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Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus. Die Integration in klinische Behandlungsprozesse aus theoretischer und empirischer Sicht

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Klin isc he So zi al ar beit im Krank enh au s Frit Sc h

Das Buch

in dem Buch wird der Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen für die Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus und in den klinischen Behandlungskonzepten nachge- gangen. Dabei wird versucht, theoretische Modelle zu entwerfen, nach denen das Verstehen und handeln von Sozialer Arbeit im Krankenhaus erklärt werden kann. Die sich anschließende empirische Untersuchung umfasst sowohl quantitative als auch qualitative Methoden, die in einem Beispielkrankenhaus geprüft werden. Ziel dieser Arbeit ist es, herauszustellen, in welcher Form Klinische Sozialarbeit eine Ergänzung zur medizinischen und pflegerischen Versorgung im Klinikalltag darstellen kann.

A n n E F r i t S c h

Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus

Die integration in klinische Behandlungsprozesse

aus theoretischer und

empirischer Sicht

(2)

Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus

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(4)

Anne Fritsch

Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus

Die Integration in klinische Behandlungsprozesse aus theoretischer und empirischer Sicht

(5)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

AVM – Akademische Verlagsgemeinschaft München 2011

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Alle Informationen in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt er arbeitet und ge- prüft. Weder Autoren noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht wer- den, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.

e-ISBN (ePDF) 978-3-96091-387-0 ISBN (Print) 978-3-86924-476-1 Verlagsverzeichnis schickt gern:

AVM – Akademische Verlagsgemeinschaft München Schwanthalerstr. 81

D-80336 München www.avm-verlag.de

(6)

I

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis I,,

Abbildungsverzeichnis ,V

Verzeichnis der Anhänge V,

0. Einleitung 1

1. Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus 4

1.1 Definition(en) und Gegenstandsbestimmung:

Klinische Sozialarbeit 4

1.2 Soziale Arbeit im deutschen Gesundheitswesen 9

1.3 Aufgabenbereiche 15

1.4 Adressaten 20

THEORETISCHER TEIL 22

2. Die „sentimental work“ nach Anselm Strauss: Verstehensmodell für die

Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus 23

3. Theoretische Modelle von Gesundheit und Krankheit: Handlungsmodelle für die Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus 34

3.1 Das biopsychosoziale Konzept bis zur ICF 36 3.2 Das Konzept der Salutogenese nach Aaron Antonovsky 41 Zwischenfazit: Verstehen und Handeln in der Klinischen Sozialarbeit 48

EMPIRISCHER TEIL 49

4. Die Untersuchung der Sozialen Arbeit am Beispiel eines

Krankenhauses der Grundversorgung in Brandenburg 51

4.1 Erhebung quantitativer Daten 51

(7)

II

4.2 Quantitative Datenauswertung der Sozialarbeit im Krankenhaus 53 4.3 Erhebung qualitativer Daten: das qualitative Interview 70 4.3.1 Das problemzentrierte Interview nach Witzel 71 4.3.2 Das Experteninterview nach Meuser und Nagel 72

4.3.3 Entwicklung des Leitfadens 73

4.3.4 Durchführung der Interviews 73

4.4 Qualitative Datenauswertung zu den Verständigungsstrukturen mit in-

und externen Berufsgruppen 74

4.4.1 Zirkuläres Dekonstruieren nach Jaeggi, Faas und Mruck 75 4.4.1.1 Erste Auswertungsphase: problemzentrierte

Einzelinterviews 75

4.4.1.2 Zweite Auswertungsphase: Systematischer Vergleich 79 4.4.1.3 Erste Auswertungsphase: die Experteninterviews 86 4.4.1.4 Zweite Auswertungsphase: Systematischer Vergleich 93 4.4.2 Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus in der Eigen- und

Fremdwahrnehmung 100

5. Diskussion der theoretischen und empirischen Ergebnisse im

Vergleich mit Befunden aus der Literatur 102

6. Schlussbetrachtung 115

7. Literaturverzeichnis 119

8. Anhang 133

(8)

I,,

Abkürzungsverzeichnis

AEB - Alkoholentwöhnungsbehandlung AHB - Anschlussheilbehandlung APs - Arzt aus der Psychiatrie ASo - Arzt aus der Somatik BdW - Blätter der Wohlfahrtspflege

DRGs - Fallgruppen - Diagnosis Related Groups DVSG - Deutsche Vereinigung für Sozialarbeit im

Gesundheitswesen

DVSK - Deutsche Vereinigung für Sozialarbeit im Krankenhaus

Erg - Ergotherapeutin

et al. - et alii - lat.: und andere ExSA - externe Sozialarbeiterin GdB - Grad der Behinderung

I. - Interviewerin

ICD - Internationale Klassifikation der Krankheiten - International Classification of Diseases

ICF - Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit - International Classification of Functioning, Disability and Health

ICIDH - Internationale Klassifikation der Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen - International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps

KHS - Krankenhaussozialarbeit

KISMED - Ein interdisziplinäres Kooperationsmodell zwischen Sozialarbeit und Familienmedizin im internistischen

Krankenhaus

MDK - Medizinischer Dienst der Krankenkassen

MESOP - Interdisziplinäre Kooperation im Gesundheitswesen:

Medizin, Soziale Arbeit, Pflege

Psy - Psychologin

PÜ - Pflegeüberleitung SA - Sozialarbeiter(in)

SGB - Sozialgesetzbuch

SOC - Kohärenzsinn - Sence of Coherence

USA - Vereinigte Staaten von Amerika - United States of

America

WHO - Weltgesundheitsorganisation - World Health Organisation

Z. - Zeile(n)

(9)

