M E D I Z I N
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A3354 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 49½½½½8. Dezember 2000
maßen: Bei der Blutmahlzeit an einem mit OspA immunisierten Wirt werden OspA-spezifische Antikörper von der Zecke aufgenommen. Die aufgenom- menen Antikörper wirken im Zecken- darm auf die dort befindlichen Borre- lien und verhindern deren Übertra- gung.
Zur Abwehr von Zeckenstichen er- scheint eine prophylaktische Anwen- dung von insektenabweisenden Haut- schutzmitteln (Repellentien) nicht ausreichend. Das Risiko der Aufnah- me toxischer Konzentrationen, insbe- sondere bei Kindern, ist möglicher- weise höher als der Nutzen. In der Zeckensaison von April bis Oktober sollten Kinder, die im Freien gespielt haben, abends nach Zecken abgesucht werden (Body Check), vor allem im Kopf-/Halsbereich.
Die Gefahr einer Übertragung von Borrelien ist nicht sehr hoch, steigt je- doch mit der Dauer der Blutmahlzeit der Zecken. Eine in den meisten Fäl- len wirksame Schutzmaßnahme ist da- her die unverzügliche Entfernung der Zecken mit einer Pinzette oder einer
„Zeckenzange“ (in Apotheken erhält- lich).
Perspektiven
Betrachtet man Perspektiven der For- schungsarbeiten zur Aufklärung der Pathophysiologie der Lyme-Borrelio- se und zur Entwicklung geeigne- ter therapeutischer Maßnahmen, er- scheint die oben genannte Fähigkeit von B. burgdorferi zur Modulation von (Oberflächen-) Antigenen in Ab- hängigkeit vom umgebenden Mikro- milieu besonders bedeutsam. Die mo- lekularen Grundlagen dieses Phäno- mens sind noch nicht aufgeklärt. Die Beschreibung präferenziell in vivo ex- primierter Antigene wird jedoch so- wohl die Diagnostik als auch die Impf- stoffentwicklung beeinflussen: Solche Antigene sind interessante Zielantige- ne unter beiden Aspekten.
Ein weiteres aktuelles Thema auch im Zusammenhang mit der Lyme-Bor- reliose ist die so genannte DNA-Vak- zinierung. Bei diesem Impfverfahren wird statt eines Antigenproteins die dafür kodierende DNA zur Vakzi-
nierung eingesetzt; der vakzinierte Organismus übernimmt die Synthese des Erregerantigens und entwickelt eine schutzvermittelnde Immunant- wort. Vorteile sind die einfache Her- stellung und Stabilität der Wirksub- stanz (DNA statt Protein) sowie die effektive Induktion von Immunant- worten. Die DNA-Vakzinierung wird auch für die Lyme-Borreliose intensiv erforscht.
Gestützt auf die Tatsache, dass vor kurzem eine komplette Genomse- quenz von Borrelia burgdorferi publi- ziert wurde, wird die Molekularbiolo- gie in den nächsten Jahren zu der Wei- terentwicklung von Diagnostik und Impfung entscheidend beitragen: Sie wird die in vivo exprimierten Antige- ne molekular beschreiben und in re- kombinanter Form zur Verfügung stellen. Darüber hinaus wird sie die molekularen Regulationsmechanis- men der Antigenvariation aufklären und sie wird geeignete Strategien zur DNA-Immunisierung mit B.-burgdor- feri-spezifischen Antigenen erarbei- ten.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2000; 97: A 3352–3354 [Heft 49]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Literatur
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Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Michael Kramer LYNX Therapeutics GmbH
Im Neuenheimer Feld 515, 69120 Heidelberg E-Mail: mkramer@lynxgen.de
Zu diesem in Heft 3/2000 erschienenen Beitrag und der sich in Heft 27/2000 anschließend veröffentlichten Diskus- sion wird der Firma Prevor GmbH, Köln, die Möglichkeit einer Stellung- nahme eingeräumt:
„Previn ist eine sterile Spüllösung gegen Verätzungen auf der Haut oder im Auge, mithilfe derer chemische Produkte rasch entfernt werden kön- nen, ohne Einfluss auf den menschli- chen Metabolismus zu haben. Sie ist ausschließlich für die äußere Anwen- dung auf der Haut oder im Auge be- stimmt.
Seit dem 30. September 1996 ist Pre- vin nach der europäischen Richtlinie 93/42/CEE in Übereinstimmung mit dem Medizinproduktegesetz und der Medizinprodukteverordnung als Me- dizinprodukt (Kennzeichnung CE 0459) klassifiziert und erfüllt damit auch bezüglich Qualität und Herstel- lung die Kriterien dieser Gesetze. Die- se Klassifizierung der Previn-Lösung wurde durch das Urteil des Bundesver- waltungsgerichtes Berlin am 19. De- zember 1996 bestätigt. Es handelt sich also hierbei weder um ein Arzneimittel noch um ein Kosmetikum, wie von Konkurrenzunternehmen behaupten werden könnte.
Das Anwendungsprotokoll von Pre- vor empfiehlt, die Lösung als Erste- Hilfe-Maßnahme sofort nach dem Un- fall vor dem Auftreten von Verätzun- gen als präventive Maßnahme anzu- wenden. Dahingegen sollen als Arz- neimittel klassifizierte Produkte defi- nitionsgemäß erst nach dem Auftreten von Verätzungen angewendet werden, um die Folgeschäden zu heilen.“ MWR