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Linguistik für Kognitionswissenschaften Universität Tübingen 16. 12. 2010

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Linguistik für Kognitionswissenschaften Universität Tübingen

16. 12. 2010

(2)

Einführung

Wie viele Sprachen werden heute auf der Welt gesprochen?

Ethnologue (2005):

6 912: Tabelle 1

Zahl der Sprecher variiert stark

Sprachen/Kontinente

Afrika Amerikas Asien Europa Pazifik

(3)

Wie viele Sprachen?

(4)

Wie viele Sprachen

(5)

Weltweit ungefähr 7 000 Sprachen

(6)
(7)

Sprache Anzahl von Muttersprachlern (Mill.)

873

Spanisch 322

Englisch 309

181

Portugiesisch 177

171

Russisch 145

Japanisch 122

Deutsch 95

77

Javanisch 76

70 68 67

Koreanisch 67

66

Französisch 65

Mandarin

Hindi Bengali

Wu (China) Telugu

Marathi

Vietnameisisch Tamil

(8)

Quantitative Verteilung

(9)

Quantitative Verteilung

Zipf-Verteilung

Zahl der Sprecher einer Sprache ist umgekehrt

proportional zu ihrem Rang

Derartige

Verteilungen sind sehr häufig in

Linguistik u. in anderen Sozial-

(10)

Sprachenvielfalt in Vergangenheit und Zukunft

10 000 v.Chr. 20 000 Sprachen 1000 n.Chr 9 000 Sprachen 1500 7 500 Sprachen 2000 6 500 Sprachen 2050 4 500 Sprachen

2100 3 000 Sprachen

2200 100 Sprachen

(11)

Was zählt als Sprecher?

1996-Ausgabe von Ethnologue: 266 Millionen Sprecher des Spanischen

1999-Ausgabe: 322 Millionen

Korrespondiert nicht zu Bevölkerungswachstum

Datenquellen z.T. unzuverlässig

(12)

Was zählt als Sprache

Arabisch gehört nicht zu „Top Twenty“

Arabisch (einschl. aller Varianten): 202 Mill.

Sprecher (wäre Platz 4)

Ethnologue betrachtet versch. Varianten des Arabischen als separate Sprachen

Begründung: Varianten sind wechselseitig unverständlich. Algerisches und Ägyptisches

Arabisch sind so unterschiedlich wie Spanisch und Portugiesisch

(13)

Was zählt als Sprache?

Hindi und Urdu sind die selbe Sprache

Geschichte/Politik: verschiedene Schriftsysteme, verschiedene Schichten von entlehntem Vokabular

Gewöhnliche Sprecher verstehen einander ziemlich gut

Zusammen wäre Hindi/Urdu auf Platz 4

(14)

Was zählt als Sprache?

Türkisch könnte höhere Sprecherzahl haben

51 Millionen Sprecher (46 Millionen in Türkei)

Aber über 80 Millionen Menschen sprechen eine Sprache, die mit Türkisch wechselseitig

verständlich ist

Damit wäre Türkisch auf Platz 10

(15)

Was zählt als Sprache?

Serbo-Kroatisch

Vor den Balkan-Kriegen der 90er Jahre:

Serbokroatisch galt als eine Sprache

Zwei Schriftsysteme – lateinisches Alphabet in Kroatien, kyrillisches Alphabet in Serbien

Kontinuum von Dialektvariationen

Jetzt:

Drei Sprachen – Serbisch, Kroatisch und Bosnisch

(16)

Was zählt als Sprache?

Skandinavisch

Norwegisch und Schwedisch (bis zu einem

gewissen Grade auch Dänisch) sind wechselseitig verständlich

Gelten als verschiedene Sprachen, weil sie mit verschiedenen Ländern assoziiert sind

(17)

Was zählt als Sprache?

Chinesisch

Wird häufig als eine Sprache betrachtet

Besteht aber eigentlich aus mindestens sieben verschiedenen Sprachen (mit starker interner Dialektvariation)

Politische und kulturelle Gründe, Chinesisch als Einheit zu betrachten, z.B. das

gemeinsame Schriftsystem

(18)

Was zählt als Sprache?

