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Grenzenlose Herausforderungen

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Academic year: 2022

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Extreme Wetterereignisse sind das wahrscheinlichste und – nach Mas- senvernichtungswaffen – das zweit- gravierendste Risiko auf der Erde.

Zu diesem Ergebnis kommt der Glo- bal Risk Report 2017 des Weltwirt- schaftsforums in Davos, für den 750 Experten befragt wurden. Der Klimawandel erhöht die Risiken:

Extreme Wetterereignisse wie Hit- zewellen, Dürren und Starkregen werden häufiger und treten stärker auf. Das ist besonders für Entwick- lungsländer besorgniserregend, in denen die Landwirtschaft bis heute eine wichtige Säule der Wirtschaft ist, die Bauern aber extremen Wette- rereignissen ausgeliefert sind. Trotz- dem übernehmen zu wenige Politi- ker weltweit Verantwortung für die Folgen des Klimawandels und leiten wirksame Gegen- und Anpassungs- maßnahmen ein.

Dabei sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits heute offen- kundig. Neuere Studien zeigen bei- spielsweise, dass eine extreme Dür-

rephase im Zusammenspiel mit po- litischen Fehlentscheidungen maß- geblich zum Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs 2011 beigetragen hat.

Unter Führung von Hafez al-Assad strebte Syrien bereits ab den siebzi- ger Jahren die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln an. Jahrelang wur- de daher exzessiv bewässert, ungeach- tet der geringen Niederschläge und auf Kosten der knappen natürlichen Wasserressourcen.

Als die Dürre einsetzte, reduzier- te sein Sohn und Nachfolger, Baschar al-Assad, angesichts der geringen Vor- räte die künstliche Bewässerung dras- tisch. Wassermangel und ausbleiben- de staatliche Subventionen für Mine- raldünger und Pestizide führten dazu, dass Landwirtschaft unrentabel wur- de und Tausende Bauern ihre Höfe in Richtung der Städte verließen. Dort trafen sie auf viele Kriegsflüchtlinge, die bereits ab 2004 aus dem Irak ge- flohen waren. Der starke Migrations- druck und steigende Lebensmittel- preise verschärften die sozialen und Maarten Elferink und Florian Schierhorn | Der Klimawandel hat schon heute massive Auswirkungen auf die Landwirtschaft, er wird zu Ernährungs- unsicherheit und steigender Armut führen. Das verschärft Konflikte und wird mehr Migration nach sich ziehen. Europa muss diese Zusammenhän- ge endlich erkennen und seine Einflussmöglichkeiten nutzen.

Der Klimawandel verstärkt die Probleme im Nahen Osten und in Nordafrika

Grenzenlose Herausforderungen

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Temperaturen steigen und Dürreperioden treten häufiger auf

humanitären Probleme in den Städ- ten. Der Arabische Frühling in den Nachbarländern, der auch durch ex- treme Wetterereignisse in dieser Zeit begünstigt wurde, war schließlich der Funke, der den Bürgerkrieg in Syri- en auslöste.

Verschwenderische Bewässerung Der Nahe Osten und Nordafrika sind bereits heute extremen Klima- verhältnissen ausgesetzt. So wurden im Sommer 2016 im Irak Rekordtem-

peraturen von bis zu 53°C gemessen. Diese Hitze brachte Teile der Wirt- schaft zum Erlahmen und Regierungsbüros muss- ten einige Tage geschlos- sen bleiben. In Ägypten, dem mit 91 Millionen Einwohnern bevölkerungs- reichsten Land der Region, gibt es Landwirtschaft fast nur dort, wo das Wasser des Nils fließt.

Intensivierte Wassernutzung in den Ländern flussaufwärts des Nils setzt Ägypten jedoch massiv unter Druck. Ein wichtiges Beispiel ist der fast fertiggestellte Renaissance-Stau- damm am Blauen Nil im Nordwesten Äthiopiens. Bis der Stausee, der drei- mal so groß sein soll wie der Boden- see, gefüllt sein wird, sinkt die Was- serzufuhr in Ägypten und im Sudan drastisch. Angaben der Vereinten Na- tionen zufolge sind auch Algerien, Marokko, Tunesien, Libyen, Israel, Libanon und Saudi-Arabien von Was- serknappheit bedroht.

Diese Problematik scheint aber kaum Einfluss auf die Entschei- dungsträger dieser Länder zu haben.

