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Chronische Nasennebenhöhlenentzündung begründet kein Abschiebungsverbot für einen nigerianischen Staatsangehörigen

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VG Augsburg, Beschluss v. 07.06.2017 – Au 7 S 17.32349 Titel:

Chronische Nasennebenhöhlenentzündung begründet kein Abschiebungsverbot für einen nigerianischen Staatsangehörigen

Normenketten:

AufenthG § 11, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

AsylG § 4 Abs. 1 Nr. 1 - 3, § 30 Abs. 2, § 36 Abs. 4 Leitsätze:

1. Bei einer chronischen Pansinusitis bds. (dauerhafte Nasennebenhöhlenentzündung) mit Anosmie (hochgradige Minderung oder das völlige Fehlen der Geruchswahrnehmung) handelt es sich nicht um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

2. § 60 Abs. 7 S. 1 - 4 AufenthG gewährleisten keine optimale Gesundheitsversorgung. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

3. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es den Betroffenen zumutbar ist, den Rechtsstreit zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Befristung nach § 11 Abs. 2 AufenthG vom Heimatland aus zu führen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Nigerianischer Staatsangehöriger, Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet (nur wirtschaftliche Gründe), keine Abschiebungsverbote, keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe, Abschiebungsandrohung, konkrete Gefahr, chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Einreise- und Aufenthaltsverbot

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt ... wird für dieses Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sowie für das Klageverfahren (Az.: Au 7 K 17.32348) abgelehnt.

II. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

1

Der Antragteller, der keine Ausweisdokumente vorlegte, wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Androhung seiner Abschiebung nach Nigeria.

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1. Der nach eigenen Angaben am ... 1992 geborene Kläger ist, wiederum nach eigenen Angaben, nigerianischer Staatsangehöriger, Volkszugehörigkeit Edo.

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Er reiste im Februar 2015 in die Bundessrepublik Deutschland ein und stellte am 20. Mai 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.

4

In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 20. Mai 2015 gab er gegenüber dem Bundesamt u.a. an, sein Herkunftsland im Juni 2011 verlassen zu haben. Er habe sich in Niger (3 Wochen) und Libyen (2 Jahre) aufgehalten und sei im Jahr 2013 nach Italien gereist. Nach ca. sechs monatigem Aufenthalt sei er in die Schweiz gereist, wo er im Dezember 2014 einen Asylantrag gestellt habe.

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In einem weiteren persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 16. Juni 2015 verneinte er die Frage, ob er Beschwerden, Erkrankungen, Gebrechen oder eine Behinderung habe.

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Das Bundesamt stellte in einem Aktenvermerk (Bundesamtsakte Bl. 34) fest, dass die Zuständigkeit wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Übernahmeersuchens auf Deutschland übergegangen sei.

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Am 31. August 2016 fand die persönliche Anhörung des Antragstellers durch das Bundesamt statt. Dabei gab er im Wesentlichen an:

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Er habe sich bis zu seiner Ausreise aus Nigeria, die Ende 2011 erfolgt sei, in, ... (letzte offizielle Adresse), aufgehalten. In seinem Heimatland lebten seine Eltern und drei Schwestern. Er sei der Jüngste. Er habe sechs Jahre die Primärschule und 4 Jahre die Sekundärschule besucht, aber nicht abgeschlossen. Zuletzt habe er in Nigeria im Jahr 2011 einige Monate als Lagerarbeiter in der Lebensmittelproduktion gearbeitet.

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Zu den Gründen für seinen Asylantrag führte er aus, eine Gruppe habe ihre Kühe immer auf das Land seines Vaters gebracht und schließlich mit Waffen auf seinen Vater eingestochen. Seine älteste Schwester habe als Prostituierte gearbeitet, um die Familie zu ernähren. Am Ende sei seine Schwester schwer misshandelt und verletzt worden. Bei diesem ganzen Chaos sei er von der Schule gegangen und habe gearbeitet, aber das Gehalt sei sehr gering gewesen. Da ihm Freunde von Europa erzählt hätten und man überall Leute treffe, die Familienangehörige in Europa hätten, und die ein besseres Leben haben, habe er sich auch entschlossen, nach Europa zu gehen, um der Familie ein besseres Auskommen zu verschaffen.

Mit dem Staat habe er in Nigeria nie Probleme gehabt.

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Am 12. Oktober 2016 ging beim Bundesamt der ärztliche Bericht des Herrn Dr., Hals-Nasen-Ohrenarzt, ...

vom 10. Oktober 2016 ein (Bundesamtsakte Bl. 50). Darin wird als Diagnose genannt: „Chronische polypöse Pansinusitis bds. mit Anosmie“. Es werde empfohlen, die endonasale NHH-OP bds.

durchzuführen.

