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Transparenz im Unterricht und in der Schule. Teil 2

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Academic year: 2022

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Sabrina Schude

Klaus Moegling (Hrsg.)

Transparenz im Unterricht und in der Schule. Teil 2

Forschungsergebnisse und Diskussion

Band 33 der Reihe „Theorie und Praxis der Schulpädagogik“

Prolog Verlag

Immenhausen bei Kassel 2016

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier.

Alle Rechte vorbehalten.

© 2016 by PROLOG-VERLAG Immenhausen bei Kassel https://prolog.budrich.de/

ISBN 978-3-934575-86-8 (Paperback) eISBN 978-3-8474-1442-1 (PDF)

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Umschlaggestaltung: Bettina Lehfeldt, Kleinmachnow – www.lehfeldtgraphic.de Druck: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Printed in Europe

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3 Inhaltsverzeichnis

1 Sabrina Schude/ Klaus Moegling

Transparenz als Forschungsthema und in der Diskussion

5

I Empirische Bildungsforschung zum Thema ‚Transparenz‘

2 Stephan Wernke/ Klaus Zierer

Welche Bedeutung messen Lehrkräfte Zielen bei der Unter- richtsplanung zu – Ergebnisse einer qualitativen Studie

8

3 Sabrina Schude

Transparenz und schulfachspezifische Prüfungsangst

30

4 Johannes Reitinger

Selbstbestimmung, Unvorhersagbarkeit und Transparenz:

Über die empirische Zugänglichkeit forschenden Lernens anhand des Criteria of Inquiry Learning Inventory (CILI)

42

5 Sabrina Schude/ Klaus Moegling

Unterrichtsreiheneinstiege unter dem Aspekt ‚Transparenz‘

aus der Sicht von Schülerinnen und Schülern

70

6 Jennifer Blank/ Wolfgang Achtner/ Richard Göttlich/ Sieg- fried Schindler

Transparenz schaffen durch fächerübergreifendes Lehren und Lernen – eine empirische Untersuchung an Mittelhessischen Schulen

87

7 Kathrin Uplegger

Kompetenzentwicklung und Transparenz – empirische Evi- denz des Modells ILLA für wirkungsvolles Lernen im Unter- richt der inklusiven Schule

105

8 Maria Hallitzky/ Beate Beyer/ Christopher Hempel/ Christian Herfter/ Johanna Leicht/ Anja Saupe/ Ellen Schroeter

“...ich weiß nicht was er uns sagen will damit.” –

(In-)Transparenz in der Begegnung mit dem Gegenstand am Beispiel des Literaturunterrichts

121

(5)

4 9 Ines Wiese

Transparente Vorgaben für Lehrer? Eine Untersuchung zu den in den Bildungsstandards formulierten Anforderungsbe- reichen am Beispiel geometrischer Aufgaben in Jahrgangs- stufe

146

10 Marlene Kowalski

Intransparenz und Nähe-Entgrenzung – Bruchstellen in der Lehrer-Schüler-Beziehung

169

11 Sarah Sophie Aurin/ Marcel Hackbart/ Barbara Thies/ Mela- nie Misamer

Transparenzbereitschaft in der Elternarbeit – Eine randomi- siert-kontrollierte Studie zum Einfluss von Selbstwirksam- keitserwartungen und Professionswissen

195

II Transparenz in Unterricht und Schule – Zur Diskussion

12 Gerd Steffens

„Öffentlichkeit“ oder „Transparenz“? – Hat der Begriff der Öffentlichkeit im digitalen Zeitalter ausgedient?

214

13 Klaus Moegling

Konfliktthema ‚Transparenz‘ für Schule, Schulverwaltung und Bildungspolitik

228

14 Catrin Siedenbiedel Inklusion und Transparenz

236

15 Thomas Rajh

Ideologie, Macht, Schule.

Die Transparenzproblematik in der Bildungspolitik am Bei- spiel von Baden-Württembergs Schulreformen

253

16 Gabriele Zehetner

Transparenz und Neugier in der pädagogischen Praxis

275

Verlagsverzeichnis

(6)

5

1 Sabrina Schude/ Klaus Moegling

Transparenz als Forschungsthema und in der Diskussion

Beide Herausgeberbände zum Thema Transparenz sind in einem Zusammenhang zu sehen. Zum einen sind die beiden Bände auf der Grundlage der Onlinezeitschrift

‚Schulpädagogik-heute‘ editiert worden.1 Zum anderen ergänzen sie sich in den Perspektiven auf das Thema ‚Transparenz in Unterricht und Schule‘. Während im ersten Teilband (Moegling/ Schude 2016) die allgemeindidaktischen und theoretischen Überlegungen sowie die Praxisberichte zur Transparenzthematik ent- halten sind, bietet der vorliegende zweite Teilband erstmals in einer kompakten Form Forschungsergebnisse und ein Diskussionsforum in einem Herausgeberband.

Mit beiden Bänden dürfte die schulpädagogische Bearbeitung des Themas

‚Transparenz‘ in seiner mehrperspektischen Ausleuchtung und Bearbeitung soweit entwickelt worden sein, dass hiervon ausgehend zahlreiche anregende und möglich- erweise verändernde Blickwinkel auf die Schaffung transparenter Schulstrukturen und die Eröffnung von Transparenz für pädagogische Zielperspektiven, methodische Schritte sowie Leistungsanforderungen ermöglicht wird. Die Forschungsbeiträge sowie das Diskussionsforum geben auf verschiedenen Ebenen Hinweise auf Mög- lichkeiten einer sinnvollen Fokussierung von Transparenz im Kontext von Schule, Unterricht und Lehrerbildung.

Der Forschungsbeitrag von Stephan Wernke und Klaus Zierer fokussiert eine Diskrepanz zwischen theoretischem Wissen und dem tatsächlichen Planungshandeln bei Lehrkräften. Ausgehen von dieser Diskrepanz werden in dem Beitrag die Ergebnisse von zwei qualitativen Studien zur Bedeutung unterschiedlicher Planungsdimensionen dargestellt, Gründe dafür diskutiert und Implikationen für die Praxis hergeleitet.

Der Forschungsbeitrag von Sabrina Schude zeigt anhand einer Studie mit 445 Schülerinnen und Schülern auf, welche Zusammenhänge zwischen schulischer Prüfungsangst, den Auslösebedingungen und dem Transparenzempfinden bestehen.

Zudem erfolgt eine fachspezifische Differenzierung zwischen den Schulfächern Mathematik und Deutsch.

1 Schulpädagogik-heute ist halbjährlich neu unter www.schulpaedagogik-heute.de im open access einsehbar. Die Beiträge in diesem Herausgeberband stellen die z.T. leicht überarbeiteten Artikel der Ausgabe 12/ 2015 (6. Jg.) dar. Die Forschungsberichte in diesem 2.Teilband wurden in einem doppeltverblindeten Verfahren einer Peer-Review-Begutachtung durch den wissenschaftlichen Beirat von Schulpädagogik-heute unterzogen. Die Diskussionsbeiträge wurden redaktionell entschieden und beraten.

(7)

6

In dem Beitrag von Johannes Reitinger wird die Entwicklung und Grundlage eines entwickelten standardisierten Inventars zur Erfassung des Entfaltungsgrades der Kriterien forschenden Lernens vorgestellt (CILI; Criteria of Inquiry Learning Inventory). Zugrunde liegt ein Ansatz forschenden Lernens, der unter dem Akronym TILA (Theory of Inquiry Learning Arrangements) veröffentlicht wurde.

Der Beitrag von Sabrina Schude und Klaus Moegling stellt zwei verschiedene Unterrichtseinstiege zum Thema „Sozialstruktur und sozioökonomischer Wandel“

gegenüber. Eine Einstiegsform bildet ein Unterrichtseinstieg anhand von Lehrplänen und Fragen, die andere Einstiegsform erfolgt durch die Anwendung einer Concept Map und des Advance Organizers. Anschließend wurden 224 Schülerinnen und Schüler zu ihrer Transparenzwahrnehmung bezüglich des Unterrichtsthemas befragt und die Daten durch Triangulation und T-Tests ausgewertet.

Jennifer Blank, Wolfgang Achtner, Richard Göttlich und Siegfried Schindler betrachten die Umsetzung und die Einstellung zu fachübergreifendem Unterricht an neun mittelhessischen Schulen. Hierfür wurden 1858 Schülerinnen und Schülern sowie 169 Lehrerinnen und Lehrern aus den neun Schulen bezüglich ihrer Einstellungen zum fächerübergreifendem Unterricht sowie dessen Einsatz befragt.