Bis heute wird exzessive Wassernut- zung durch großzügige Subventionen unterstützt. Die Folge ist eine enor- me Wasserverschwendung, sowohl in

den Haushalten (Gartenbewässerung und Autowäsche) als auch in der Landwirtschaft. In Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emira- ten und Oman, wo die Landwirt- schaft 2 bis 7 Prozent zur gesamten Bruttowertschöpfung beiträgt, wer- den 60 bis 90 Prozent des verbrauch- ten Wassers für die Bewässerung der Felder eingesetzt. In Bahrain und Katar werden über 50 Prozent des Wassers für die Bewässerung ver- wendet, obwohl die Landwirtschaft nur 1 Prozent zur gesamten Brutto- wertschöpfung beiträgt. Zurzeit ver- brauchen alle Länder der Arabischen Halbinsel viel mehr Süßwasser, als auf natürlichem Wege erzeugt wird.

Der Grundwasserspiegel sinkt daher alarmierend ab.

Der Klimawandel verschärft die Lage im Nahen Osten und in Nordaf- rika. Die Region erwärmt sich schnel- ler als die meisten anderen Regionen der Welt. Sollte es, wie im Pariser Kli- maabkommen 2015 vereinbart, gelin- gen, den Temperaturanstieg im Ver- gleich zur vorindustriellen Zeit auf unter 2°C zu halten, muss in dieser Region trotzdem mit einem Tempera- turanstieg von bis zu 5°C im Sommer gerechnet werden. Der Klimawandel führt außerdem dazu, dass Dürrepe- rioden intensiver, länger und häufiger auftreten werden.

Das sind schlechte Aussichten vor allem für Landwirte. In dieser Regi- on beschäftigt der Agrarsektor heu- te fast 25 Prozent der Gesamtbevöl- kerung (in Marokko sogar 40 Pro- zent). Im globalen Vergleich sind die Getreideernten jedoch gering, die jährlichen Erträge schwanken stark.

In Marokko beispielsweise lagen in den vergangenen zwei Jahrzehn- ten die Weizenerträge zwischen ei-

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ner halben Tonne und zweieinhalb Tonnen pro Hektar. Hinzu kommen weitere Probleme, weil die so wichti- gen Niederschläge in der Wintersai- son sehr wahrscheinlich abnehmen und un beständiger werden. Vor al- lem die Tierproduktion ist vom Kli- mawandel bedroht: Es wird für die Bauern immer schwieriger, ausrei- chend Wasser und Futter für ihre Tiere bereitzustellen.

Die Nahrungsmittelsicherheit im Nahen Osten und in Nordafrika ist jedoch nicht nur von der inländi- schen Landwirtschaft abhängig. Ei- nige Länder der Region gehören heu- te zu den größten Importeuren von Nahrungsmitteln. Wenn Wetterext- reme wichtige Getreideexportnatio- nen wie die USA und Russland oder große Selbstversorger wie China und Indien treffen, stehen die Nahrungs- mittelsicherheit und sogar die politi- sche Stabilität in den Importländern auf dem Spiel. Dieses klimabedingte und handelsabhängige Systemrisiko

wurde spätestens in den Jahren 2008 und 2011 deutlich, als die weltweite Getreideproduktion durch zahlreiche Wetterextreme einbrach.

Es wurde vorhergesagt, dass die Lebensgrundlage vieler Menschen in weiten Teilen des Nahen Ostens und Nordafrikas selbst dann gefährdet ist, wenn das globale 2°C-Ziel erreicht wird. Scheitert die internationale Kli- mapolitik, werden starke Hitzewellen Ende des 21. Jahrhundert wahrschein- lich dazu führen, dass weite Teile des Nahen Ostens und Nordafrikas un- bewohnbar werden. Eine 2015 in der Zeitschrift Nature Climate Change veröffentlichte Studie bekräftigt die- se Einschätzung: Bei fortschreiten- dem Klimawandel werden die Kühl- grenztemperaturen (eine Größe, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit be- rücksichtigt) auf über 35°C im Na- hen Osten steigen. Der menschliche Organismus kann nur wenige Stun- den unter diesen Bedingungen überle- ben, da hohe Luftfeuchtigkeit bei gro-

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Menschen am Horn von Afrika werden gen Norden ziehen

ßer Hitze verhindert, dass der Körper schwitzen und abkühlen kann.

Unter dem neuen US-Präsiden- ten Donald Trump steht das Pari- ser Klimaabkommen auf der Kippe;

auch deshalb werden die pessimisti- schen Klimaszenarien immer wahr- scheinlicher. Es ist paradox, aber

eine Reduzierung globaler Treibhausgas emissionen kann auch zu einer Ge- fährdung der politischen Systeme in dieser Region führen, da fossile Brenn- stoffe dann eine weitaus geringe- re Bedeutung hätten als heute. Eine globale Abkehr von Öl und Gas wür- de die Öl exportierenden Länder im Nahen Osten und in Nordafrika er- heblich destabilisieren und die Aus- wirkungen könnten sogar drastischer sein als die des Klimawandels.