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2. Mit Bescheid vom 19. April 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der

Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), den Asylantrag (Nr. 2) sowie den Antrag auf subsidiären Schutz (Nr. 3) jeweils als offensichtlich unbegründet ab. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs.

5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche wurde dem Antragsteller die Abschiebung nach Nigeria angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).

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Der Bescheid wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 20. April 2017 zugestellt.

13

3. Am 26. April 2017 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten per Telefax Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg erheben mit den Anträgen, die Antragsgegnerin unter

Aufhebung ihres Bescheid vom 19. April 2017 zu verpflichten, den Antragsteller als Flüchtling anzuerkennen sowie festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylG sowie nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs.

1 AufenthG sei auf 12 Monate, hilfsweise auf 18 Monate ab Abschiebung zu befristen.

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Die Klage wird bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 K 17.32348 geführt.

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Gleichzeitig wurde ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dahingehend gestellt,

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die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

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Zudem ließ der Antragsteller beantragen, 18

ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu bewilligen.

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Zur Begründung trug der Bevollmächtigte vor, der Antragsteller leide an einer erheblichen Erkrankung im Bereich der Nase. Es sei eine chronische Sinusitis sowie eine andere Krankheit diagnostiziert worden, die er aber beim besten Willen der in dem beigefügten Arztbericht gestellten Diagnose nicht entnehmen könne.

Insoweit werde er ein entsprechendes Attest sofort nach Erhalt nachreichen. Wegen der chronischen Sinusitis solle der Antragsteller am 16. Oktober 2017 im ... operiert werden. Nur hier bestehe eine Chance, das multiple Krankheitsbild mit der Chance auf Heilung zu behandeln. Zwar habe der Asylbewerber grundsätzlich keinen Anspruch auf Spitzenmedizin. Andererseits dürfe durch eine Abschiebung nicht die konkrete Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes und damit eine Verletzung der höchsten Rechtsgüter von Art. 1, 2 GG drohen. Genau eine solche Gefährdung drohe bei einer Abschiebung des Antragstellers nach Nigeria. In dem diesem Schriftsatz beigefügten Aufklärungsblatt des, das vom Antragsteller unter dem Datum 18. Januar 2017 unterschrieben wurde, wird über einen Eingriff an den Nasenmuscheln aufgeklärt (Gerichtsakte Bl. 20 bis 24).

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Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die Akte des Bundesamts Bezug genommen.

II.

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Der fristgerecht erhobene (§ 36 Abs. 3 Satz 1 Asylgesetz/AsylG) Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

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1. Gemäß § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 der

Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Überprüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerwG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris).

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Dabei ist im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gebotenen effektiven Rechtschutz auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG und auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (vgl. BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris Rn. 40).

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2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Der Antragsteller hat bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt keinerlei asylrelevante Tatsachen vorgetragen, insbesondere keine politische Verfolgung in seinem Heimatland Nigeria geltend gemacht. Vielmehr hat er selbst angegeben, sein Heimatland Nigeria aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben. Ein asylrechtlich relevantes Vorbringen ist nach allem nicht zu erkennen.

25

Das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Asylantrag des Antragstellers ist insbesondere deshalb offensichtlich unbegründet, da ein Fall des § 30 Abs. 2 AsylG vorliegt. Danach ist ein Asylantrag insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen

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des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält. Dies ist hier der Fall.

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Daher folgt das Gericht den Ausführungen des Bundesamtes im streitgegenständlichen Bescheid und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

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3. Lediglich ergänzend wird im Hinblick auf die Klage- und Antragsbegründung im Schriftsatz vom 26. April 2017, mit der in erster Linie ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geltend gemacht wird, auf Folgendes hingewiesen:

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Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Regelung in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst dabei nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können (st. Rspr., BVerwG, U.v. 25.11.1997 – Az. 9 C 58.96 – juris; BVerwG, U.v.

29.10.2002 – 1 C-1/02 – juris; BayVGH, U.v. 8.3.2012 – 13a B 10.30172 – juris; OVG NW, U.v. 27.1.2015 – 13 A 1201/12.A – juris Rn. 45). Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich dabei auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert, weil die

Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann, etwa weil er nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt (BVerwG, U.v. 29.10.2002, a.a.O.; BayVGH, U.v. 8.3.2012, a.a.O.). Dabei setzt die Annahme einer erheblichen konkreten Gefahr voraus, dass sich der Gesundheitszustand des betroffenen Ausländers alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, U.v. 25.11.1997, a.a.O.). Durch Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) wurden hinsichtlich des

krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses durch § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG zusätzlich folgende Bestimmungen getroffen: Eine erhebliche konkrete Gefahr aus

gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die

medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.