Chinesisch

(19)

Was zählt als Sprache?

Dialekt-Kontinua

Portugiesisch, Spanisch, Französisch und Italienisch gelten als verschiedene Sprachen

Dennoch ändert sich der lokale Dialekt nur graduell von Stadt zu Stadt, wenn man von Portugal nach Italien reist

Ähnliches gilt für Niederländisch/Deutsch

(20)

Was zählt als Sprache?

(21)

Was zählt als Sprache

Zynisch: Eine Sprache ist ein Dialekt mit einer Armee

Daran ist soviel richtig, als dass die

Unterscheidung Sprache vs. Dialekt nicht auf

Grund von rein linguistischen Kriterien getroffen werden kann

Letztendlich ist die Unterscheidung eine politische/kulturelle Entscheidung von

Sprachgemeinschaften über ihre Identität

Kriterien von Ethnologue

(22)

Sprachfamilien

Sprachen: keine klar unterschiedenen separate Einheiten; bilden eher eine Hierarchie (oder

Baum-Struktur).

Kategorien können letztendlich bis zur Ebene des einzelnen Sprechers aufgespalten werden

Andererseits können Überkategorien gebildet werden, wenn es Evidenz für gemeinsamen Ursprung gibt

(23)

Sprachfamilien

Deutsch gehört zur Familie des Indoeuropäischen

Frühere Bezeichnung: „Indogermanisch“

Am frühesten entdeckte und am besten

untersuchte Sprachfamilie

(24)

Die indoeuropäische Sprachfamilie

Antike: geringes Interesse an vergleichender Sprachforschung

Mittelalter:

schriftl. Dokumentation vieler europ. Sprachen

Verbreitete Vermutung, dass alle Sprachen vom Hebräischen abstammen

Kein wirkliches Konzept von Sprachwandel

Eigentl. Beginn der komparitven Linguistik mit

Entdeckung des Sanskrit

(25)

Die indoeuropäische Sprachfamilie

William Jones 1786:

„The Sanskrit Language, whatever be its antiquity, is of

wonderful structure; more perfect than the Greek, more copious than the Latin, and more exquisitely refined than either; yet

bearing to both of them a stronger affinity both in the roots of

verbs and the forms of grammar, than could possibly have been produced by accident; so strong indeed that no philologer could examine them at all without believing them to have sprung from some common source, which perhaps no longer exists: there is similar reason, so not quite so forcible, for supposing that both the Gothic and the Celtic, though blended with a different idiom, had the same origin with the Sanskrit; and the old Persian might be added to the same family, if this were the place for

discussing any question concerning the antiquities of Persia.“

(26)

Die indoeuropäische Sprachfamilie

Cœurdoux 1767

außerdem grammatische Ähnlichkeiten zwischen Griechisch und Sanskrit

nach modernem Stand z.T. fehlerhaft oder nicht aussagekräftig (griech. Gegenstück zu lat. deus ist Zeus, nicht theos)

Sanskrit devah „Gott“ Latein deus Griechisch theós

padam „Fuß“ pes, ped-is poús, podo-ós

maha „groß“ mégas

viduva „Witwe“ viduva

(27)

Die indoeuropäische Sprachfamilie

Sanskrit Latein

as-mi ich bin s-um

as-i du bist es

as-ti er ist es-t

s-mas wir sind s-umus

s-tha ihr seit es-tis

s-anti sie sind s-unt

(28)

Die indoeuropäische Sprachfamilie

Sanskr. as- und lat. es- bedeuten beide „sein“

beide haben Allomorph s-

Flexionsparadigma enthält beide Varianten

Sankr. hat zusätzl. Endung -i; ohne diesen Vokal sind die Suffixe praktisch identisch

ausreichend, um Verwandtschaft zu beweisen

(29)

Die indoeuropäische Sprachfamilie

rekonstruiertes Paradigma der indoeuropäischen Ursprache:

(V)s-(V)m(i) Vs-(i)

Vs-t(i)

s-(V)mVs

(V)s-t(h)V

s-Vnt(i)

(30)