Armut und Hungersnöte

Der Klimawandel wird voraussicht- lich Ernährungsunsicherheit, Armut und Konflikte verschärfen und mehr Migration nach sich ziehen. Klima- migration lässt sich kaum quantifi- zieren; allerdings deuten die klima- tischen Trends an, dass wesentlich mehr als 2,4 Millionen Menschen – so viele waren in den vergangenen zwei Jahren nach Europa geflüchtet – auswandern werden.

Das liegt nicht zuletzt an der de- mografischen Entwicklung in die- ser Region: Die Gesamtbevölkerung im Nahen Osten und Nordafrika stieg von 68 Millionen im Jahr 1914 auf über 543 Millionen 2015. Prog- nosen der Vereinten Nationen zei- gen, dass bis 2050 ungefähr 825 Mil- lionen Menschen dort leben wer- den. Auch weiter südwestlich, in den Ländern, die zum Horn von Afrika

gehören, sind die Prognosen alarmie- rend: Die Bevölkerung wächst rasant, von derzeit 129 Millionen Menschen auf voraussichtlich 253 Millionen im Jahr 2050.

Die Länder am Horn von Afrika leiden häufig unter extremen Dür- ren; in der Folge kommt es oft zu Hungersnöten und gewaltsamen Ausschreitungen, nicht zuletzt auf- grund schlechter Regierungsfüh- rung. Die aktuelle Hungersnot ver- deutlicht, dass bislang kaum Fort- schritte bei der Anpassung an die negativen Folgen des Klimawandels gemacht worden sind. Dabei zeigen Prognosen, dass die Dürren infolge des Klimawandels häufiger und ext- remer werden. Da diese Region sogar noch abhängiger ist von ihrer Land- wirtschaft als der Nahe Osten und Nordafrika, besteht die große Ge- fahr, dass viele Menschen auswan- dern wollen. Sie würden hauptsäch- lich Richtung Norden fliehen und da- mit die sozioökonomische Situation in der Nahost-Region und in Nord- afrika verschärfen.

Viele Migranten würden in die westliche Welt, insbesondere nach Europa flüchten. Das Europäische Parlament hat auch vor diesem Hin- tergrund im Juni 2016 das so genann- te Migration Partnership Framework sowie die Schaffung einer finanziell gut ausgestatteten europäischen Küs- ten- und Grenzschutzbehörde ange- kündigt. Dieses Abkommen mit den Herkunfts- und Transitländern zielt vor allem darauf, die Zahl der Op- fer im Mittelmeerraum zu verrin- gern, die Rückführung von Migran- ten in deren Herkunftsländer besser zu organisieren und den Migranten größeren Schutz in ihren Herkunfts- ländern zu bieten. Die Europäische

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Bisherige Programme reichen nicht aus, um wirksam zu helfen

Union will dafür bis zu acht Milli- arden Euro bis 2020 ausgeben. Nach dem Malta-Gipfel im Februar wurden weitere 200 Millionen Euro von der EU zur Verfügung gestellt, um ins- besondere Migrationsprojekte in Li- byen zu unterstützen.

Diese Politik bedeutet vor allem, dass bestehende Entwicklungsfonds umverteilt werden; Voraussetzung dafür sind aber sinkende Zuwande- rungszahlen. An dieser Stelle wird je- doch weitgehend übersehen, dass die unkontrollierte Auswanderung für viele Regierungen ein wichtiges Ven- til ist, den Druck zu verringern, der vor allem durch Bevölkerungswachs- tum und Jugendarbeitslosigkeit ent- steht. Die stark steigenden Migrati- onszahlen verdeutlichen auf tragische Weise, dass die gefährliche Mittel- meerroute immer weniger Menschen von der Flucht abhält.

Um die strukturellen Fluchtur- sachen zu bekämpfen, wurde daher im September 2016 eine Erweiterung des Förderprogramms angekündigt.

Im Rahmen des so genannten Exter- nal Investment Plan sollen 3,35 Mil- liarden Euro bis 2020 durch die Euro- päische Union bereitgestellt werden.