Auf diesem Wege sollen Hindernisse und vielversprechende Ansätze fächer- übergreifenden Unterrichts transparent gemacht werden.

Der Beitrag von Kathrin Uplegger gibt einen Kurzüberblick zum Forschungs- stand bezüglich wirkungsvollen Lernens im Unterricht. Der Fokus wird dabei auf inklusive Schulentwicklung gelegt. Vorgestellt wird das Modell ‚Individuelles Lehr- Lern-Arrangement‘ (ILLA), welches Kompetenzdiagnostik, Lerncoaching und Beratung bieten kann. Es wird dargestellt, was das Modell leistet und wo es Transparenz hergestellt.

Maria Hallitzky, Beate Beyer, Christopher Hempel, Christian Herfter, Johanna Leicht, Anja Saupe und Ellen Schroeter gehen anhand videographierter Szenen aus dem Literaturunterricht der Frage nach, wie sich Praktiken der (In)Transparenz im Rahmen der unterrichtlichen Verhandlung des Gegenstandes auswirken. Die Grundannahme ist, dass die Lernenden eigene Deutungen entwickeln, was durch die Lehrperson durch Informationsgabe gelenkt wird. Es werden zwei Fälle gegen- übergestellt und aus verschiedenen Theorieperspektiven analysiert.

Der Beitrag von Ines Wiese befasst sich mit der Betrachtung von Bildungsstandards in Deutschland und der Transparenz für Lehrkräfte bezüglich der Zuordnung verschiedener geometrischer Aufgaben zu unterschiedlichen An- forderungsbereichen. Zudem werden Zusammenhänge zwischen den Anforderungs- bereichen und der Schwierigkeit von Aufgaben betrachtet.

In dem Beitrag von Marlene Kowalski wird herausgearbeitet, welches Gefährdungspotenzial Nähe-Entgrenzungen in der Lehrer-Schüler-Beziehung durch

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7

Intransparenz für Schülerinnen und Schüler und die pädagogische Beziehung bedeutet. Unterrichtsinteraktionen werden analysiert und Lehrer-Schüler-Beziehung aus strukturtheoretischer Perspektive beleuchtet.

Der Forschungsbeitrag von Sarah Sophie Aurin, Marcel Hackbart, Barbara Thies und Melanie Misamer konzentriert sich auf Lehrkraft-Eltern-Kooperationen.

Es werden Auswirkungen von Professionswissen über Elternkooperation als auch die spezifische Selbstwirksamkeit betrachtet sowie entsprechende Zusammenhänge und die Transparenzbereitschaft.

Gerd Steffens regt in seinem Beitrag eine Diskussion über die Begrifflichkeiten Transparenz und Öffentlichkeit an und ihr Verständnis in sozialwissenschaftlicher und zeitdiagnostischer Literatur sowie in der theoretischen Tradition der Realgeschichte Europas. Abschließend wird gefragt, was es für kritisches Denken bedeuten könnte, wenn „Öffentlichkeit“ durch „Transparenz“ verdrängt würde.

Als ‚Konfliktthema‘ versteht Klaus Moegling in seinem Diskussionsbeitrag die

‚Transparenz‘ für Schule, Schulverwaltung und Bildungspolitik. Der Beitrag zeigt auf, inwieweit Transparenz helfen kann, Ungerechtigkeiten im Bildungsbereich zu vermeiden und Korruption zu verhindern.

Der Beitrag von Catrin Siedenbiedel beleuchtet den Zusammenhang von Demokratie-Erziehung, Inklusion, Transparenz sowie die Bedeutung der Einführung von Inklusion an deutschen Schulen. Es wird diskutiert, inwieweit sich die Logik von Transparenz in der Demokratie-Theorie auf den Prozess der Umgestaltung des Schulsystems auf Inklusivität übertragen lässt.

Thomas Rajh befasst sich mit der Diskussion um die Offenlegung von zugrunde liegenden Idealen und politischen Ideen im Rahmen von Schulreformen und Schul- formen. Er erläutert, warum es notwendig ist, Verhältnisse transparent und damit einer kritischen Prüfung zugänglich zu machen.

Der abschließende Beitrag von Gabriele Zehetner zeigt situative Determinanten der Neugier sowie die Grundlage von biogenen und soziogenen Motiven auf. Es wird ein Modell mit Faktoren und Variablen zur Neugierdeförderung erschlossen, welches Neugier der genetischen Variabilität, Persönlichkeitsvariablen, Umwelt- bedingungen und dem Alter sichtbar gegenübergestellt.

Literatur

Moegling, Klaus/ Sabrina Schude (Hrsg.) (2016): Transparenz im Unterricht und in der Schule. Teil 1: Theorie und Praxis transparenten Unterrichts und transparen- ter Schulorganisation. Immenhausen bei Kassel.

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8

I Empirische Bildungsforschung zum Thema ‚Transparenz‘

2 Stephan Wernke/ Klaus Zierer

Welche Bedeutung messen Lehrkräfte Zielen bei der Unterrichtsplanung zu – Ergebnisse einer qualitativen Studie

Zusammenfassung: Die Klarheit der Lehrperson stellt unbestritten eine wichtige Anforderung an Unterricht dar und manifestiert sich insbesondere in der Klarheit und Transparenz der Ziele des Unterrichts. Spielen die Ziele in didaktischen Mo- dellen zur Unterrichtsplanung und im Rahmen der Ausbildung von Lehrkräften an der Universität und im Studienseminar noch eine entscheidende Rolle, so zeigen Ergebnisse aus der empirischen Forschung zum Planungshandeln von Lehrkräf- ten, dass bei der alltäglichen Unterrichtsplanung kaum noch Überlegungen zu Zielen angestellt werden. Ausgehen von dieser Diskrepanz haben wir zwei quali- tative Studien zur Bedeutung unterschiedlicher Planungsdimensionen durchge- führt, die im folgenden Beitrag vorgestellt werden. Die Ergebnisse der Untersu- chung machen deutlich, dass insbesondere die Ziele des Unterrichts für die be- fragten Lehrkräfte – zumindest auf der theoretischen Ebene – eine zentrale Rolle spielen und den Ausgangspunkt für ihre Planungsüberlegungen bilden. Warum klafft zwischen theoretischem Wissen und dem tatsächlichen Planungshandeln eine derartige Kluft? Gründe dafür werden im Beitrag diskutiert und abschließend werden Implikationen für die Praxis hergeleitet.

Schlüsselworte: Unterrichtsplanung, Planungshandeln, Zielformulierungen

Teachers lesson planning and the importance of learning goals - Results of two qualitative studies

Abstract: The clarity of the teacher is an important requirement for teaching.

Especially the clarity and transparency of the learning goals play a key role in didactical models for lesson planning, and in the context of teacher education at the university. However, results of the empirical research on the planning actions of teachers show that in everyday lesson planning hardly any reflections about learning goals can be identified. Based on this discrepancy, we conducted two

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9

studies with teachers on the importance of different dimensions of lesson planning. The results of the studies show that learning goals on a theoretical level play a central role for the teachers, and that goals are the starting point for their planning considerations. So why is there such a gap between theoretical knowledge and everyday lesson planning? Reasons are discussed in the following article.

Keywords: lesson planning, teacher acting, learning goals

1. Einleitung

Wirft man einen Blick auf die derzeit hoch gehandelten Ergebnisse von Hattie (2013), gehört der Faktor „Klarheit der Lehrperson“ zu den zehn wirkungsstärksten Faktoren, die die Lernleistung von Schülerinnen und Schülern (positiv) beeinflussen (d=0,75). Mit dieser Erkenntnis liefert Hattie allerdings – zumindest inhaltlich – nichts neues, findet man genau diesen Aspekt z.B. bereits bei Helmkes Aus- führungen zur Unterrichtsqualität (Helmke, 2010), in Meyers zehn Merkmalen guten Unterrichts (Meyer, 2008) und sogar schon in den Unterrichtsprinzipien von Comenius (1657) wieder. Die Klarheit der Lehrperson stellt unbestritten eine wichtige Anforderung an Unterricht dar und manifestiert sich insbesondere in der Klarheit und Transparenz der Ziele des Unterrichts. Den Schülern und den Lehr- kräften sollten die Ziele einer Unterrichtsstunde transparent sein. Eine wichtige Vor- aussetzung hierfür ist es, dass sich Lehrkräfte vorab bewusst mit den Zielen Ihres Unterrichts auseinandersetzen. Ihnen sollte dementsprechend schon bei der Planung von Unterricht eine besondere Aufmerksamkeit zukommen.

