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Reisen - Lyrik vom Barock bis zur Gegenwart

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Academic year: 2022

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1. GEScHIcHtE, tHEoRIE, MoDELLE

UND VoRBILDGEStALtEN

8

2. BEISPIELE FÜR REISEN, wANDERN

UND UNtERwEGSSEIN IN DER LyRIK

23

2.1 Reisegedichte vom Mittelalter

bis zum Barock 23

2.2 Gedichte über Reisen in der Aufklärung

und im Sturm und Drang 42

2.3 Reisen in der Klassik 59

2.4 Romantik – unterwegs auf

verschlungenen wegen 75

2.5 Unterwegssein in Realismus

und beginnender Moderne 107

2.6 Vom Expressionismus bis zum Ende

des Ersten weltkrieges 133

2.7 Von 1918 bis zum Ende

des Zweiten weltkrieges 148

2.8 Unterwegs in der Lyrik nach 1945

bis in die Gegenwart 168

INHALt

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ANHANG

211

Zwölf Fragen an jedes Gedicht 211

Literaturverzeichnis 212

Namensregister 220

Sachregister 227

INHALt

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Zwei Gedichte: Mehr als 200 Jahre liegen zwischen ihnen, und sie sind doch ähnlich. Das erste stammt von 1806, das zweite von 2009:

Mein Koffer rollt, der Morgen kühlet, / Ach, die Straßen sind so still, Und was da mein Herze fühlet, / Nimmermehr ich sagen will. 1

Koffer sind Koffer / sind Abschied sind Leder / sind Fass-mal-an

sind Pack-mich voll / und wieder aus

sind Wir-ziehen-von-hier-nach-dort / und von dort ach ja / nach weiter

Die Gedichte des Reisens und Wanderns, des Unterwegsseins, weisen auf den Koffer hin. Der Koffer ist ein Requisit des Reisens und nach wie vor in der Dichtung präsent: Rose Ausländer (1901–

1988), eine Dichterin des Unterwegsseins und der Vertreibung, dichtete 1985 in Heimatlos „Mit meinem Seidenkoffer / reise ich in die Welt  / Ein Land nüchtern  / eines toll  / Die Wahl fällt mir schwer // ich bleibe heimatlos“. Das gleiche Requisit verwendete die welterfahrene Iranerin Nasrin Siege (geb. 1950), eine in Afrika lebende Kinderbuchautorin, die mit neun Jahren nach Deutschland kam, 1993 im gleichnamigen Gedicht Heimatlos: „Der Heimatlose ist ein Reisender, / der in fremden Hotels aus dem Koffer lebt, / an neuen Stränden nach Muscheln sucht, / und in den Gesichtern das Vertraute, / das Lächeln und etwas Liebe.“ 2

1 Arnim/Brentano, S. 199.

2 Nasrin Siege: Heimatlos, in: Hans Eichel (Hrsg.): Mir fremd, doch nah. Vom Miteinander in Hes- sen. Frankfurt a. M.: Insel Verlag, 1993, S. 24.

Abschied von Bremen

Koffer

von Ilma Rakusa

Gedicht:

Koffer (K)

Koffer als Requisit des Reisens

Gedichte:

Heimatlos (K) von N. Siege, Heimatlos (K) von R. Aus- länder

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1 GEScHIcHtE, tHEoRIE, MoDELLE UND VoRBILDGEStALtEN

REISEN – UNtERwEGS SEIN

8

1. GEScHIcHtE, tHEoRIE, MoDELLE UND  VoRBILDGEStALtEN

Wichtige Begriffe zu diesem Thema werden oft synonym ge­

braucht, vor allem „reisen“ und „wandern“. Eduard Mörikes (1804–1875) Gedicht Fußreise (1828) beginnt „Am frischgeschnitt­

nen Wanderstab, / Wenn ich in der Frühe / So durch die Wälder ziehe, / Hügel auf und Hügel ab (…)“ 3. Zu „reisen“ (Fußreise) und

„wandern“ (Wanderstab) gesellt sich „ziehen“. Friedrich von Logau (1605–1655) schrieb mehrere Sinngedichte über Reisen und Wandern. Nr. 45 (Titel: Ziehen, das ist Reisen) lautete, ebenfalls mit dem „ziehen“ arbeitend:

Rochus soll von hinnen ziehn; ist er denn wohl wert, Dass er tun soll solchen Dienst, den sonst tut ein Pferd? 4

