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Antrag Deutscher Bundestag 19/ 16038

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Deutscher Bundestag Drucksache 19/ 16038

19. Wahlperiode

17.12.2019

Antrag

der Abgeordneten Katja Hessel, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, Frank Schäffler, Bettina Stark-Watzinger, Markus Herbrand, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, Nicole Bauer, Jens Beeck, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), Dr. Marco Buschmann, Britta Katharina Dassler, Christian Dürr, Hartmut Ebbing, Dr. Marcus Faber, Thomas Hacker, Peter Heidt, Dr. Christoph Hoffmann, Reinhard Houben, Olaf in der Beek, Gyde Jensen, Dr. Marcel Klinge, Daniela Kluckert, Carina Konrad, Konstantin Kuhle, Alexander Graf Lambsdorff, Till Mansmann, Alexander Müller, Bernd Reuther, Christian Sauter, Matthias Seestern-Pauly, Frank Sitta, Judith Skudelny, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Katja Suding, Michael Theurer, Stephan Thomae, Sandra Weeser, Nicole Westig, Katharina Willkomm und der Fraktion der FDP

Gemeinnützigkeit mitglieder- und geschlechtsunabhängig stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Ehrenamtliches Engagement prägt unsere Zivilgesellschaft in besonderer Weise und ist daher unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich zu begünstigen. Gerade ge- meinnützige Körperschaften erfüllen Aufgaben, die sonst von Bund, Ländern und Ge- meinden im Interesse der Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen werden müssten.

Die Frauen und Männer, die sich ehrenamtlich engagieren, sind das Rückgrat des ge- sellschaftlichen Zusammenhalts. Ohne die mehr als 30 Millionen Menschen, die in Deutschland ein Ehrenamt ausüben, wäre das Land um so vieles ärmer. Das Gemein- wohl kann nur funktionieren, wenn sich Menschen in ihrer Freizeit für andere einset- zen. Der Bundesfinanzminister hat die Frage aufgeworfen, ob die steuerlichen Begüns- tigungen von Körperschaften an die Mitgliederstruktur geknüpft werden soll. Dies ist jedoch nicht sachgerecht. Denn die Beschränkung der Mitgliedschaft auf Männer oder Frauen führt nicht automatisch dazu, dass eine Körperschaft nicht mehr der Allgemein- heit dient und damit nicht gemeinnützig i. S. d. § 52 AO sein kann. Je nach Umständen des Einzelfalls, können gerade auch geschlechtsspezifische Mitgliedschaftsstrukturen im Interesse von spezifischen Problemlösungen geboten sein und damit der Allge- meinheit dienen.

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Drucksache 19/16038

– 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Gemeinnützigkeit von Körperschaften in Deutschland unabhängig vom Ge- schlecht ihrer Mitglieder zu erhalten.

2. bei der Beurteilung der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft, dem System und Zweck des § 52 AO entsprechend, allein auf den tatsächlich geleisteten Beitrag für die Allgemeinheit und nicht auf sachfremde Aspekte, wie das Geschlecht, ab- zustellen.

Berlin, den 17. Dezember 2019 Christian Lindner und Fraktion

Begründung

Einer der Eckpfeiler unserer Gesellschaft ist das selbstlose Engagement von Körperschaften zur Förderung der Allgemeinheit. Neben den staatlichen Maßnahmen tragen gerade die zahlreichen Projekte von Vereinen zu der gesellschaftlichen Vielfalt, Toleranz und Gemeinschaft bei.

Diese gemeinnützige Tätigkeit ist unter bestimmten Umständen steuerbegünstigt, um den hohen Wert dieses Engagements zu wertschätzen und zu fördern.

Nach der Abgabenordnung kann eine Körperschaft steuerlich begünstigt sein, wenn sie gem. den §§ 52 ff. AO gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Schon dem Gesetzeswortlaut nach ist der Zweck der Körperschaft maßgeblich für die steuerliche Begünstigung. Dient dieser Zweck selbstlos der Allgemeinheit, so ist die Gemeinnützigkeit zu bejahen.

Das Gesetz stellt nicht auf die Mitgliederzusammensetzung ab – weil diese auf das selbstlose Fördern der Allge- meinheit keinen Einfluss hat. Auch ein reiner Frauenverein kann die Allgemeinheit fördern, das gleiche gilt für einen reinen Männerverein. Der § 52 AO gibt Anhaltspunkte, anhand derer die verfolgten Zwecke einer Körper- schaft als gemeinnützig qualifiziert werden können. Der Gesetzgeber hat bewusst nicht die Differenzierung nach Geschlechtern mit aufgenommen.

Insofern geht auch die Annahme fehl, dass eine Beschränkung auf ein Geschlecht bedeute, der andere Teil der Allgemeinheit solle nicht gefördert werden (EFG 2015, 1632). Vielmehr muss sich jede Körperschaft bei ihrer Förderung auf bestimmte Zwecke und damit zwangsläufig auf bestimmte Mitglieder beschränken.

Auch der Bundesfinanzhof (BFH) stellte in seiner Entscheidung vom 17.05.2017 (Az: V R 52/15) fest, dass „an das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen“ mit Art. 3 GG vereinbar seien. Voraussetzung ist, dass diese zur sachgerechten Lösung von geschlechterspezifischen Problemen erforderlich sind. Geschlechtsspe- zifische Probleme können insoweit zum Beispiel häusliche Gewalt oder Chancengleichheit im Beruf sein.

Organisationen, die Hilfe bei gesellschaftlichen Problemen oder Herausforderungen bieten, können dieses in ei- nigen Fällen kraft Natur der Sache nur indem sie sich an das betroffene Geschlecht wenden, wie dies z. B. der Landfrauenverein oder der Deutsche Juristinnenbund e. V. tun. Gleiches ist auch bei reingeschlechtlichen Ge- sangsvereinen zu beachten, da hier die reingeschlechtliche Mitgliederstruktur durch die Stimmlagen (geschlech- terspezifische Eigenschaft) sachlich geboten ist.

Die verfassungsrechtlich gesicherte Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) verlangt Toleranz gegenüber der Ausübung der vereinsrechtlichen Privatautonomie, die sich auch in der Wahl der Mitglieder niederschlagen kann. Die Ver- einigungsfreiheit ist als kollidierendes Verfassungsrecht bei der Abwägung zu berücksichtigen. Dieses Grund- recht war nicht Entscheidungsgegenstand des BFH-Urteils, da dort eine speziellere Norm einschlägig war. Inso- weit steht die höchstrichterliche Rechtsprechung hier nicht entgegen.

Ein Aberkennen der Gemeinnützigkeit allein auf Basis der Zusammensetzung eines Vereins und unabhängig von seinem tatsächlich geleisteten Beitrag zur Allgemeinheit, ist eine Form staatlicher Bevormundung, die dem Er- fordernis zivilgesellschaftlicher Vielfalt und der Vereinigungsfreiheit nicht gerecht wird.

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Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

ISSN 0722-8333

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