2. Theoretischer Hintergrund: Ziele als Teil der Unterrichtsplanung Folgt man Jank & Meyer (1991) so lassen sich die Inhaltsbereiche der Allgemeinen Didaktik in Bezug auf die Unterrichtsplanung sehr anschaulich anhand von neun W- Fragen darstellen: Wer soll was, von wem, wann, mit wem, wo, wie, womit und wozu lernen? Ausgehend von diesen grundsätzlichen Fragen der Allgemeinen Di- daktik lassen sich sechs Perspektiven nennen, die bei der Planung von Unterricht zu beachten sind: Die Zielperspektive (Wer und wozu?), die Inhaltsperspektive (Was?), die Methodenperspektive (Wie, mit wem und von wem?), die Medienperspektive (Womit?), die Raumperspektive (Wo?) und die Zeitperspektive (Wann?). Diese sechs Perspektiven werden im didaktischen Sechseck zusammengeführt, stehen „in einem Wechselwirkungsverhältnis zueinander“ und kennzeichnen die „zentralen Dimensionen des Unterrichts“ (Zierer, 2013, S. 31).

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10

Abb. 1: Das Didaktische Sechseck

Zwischen allen sechs Dimensionen bestehen Wechselwirkungen. Während Inhalte, Medien, Methoden, Raum und Zeit in gewisser Weise gleichwertig nebeneinander stehen, spielen die Ziele des Unterrichts aus theoretischer Perspektive eine besonde- re Rolle. Denn in der Auseinandersetzung mit den Zielen stößt man auf alle genann- ten W-Fragen und somit auf alle unterrichtlichen Entscheidungen: Allen voran be- antworten Zielentscheidungen die Frage nach dem Wer und dem Wozu. Diese bei- den hängen unmittelbar voneinander ab, denn die Ziele, die sich ein Unterricht setzt, sind immer in Abhängigkeit und in Bezug auf die Lernenden zu sehen. Welcher Lernende soll aus welchen Gründen etwas lernen? Damit zeigt sich zudem, dass die Ziele immer auch an die Inhalte gekoppelt sind. Etwas soll gelernt werden. Damit wird direkt die Frage nach dem Was angeführt. Des Weiteren ist Unterricht aufgrund der Begegnung von Lehrkraft und Schülerschaft im Stoff immer auch ein Vermitt- lungs- und insofern ein Lehr-Lern-Prozess. Es schließen sich also Fragen nach dem Von-wem, Mit wem und Wie an, die aus methodischer Sicht unter Zuhilfenahme von Arbeits- und Aktionsformen, Sozialformen, Klassen- und Gesprächsführungs- strategien sowie Unterrichtsprinzipien zu beantworten sind. Diese wiederum verfol- gen bzw. bedienen jede für sich bestimmte Ziele. Gleiches gilt für die Medien, die den zu vermittelnden Stoff erfahrbar machen. Die Frage nach dem Womit ist inso- fern ebenfalls zielabhängig. Medien übernehmen in diesem Sinn die Vermittlerrolle zwischen Schüler und Stoff und helfen darüber hinaus, durch didaktische Aufberei-

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11

tung Lernen zu ermöglichen und Ziele zu erreichen. Die Frage nach dem Wo mag auf den ersten Blick obsolet erscheinen, findet Unterricht in der Regel im Klassen- zimmer statt. Aber: Unterricht muss nicht immer im Klassenzimmer stattfinden, sondern kann auch auf Gängen, in Turnhallen, in Aulen, auf Pausenhöfen oder in nahezu allen anderen Räumen stattfinden, über deren Aufteilung und Gestaltung man sich Gedanken machen muss, wenn Lehrprozesse gelingen und die Ziele des Unterrichts erreicht werden sollen. Auch das Klassenzimmer selbst birgt eine Reihe von Raumfragen, die es zu beantworten gilt: Wo lässt sich am besten im Klassen- zimmer ein Sitzkreis machen? Wo ist Platz für einen Marktplatz? Wie kann die Prä- sentation von Gruppenarbeiten aus räumlicher Sicht organisiert werden, ohne dass es zu Störungen im Unterrichtsverlauf kommt, um Problemen bei der Zielerreichung entgegenzuwirken. Letztlich bleibt mit der Frage nach dem Wann die zeitliche Per- spektive zu berücksichtigen: Auch wenn aus unterschiedlichen Gründen der 45- Minuten-Takt nach wie vor den schulischen Alltag dominiert, so ist damit die Frage nach dem Wann des Unterrichts nicht vollends beantwortet. Denn auch diese 45 Minuten müssen geplant und im Hinblick auf die Lehrkraft, die Schülerschaft und den Stoff abgestimmt werden. Welche Ziele lassen sich in diesem zeitlichen Rah- men erreichen bzw. welcher zeitliche Rahmen ist für bestimmte Ziele notwendig?

Vor allem Überlegungen zur Artikulation des Unterrichts bieten zahlreiche Hilfestel- lungen, um Unterricht zieladäquat zu strukturieren.

3. Forschungsfokus

Wie eben erläutert wurde, spielen die Ziele im didaktischen Sechseck eine ent- scheidende Rolle. Diese Bedeutung lässt sich auch in anderen didaktischen Model- len zur Unterrichtsplanung (z.B. Heimann, 1962) und im Rahmen der (theore- tischen) Ausbildung von Lehrkräften an der Universität und im Studienseminar feststellen. Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass zahlreiche empirische For- schungen zum Planungshandeln von Lehrkräften zu dem Ergebnis kommen (vgl.

z.B. Bromme, 1981; Haas, 1992, 1998), dass bei der alltäglichen Unterrichtsplanung kaum noch Überlegungen zu Zielen angestellt werden. Es stellt sich somit die Frage, welche Bedeutung Lehrkräfte überhaupt Zielen bei der Unterrichtsplanung bei- messen.

Ausgehend von der Diskrepanz zwischen Theorie und Empirie wurden im Rahmen des Projektes EEPAD (Entwicklung und Evaluation von Planungsmodellen der Allgemeinen Didaktik; vgl. dazu Zierer & Wernke, 2013; Wernke & Zierer, 2015; Wernke, Werner & Zierer, 2015) zwei Studien mit Lehrkräften zur Bedeutung unterschiedlicher Planungsdimensionen durchgeführt, die im Folgenden im Über- blick dargelegt und deren Ergebnisse im Anschluss diskutiert werden.

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12 4. Studie 1

In der ersten Studie wurden Interviews mit N=18 per Zufall gezogenen Lehrkräften zu deren Unterrichtsplanung durchgeführt. Ziel war, herauszufinden, wie Lehrkräfte alltäglichen Unterricht planen, welche der oben angeführten Planungsdimensionen aufgegriffen werden und welche Bedeutung diese bei der Unterrichtsvorbereitung haben. Unter den Befragten sind 11 Frauen und 7 Männer, die zwischen 28 und 62 Jahre alt sind (M=43,3) und Diensterfahrungen im Umfang von 4 bis 30 Jahren haben (M=16,6). Die Befragung hat keinen Fokus auf bestimmte Fächer oder Schulformen, sondern einen allgemeindidaktischen Blickwinkel, so dass Lehrkräften aller Fächer und Schulformen befragt wurden.

4.1 Methodisches Vorgehen

Die Interviews wurden im privaten Umfeld der Lehrkräfte durchgeführt und bestehen aus drei inhaltlichen Blöcken. Im ersten Interview-Block wurden die Lehrkräfte aufgefordert an eine konkrete Unterrichtsstunde zu denken, die im Lauf der Woche anstehen würde. Dazu sollten sie frei erzählen, wie sie bei deren Planung vorgehen, was genau ihre Überlegungen dabei sind und welche Schritte sie bei der Unterrichtsplanung vollziehen. Diese Frageaspekte wurden durch drei Merkkarten (Wie?, Was? und Schritte?) visuell unterstützt.

Im zweiten Interview-Block wurde den Lehrkräften in willkürlicher Reihenfolge und nacheinander konkrete Planungsaspekte (Ziele, Inhalte, Methoden, Medien, Raum, Zeit, Lerngruppe) vorgelegt. Diese wurde ebenfalls durch Merkkarten visu- alisiert. Hierzu waren sie aufgefordert, darzulegen, welche Überlegungen zu diesen Aspekten bei der Unterrichtsplanung der eigenen Meinung nach getätigt werden sollten.