Aus der frühen Menschheitsgeschichte sind Reisen als Wanderun­

gen ganzer Völker, aber auch in Form von Flüchtlingsströmen und Vertreibungen, überliefert. Handelswege wurden erschlossen und wichtig für die Existenz von Völkern. Das wurde Gegenstand von Berichterstattung und Literatur, angefangen bei den Ägyptern über die Antike bis in die Neuzeit. Aber auch Wissenschaft und Abenteu­

erlust, manchmal miteinander vereint, waren Anlass großer Reisen, von Odysseus’ Fahrt durch das Mittelmeer bis z. B. zur Südpolex­

pedition Robert Falcon Scotts (1868–1912) oder den Expeditionen zum Mond. Wissenschaftliche Literatur, Reisebeschreibungen, Tagebücher entstanden. Die Begriffe reisen und wandern unter­

schieden sich in der Art der Fortbewegung: Die Menschen wander-

3 Mörike, Bd. 1, S. 22.

4 Friedrich von Logau: Sämtliche Sinnsprüche. Hrsg. von Gustav Eitner für den Literarischen Verein in Stuttgart, Tübingen, 1872, S. 400 (Desz andren Tausend zehendes Hundert).

Synonyme Begriffe

Soziale Unterschiede

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Grundsituationen des Reisens

Einige Wanderer/Reisende der Weltliteratur aus Antike und Mittel­

alter sind in poetischen Werken bis zum heutigen Tage präsent:

Odysseus, der ewige Jude Ahasver und andere. Sie wirken bis in die Gegenwart als Modell und Vorbild für vergleichbare Schicksale als Reisende, Wanderer oder Vertriebene.

Ursprung und Beginn allen Reisens/Wanderns werden manch­

mal in der Vertreibung der Menschen aus dem Paradies gesehen.

Nikolaus Lenau (1802–1850) beschrieb diesen Anfang in seinem Gedicht Der gute Gesell: „Des Menschengeschlechts uralter Ge­

fährte, / Der nie von seiner Seite gewichen / Seit dem Verluste des Paradieses“. Von da an sei den Menschen „ein Cicerone der Schöpfung“ gefolgt, den keiner nenne:

Der einsame Wandrer im fremden Gebirg, / Der, ohne Heimat und Reisepfennig,

Entgegenzweifelt der Nachtherberge: / Mit einmal fühlt er den Mut gehoben Und schreitet rüstig durch’s dämmernde Tal, / Und fester greift er den

Wanderstab,

Denn der unsichtbare gute Gesell / Geht mit und lüpft ihm die schwere Bürde,

Und raunt ihm ein lustiges Hoffnungsliedlein. 19

Wandern und Reisen wurden für Lenau der fortwährende Aus­

bruchsversuch des Menschen zu anderen Ufern, die Freiheit und Lebenserfüllung versprachen, aber nie erreicht wurden. Der Flüchtling wurde neben dem „irrenden“ Wanderer sein bevorzug­

ter Typ des Reisenden. Das führte in seinen Gedichten zu einer zerstörerischen Zerrissenheit und Ziellosigkeit. Lenau stellt in einer Geschichte der Lyrik des Wanderns und Reisens eine Aus­

nahme dar. Erlösung ist nur denkbar durch die Erwartung des

19 Lenau, S. 148 ff.

Vertreibung aus dem Paradies

Der gute Gesell

Reisen

als Ausbruchs- versuch

2 BEISPIELE FÜR REISEN, WANDERN UND UNTERWEGSSEIN IN DER LYRIK

REISEN – UNTERWEGS SEIN

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2.5 Unterwegssein in Realismus und beginnender Moderne

2.5 Unterwegssein in Realismus und beginnender Moderne

Neben die Romantik trat um 1830 der Realismus, der sich roman­

tischer und sogar spätaufklärerischer Mittel bediente, aber Verän­

derungen, sogar revolutionäre Entwicklungen im Blick hatte, die seit 1830 begonnen hatten. Zu diesem Zeitpunkt traten junge Schriftsteller an die Öffentlichkeit, die sich als Junges Deutschland (Gutzkow, Laube, Wienbarg, teils Heine; 1830–1850) einen Namen machten, aber meist nur mäßiges Interesse für das Reisethema aufbrachten. Anders sah das bei den Vormärzdichtern (Herwegh, Weerth, Freiligrath u. a.) aus, unter denen Ferdinand Freiligrath (1810–1876) ein Vielreisender war.