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Sowohl der Bericht des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. ... vom 10. Oktober 2016 (Bundesamtsakte Bl. 50) als auch das vom Bevollmächtigten des Antragstellers vorgelegte Aufklärungsblatt des ... über einen Eingriff an den Nasenmuscheln (Chirurgische Muschelkappung, Schrumpfung der Schwellkörper mittels

Laser/elektrischem Strom, Lateropexie) sind unter keinem sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkt geeignet, die Voraussetzungen für ein (zielstaatsbezogenes) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu belegen.

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Ein krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis scheidet jedenfalls allein deshalb aus, weil es sich bei der im ärztlichen Bericht vom 10. Oktober 2016 diagnostizierten chronischen polypösen Pansinusitis bds. (dauerhafte Nasennebenhöhlenentzündung beidseits) mit Anosmie (hochgradige Minderung oder das völlige Fehlen der Geruchswahrnehmung) nicht um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung handelt, die sich im Falle einer etwaigen Nichtbehandlung alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde.

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Aus dem Aufklärungsblatt des Klinikum ... über den Eingriff an den Nasenmuscheln, der augenscheinlich wegen der chronischen polypösen Pansinusitis bds. für erforderlich erachtet wird, ergibt sich, dass der Eingriff die Verbesserung der Nasenatmung bezweckt (s. Aufklärungsblatt, „Erfolgsaussichten“). Wäre die

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Operation (Eingriff an den Nasenmuscheln) erforderlich, um eine alsbald eintretende

Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu vermeiden, wäre sie mit Sicherheit bereits erfolgt und nicht erst, wie die Antragstellerseite vorträgt, für den 16. Oktober 2017 angesetzt (also gut ein Jahr nach der Diagnoseerstellung vom 10.10.2016). Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Antragsteller ohne diese Operation überhaupt eine lebensbedrohliche oder ähnlich schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten hat, geschweige denn dass eine solche Verschlechterung „alsbald“ eintritt. Der Umstand, dass es bei einer unbehandelten chronischen polypösen Pansinusitis bei einem Teil der Betroffenen im Laufe der Jahre möglicherweise zu schwerwiegende Folgen kommen kann (Übergreifen auf Bereiche wie Augen [Orbitalphlegmone], Hirnhaut [Meningitis] oder Gehirn [Enzephalitits], s. http://www.hno-aerzte-im-netz.de) stellt gerade nicht die von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorausgesetzte erhebliche konkrete Gefahr dar.

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Es sei nochmals verdeutlicht, dass § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG keine optimale

Gesundheitsversorgung gewährleistet. Möglicherweise könnte der Antragsteller bei einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland eine bessere gesundheitliche Versorgung als im Heimatstaat erlangen.

Der Abschiebungsschutz des § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG gewährleistet indes nicht die Heilung oder bestmögliche Linderung von Krankheiten im Bundesgebiet. Vielmehr besteht Abschiebungsschutz lediglich insoweit, als sich im Fall der Rückkehr in das Heimatland eine vorhandene Erkrankung auf Grund der Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung alsbald und in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führen würde. Dies kann im Fall des Antragstellers nicht festgestellt werden.

33

4. Der Vortrag der Antragstellerseite über die Beziehung des Antragstellers zu einer deutschen

Staatsangehörigen ist im Hinblick auf ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot rechtlich unbeachtlich.

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5. Gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate bestehen keine rechtlichen Bedenken.

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Da der Antragsteller bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung keinerlei Nachweise über eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung beigebracht hat, augenscheinlich noch nicht einmal eine entsprechende Anmeldung beim Standesamt erfolgt ist, ist sein Vortrag über die Beziehung zu einer deutschen Staatsangehörigen im Hinblick auf die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtlich unbeachtlich.

36

Im Übrigen ist auf Folgendes hinzuweisen:

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Mit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015, BGBl. I, S. 1722, am 24. Oktober 2015 wurde § 36 Abs. 3 AsylVfG (nunmehr § 36 AsylG) um folgende Sätze ergänzt:

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„Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und

Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.“

39

Der Gesetzgeber geht somit ersichtlich davon aus, dass es den Betroffenen zumutbar ist, den Rechtsstreit zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Befristung nach § 11 Abs. 2 AufenthG vom Heimatland aus zu führen.

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Der Antragsteller ist folglich zur Ausreise verpflichtet. Folgt er dieser Pflicht, verhält sie sich also rechtstreu, kann der Antragsteller zudem selbst dafür sorgen, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs.

1 AufenthG nicht eintritt. Denn dieses gilt nur im Falle einer Abschiebung des Antragstellers.

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41

In der Rechtsprechung ist zudem geklärt, dass die Verpflichtung, zur Herstellung einer ehelichen

Lebensgemeinschaft in Deutschland vom Heimatstaat aus ein Visum zu beantragen, als solche nicht Art. 6 Abs. 1 GG verletzt.

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Nach alldem war der Antrag abzulehnen.

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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.

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Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

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