Im dritten Interview-Block der Befragung sollten die Lehrkräfte die zuvor auf einem Tisch ausgebreiteten Merkkarten zu den sieben Planungsaspekten sortieren.

Eine erste Sortierung sollten sie vornehmen, indem sie die Wichtigkeit der ver- schiedenen Planungsaspekte bewerten und diese somit hierarchisieren. Im nächsten Schritt sollten sie die entstandene Prioritätenliste dahingehend umsortieren, in welcher Reihenfolge sie die Planungsaspekte bei der Unterrichtsplanung angehen würden.

Die transkribierten Interviews wurden mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2008) ausgewertet. Sie wurden anhand eines, in einer größeren, vor- angegangenen Studie zum Planungshandeln von Lehrkräften (Bakenhus, Wernke &

Zierer, eingereicht) induktiv entwickelten, Kategoriensystems ausgewertet. Alle Interviews wurden von zwei Ratern codiert, um Interraterreliabilitäten berechnen zu können.

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13 4.2 Ergebnisse

Das Kategoriensystem besteht aus den sieben Oberkategorien Ziele, Inhalte, Methoden, Medien, Raum, Zeit und Lerngruppe und dazugehörigen Unterkategorien (im Umfang von bis zu zehn). Im Folgenden werden die Ergebnisse der Erhebung entsprechend der oben dargelegten Interview-Blöcke dargelegt.

Erster Interview-Block: Freie Äußerungen zum Planungsprozess

In Tabelle 1 werden die deskriptiven Ergebnisse des ersten Blockes in Bezug auf Oberkategorien dargestellt. Die Überprüfung der Intercoderreliabilität nach Cohen in Bezug auf diese Oberkategorien ergab eine Übereinstimmung von 100%.

Tab. 1: Deskriptive Ergebnisse Nennungen

insgesamt

Anzahl der Personen (von N=18)

in Prozent

%

im Durch- schnitt

Ø

Ziele 13 10 55,6 0,72

Inhalte 48 18 100,0 2,66

Methoden 44 16 88,9 2,44

Medien 36 13 72,2 2,00

Raum 0 0 0,0 0,00

Zeit 51 17 94,4 2,83

Lerngruppe 28 15 83,3 1,55

Insgesamt konnten in den freien Darlegungen der 18 Lehrkräfte 220 Planungs- aspekte identifiziert werden. Im Durchschnitt wurden somit rund 12 Planungs- überlegungen von den befragten Lehrkräften genannt, wenn sie frei erzählen, wie sie bei der Unterrichtsplanung vorgehen und welche Schritte und Überlegungen sie tätigen. Mit Blick auf die Oberkategorien wird dabei deutlich, dass den einzelnen Planungsbereichen unterschiedliche Aufmerksamkeit zukommt. So stellen z.B. alle Lehrkräfte Überlegungen zu den Inhalten an, niemand nennt hingegen Überlegungen zum Raum. Überlegungen zu den Methoden, den Medien, der Zeit und auch zur Lerngruppe werden von der Mehrzahl der Befragten berichtet. Ziele werden in den Ausführungen von nur etwas mehr als der Hälfte der Lehrkräfte genannt.

Zweiter Interview-Block: Äußerungen zu konkreten vorgegebenen Planungs- aspekten

Bei der Auswertung des zweiten Interview-Blockes zeigte sich im Vergleich zum ersten Interview-Block eine interessante Wendung: Wenn Lehrkräften direkt mit den konkreten Planungsaspekten (Ziele, Inhalte, Methoden, Medien, Raum, Zeit Lern- gruppe) konfrontiert werden, dann fallen ihnen zu allen Bereichen wichtige Kern- fragen ein. Sie können zu jedem Bereich etwas ausführen, darlegen, welche

(15)

14

Überlegungen in Bezug auf diese wichtig sind, und schlüssige Planungsüber- legungen nennen. Dies ist übrigens auch in den Bereichen der Fall, die in den freien Überlegungen des ersten Blocks gar nicht genannt wurden.

Mit dem Fokus der Auswertung auf den Planungsaspekt der Ziele wird darüber hinaus deutlich: Während im ersten Interview-Block Zielüberlegungen nur in der Hälfte der Fälle angestellt wurden, legen bei direkter Ansprache der Ziele alle Lehrkräfte Überlegungen vor, die man ihrer Meinung nach diesbezüglich anstellen sollte.

Die generellen Aussagen der Lehrkräfte zu den Zielen reichen dabei von „Für jede Stunde überlege ich mir ein Unterrichtsziel.“, „Die überlege ich mir wirklich immer!“ und „Ohne Ziele würde Unterricht meiner Meinung nach keinen Sinn er- geben.“ über „Ziele hat man im Hinterkopf, sonst würde man ja ins Leere planen.“,

„...aber das ist eher implizit.“ bis hin zu „Die sind ja durch das Kerncurriculum vorgegeben.“. Keine der befragten Lehrkräfte hält Ziele für unwichtig und so legen auch alle weitere Ausführungen zu den Zielen im Hinblick auf Taxonomien, Hierarchisierungen, Kompetenzen, Differenzierungen, methodischen Konsequenzen, Transparenz usw. dar. Bei diesen angeführten Aspekten handelt es sich dabei nicht um Einzelnennungen, sondern diese wurden jeweils von mehreren Lehrkräften genannt.

Des Weiteren wird in den Antworten ersichtlich, dass es Lehrkräften schwer fällt, die Ziele des Unterrichts von dessen Inhalten zu differenzieren. So führen die Über- legungen zu den Zielen bei drei Viertel der Lehrkräften sofort zu den Inhalten: Das Ziel des Unterrichts ist neues inhaltliches Wissen. Es lassen sich sogar Hinweise darauf finden, dass Ziele und Inhalte gänzlich gleich gesetzt werden: „Ich suche mir aus: Was muss ich machen im Lesen. Jetzt – so ganz speziell – würde ich vielleicht eine Stunde nehmen zu Verben mit Vorsilben, Bedeutung der Verben. Dann fang ich an, mir Sachen dazu zu überlegen. Nachdem ich ja jetzt also das Ziel weiß, was sie lernen sollen, überlege ich: Wie gehe ich vor?“.

Dritter Interview-Block: Sortierung der Planungsaspekte

Die im zweiten Interview-Block mit den Lehrkräften bereits besprochenen Planungsaspekte wurden im letzten Teil des Interviews von den Lehrkräften in zwei Sortierungsschritte geordnet. Durch die vorangegangene inhaltliche Besprechung kann von einem gemeinsamen Verständnis der Planungsaspekte ausgegangen werden.

Die erste Sortierung sollten die Lehrkräfte im Hinblick auf die persönlich empfundene Wichtigkeit der Planungsaspekte vornehmen, so dass insgesamt eine

„Prioritätenliste“ gebildet wurde. Eine Mehrfachvergabe eines Ranges war möglich.

(16)

15

Die Sortierungen der einzelnen Lehrkräfte sind im Detail der Tabelle 2 zu ent- nehmen.