Auf den Reisen wollte er Stoffe sammeln, die dann daheim ver­

arbeitet werden sollten: „Wenn mir etwas ersprießlich wäre, dann wär’s Reisen!“ schrieb er am 20. März 1838 161. Aus der Frühphase stammte das Gedicht Heiligenschrein, Vögel und Wandersmann (1829), das Pilgerinnen beschreibt. Dann thematisierte er Die Aus- wanderer (1832), die, vorwiegend aus dem Schwarzwald, Deutsch­

land in Richtung Amerika verließen. 162 Freiligrath trug sich zeit­

weise ebenfalls mit dem Gedanken, nach Amerika auszuwandern.

Auch antike Vorbildgestalten wie Odysseus (1836) 163, afrikanische Stoffe und heimatliche Wanderungen wurden zu seinen Themen.

Der poetische Höhepunkt wurde die Sammlung Ça ira! (1846):

Bereits das Eröffnungsgedicht Vor der Fahrt (Melodie der Marseil­

laise) beschreibt eine Reise mit dem Schiff „Revolution“ in

161 Brief an Wolfgang Müller, zit. in: Freiligrath, Teil 1, S. XLI.

162 Freiligrath, Teil 1, S. 9 und 12 f.

163 Ebd., S. 120 ff.

Abwertung der Reisethematik

Gedicht:

Die Aus - wan derer (K)

REISEN – UNTERWEGS SEIN 107

2 BEISPIELE FÜR REISEN, WANDERN UND UNTERWEGSSEIN IN DER LYRIK

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2.5 Unterwegssein in Realismus und beginnender Moderne

die Zukunft, deren Sinnbild Amerika ist. Als begleitende Vorbilder werden Washington und Kosciuszko genannt:

„Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!

Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und findet Land!“ 164

Das Thema des Reisens und Unterwegsseins wurde deutlich poli­

tisch aufgeladen und die Reise zum Symbol für Zukunftsstreben und gesellschaftliche Veränderungen wie in Freiligraths berühm­

tem, umfangreichem Gedicht Von unten auf (1846), in dem ein Schiff zum Symbol für die gesellschaftliche Entwicklung wird:

Wir aber steigen feuerfest aufwärts ans Licht aus unsrer Gruft!

Wir sind die Kraft! Wir hämmern jung das alte morsche Ding, den Staat, Die wir von Gottes Zorne sind bis jetzt das Proletariat! 165

Es entstand ein vielfarbiges literarisches Panorama in Deutsch­

land, in dem Klassik und Romantik noch vorhanden waren, aber der Übergang zum kritischen Realismus und der Vormärzliteratur bereits erkennbar wurde. Annette von Droste-Hülshoffs (1797–

1848) Dichtung – Gedichte (1844) – zeigt diesen Übergang ebenso wie die Heines oder Mosens, indem romantische Attribute mit neuen Themen verbunden wurden. Doch wirkte bei ihr auf Grund der strengen aristokratisch­katholischen Erziehung z. B. die Dich­

tung von Angelus Silesius nach, das Leben als Wanderung zu Gott aufzufassen (Nach dem Angelus Silesius) 166.

Ein lyrisches Subjekt „fährt“ in einem Gedicht Annette von Droste­Hülshoffs zu Toten, wie es Klopstock im Messias beschrie­

ben hatte:

164 Freiligrath, Teil 2, S. 93.

165 Ebd., S. 96.

166 Droste-Hülshoff, 1. Bd., S. 101 f.

Vor der Fahrt

Symbol für Zukunft und Veränderung

Von unten auf

Gedichte: keine

REISEN – UNTERWEGS SEIN

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1 GESCHICHTE, THEORIE, MODELLE UND VORBILDGESTALTEN

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2.5 Unterwegssein in Realismus und beginnender Moderne

literatur, das zwar territorial angelegt ist, dabei aber auch histo­

rische, kulturgeschichtliche und literarische Inhalte einbezieht, vielfältige Wirklichkeitsbereiche bei der Erkundung der Landschaft durch Unterwegssein miteinander verbindet und als zusätzlichen Kommentar neue Lyrik, vorwiegend von Droste­Hülshoff, ein­

fügt. – In Gedichten konfrontierte sie die Ferne und den erwünsch­

ten Aufbruch dorthin mit der eigenen Beschränktheit, so entstand in Meersburg Am Turme:

Ich steh’ auf hohem Balkone am Turm, / Umstrichen vom schreienden Stare,

Und lass’ gleich einer Mänade den Sturm / Mir wühlen im flatternden Haare;

O wilden Geselle, o toller Fant, / Ich möchte dich kräftig umschlingen, Und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand/ Auf Tod und Leben dann

ringen!

