V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 51–5220. Dezember 2004 AA3515
Klage gegen Kasse
Bundesausschuss: Zu hohe Anforderungen an Evidenz
Im entschiedenen Fall klagte eine gesetzlich Krankenver- sicherte, die unter der Au- toimmunkrankheit Myasthe- nia gravis leidet. Nach Auf- fassung der sie behandeln- den Ärzte kann sie nur mit einem speziellen Verfahren der Blutreinigung wirksam behandelt werden. Diese Im- munadsorptionsbehandlung ist auch – offenbar mit Er- folg – vorgenommen wor- den. Der Bundesausschuss hat die Behandlung einer Überprüfung unterzogen – auch im Hinblick auf My- asthenia gravis –, das Verfah- ren aber nur für andere In- dikationen zugelassen (Be- schluss vom 24. März 2003, BAnz Nr. 123 vom 8. Juli 2003, S. 14486). Dabei ist er offenbar davon ausgegangen, dass der medizinische Nutzen hinsichtlich der Anwendungbei Myasthenia gravis nicht valide belegt ist. Deshalb stell- te die Krankenkasse die Lei- stungen für die Klägerin von Oktober 2003 an ein.
Sozialgericht und Landes- sozialgericht haben im Verfah- ren des einstweiligen Rechts- schutzes den Antrag auf vorläufige Verpflichtung der Krankenkasse zur ambulan- ten Leistung abgewiesen. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wandte sich die Klägerin ge- gen diese Entscheidungen.
Sie beantragte zudem, die Krankenkasse zur vorläufi- gen ambulanten Leistung zu verpflichten.
Das Bundesverfassungsge- richt ist der Auffassung, es sei nach Aktenlage nicht aus- zuschließen, dass die Ver- sagung einstweiligen Rechts- schutzes im vorliegenden Fall zu schweren und unzumutba- ren Nachteilen für die Kläge- rin führen kann. Das Ab- warten akuter Krankheitser- scheinungen begründe stets ein gewisses Morbiditätsrisi- ko und hinterlasse irrever- sible gesundheitliche Beein-
trächtigungen. Nach Akten- lage sei nicht auszuschlie- ßen, dass der Bundesausschuss die Anforderung an die Evi- denz der zu fordernden Wirk- samkeitsnachweise in Anbe- tracht der seltenen Krankheit überspannt habe. Der Fall wurde daher zur weiteren Prüfung an das Sozialgericht zurückverwiesen. (Bundesver- fassungsgericht, Beschluss vom 19. März 2004, Az.: 1 BvR
131/04) Be
Homöopathika:
Klage abgelehnt
Vor Verfassungsbeschwerde sind zunächst die
Sozialgerichte zu bemühen.
Seit 1. Januar 2004 werden im Grundsatz – also unter Zu- lassung von Ausnahmen – nicht verschreibungspflichti- ge Arzneimittel aus dem Lei- stungskatalog der Gesetz- lichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen (§ 34
Absatz 1 SGB V eingefügt durch Artikel 1 Nummer 22 Buchstabe a Doppelbuchsta- be aa des GKV-Moderni- sierungsgesetzes). Die Be- schwerdeführer machten gel- tend, dieser Ausschluss be- treffe Arzneimittel, die der homöopathischen Therapie- richtung zugehören, in be- sonderer Weise. Denn gerade sie seien zum großen Teil nicht verschreibungspflichtig.
Das bedeute eine Verletzung ihres Grundrechts auf Selbst- bestimmung sowie des all- gemeinen Gleichheitsgrund- satzes.
Das Bundesverfassungsge- richt hat ihre Verfassungsbe- schwerde nicht zur Entschei- dung angenommen, weil sie unzulässig ist. Ihrer Zulässig- keit stehe der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Die Beschwerdeführer haben näm- lich den Rechtsweg nicht aus- geschöpft, der in diesem Fall durch Anrufung der Sozialge- richte gegeben wäre. (Bundes- verfassungsgericht, Beschluss vom 4. August 2004, Az.: 1
BvR 1078/04) Be
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