Tab. 2: Prioritätenlisten der einzelnen Lehrkräfte (N=18) Lehr-

kraft Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5 Rang 6 Rang 7

1 Lerngruppe Ziele Methoden,

Inhalte Raum, Me-

thoden Zeit - -

2 Inhalte Ziele Methoden,

Medien Raum Zeit Lern-

gruppe -

3 Ziele Methoden Inhalte Medien Zeit Raum -

4 Ziele - - -

5 Inhalte Ziele Lerngruppe Medien,

Methoden Zeit Raum -

6 Inhalte Ziele Lerngruppe Methoden Medien, Raum Zeit -

7 Lerngruppe Ziele Methoden Medien Inhalte Zeit Raum

8 Inhalte Lerngruppe Ziele Methoden Medien Zeit Raum

9 Inhalte Ziele Lerngruppe Methoden Medien, Raum,

Zeit - -

10 Inhalte Ziele Methoden Lerngruppe Medien Zeit Raum

11 Inhalte Ziele Lerngruppe Methoden Medien Zeit Raum

12 Ziele Inhalte Methoden Zeit Lerngruppe Raum

13 Lerngruppe Inhalte, Ziele Medien, Zeit,

Raum Methoden - - -

14 Ziele Lerngruppe Inhalte Raum, Me- dien, Zeit, Methoden

- - -

15 Ziele Lerngruppe Inhalte Methoden Zeit Raum Medien

16 Ziele Inhalte Lerngruppe Medien Methoden Zeit Raum

17 Inhalte, Ziele, Lerngruppe

Methoden,

Zeit Medien Raum - - -

18 Ziele Inhalte Methoden,

Medien Lerngruppe,

Zeit, Raum - - -

Σ 8x Inhalt 8x Ziele 4x Lern- gruppe

9x Ziele 4x Inhalt 3x Lerngruppe 2x Methoden

6x Methoden 4x Medien 4x Inhalt 4x Lerngruppe 1x Ziele 1x Zeit 1x Raum

9x Methoden 5x Medien 5x Raum 3x Zeit 2x Lern- gruppe

6x Zeit 5x Medien 2x Raum 1x Lerngruppe 1x Inhalte 1x Methoden

6x Zeit 4x Raum 1x Lern-

gruppe 5x Raum 1x Medien

(17)

16

Auf dem ersten Rang der gebildeten Prioritätenlisten finden sich nur drei der insgesamt sieben Planungsaspekte wieder. Dies sind mit jeweils 8 Nennungen der Inhalt und die Ziele und mit 4 Nennungen die Lerngruppe. Auf Rang 2 werden 9 mal die Ziele genannt, 4 mal die Inhalte, 3 mal die Lerngruppe und 2 mal die Methoden. Rang 3 und 4 werden dominiert von den Methoden (6 bzw. 5 Nen- nungen), auf Rang 5 und 6 ist die Zeit vorherrschend. Die Medien sind am stärksten auf den mittleren Rängen vertreten, in allen Sortierungen bildet der Planungsaspekt Raum das Schlusslicht.

Mit einem abstrahierenden Blick kann festgehalten werden, dass – nach Bewusstmachung zentraler Planungsaspekte – die Ziele und der Inhalt als die wichtigsten Planungsaspekte angesehen werden. Sie werden auf den unteren Rängen gar nicht mehr genannt. Die Lerngruppe wird ebenfalls als wesentlich angesehen, fällt aber gegenüber den ersten beiden deutlich ab und findet sich vereinzelnd auch auf niedrigeren Rängen wieder. Es schließen sich die Methoden an, die grund- sätzlich den Zielen und Inhalten nachgeordnet sind. Dann folgen die Medien und die Zeit. Als am wenigsten wichtig wird der Planungsaspekt des Raumes betrachtet.

Eine zweite Sortierung sollten die Lehrkräfte schließlich unter chronologischem Aspekt vollziehen. Dazu sollten sie die Planungsaspekte in die Reihenfolge bringen, in der sie diese im Planungsprozess bearbeiten würden. Auch diese Ergebnisse las- sen sich wieder tabellarisch darstellen (vgl. Tabelle 3).

Tab. 3: Von den Lehrkräften (N=18) angegebene Reihenfolgen im Planungsprozess Lehr-

kraft Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5 Rang 6 Rang 7

1 Lerngruppe Ziele Methoden,

Inhalte Raum,

Medien Zeit - -

2 Inhalte Ziele Methoden,

Medien Raum Zeit Lerngruppe -

3 Inhalte Ziele Methoden Medien,

Lerngruppe Zeit Raum -

4 Ziele Inhalte Lerngruppe Methoden Raum Zeit Medien

5 Inhalte Ziele Lerngruppe Medien,

Methoden Zeit Raum -

6 Inhalte Lerngruppe Ziele,

Methoden Raum,

Medien Zeit - -

7 Lerngruppe Ziele Inhalte,

Methoden Medien Zeit Raum -

8 Inhalte Lerngruppe Ziele Methoden Medien Zeit Raum

9 Inhalte Ziele Lerngruppe Methoden Zeit Raum Medien

10 Inhalte Zeit Lerngruppe Methoden Ziele Medien Raum

11 Inhalte Ziele Lerngruppe Methoden Medien Zeit Raum

(18)

17

Lehr-

kraft Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5 Rang 6 Rang 7

12 Ziele Inhalte Methoden,

Medien Zeit Raum Lerngruppe

13 Inhalte Ziele Medien Methoden Zeit - -

14 Ziele Lerngruppe Inhalte Raum, Zeit, Medien, Methoden

- - -

15 Ziele Lerngruppe Inhalte Methoden Zeit Raum Medien

16 Ziele Inhalte Lerngruppe Medien Methoden Zeit Raum

17 Ziele,

Lerngruppe Inhalte Zeit,

Methoden Medien Raum - -

18 Inhalte Ziele Methoden,

Medien Lerngruppe,

Raum, Zeit - - -

Σ 10x Inhalt 6x Ziele 3x Lern- gruppe

9x Ziele 4x Inhalt 4x Lerngruppe

8x Methoden 6x Lerngruppe 4x Medien 4x Inhalt 2x Ziele 1x Zeit

9x Methoden 8x Medien 5x Raum 2x Zeit 2x Lern- gruppe

9x Zeit 3x Raum 2x Medien 1x Ziele 1x Methoden

5x Raum 4x Zeit 2x Lerngruppe 1x Medien

4x Raum 3x Medien

Bei der Sichtung der Planungsreihenfolgen wurde deutlich, dass diese im Großen und Ganzen ähnlich der erstellten Prioritätenlisten ist. Für die Planungsaspekte lassen sich tendenziell vergleichbare Positionen identifizieren. Auf den vorderen Plätzen liegen Ziele und Inhalte, gefolgt von der Lerngruppe, methodischen und zeitlichen Überlegungen. Der Raum ist auch hier im hinteren Bereich zu finden und wird von einigen Lehrkräften sogar ganz aussortiert.

Allerdings lassen sich auch Unterschiede herauskristallisieren: So scheinen inhaltliche Überlegungen sich deutlicher an die Spitze zu setzen und bei den meisten der Lehrkräfte der Ausgangspunkt für ihre Planungen zu sein (10 Nennungen). Die Ziele hingegen werden den inhaltlichen Entscheidungen im Planungsprozess eher nachgeordnet. Diesen beiden folgend heben sich als nächster Planungsschritt deut- lich die Methoden hervor. Mit 8 und 9 Nennungen dominieren diese Rang 3 und 4.

Mit ihnen einhergehend Entscheidungen, die die Medien betreffen. Die Lerngruppe findet im Planungsprozess keine klare Position, sie taucht vielerorts in den genannten Planungsreihenfolgen auf und spielt anscheinend immer mal wieder eine Rolle.

Fazit aus der Studie 1

Lässt man Lehrkräfte ihre konkreten Planungsüberlegungen einer Unterrichtsstunde ohne Einschränkungen oder Vorgaben darlegen, so fokussieren diese deutlich auf die Inhalte und die Methoden des Unterrichts. Ziele spielen hier eine eher neben-

(19)

18

sächliche Rolle. Gibt man den Lehrkräften hingegen konkrete Planungsaspekte vor, so wird deutlich, dass die Ziele des Unterrichts von allen Lehrkräften als ein wichtiger Planungsaspekt empfunden werden. Lässt man sie dann noch zusätzlich Ziele, Methoden, Raum, Zeit, Medien, Inhalte und Lerngruppe nach ihrer Wichtigkeit und Chronologie im Planungsprozess sortieren, so stehen die Ziele und Inhalte des Unterrichts an vorderster Stelle. Anders ausgedrückt: Praxisnah erfasst spielen die Ziele kaum eine Rolle, unter theoretischem Blickwinkel stehen sie hin- gegen mit an erster Stelle.

5. Studie 2

In der zweiten Studie wurde eine Stichprobe von 35 Oberschullehrkräften aus Niedersachsen untersucht. Es handelt sich wieder um Lehrkräfte aller Fächer, weitere soziodemografische Daten wurden nicht abgefragt und liegen somit nicht vor. Die Lehrkräfte wurden einzeln im Lehrerzimmer ihrer Schule befragt. Zur Erfassung der Daten wurden ihnen sechs Kärtchen mit den sechs Dimensionen des didaktischen Sechsecks (Ziele, Inhalte, Methoden, Medien, Raum, Zeit) ausge- händigt. Dazu erhielten sie die Aufgabenstellung, diese sechs Kärtchen mit Blick auf ihre eigene Unterrichtsplanung zu ordnen. Im Unterschied zu Studie 1 wurde den Befragten die Möglichkeit gegeben, Beziehungen zwischen einzelnen Kärtchen dar- zustellen und Pfeile zwischen den Kärtchen einzuzeichnen. Eventuelle Reihenfolgen oder Hierarchisierungen konnten anhand von Nummerierungen auf den Kärtchen notiert werden. Erst am Ende des „Legeprozesses“ wurde das Endergebnis fixiert, so dass Umstrukturierungen während des gesamten Prozesses möglich waren. Die Interviewsituation wurde nicht aufgenommen und transkribiert, so dass nur die gelegten Struktur-Modelle die Grundlage der Auswertung bilden. Diese wurden mithilfe der Struktur-Lege-Technik (Scheele, 1988; Scheele & Groeben, 1984) ausgewertet.

