-Fettsäuren

auf die Freisetzung von Zytokinen und Eikosanoiden beruht (1). Bezüg- lich der Serumlipide führt Fischöl zwar einerseits zu einer Senkung der Triglyzeride, kann jedoch anderer- seits zu einem Anstieg des LDL-Cho- lesterins aufgrund des hohen Chole- steringehaltes mit einer Anwen- dungsbeschränkung bei Hyperchole- sterinämie führen.

ÀDas Anführen von Thiaziden und Schleifendiuretika als potentiell nephrotoxische Medikamente, die nur bei „strengster Indikation“ an- gewendet werden dürfen, trägt zur möglichen Verunsicherung der Le- serschaft bei. Diuretika stellen im klinischen Alltag einen wichtigen Bestandteil der medikamentösen

Praktische Therapie der

chronischen Niereninsuffizienz durch Progressionshemmung

Detaillierte Darstellung

Zu dem Beitrag von

Priv.-Doz. Dr. med. Martin Tepel, Dr. med. Marcus van der Giet und Prof. Dr. med. Walter Zidek in Heft 41/1997

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Therapie bei chronischer Nierenin- suffizienz als Antihypertensiva und zur Reduktion peripherer Ödeme dar und wurden auch bei der Mehrzahl großer Studien, die eine Progressionsverlangsamung zeigten (zum Beispiel 2 bis 4) in unterschied- licher Häufigkeit als Begleittherapie ohne Hinweis auf negative Auswir- kungen eingesetzt.

Á Den b-Rezeptorenblockern einen günstigen Einfluß auf die Pro- gressionsverlangsamung abzuspre- chen, hieße frühe Arbeiten skandi- navischer Diabetologen und neuere Publikationen nicht ausreichend zu würdigen (zum Beispiel 5 bis 7). Al- lerdings wird durch die Ergebnisse der REIN-Studie eindeutig belegt, daß trotz identischer Blutdruck- senkung die ACE-Hemmer-Behand- lung die Progression bei protein- urischen Patienten mit nicht dia- betischer Nephropathie stärker ver- langsamt als eine konventionelle an- tihypertensive Therapie (8).

Literatur bei den Verfassern Dr. med. Frank Schweda Dr. med. Caroline Nabel Priv.-Doz. Dr. med.

Bernhard K. Krämer Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II Klinikum der Universität 93042 Regensburg

Zuerst ist die große Resonanz auf den Artikel als Hinweis zu wer- ten, daß die Progressionsverhinde- rung bei chronischer Niereninsuffizi- enz als wesentliches Merkmal der Behandlungsstrategien bei chroni- schen Nierenerkrankungen erkannt ist. Der Beitrag von Dr. Schweda, Dr.

Nabel und Priv.-Doz. Dr. Krämer kann daher eine gute Ergänzung des Artikels darstellen.

¿Die Chancen der Therapie ei- ner IgA-Nephropathie mit Fischöl (Eicosapentaen- und Docosahexaen- säure) werden durchaus unterschied- lich bewertet (1). Allerdings stellt ei- ne Therapie mit Fischöl eine neben- wirkungsarme Behandlung dar, die

die Progression der Niereninsuffizi- enz bei einer IgA-Nephropathie auf- grund der Beeinflussung des Arachi- donsäure-Stoffwechsels verzögern kann.

ÀDie Anwendung von Diureti- ka sollte auch und gerade bei einge- schränkter Nierenfunktion nicht un- kritisch erfolgen. Es gibt unseres Er- achtens keine Untersuchung, die klar zeigt, daß eine Behandlung mit Di- uretika einen günstigen Effekt hin- sichtlich der Progression der Nieren- erkrankung hat, obgleich Diuretika eine Verminderung der Proteinurie bewirken können (6). Dagegen wur- de bei Patienten mit Diabetes melli- tus (5) oder bei essentieller Hyperto- nie (2) eine gesteigerte Mortalität unter einer Diuretikatherapie be- schrieben. Ursächlich können sowohl Veränderungen der Lipide als auch Hypokaliämien dafür verantwortlich sein. Typische Nebenwirkungen der Benzothiadiazin-Diuretika sind Hy- pokaliämie und Alkalose, Hyperkal- ziämie, Hyperurikämie, Hyperlipid- ämie, Hyperglykämie, akute intersti- tielle Nephritis oder akute Pankreati- tis; typische Nebenwirkungen der Schleifendiuretika sind Hypokali- ämie und Alkalose, Hypokalziämie, Hyperurikämie, Hyperlipidämie, Hyperglykämie oder akute interstiti- elle Nephritis. Indikationen für die Gabe von Diuretika bleiben die The- rapie von peripheren Ödemen oder die arterielle Hypertonie bei älteren Patienten (4).