Die indoeuropäische Sprachfamilie

Mitte des 19. Jhd.: Entdeckung von Lautgesetzen

phonologischer Wandel ist nicht zufällig,

sondern betrifft im Prinzip alle Wörter einer Sprache gleichermaßen

z.B. erste Lautverschiebung (betrifft alle und nur die germanischen Sprachen),

zweite Lautverschiebung (betrifft die

hochdeutschen Dialekte)

(31)

Lautgesetze und Rekonstruktion von Sprachverwandtschaft

auch auf andere Sprachgruppen anwendbar (Beispiel aus austronesischen Sprachen)

lässt günstigstenfalls Zeittiefe von < 8000

Jahren zu

(32)

Die indoeuropäische Sprachfamilie

moderne indoeuropäische Sprachen umfassen

alle europäischen Sprachen außer Ungarisch, Finnisch, Estnisch und Baskisch

viele west- und südasiatische Sprachen

(Armenisch, Persisch, Paschtu, Urdu, Hindi, ...)

(33)
(34)

Verbreitung der ide. Sprachen

(35)

Stammbaum der ie. Sprachfamilie

(36)

Zweige der ie. Sprachfamilie

(37)

Sprachfamilien

Sprachfamilie: Gruppe genetisch (also historisch) verwandter Sprachen

stammen von gemeinsamer Ursprache ab

diese Abstammung muss durch allgemein akzeptierte Methoden nachgewiesen sein

Klassifikation dementsprechend variabel und z.T. subjektiv

Ethnologue zählt über 100 Sprachfamilien

(38)

Sprachfamilien

(39)

Sprachfamilien

(40)

Sprachfamilien

Afroasiatisch

früher auch „hamito-semitisch“

umfasst die Untergruppen:

Semitisch (Arab., Hebr., Amharisch, ...)

Berberisch (Tuareg, ...)

Ägyptisch-Koptisch

Kuschitisch (Somali, Oromo, ...)

Tschadisch (Haussa, ...)

(41)

Sprachfamilien

Nilo-Saharisch

umfasst ca. 200 afrikan. Sprachen

Nubisch, Nilotisch, ...

(42)

Sprachfamilien

Niger-Kongo- Sprachen

wichtigste

Untergruppe: Bantu- Sprachen

u.a. Swahili, Rwanda, Zulu, Yoruba

(43)

Sprachfamilien

Khoisan-Sprachen

Sprache der

Buschleute im südl.

Afrika

nutzen (typolog.

seltene) Schnalzlaute

(44)

Sprachfamilien

Uralisch

Untergruppen

Finno-ugrisch: Ungarisch, Finnisch, Estnisch, Samisch, Karelisch

Samoyedisch (< 30 000 Sprecher im nördl. Eurasien)

(45)

Sprachfamilien

Altaisch

Untergruppen

Turksprachen: Türkisch, Turkmenisch, Kirgisisch, Kasachisch

Mongolisch

Tungusisch (Nordchina, Ostsibirien)

Koreanisch

Japanisch

Klassifikation z.T. umstritten, insbesondere die Zuordnung von Koreanisch und Japanisch

(46)

Sprachfamilien

Drawidisch

Telugu, Tamil, Kannada, ...

v.a. in Südindien und auf Sri Lanka gesprochen

(47)

Sprachfamilien

Sinotibetisch

Untergruppen

Sinitisch (chinesische Sprachen)

Tibeto-Birmanisch (gesprochen in Myanmar, Nordthailand, Nepal, Bhutan, in Teilen von China, Indien und Pakistan): Tibetisch,

Birmanisch, ...

(48)

Sprachfamilien

Austroasiatisch

Vietnamesisch, Khmer, Santali, ...

gespr. in Südostasien und Nordindien

(49)

Sprachfamilien

Austronesisch

flächenmäßig am weitesten ausgedehnte

Sprachfamilie (von Madagaskar im Westen bis Hawaii im Osten)

Malagasy, Javanisch, Bahasa Indonesia, Tagalog, Formosa-Sprachen, Maori (Sprache der neuseel.

Ureinwohner), polynesische Sprachen...