5.1 Ergebnisse zur Rangordnung

Die befragten Lehrkräfte mussten innerhalb der Aufgabenstellung eine für sie logische Ordnung der sechs Begriffe Ziele, Inhalte, Methoden, Medien, Raum und Zeit darstellen. Von der Möglichkeit, die Begriffe in eine durchnummerierte Reihenfolge zu bringen, machten mit einer Ausnahme alle Befragten Gebrauch, so dass 34 der befragten Lehrkräfte eine Rangordnung erstellten. Ein Ausschluss einzelner Begriffe aus der Rangordnung war dabei ebenso wie eine Doppelvergabe von Rangzahlen möglich. Wenn Begriffe von einzelnen Lehrkräften nicht berück- sichtigt wurden, ist dies in den folgenden Abbildungen durch den „Rang 0“ gekenn- zeichnet.

(20)

19

Die Dimensionen Inhalt und Ziele sind bei den befragten Lehrkräften die vorrangi- gen Momente bei der Unterrichtsplanung. Dabei stehen Überlegungen zum Inhalt bei 51% (18 Nennungen) der Befragten auf Rang 1 und bei 45% (16 Nennungen) auf Rang 2. Die Verteilung für die Dimension Ziele ist ähnlich: 54% (19 Nennun- gen) auf Rang 1 und 37% (13 Nennungen) auf Rang 2. Der Lageparameter, also der Rang mit den jeweils häufigsten Nennungen, beider Dimensionen gibt den Rang 1 an. Diese Gleichartigkeit wird in Abbildung 2 noch verdeutlicht.

Abb. 2: Rangordnung - Inhalt und Ziele

Die Dimensionen Methoden und Medien nehmen laut den Lehrkräften in der Unter- richtsplanung einen mittleren Rang ein (vgl. Abb. 3). Dabei stehen Überlegungen zu Methoden bei 51% (18 Nennungen) der Befragten auf Rang 3 und bei 22%

(8 Nennungen) auf Rang 4. Die Verteilung für die Dimension Medien ist mit 37%

(13 Nennungen) Rang 3 und mit 31% (11 Nennungen) Rang 4. Der Lageparameter gibt für beide Dimensionen den Rang 3 an. Die Dimensionen unterscheiden sich hinsichtlich der äußeren Ränge: Die Methode steht für 20% (7 Nennungen) der Be- fragten an zweiter Stelle der Planung. Den Medien wird von 11% (4 Nennungen) sowohl der Rang 2 als auch der Rang 5 zugeordnet.

18 16

0 0 0 0 1

19

13

2 0 0 0 1

0 5 10 15 20

Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5 Rang 6 Rang 0

Inhalt Ziele

(21)

20

Abbildung 3: Rangordnung - Methoden und Medien

Die Zeit erhält Rang 4 als Lageparameter. Diese Ordnung wurde von 34% (12 Nen- nungen) der Lehrkräfte mitgetragen. Darüber hinaus wurden der Rang 3 mit 28%

(10 Nennungen), Rang 5 mit 20% (7 Nennungen) und Rang 6 mit 8% (3 Nennun- gen) zugeteilt. Die Abbildung 4 zeigt, dass die Ränge 1 und 2 innerhalb dieser Di- mension jeweils von nur einer Lehrkraft benannt wurden.

Der Dimension Raum wird als Lageparameter der Rang 5 zugeordnet. Diese Ordnung wurde von 37% (13 Nennungen) der Lehrkräfte mitgetragen. Darüber hin- aus wurden den Überlegungen zum Raum der Rang 6 mit 28% (10 Nennungen), Rang 4 mit 17% (6 Nennungen) und Rang 3 mit 5% (2 Nennungen) zugeteilt. Die Abbildung 4 zeigt, dass der Rang 1 von einer Lehrkraft benannt wurde. Diese Di- mension wurde innerhalb der Planung von drei Befragten gar nicht berücksichtigt.

Abb. 4: Rangordnung – Zeit und Raum

Betrachtet man alle Dimensionen mit dem Fokus auf die Hauptverteilungen und lässt Nennungen <10 außer Acht, so ergibt sich die in Tabelle 4 dargestellte Rang- ordnung.

0

7

18

8

1 0 1

0

4

13 11

4 2 1

0 5 10 15 20

Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5 Rang 6 Rang 0

Methoden Medien

1 0

2

6

13

10

3

1 1

10 12

7

3

1 0

5 10 15

Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5 Rang 6 Rang 0

Raum Zeit

(22)

21

Tab. 4: Dimensionen mit einer Häufigkeit ≥ 10 Nennungen - Rangordnung

5.2 Ergebnisse zu den Beziehungsstrukturen

Neben dieser Ordnungsaufgabe hatten die befragten Lehrkräfte die Möglichkeit, die für sie logische Struktur der sechs Begriffe untereinander durch Symbole darzu- stellen. Dazu sollten sie die Beziehung zwischen den sechs Aspekten durch Pfeile kennzeichnen. Dieser Möglichkeit wurde durch insgesamt 264 Symboleinzeich- nungen nachgegangen. Dabei wurden drei Symbolformen benutzt: Doppel-pfeile (n=127; 48%) für Interpendenzen, Einfachpfeile (n=117; 44%) für Dependenzen und das Gleichheitszeichen (n=20; 8%) für Äquivalenzen.

Interdependenzen (Doppelpfeile )

Das Struktursymbol des Doppelpfeils nimmt 48% der genannten Symbole ein und wurde am häufigsten genutzt, um Beziehungen zwischen zwei Dimensionen zu kennzeichnen. Die Dimensionen Methoden und Ziele sind mit insgesamt 53 bzw. 51 Nennungen am häufigsten in Wechselwirkungen eingebunden. Die Dimension Medien ist mit 45, die Dimension Inhalt mit 42 und die Dimension Zeit mit 38 Nennungen in Wechselwirkungen vertreten. Die geringste Häufigkeit von Wechsel- wirkungen zeigt sich mit 25 Nennungen bei der Dimension Raum. In Abbildung 5 wird die Gesamtanzahl aller Wechselwirkungen, verteilt auf die sechs Dimensionen, verdeutlicht.

Abb. 5: Interdependenzen pro Dimension

53 51

45 42 38

25

0 10 20 30 40 50 60

Methoden Ziele Medien Inhalt Zeit Raum

Nennungen

Dimensionen

Platzierung Variablen Prozent

Rang 1 Inhalt und Ziele 51% (18) / 54% (19)

Rang 2 Inhalt und Ziele 45% (16) / 37% (13)

Rang 3 Methoden und Medien und Zeit 51% (18) / 37% (13) / 28% (10)

Rang 4 Zeit 34% (12)

Rang 5 Raum 37% (13)

Rang 6 Raum 28% (10)

(23)

22

Betrachtet man die Häufigkeiten zu jedem der sechs Dimensionen im Detail, so zeigt sich, dass die wechselseitige Verbindung zwischen den Dimensionen Inhalt und Ziele mit 17 Nennungen von ca. der Hälfte der befragten Lehrkräfte angegeben wird und somit die am häufigsten genannte Interpendenz ist.

Hinsichtlich der Dimensionen sind die Methoden am stärksten in Wechselwir- kungen involviert. Diese Verbindungen bestehen zwischen Methoden und Medien (13 Nennungen), Methoden und Zeit (12 Nennungen), Methoden und Inhalt (11 Nennungen) sowie Methoden und Ziele (10 Nennungen). Die Beziehung zwischen Methoden und Medien ist dabei die zweithäufigste Verbindung innerhalb der Wech- selwirkungen.

Eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen Ziele und Zeit wurde 10 mal angege- ben. Die Verbindungen zwischen Medien und Ziele nennen 9 der Lehrkräfte, zwi- schen Medien und Zeit sowie Medien und Raum wurde in 8 Fällen ein Doppelpfeil eingezeichnet. Die Strukturen Raum und Ziele, Zeit und Inhalt, Raum und Zeit, Me- dien und Inhalt, Raum und Inhalt werden am wenigsten gewählt (<6 Nennungen).

Die Häufigkeiten der wechselseitigen Verbindungen werden in Abbildung 6 verdeutlicht.

Abb. 6: Interdependenzen pro Dimensionspaaren

Die von den Lehrkräften hinsichtlich der Unterrichtsplanung gewählten Interdepen- denzen lassen sich analog zum didaktischen Sechseck darstellen (vgl. Abbildung 7).

Die Verbindungen sind hier durch Doppelpfeile gekennzeichnet, die in Abhängig- keit zur Anzahl der aufgetretenen Häufigkeiten unterschiedlich stark ausgeprägt sind.

17

13 12 11 10 10 9 8 8 7 7

5 5

3 2 0

5 10 15 20

Nennungen

Dimensionspaar

(24)

23

Abb. 7: Interdependenzen mit Blick auf das Didaktische Sechseck

Dependenzen ( Einfacher Pfeil )

Das Struktursymbol des einfachen Pfeils nimmt 44% (117 Nennungen) der genann- ten Symbole ein und wurde am zweithäufigsten genutzt, um Ordnungen zwischen zwei Dimensionen zu kennzeichnen. Die Dimension Inhalt wird mit 33 Nennungen am häufigsten durch einfache Dependenzen gekennzeichnet. Die Ziele werden 22 mal, die Methoden 20 mal, die Medien 18 mal und die Zeit 17 mal mit einfachen Pfeilen versehen. Die geringste Häufigkeit von einfacher Dependenz zeigt sich mit insgesamt 7 Pfeilen bei der Dimension Raum. In Abbildung 8 wird die Anzahl aller einfachen Dependenzen der sechs Dimension im Detail dargestellt.

Abb. 8: Häufigkeiten Dependenzen

(25)

24 Äquivalenzen (=)

In 20 Fällen wurde die Verbindung zwischen zwei Dimensionen durch ein Gleichheitszeichen gekennzeichnet. Diese Gleichsetzung tritt mit 8 Nennungen am häufigsten zwischen den Dimensionen Medien und Methode auf. Darüber hinaus wurde diese Struktur für Inhalt und Ziele (5 Nennungen) sowie für Medien und Raum (3 Nennungen) benannt. Außerdem wurden noch die Beziehungen Zeit=Raum (2 Nennungen), Methoden=Inhalt (1 Nennung), sowie Inhalt=Methode=Medien (1 Nennung) genannt.

5.3 Fazit aus der Studie 2

Fasst man die konstruierten Strukturmodelle der Lehrkräfte zusammen, so lässt sich für die Unterrichtsplanung Folgendes festhalten: Auf der theoretischen Ebene beginnt die Planung für die meisten Lehrkräfte mit Überlegungen zu Zielen und Inhalten. Außerdem werden für diese beiden Dimensionen die meisten Beziehungen zu den übrigen Planungsdimensionen berichtet. Dies ist sowohl bei der Angabe von Doppelpfeilen als auch bei der Angabe von einfachen Pfeilen der Fall. Ziel- und Inhaltsüberlegungen sind in jeweils einem Drittel der genannten Wechselbe- ziehungen involviert, zusammen machen sie also zwei Drittel aller Beziehungen aus.

Mit dem Fokus auf deren Anordnung zeigt sich, dass 17% aller Befragten, die mit der Inhaltsfrage beginnen, die Begriffe Inhalt und Ziele auf einer Ebene angeordnet haben. Darüber hinaus haben 14% Ziele und Inhalte durch gleiche Rangzahlen oder Gleichheitszeichen, als definitorisch gleich gekennzeichnet. Ein Drittel der befragten Lehrkräfte sieht somit Ziele und Inhalte als eine Einheit.

Insgesamt konnte somit gezeigt werden, dass Ziele für die Unterrichtsplanung neben den Überlegungen zum Inhalt nicht nur maßgeblich mit anderen Dimensionen in Verbindung treten, sondern von den Lehrkräften auch an erster Stelle der Planungsüberlegungen gesehen werden, sobald sie bewusst auf diese hingewiesen werden.

6. Zusammenfassung und Diskussion

Die Ergebnisse der zwei Untersuchungen führen auf den ersten Blick in unterschiedliche Richtungen: Wenn man erstens Lehrkräfte ihre konkreten Planungsüberlegungen einer Unterrichtsstunde ohne Einschränkungen oder Vor- gaben darlegen lässt, dann spielen Ziele eine untergeordnete Rolle. Wenn man zweitens Lehrkräfte aber direkt nach der Bedeutung einzelner Planungsaspekte befragt und ihr theoretisches Wissen in den Blick nimmt, dann sind insbesondere die Ziele des Unterrichts von zentraler Bedeutung. Das erste Ergebnis findet somit Bestätigung in den Forschungen zum Planungshandeln von Lehrkräften (z.B.

Bromme, 1981; Haas, 1992, 1998; Yinger, 1978; Zahorik, 1975): Bei der Erfassung

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25

konkreter (alltäglicher) Unterrichtsplanungen lassen sich insgesamt nur wenige Zielüberlegungen identifizieren. Den Beginn finden die untersuchten Planungen in rein inhaltlichen Überlegungen, Ziele werden nicht genannt. Scheinbar überraschend berichten die untersuchten Lehrkräfte der Studie 1 im direkt darauffolgenden Inter- viewteil, dass sie die Ziele des Unterrichts als sehr wichtig einschätzen. Sie gehen sogar so weit, dass sie sagen, Planungen ohne Ziele seien sinnlos und würden ins Leere gehen. Sobald Lehrkräfte also auf ihr theoretisches Wissen zurückgreifen müssen, verändert sich die Wahrnehmung des Planungshandelns – das zentrale Er- gebnis von Studie 2. Und damit zeigt sich auf den zweiten Blick, dass Studie 1 und 2 nicht in verschiedene Richtungen laufen, sondern sich gegenseitig ergänzen: Es bestehen Diskrepanzen zwischen dem theoretischen Wissen zum Planungshandeln und dem tatsächlichen Planungshandeln. Wie kommt es zu diesen Diskrepanzen?

Erklärungsversuche und Implikationen für die Praxis

Ein Teil der Diskrepanz zwischen theoretischem Wissen und tatsächlichem Handeln ist unserer Meinung nach auf ein Erfassungsproblem zurückzuführen: Die Unterrichtsplanung ist das tägliche Brot von Lehrkräften. Sie greifen auf Er- fahrungen zurück und haben Abläufe automatisiert. Manche Planungsüberlegungen werden deshalb in konkreten Unterrichtsplanungen nicht (mehr) genannt und müssen auch nicht mehr bewusst getätigt werden. Eine Klassenlehrkraft wird sich nicht bei jeder Unterrichtsstunde explizit Gedanken über die Lerngruppe machen, die ihr sowieso hinlänglich bekannt ist. Bei Inhalten, die eine Lehrkraft bereits mehrfach unterrichtet hat, liegen Schwerpunktsetzungen oder methodische Um- setzung auf der Hand und müssen nicht unnötig reflektiert werden. So ist es dann auch bei den Zielen: Die Ziele, so berichten es auch einige der befragten Lehrkräfte wortwörtlich in den Interviews, sind „im Hinterkopf“ oder „implizit mitgedacht“.

Wenn allerdings neuere Ergebnisse der Schul- und Unterrichtsforschung (z.B.

Hattie, 2013) herangezogen werden, die insbesondere die Klarheit der Lehrkraft und die Transparenz der Ziele hervorheben, dann erscheint es bedenkenswert, ob Ziele

„im Hinterkopf“ oder „implizit mitgedacht“ ausreichend sind. Welche Erklärungs- ansätze kann es vor diesem Hintergrund für die erhobene Diskrepanz zwischen theoretischem Wissen und tatsächlichen Handeln geben?

Um diese Frage beantworten zu können, möchten wir auf das so genannte K3W+- Modell zurückgreifen (vgl. Zierer, 2015 a). In diesem wird der Versuch unternom- men, aktuelle Ergebnisse der lehrerbezogenen Professionsforschung (vgl. Baumert

& Kunter, 2006) aufzugreifen und mit allgemeinen Resultaten der Experten- forschung (vgl. Gardner, Csikszentmihalyi & Damon, 2005) zu verbinden.