Und drunten seh’ ich am Strand, so frisch / Wie spielende Doggen, die Wellen

Sich tummeln rings mit Geklaff und Gezisch / Und glänzende Flocken schnellen.

O, springen möcht’ ich hinein alsbald / Recht in die tobende Meute, Und jagen durch den korallenen Wald / Das Walross, die lustige Beute!

Und drüben seh ich ein Wimpel wehn / So keck wie eine Standarte, Seh’ auf und nieder den Kiel sich drehn / Von meiner lustigen Warte;

O, sitzen möchte’ ich im kämpfenden Schiff, / Das Steuerruder ergreifen Und zischend über das brandende Riff / Wie eine Seemöwe streifen.

Wär’ ich ein Jäger auf freier Flur, / Ein Stück nur von einem Soldaten, Wär’ ich ein Mann doch mindestens nur, / So würde der Himmel mir raten;

Nun muss ich sitzen so fein und klar, / Gleich einem artigen Kinde, Und darf nur heimlich lösen mein Haar / Und lassen es flattern im

Winde! 169

169 Droste-Hülshoff, 1. Bd., S. 83 f.

Am Turme

REISEN – UNTERWEGS SEIN

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1 GESCHICHTE, THEORIE, MODELLE UND VORBILDGESTALTEN

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2.5 Unterwegssein in Realismus und beginnender Moderne

Dann nahm er die kritisch epigrammatische Meinung Christian Wernickes (s. S. 37 f. dieser Erläuterung) auf und wandte sich ge­

gen „das vorwitzige, frühzeitige, weltsüchtige Reisen ins Ausland“

pries „das Wandern im Vaterlande“:

Als (Gelbhans) reisen wollt’, und von uns Abschied nahm War er noch nicht geschickt zu einem weiten Ritt;

Auch bracht er, als er wiederkam,

Aus fremden Ländern nichts als ihre Torheit mit:

Der Geck war außer Lands des Vaterlandes Schande, Und fremder Länder Schimpf in seinem Vaterlande. 173

Friedrich Hebbel (1813–1863) wurde als Dramatiker wirksam.

Seine Lyrik (Gedichte, 1842) spielt gegenüber seiner Dramatik eine untergeordnete Rolle, obwohl sie sich mit derjenigen der bedeu­

tenden Zeitgenossen messen kann. Er bewunderte Dichter wie Uhland und Heine, den er 1843 in Paris besucht hatte. Dessen Reisebilder hielt er für „eins der genialsten Werke neuerer Zeit“ 174. Reisen waren bei Hebbel mangels finanzieller Mittel Fußwande­

rungen von München über Straßburg nach Heidelberg vom 12. bis 29. September 1836 – mit Besuchen bei Gustav Schwab und Lud­

wig Uhland  – und von München nach Hamburg vom 11.  bis 31. März 1839. 175 Nach Jahren größter Armut führte ihn ein Reise­

stipendium des dänischen Königs 1843 auf Reisen, und zwar nach Paris; er blieb zudem längere Zeit in Rom und Neapel. Reise­ und Wandergedichte entstanden als Beschreibung des eigenen Lebens:

Auf dem Meer (1842) wird zur Fahrt der Weltgeschichte stilisiert, von den Titanen der Antike, einschließlich des Prometheus, bis zur

173 Ebd., S. 10.

174 Zit. n. Barbara Wellhausen: Friedrich Hebbel. Sein Leben und Texten und Bildern. Heide in Hol- stein: Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co., 1988, S. 18.