Durch diesen Schub sollen Investiti- onen von bis zu 62 Milliarden Euro aus der EU mobilisiert werden. In Eu- ropa wurde dieses Modell bereits an- gewendet; es ist jedoch nicht sicher, ob Investitionen in dieser Größenord- nung auch in Afrika getätigt werden.

Angesichts der häufig unzureichend entwickelten afrikanischen Märkte besteht die Gefahr, dass Investitio- nen fehlschlagen, vor allem wenn sie nicht zielführend eingesetzt werden.

Die bislang zugesicherten 3,35 Milli- arden Euro reichen jedenfalls nicht einmal ansatzweise aus, um struk-

turelle und nachhaltige Anpassungs- prozesse an die veränderten Klimabe- dingungen anzustoßen.

Einflussmöglichkeiten der EU Die Europäische Union hat verschie- dene Möglichkeiten, Einfluss auf eine verbesserte Klimaanpassung im Na- hen Osten und in Nordafrika zu neh- men. Dringender Handlungsbedarf besteht bei den Landwirten, denn sie verfügen nicht über die notwen- digen finanziellen Ressourcen, um ihre Systeme effizient an den Klima- wandel anzupassen. Das

gilt insbesondere für die Millionen Kleinbauern, die kaum Zugang zu den Finanzsystemen haben.

Schuldenerlassprogram-

me oder Zinsobergrenzen verhindern bis heute die Kreditvergabe an Klein- bauern. Die Politik in Europa könnte daher mehr Druck auf die Entschei- dungsträger in der Region ausüben, um die Benachteiligung von Klein- bauern zu beenden.

Effektive Klimaanpassung ist für den Fortbestand der Landwirtschaft in dieser Region von wesentlicher Bedeutung. Neben finanziellen Res- sourcen fehlt den Kleinbauern aller- dings meistens das Wissen, um effizi- ente Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel durchzuführen. Die EU könnte daher Initiativen zur Verbes- serung der Ausbildung von Bauern unterstützen. Intelligente Fruchtfol- gen, der Einsatz hitzebeständiger Kul- turpflanzen, verbessertes Bodenma- nagement, effiziente Bewässerungs- systeme und freier Zugang zu Wetter- prognosen können dazu beitragen, die negativen Auswirkungen des Klima- wandels auf die landwirtschaftliche Produktion zu verringern.

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Durch den Import von Weizen spart Saudi- Arabien viel Wasser

Die EU könnte sich zudem dafür einsetzen, dass Regierungen die Sub- ventionen für fossile Energieträger reduzieren. Treibhausgasemissionen

werden dadurch reduziert und die finanziellen Rah- menbedingungen für er- neuerbare Energien ver- bessert. Dadurch könnten private Investitionen in erneuerbare Energieprojekte fließen, sodass die intensive und permanen- te Sonneneinstrahlung in der Re gion endlich besser genutzt wird.

Wenn das geschieht, könnten viele Arbeitsplätze geschaffen werden: Es wird geschätzt, dass allein in Marokko bis zu einer halben Million Menschen im Bereich erneuerbare Energien zu- sätzlich beschäftigt werden könnten.

Ein Großteil davon würde für das Son- nenwärmekraftwerk Noor-Ouarzaz- ate arbeiten, das gerade gebaut wird.

Werden die Subventionen für fossi- lie Energieträger verringert, dann schafft das auch fiskalischen Spiel- raum für größere Infrastrukturpro- jekte wie Entsalzungs- und Wasser- aufbereitungsanlagen.

Parallel dazu könnte sich die Eu- ropäische Union dafür einsetzen, dass lokale Entscheidungsträger Ge- setze beschließen, um natürliche Ressourcen bewusster einzusetzen.

Viele Länder verfügen bereits über Programme, die Schäden durch Wet- terextreme begrenzen sollen. Belieb- te staatliche Maßnahmen sind bei- spielsweise die Verteilung von Vieh- futter oder zusätzliche Bohrungen zur Bewässerung. Häufig jedoch sind diese Maßnahmen wenig effektiv, sie schädigen die Umwelt durch nicht- nachhaltige Agrarpraktiken und ma- chen die Bauern abhängig von staat- lichen Hilfen.

Zu viel staatliche Unterstützung nimmt den Landwirten die Verant- wortung ab, sich effektiv auf Wet- terextreme vorzubereiten. Auch ex- zessive Wasserverschwendung ist bis heute weit verbreitet im Nahen Osten und in Nordafrika. Eine effektive Be- preisung des Süßwassers zusammen mit besserer Bildung und Aufklä- rung der Haushalte sind der Schlüs- sel zu einem effektiveren und nach- haltigeren Wassermanagement in der Region. Hier muss Entwicklungshil- fe konsequenter ansetzen.