(50)

Sprachfamilien

Tai-Kadai-Sprachen

Thailändisch, Isaan, Laotisch, ...

neuere Hypothese, dass Austronesisch und Tai- Kadai eine Familie bilden („Austro-Thai“)

(51)

Altamerikanische Sprachfamilien

Klassifikation nach Greenberg:

Eskimo-Aleutisch (Aleuten, Eskimo)

Na-Dene (Norden u. Westen von Nordamerika)

Amerindisch (restl. Nordamerika und Südamerika)

„Amerindisch“ stark umstritten

tradit. in sechs Familien unterschieden:

Algonkin-Ritwan, Makro-Penuti, Atztekisch-Tanoan, Hokal-Sioux, Makro-Oto-Mangue, Taraskan

(52)
(53)

Sprachfamilien

in vielen Fällen keine eindeutige Klassifikation möglich:

700 Sprachen auf Papua-Neuguinea; z.T. nicht miteinander verwandt

mehrere Hundert Sprachen der austral.

Ureinwohner; genet. Klassifikation unklar

viele „isolierte“ Sprachen (keine nachweisbare Verwandtschaft mit anderen Sprachen), z.B.

Baskisch

(54)

Größe von Sprachfamilien

(55)

Zeittiefe der historischen Rekonstruktion

drei mögliche Positionen:

generelle Grenze für Zeittiefe, die mit historischer Linguistik erreicht werden kann

traditionelle Position

Grenzen existieren, hängen aber von verfügbarer Information und Methoden ab

keine grundsätzliche Grenze (abgesehen von der biologischen Evolution der Sprachfähigkeit)

Greenberg, Ruhlen

(56)

Argumente für pessimistische Position

solider Beweis für Verwandtschaft zweier Sprachen:

Rekonstruktion der gemeinsamen Ursprache

Rekonstruktion des Sprachwandels zu den von der Ursprache zu den fraglichen Sprachen

verlangt Identifikation von cognates

Sprachwandel verwischt Ähnlichkeiten

außerdem könne Cognates auch durch Entlehnung entstehen

nach maximal 10 000 Jahren keine Verwandtschaft mehr nachweisbar

(57)

Argumente für pessimistische Position

Hock & Joseph (1996):

Let us pursue this issue a little further by taking a closer look at the relationship between Modern Hindi and English – pretending that we do not yet know that they are related, and trying to

establish their relationship by vocabulary comparison. This is actually more difficult than it appears. It is all too easy to be influenced by one’s knowledge of the historical relationship

between the two languages and therefore to notice the genuine cognates, or even to underestimate the effects of linguistic change on the recognizability of genuine cognates.

(58)

Argumente für pessimistische Position

Hock & Joseph (1996):

Clearly, one correspondence is not enough; nor are twenty.

And just as clearly, a thousand correspondences with systematic recurrences of phonetic similarities and differences would be fairly persuasive. Are 500 enough, then? And if not, are 501 sufficient?

Nobody can give a satisfactory answer to these questions. And this is no doubt the reason that linguists may disagree over whether a particular proposed genetic relationship is sufficiently supported or not.

(59)

Wortlisten

Methoden der klassischen komparativen historischen Linguistik sind vermutlich

tatsächlich weitgehend ausgereizt

alternative Herangehensweise: Gebrauch von Wortlisten

Identifikation von lautlichen Ähnlichkeiten im Wortschatz verschiedener Sprachen => Maß für Verwandtschaft der Sprachen

kein Anspruch auf Rekonstruktion der

Ursprache

(60)

Wortlisten

Erstellung von Konzeptlisten – universeller Wortschatz, der in alle Sprachen übertragen werden kann

Übersetzung dieser Liste in alle fraglichen Sprachen

für jedes Übersetzungspaar stellt man fest, ob Verwandtschaft bzw. Ähnlichkeit besteht

Verwandtschaft entspricht Prozentsatz an

ähnlichen Wörtern

(61)

Wortlisten

Morris Swadesh (1909-1967)

amerikanischer Linguist

untersuchte u.a. genetische Klassifikation von Indianersprachen

Pionier der Lexikostatistik und er Glottochronologie

erstellte s.g. Swadesh-Liste von 207

Konzepten, die in allen Sprachen/Kulturen vorkommen:

http://www.christianlehmann.eu/fundus/Swadesh_list.html

(62)

Lexikostatistik

Verwandtschaft oder Zufall?

