A-2037
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 34–35, 24. August 1998 (49) fern auf Unterschiede in den durch
äußere Umstände bedingten Sterbe- risiken. Sie geben also auch Auskunft auf eine der zentralen Fragen an die Krebsforschung, ob die durch äußere Ursachen bedingte Krebssterblich-
keit weiter zunimmt, die durch die einleitend erwähnte Aussage des Krebsatlas mit „nein“ beantwortet wurde. Eine solche Trendwende ist übrigens nicht nur hierzulande zu beobachten, sondern ist beispielswei-
se auch an den US-amerikanischen Daten zu erkennen (siehe zum Bei- spiel Anonymus, 1998).
Aus den Mortalitätsraten kann man Aussagen zum Sterberisiko ge- winnen. Analoge Auskünfte zum Er-
krankungsrisiko erfordern die Ver- fügbarkeit von Inzidenzraten, die nur durch eine Krebsregistrierung ermit- telt werden können, wie sie durch das Krebsregistergesetz aus dem Jahr 1995 nun auch in Deutschland einge-
leitet wurde. Auch wenn hochwertige Inzidenzraten zur Verfügung stehen, behält die Analyse der Sterblichkeit ihre Bedeutung: die hohe Aufmerk- samkeit, die den Krebskrankheiten in Wissenschaft und Öffentlichkeit zu- teil wird, rührt nicht zuletzt von dem immer noch hohen Anteil tödlich ver- laufender Krebserkrankungen her.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1998; 95: A-2034–2037 [Heft 34–35]
Literatur
1. Anonymus: Trendumkehr: Weniger Krebs- Todesfälle in den USA. Münch Med Wo- chenschr 1998; 140: 13.
2. Becker N: Europäische Krebsatlasprojekte.
Dt Ärztebl 1995; 92: A-2130–2134 [Heft 31–32].
3. Becker N, Frentzel-Beyme R, Wagner G:
Krebsatlas der Bundesrepublik Deutsch- land, 2. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo: Springer, 1984.
4. Becker N, Wahrendorf J: Krebsatlas der Bundesrepublik Deutschland (1981–1990), 3. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York:
Springer-Verlag, 1997.
5. Esteve J, Benhamou E, Raymond L: Statisti- cal methods in cancer research, volume IV.
Descriptive Epidemiology. IARC Scientific Publications No. 128, Lyon, France, 1994.
Anschrift des Verfassers
Priv.-Doz. Dr. Nikolaus Becker Deutsches Krebsforschungszentrum Abteilung C 0 500
Postfach 10 19 49 69009 Heidelberg KURZBERICHT/FÜR SIE REFERIERT
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Kalenderjahre Kalenderjahre
Standard: Weltbevölkerung Standard: Volkszählung 1987
Standard. Mortal. Rate Standard. Mortal. Rate
Männer Frauen
Männer Frauen Grafik 5
Altersstandardisierte Mortalitätsraten für bösartige Neubildungen in Westdeutschland von 1952 bis zum Jahr 1996 mit unterschiedlichen Standardbevölkerungen.
Bei Patienten mit symptomati- schen Stenosen der Arteria carotis in- terna gab es bisher Unsicherheit da- rüber, ob und vor allem zu welchem Zeitpunkt eine Thrombendarterekto- mie sinnvoll sei, um schwere Schlagan- fälle zu vermeiden. Das Ergebnis einer großen europäischen Therapiestudie zeigt nun, daß eine operative Desobli- teration dann angezeigt ist, wenn das Lumen des Gefäßes zu etwa 80 Prozent oder mehr verschlossen ist. In dieser Gruppe ist die Risiko-Nutzen-Abwä- gung zwischen konservativer Therapie mit Lipidsenkern, Antihypertonika und Gerinnungshemmern und dem operativen Eingriff im Hinblick auf die längerfristige Vermeidung schwerer
Schlaganfälle am deutlichsten zugun- sten der Thrombendarterektomie aus- gefallen: Erreicht werden durch die Operation durchschnittlich etwa zwei bis drei zusätzliche Lebensjahre ohne schwere ischämische Attaken bei Män- nern, bei Frauen beträgt die Zeit ohne Komplikationen jedoch etwa ein Jahr weniger. Bei geringgradigen Stenosen zeigte sich bei den insgesamt 3 024 Pa- tienten, von denen 60 Prozent operativ und 40 Prozent konservativ behandelt wurden, genau der gegenteilige Effekt.
Hier ist die Rate schwerer Komplika- tionen wie Tod oder ischämische ze- rebrale Defekte bei Thrombendarte- rektomie von etwa sieben Prozent deutlich höher als das Risiko für ei-
nen Schlaganfall aufgrund der Karotis- stenose. Auch Alter und Geschlecht scheinen bei der Entscheidung für oder gegen eine Operation eine Rolle zu spielen, da bei Frauen nicht nur die ge- wonnene komplikationsfreie Lebens- zeit kürzer zu sein scheint, sondern an- scheinend auch häufiger Operations- komplikationen auftreten. silk European Carotis Surgery Trialists’
Collaborative Group: Randomised trial of endarterectomy for recently sympto- matic carotid stenosis: final results of the MRC European Carotis Surgery Trial (ECST). Lancet 351, 1998: 1379–1387.
Prof. Charles Warlow, Department of Clinical Neurosciences, Western General Hospital, Edinburgh EH4 2XU, Groß- britannien.