175 S. Reiseverlauf in: ebd., S. 44 und 53.

Auf die törich- ten Reisen der Deutschen

Reisegedichte als Beschreibung des eigenen Lebens

Gedicht: Dort bläht ein Schiff die Segel (C)

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1 GESCHICHTE, THEORIE, MODELLE UND VORBILDGESTALTEN

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2.8 Unterwegs in der Lyrik nach 1945 bis in die Gegenwart

ging auf große Reisen; die Suche nach Erkenntnissen aber blieb weitgehend ergebnislos:

Ja, / ich gehe hier fort, / endgültig, / im Dezember. //

Wissen Sie, ich bin Sinnlosigkeit / ja gewohnt. //

und kann lächeln, / wenn der Stein, / den ich hoch gewälzt habe, wieder anfängt / hinunterzurollen. //

Nur wechseln / muss ich den Stein // von Zeit / zu Zeit. 334

Es ist eine „endgültige“ Reise, das lyrische Subjekt kehrt aus der Welt in die Heimat zurück. Nach Jahrzehnten intensiver Arbeit auf weltweiten Reisen hat sich an seinem Zweifel an der Entwicklung zum Guten, nichts geändert: Sisyphos ist seine Modellgestalt ge­

blieben, nicht jener Sisyphos von Albert Camus, den man sich nach der Aussage des Autors als „einen glücklichen Menschen vorstellen“ solle, weil „der Kampf gegen Gipfel (…) ein Menschen­

herz auszufüllen“ 335 vermag, sondern der Repräsentant der Sinn­

losigkeit. Pönnighaus’ Reisen und seine Arbeit haben den Autor in der Grundhaltung bestärkt.

Die hier exemplarisch ausgewählten Neuansätze in der Gegen­

wartslyrik sind tastend und gegensätzlich. Aber sie stimmen darin überein, dass die Leichtigkeit und Natürlichkeit des Reisens – allen Last­Minute­ und All­Inclusive­Angeboten zum Trotz – weitgehend verloren gegangen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Tradi­

tionen des Reisens, Wanderns und Unterwegsseins in der Lyrik aufgegeben werden, sondern diese Neuansätze rufen vielmehr dazu auf, sich mit ihnen im Licht der Gegenwart und aktueller Pro­

bleme zu beschäftigen.

334 Pönnighaus, Tagewerk in Lugala, S. 90.

335 Albert Camus: Der Mythos von Sisyphos. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1959, S. 101.

Brief an Frau A.

REISEN – UNTERWEGS SEIN

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1 GESCHICHTE, THEORIE, MODELLE UND VORBILDGESTALTEN

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LITERATURVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

Aktuelle Anthologien zum Thema

Greiff, Vanessa (Hrsg.): Reisen. Gedichte. Stuttgart: Philipp Reclam jun. Verlag, 2018 (RUB 19528) Æ (R).

Lindenhahn, Reinhard; Peter Merkel: Lyrik: Reisen vom Sturm und Drang bis zur Gegenwart. Kursthemen Deutsch. Berlin: Cornelsen Verlag, 2018 Æ (C).

Nachreiner, Arnhild: unterwegs sein. Lyrik vom Barock bis zur Gegenwart. Texte mit Materialien. Stuttgart, Leipzig: Ernst Klett Verlag, 2018 Æ (K).

Zitierte Werkausgaben und ausgewählte Sekundärliteratur

Albrecht, Wolfgang; Hans-Joachim Kertscher (Hrsg.): Wanderzwang – Wanderlust. Formen der Raum- und Sozialerfahrung zwischen Auf- klärung und Frühindustrialisierung. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1999 (Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 11).

Arendt, Erich: Kritische Werkausgabe. Hrsg. von Manfred Schlösser.

2 Bände. Berlin: Agora Verlag, 2003.

Arnim, Ludwig Achim von; Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn.

Alte deutsche Lieder. Hundertjahrs-Jubelausgabe. Hrsg. von Eduard Grisebach. Leipzig: Max Hesses Verlag, 1906.

Bachmann, Ingeborg: Die Gedichte. Nachwort von Vera Hauschild.

Leipzig: Im Insel Verlag, 1980.

Becher, Johannes R.: Gesammelte Werke. Hrsg. vom Johannes R. Becher Archiv der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin. Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, Bd. 1–6: 1966–1973.

Benn, Gottfried: Gedichte in der Fassung der Erstdrucke. Mit einer Einführung hrsg. von Bruno Hillebrand. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 2006.

Bernhardt, Rüdiger: Odysseus’ Tod – Prometheus’ Leben. Antike Mythen in der Literatur der DDR. Halle-Leipzig: Mitteldeutscher Verlag, 1983.

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Referenzen

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