Demzufolge basiert beruflicher Erfolg auf „3 E’s“: Exzellenz, Engagement und Ethik. Die Kernthese lautet: Erst, wenn alle drei Aspekte erkennbar sind und auf-

(27)

26

treten, sind Menschen in ihrem Tun erfolgreich. Übertragen auf die Tätigkeit einer Lehrperson bedeutet dies, dass erfolgreiches Handeln in Schule und Unterricht nicht nur Wissen und Können (in diesem Sinn Exzellenz), sondern auch Wollen (in diesem Sinn Engagement) und Werten (in diesem Sinn Ethik) erfordert. Somit lässt sich folgern, dass erfolgreiche Lehrkräfte Kompetenz (Wissen und Können) und Haltung (Wollen und Werten) benötigen. Interessant ist dabei die Feststellung, dass zwischen diesen Aspekten ein innerer Zusammenhang besteht: Können basiert auf Wissen, das erst abgerufen wird, wenn ein Wollen vorhanden ist. Und dafür gibt es immer Gründe, so dass das Wollen auf einem Werten fußt. Kann eine Lehrkraft auf das nötige Können, Wissen, Wollen und Werten zurückgreifen, wird sie in einer Situation entsprechend handeln. Und, sofern der Kontext günstig ist, wird sie in ihrem Tun auch erfolgreich sein. Fehlt einer der genannten Aspekte, beispielsweise das Wollen, so wird die Lehrperson aller Voraussicht nach mit ihrem Tun scheitern.

Nachstehende Abbildung fasst das Gesagte zusammen (vgl. Zierer, 2015 b):

Abb. 9: Das K3W+-Modell

(28)

27

Nimmt man das K3W+-Modell als Interpretationsgrundlage, so lassen sich für die Diskrepanz zwischen theoretischem Wissen und tatsächlichem Tun folgende Erklärungsansätze ableiten:

1) Die Diskrepanz kommt zustande, weil die Lehrkräfte zwar das Wissen und Können haben, aber ihnen die Bedeutung und damit der Sinn und der Wert ihres Wissens und Könnens nicht bewusst sind. Wenn beispielsweise Lehr- kräfte wissen, wie wichtig klare Ziele sind, und sie diese auch formulieren können, dies aber in der tagtäglichen Unterrichtsplanung nicht machen, dann kann das daran liegen, dass sie es zwar gelernt haben, die Haltungen jedoch fehlen, das Gelernte umzusetzen. Als Konsequenz wäre hieraus der Schluss zu ziehen, dass in der Lehrerbildung verstärkt auf Aspekte des Wollens und Wertens zu fokussieren ist und insofern nicht nur Kompetenzen vermittelt werden, sondern auch Haltungsarbeit passiert.

2) Die Diskrepanz kommt zustande, weil die Lehrkräfte zwar das Wissen und Können haben und auch das Wollen und Werten, aber der Kontext so un- günstig ist, dass äußere Mechanismen sie daran hindern, ihre Kompetenz und Haltung, also ihre Expertise in die Tat umzusetzen. Im Fall des oben angesprochenen Beispiels zur Zielklarheit wäre dies der Fall, wenn Lehr- kräfte aufgrund zeitlicher Überlastungen gar nicht die Gelegenheit haben, ausführlicher an einer Zielklarheit und -transparenz zu arbeiten, auch wenn sie es wüssten und könnten und noch dazu es wollten und gute Gründe dafür hätten. Als Konsequenz wäre hieraus der Schluss zu ziehen, dass systemisch und strukturell an Schule und Unterricht etwas zu verändern wäre, um Kontexte zu schaffen, die vorhandene Expertise sichtbar werden lassen.

Summa summarum zeigen die vorgestellten Ergebnisse, dass es eine Diskrepanz zwischen theoretischem Wissen und tatsächlichem Tun bei der Bedeutungsbemessung von Zielen bei der Unterrichtsplanung gibt. Die Gründe hierfür sind entweder in der Lehrerbildung oder in den strukturellen Rahmenbedingungen zu suchen. In beiden Fällen ist jedoch Handlungsbedarf geboten, weil angesichts neuerer Ergebnisse der Schul- und Unterrichtsforschung erfolgreiches Lernen ohne klare und transparente Ziele nicht möglich ist.

Literatur

Bakenhus, S., Wernke, S. & Zierer, K. (eingereicht): Welche Planungsüberlegungen tätigen berufserfahrene Lehrkräfte? Eine qualitative Studie.

Baumert, J. & Kunter, M. (2006): Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehr- kräften. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 H. 4 (2006), 469–520.

(29)

28

Bromme, R. (1981): Das Denken von Lehrern bei der Unterrichtsvorbereitung. Eine empirische Untersuchung zu kognitiven Prozessen von Mathematiklehrern.

Weinheim.

Comenius, J. A. (1657): Didactica magna - Große Didaktik: Die vollständige Kunst, alle Menschen alles zu lehren. Herausgegeben und übersetzt von Andreas Flitner.

Gardner, H., Csikszentmihalyi, M. & Damon, W. (2005): Good Work. Stuttgart.

Haas, A. (1992): Lehrern bei der Unterrichtsplanung zugeschaut. Oder: Didaktik zwischen Theorie und Alltag. In: Pädagogik, 45, H.10 (1992), 46–48.

Haas, A. (1998): Unterrichtsplanung im Alltag. Eine empirische Untersuchung zum Planungshandeln von Hauptschul-, Realschul- und Gymnasiallehrern. Regens- burg.

Hattie, J. (2013): Lernen sichtbar machen. Deutschsprachige Ausgabe von „Visible Learning“ besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler.

Heimann, P. (1962): Didaktik als Theorie und Lehre. In: Die Deutsche Schule, 54 H. 9 (1962), 407-427.

Helmke, A. (2010): Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität - Diagnose, Eva- luation und Verbesserung des Unterrichts (3. Auflage). Seelze-Velber.

Mayring, P. (2008): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Wein- heim: Beltz.

Meyer, H. (2008): Was ist guter Unterricht?. Berlin.

Scheele, B. & Groeben, N. (1984): Die Heidelberger Struktur-Lege-Technik (SLT):

Eine Dialog- Konsens-Methode zur Erhebung Subjektiver Theorien mittlerer Reichweite. Weinheim.

Scheele, B. & Groeben, N. (1988): Dialog-Konsens-Methoden zur Rekonstruktion Subjektiver Theorien. Tübingen.

Wernke, S. & Zierer, K. (2014): Didaktische Modelle - unbrauchbar, unverständlich, unübersichtlich!? In: Erziehungswissenschaft und Beruf, 14 H. 4 (2015),372-380.

Wernke, S., Werner, J. & Zierer, K. (2015): Heimann, Schulz oder Klafki? Eine quantitative Studie zur Einschätzung der Praktikabilität allgemeindidaktischer Planungsmodelle. In: Zeitschrift für Pädagogik, 61 H. 4 (2015), 427-449.

Yinger, R. J. (1978): A study of teacher planning: description and a model of preac- tive decision making. Research Series, 18. East Lansing: Michigan State Univer- sity, Institute for Research on Teachig.

Zahorik, J. A. (1975): Teachers' planning models. In: Educational Leadership, 33 (1975), 134- 139.

Zierer, K. & Wernke, S. (2013): Völlig unbrauchbar?! Zur Praktikabilität allgemein- didaktischer Modelle – Ergebnisse einer qualitativen Studie. In: Pädagogische Rundschau, 67 H. 2 (2013), 143-160.

(30)

29

Zierer, K. (2015 a): Nicht nur Wissen und Können, sondern auch und vor allem Wollen und Werten. Das K3W-Modell im Zentrum pädagogischer Expertise. In:

Pädagogische Rundschau, 69 H. 1 (2015).

Zierer, K. (2015 b): Alles eine Frage der Technik? Erfolgreiches Lehren als Symbio- se von Kompetenz und Haltung. In: Friedrich Jahresheft.

Dr. Stephan Wernke

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:

Didaktische Modellbildung, Unterrichtsplanung, Lehr- und Lernstrategien.

Kontakt: stephan.wernke@uni-oldenburg.de Prof. Dr. Klaus Zierer

Professor für Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Allgemeine Didaktik / Schulpädagogik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Allgemeine Didaktik und Schul- pädagogik.

Kontakt: klaus.zierer@uni-oldenburg.de

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