(Quelle: Maiwald & Willeke)

Deutsch Latein

H erz cord-

H orn cornu

H und canis

hundert centum

H irsch cervus

(63)

Lexikostatistik

Verwandtschaft oder Zufall?

Englisch Hawaiisch Begriff

sew humu nähen

smell honi riechen

snow hau kea der Schnee

stab hou niederstechen

star hoku der Stern

swell ho'opehu (an)schwellen

(64)

Glottochronologie

Grundannahme:

jede Sprache erneuert im Laufe der Zeit ihr Vokabular

Prozess verläuft häufig stetig

Wortschatz einer Sprache hat also „Halbwertszeit“

diese Halbwertszeit ist für alle Sprachen ungefähr gleich

Wortlistenvergleich lässt Rückschlüsse zu, wann Sprachen sich getrennt haben

(65)

Glottochronologie

Eichung anhand Vgl. Englisch vs. Spanisch

Schätzung: nach 1000 Jahren sind noch 81%

des 200-Swadesh-Liste erhalten

Formel:

t = ln c ln r

t: Zeittiefe (Zeit seit Ursprache)

t/2: zwischen zwei Schwestersprachen aufgeteilte Zeittiefe (Abstand von dem nächsten ihnen gemeinsamen Knoten)

c: Prozentsatz des gemeinsamen Basiswortschatzes (0 < c < 1)

(66)

Glottochronologie

Vorteile:

auf beliebige Sprachpaare anwendbar

geringer Analyseaufwand

gibt über beliebig entfernte

Verwandtschaftsverhältnisse Auskunft

gibt Auskunft über Zeittiefe, nicht nur über Verwandtschaft

(67)

Glottochronologie

Nachteile

linguistische Verwandtschaft schlägt sich auch (oder sogar stärker) in Grammatik nieder als in Wortschatz

Swadesh-Liste ist nicht universal (manche

Sprachen haben keine Wörter für wenn, fünf, riechen usw.)

Identifikation von Cognates fraglich, wenn Geschichte von Sprache nicht bekannt ist

Halbwertszeit ist nicht konstant, sondern hängt von einer Reihe von Faktoren ab, darunter

Sprachkontakt, Tabu, schriftliche Tradition,

(68)

Fazit

„Klassische“ Lexikostatistik & Glottochronologie

interessanter Ansatz

basiert jedoch auf z.T. fraglichen Hintergrundannahmen

unzureichende mathematische Unterfütterung, um Rolle von Zufall korrekt einzuschätzen => Statistik

(69)

Joseph Greenberg (1915 - 2001)

einer der wichtigsten Linguisten des 20. Jhd.

Begründer der

linguistischen Typologie

bahnbrechende

Untersuchungen zu

linguistischen Universalien

Klassifikation der afrikanischen und

amerikanischen Sprachen (stark umstritten)

(70)

Mass lexical comparison

Greenberg:

statistische Zuverlässigkeit der Lexikostatistik kann erhöht werden, wenn man Anzahl der Datenpunkte erhöht

statt Vergleich zweier Sprachen Vergleich der Grundwortschätze ganzer Sprachgruppen

(71)

Mass lexical comparison

(72)

Mass lexical comparison

(73)

Mass lexical comparison

(74)

Afrika

Greenberg 1963 „The languages of Africa“

nur vier Sprachfamilien in Afrika

Afroasiatisch (ersetzt das trad. „Hamito-

Semitisch“)

Niger-Kongo

Nilosaharanisch

Khoisan

nicht unumstritten, aber

(75)

Pazifik/Ozeanien

1971: „The Indo-

Pacific Hypothesis“

Indo-pazifische Makrofamilie

soll Papuasprachen, andamanische und tasmansische

Sprachen umfassen

heute

übereinstimmend

verworfen

(76)

Amerika

1987: „Language in the Americas“

drei Makrofamilien:

Eskimo-Aleutisch

Na-Dené

Amerindisch

letztere Klasse stark umstritten

Standard-Lehrmeinung:

Greenbergs Amerindisch besteht aus ca. 200

Familien und isolierten

(77)

Eurasien

(78)