Saudi-Arabien ist dabei ein gu- tes Beispiel: Mitte der achtziger Jah- re unterstützte der Staat massiv die Agrarproduktion, wodurch das Land zu einem Nettoexporteur von Wei- zen wurde. Noch einige Jahre zuvor hatten die Erntemengen von Weizen kaum für die Ernährung der eigenen Bevölkerung ausgereicht. Allerdings erfolgten die Produktionssteigerun- gen auf Kosten der Süßwasserreser- ven. Die Weltbank konnte die saudi- sche Regierung schließlich überzeu- gen, die staatliche Unterstützung für die Weizenproduktion aufzuheben.

Seit vergangenem Jahr wird der in- ländische Weizenbedarf vollständig über Importe gedeckt – das König- reich spart dadurch Wasser und ent- lastet seine Staatsausgaben.

Die Zusammenhänge erkennen In der Vergangenheit hat sich die Eu- ropäische Union bereits dazu ver- pflichtet, nachhaltige Projekte im Nahen Osten und in Nordafrika zu unterstützen. Dies erfolgte vor al- lem im Rahmen der Afrika-EU- Partnerschaft. Die EU veröffentlich- te 2010 einen Aktionsplan für Af- rika, der zum Ziel hat, Treibhaus- gas emissionen zu vermeiden und

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An passungen an den Klimawandel zu unterstützen.

Die wichtigsten Säulen der EU- Afrika-Kooperation in Bezug auf den Klimawandel waren die Unterstüt- zung der „Großen Grünen Mauer“

(GGWSSI, ein Aufforstungsprojekt der Afrikanischen Union gegen das Vordringen der Wüste, das sich über die Sahara und Sahelzone erstreckt), ClimDev Afrika (ein Programm zur Schließung von Informationslücken im Bereich Klimawandel in Afrika) und Global Climate Change Allian- ce (GCCA, eine Kooperationsplatt- form zwischen der EU und gefährde- ten Entwicklungsländern). Lediglich ClimDev und GCCA griffen explizit das Thema Klimawandel in Nordaf- rika mit einem Projekt auf, das mit acht Millionen Dollar ausgestattet wurde – wobei die EU wohl nur ei- nen Teil davon finanzierte.

Diese Summe ist angesichts der immensen Bedeutung eines trans- nationalen Programms und des Feh- lens struktureller Initiativen der af- rikanischen Länder ohne Zweifel viel zu gering. Für den Nahen Osten und Nordafrika gibt es bis heute keine direkten Förderinitiativen der EU, die nachhaltige Entwicklungsprojek- te oder Anpassungsprozesse an den Klimawandel unterstützen. Auch die Europäische Investitionsbank fördert bislang keine der artigen Initiativen des privaten Sektors in der Region.

Der Zusammenhang zwischen Klima- wandel, Landwirtschaft und Migrati- on scheint massiv unterschätzt oder missverstanden zu werden.

Eine verbesserte Kooperation zwischen den EU-Mitgliedstaaten, wie sie von der Bundesregierung ver-

folgt wird, ist eine grundlegende Vo- raussetzung für die Schaffung funk- tionierender Migrationspartnerschaf- ten, die die Interessen auf

beiden Seiten ausbalancie- ren. Letztendlich müssen aber die politischen Ent- scheidungsträger in Eu- ropa eine größere Verant-

wortung übernehmen als die Länder im Süden, die am stärksten unter der Last von Wetterextremen und Klima- veränderungen zu leiden haben.

Es ist ein Schritt in die richti- ge Richtung, dass man in der Euro- päischen Union Klimawandel und Migration als Herausforderungen er- kannt hat, die nur gelöst werden kön- nen, wenn Europa eng und auf Au- genhöhe mit Drittstaaten kooperiert.

Europa muss endlich die strukturel- len und klimabedingten Fluchtur- sachen bekämpfen. Eine Strategie, die nur darauf abzielt, die Zahl der Migranten zu senken, wäre zum Scheitern verurteilt.

Europa muss auch klima bedingte Flucht- ursachen bekämpfen

Maarten Elferink ist Managing Director bei dem Rohstoffhänd- ler Vosbor, der Agrar- rohstoffe und -produkte aus Osteuropa und den Ländern der ehe- maligen Sowjetunion vermarktet.

Dr. Florian Schier- horn forscht am Leib- niz Institut für Agrar- entwicklung in Trans- formationsökonomien u.a. zu den Umwelt- auswirkungen des internationalen Nah- rungsmittelhandels.

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