ÁIm Unterschied zu den älteren Untersuchungen, die ja noch ohne ACE-Hemmer durchgeführt wurden, scheint sich eine Überlegenheit der Gabe von ACE-Hemmern gegenüber der Gabe von b-Blockern bei der Be- handlung der diabetischen Nephro- pathie weiterhin zu bestätigen. In der aufgeführten REIN-Studie führte die zusätzliche Gabe des ACE-Inhibitors Ramipril im Vergleich zu Plazebo bei Patienten mit nicht diabetischer Nephropathie und einer großen Pro- teinurie von mehr als drei Gramm pro Tag zu einer signifikanten Verminde- rung der Abnahme der glomerulären Filtrationsrate bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 16 Mona- ten (3). Hinsichtlich der Bedeutung von b-Blockern oder anderer antihy- pertensiver Medikamenten bei der

nicht diabetischen Nephropathie läßt diese Untersuchung aufgrund ihres Studiendesigns keine signifikanten Schlüsse zu.

Literatur

1. Feehally J: Immunoglobulin A nephro- pathy: fish oils and beyond. Curr Opinion Nephrol Hypertens 1996; 5: 422–446.

2. Multiple Risk Factor Intervention Trial Re- search Group: Baseline rest electrocardio- graphic abnormalities, antihypertensive treatment, and mortality in the Multiple Risk Factor Intervention Trial. Am J Cardi- ol 1985; 55: 1–15.

3. The Gisen Group: Randomized placebo- controlled trial of effect of ramipril on de- cline in glomerular failure in proteinuric, non-diabetic nephropathy. Lancet 1997;

349: 1857–1863.

4. The MRC Working Party: Medical Re- search Council trial of treatment of hyper- tension in older adults: principal results. Br Med J 1992; 304: 405–412.

5. Warram JH, Laffel LMB, Valsania P, Christ- lieb AR, Krolewski AS: Excess mortality associated with diuretic therapy in diabetes mellitus. Arch Intern Med 1991; 151:

1350–1356.

6. Weidmann P, Boehlen LM, de Courten M:

Effect of different antihypertensive drugs on human diabetic proteinuria. Nephrol Di- al Transplant 1993; 8: 582–584.

Anschrift für die Verfasser

Priv.-Doz. Dr. med. Martin Tepel Universitätsklinik Marienhospital Ruhr-Universität Bochum

Medizinische Klinik Hölkeskampring 40 44625 Herne

M E D I Z I N DISKUSSION

Schlußwort

Diskussionsbeiträge

Zuschriften zu Beiträgen im medizinisch-wissenschaftlichen Teil – ausgenommen Editorials, Kon- greßberichte und Zeitschriftenrefe- rate – können grundsätzlich in der Rubrik „Diskussion“ zusammen mit einem dem Autor zustehenden Schlußwort veröffentlicht werden, wenn sie innerhalb vier Wochen nach Erscheinen der betreffenden Publikation bei der Medizinisch- Wissenschaftlichen Redaktion ein- gehen und bei einem Umfang von höchstens zwei Schreibmaschinen- seiten (30 Zeilen mit je 60 Anschlä- gen) wissenschaftlich begründete Ergänzungen oder Entgegnungen enthalten.

Für Leserbriefe zu anderen Beiträgen gelten keine besonderen Regelungen (siehe regelmäßige

Hinweise). DÄ/MWR

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