Eurasien

2000/2002: „Indo-European and Its Closest Relatives“

Makrofamilie „Eurasiatisch“

Unterfamilien:

Indoeuropäisch

uralische Sprachen

Altaisch (Turksprachen, Mongolisch, Tungusisch, Koreanisch, Japanisch)

Eskimo-Aleutisch

diverse isolierte Sprachen (z.B. Etruskisch)

(79)

Ruhlen

Merritt Ruhlen

Schüler von Greenberg

noch radikalere Anwendung von Greenbergs Methoden der genetischen Klassifikation

Hypothese, dass partielle Rekonstruktion von

„Proto-World“, also der Ursprache der Menschheit möglich sei

von der Fachwelt fast einhellig abgelehnt

(80)

Kritik an Greenberg/Ruhlen

Grundsätzliche Einwände gegen Verwendung von Wortlisten

nicht kulturunabhängig

Annahme von „universalen“ Konzepten fraglich

konkrete Einwände gegen Greenbergs Methode

sehr sehr weitherzige Auslegung von „semantischer Entsprechung“

keine solide statistische Auswertung

Boë et al. 2003: Ruhlens Rekonstruktion von Proto-World basiert auf statistisch nicht signifkanten Daten (Ähnlichkeiten könnten auch Zufall sein)

Greenberg ist z.T. zu brauchbaren Ergebnissen gekommen, aber bislang konnte niemand anderes seine Methode überzeugend anwenden => Erfolg mehr aufgrund Greenbergs extrem guter

(81)

Der genetische Stammbaum des Menschen

Luigi Luca Cavalli-Sforza (1922*)

Evolutionbiologe (Kollege von Greenberg in Stanford)

Human Genome Diversity Project

Versuch, biologischen

Stammbaum der modernen Menschheit mit Hilfe von Gen- Analysen zu erstellen

(82)

Cavalli-Sforza

Grundidee:

Evolution basiert auf natürlicher Auslese: Allele, die Fitness (d.h. Überlebens- und

Fortpflanzungsfähigkeit) erhöhen, setzen sich allmählich in Population durch

Variation entsteht durch genetische Mutation

viele Mutationen haben aber keinen phänotypischen Effekt

in diesen Fällen findet keine Auslese statt

ob sich derartige neutrale Mutationen durchsetzen,

(83)

Cavalli-Sforza

Beispiel:

Rhesusfaktor des Bluts

hat keinen Einfluss auf Fitness

ist erblich

zusammenhängende Population hat spezifischen Prozentsatz von Rh-

wenn Population getrennt wird, triften diese spezifischen Werte allmählich auseinander

Differenz von Prozentsatz von Rh- somit grober Gradmesser der Verwandtschaft von Populationen

Verwendung mehrerer Hunder derartiger neutraler

(84)
(85)
(86)

Cavalli-Sforza

Projekt z.T. kritisiert, weil es angeblich Konzept von Rasse wiederbelebt

nicht stichhaltig; im Gegenteil:

Ergebnisse zeigen, dass es keine menschl. Rassen im biolog. Sinne gibt (i.S. von völliger reproduktiver Isolation)

Aufspaltung der menschl. Teilpopulationen geschah vor – evolutionär gesehen – sehr kurzer Zeit (ca. 60 000 Jahre)

genet. Variation innerhalb einer Population häufig größer als zwischen Populationen

äußere Merkmale wie Hautfarbe, Haarkonsistenz

(87)

Cavalli-Sforza & Greenberg

verblüffend gute Übereinstimmung zwischen Cavalli-Sforzas und Greenbergs Klassifikation der menschlichen Populationen

zusätzliches Argument für die Korrektheit von

Greenbergs Untersuchungen

(88)

Cavalli-Sforza & Greenberg

einzelne Divergenzen:

Ungarn sprechen uralische Sprache, unterscheiden sich aber genetisch nicht von Nachbarvölkern

Lappen (Samen) sprechen auch uralische Sprache, stehen aber genetisch den anderen Skandinaviern und mongoloiden Sibiriern näher

Äthopier sprechen afro-asiatische Sprache, stehen aber genetisch schwarzafrikanischen Populationen näher als nordafrikanischen

(89)
(90)

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