,9

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Altersverteilung auf der inneren Station

des Beispielkrankenhauses 12

Abbildung 2: Tätigkeitsprofil 19

Abbildung 3: Dimensionen der Gefühlsarbeit in den Tätigkeiten der

Krankenhaussozialarbeit 33

Abbildung 4: Das biopsychosoziale Modell der ICF 39 Abbildung 5: Grundannahmen des patho- und salutogenetischen Modells 45 Abbildung 6: Zahl der gewonnen Stichprobe nach Fachabteilungen 52 Abbildung 7 : Geschlechterverteilung nach Fachabteilungen 55 Abbildung 8: Altersverteilung nach Fachabteilungen 55 Abbildung 9: Sozioökonomischer Status der Patienten

nach Fachabteilungen 58

Abbildung 10: Familienstand der Patienten nach Fachabteilungen 58 Abbildung 11: Kontaktpersonen der Patienten nach Fachabteilungen 59 Abbildung 12: Gegenüberstellung des Zeitraums zwischen stationärer Aufnahme und Beauftragung, Beginn der Intervention nach Beauftragung, Beginn und der Dauer bis zur

Entlassung im Mittelwert 61

Abbildung 13: Liegezeit: Tage zwischen Aufnahme bis zur Entlassung 61 Abbildung 14: Tage, die die Patienten stationär verbringen, bevor die sozialarbeiterische Intervention beginnt 61 Abbildung 15: Zeitraum zwischen stationärer Aufnahme und

Beauftragung des Sozialteams 62

Abbildung 16: Zeitraum zwischen Beginn der Interventionen und

Entlassung 63

Abbildung 17: Häufigkeit der Kontakte der Sozialarbeiterinnen 63 Abbildung 18: Dauer der Interventionen in Tagen (Mittelwert) 64 Abbildung 19: Vergleich aller erhobenen Zeiträume in Tagen (Mittelwert) 65

(10)

V

Abbildung 20: Interventionen nach Anforderungsgründen 69 Abbildung 21: Synopsis der problemzentrierten Interviews 80 Abbildung 22: Synopsis der Experteninterviews 93

(11)

VI

Verzeichnis der Anhänge

Anhang 1: Kopf des Kategorieschemas der quantitativen Daten 133

Anhang 2: Transkripte der neun Interviews 134

Anhang 3: Erste Auswertungsphase der problemzentrierten Interviews 187 Anhang 4: Erste Auswertungsphase der Experteninterviews 194

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0. Einleitung1

Berichte zum demografischen Wandel gibt es in einer Vielzahl. Der mittlerweile fast schon inflationäre und von verschiedenen Disziplinen genutzte Begriff Demografie und die Diskussion seiner Folgen (Überalterung, Fachkräftemangel etc.) trifft auf alle Bereiche der Gesellschaft zu, auch auf die Versorgung von Patienten im Krankenhaus.

Das Alter der Menschen nimmt zu, damit steigt auch die Zahl an multimorbiden und chronisch-kranken Patienten. Es eröffnen sich Fragen, welche die häusliche Versorgung und die Unterstützungsmöglichkeiten betreffen.

Die Anforderungen an das Krankenhaus steigen nicht nur in den Bereichen der medizinischen Versorgung an. Vielmehr muss auch die soziale (häusliche und/oder ambulante bzw. vollstationäre) Versorgung sichergestellt werden.

Das System der sozialen Sicherung ist von kontinuierlichen Erweiterungen, Ergänzungen, und Neuregelungen durchzogen. Der Einzelne kann dieses zergliederte System nur schwer durchschauen. Umso notwendiger ist der Bedarf nach einem Ansprechpartner, der im Falle von Pflegebedürftigkeit, Hilfsmittelversorgung, ambulanter Weiterversorgung etc., die medizinische und pflegerische Behandlung im Krankenhauskontext ergänzt. Vor dem Hintergrund, dass Familien auch nicht immer in der gleichen Stadt, im gleichen Bundesland oder sogar im gleichen Land leben, erscheinen diese Leistungen noch dringender in den stationären Kontext integriert werden zu müssen. Ohne Sicherstellung der weitergehenden Versorgung sind Wiedereinweisungen und Drehtürpatienten nicht zu vermeiden. Demnach sollten auch Krankenhäuser die ökonomischen Vorteile durch eine gut in die Behandlungskonzepte und -abläufe integrierte Klinische Sozialarbeit stärker berücksichtigen.

In der Literatur existieren Studien und Aufsätze zur Sozialarbeit im Gesundheitswesen, zur Klinischen Sozialarbeit und zur Krankenhaussozialarbeit. Lücken können aber erstens in der fehlenden wechselseitigen Bezugnahme zwischen Wissenschaft und Praxis gesehen werden. Zweitens ist Sozialarbeit eine Profession, die sich auf verschiedene andere Disziplinen bezieht. Der damit einhergehende generalistische Anspruch der Sozialarbeit ist notwendig für die Bewältigung der komplexen sozialarbeiterischen Aufgaben, schränkt aber auch die Kenntnis

1Zur besseren Lesbarkeit wird darum gebeten, bei Verwendung der männlichen Form im Folgenden immer auch die weibliche Form mit einzubeziehen.

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- 2 -

darüber ein, was Soziale Arbeit eigentlich machen kann und wie sie es macht. Diese Problematik in der Beschreibung ihres Handelns und des Verstehens ihrer Arbeitsweise kann auch für die Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus gelten.

Die vorliegende Arbeit setzt sich daher zum Ziel, diese beiden Lücken ein Stück weit aufzufüllen. Zum einen soll sich theoretisch an Konzepte des Verstehens und Handelns für die Klinische Sozialarbeit angenähert werden, so dass diese in der empirischen Untersuchung reflektiert werden können. Zum anderen soll das empirisch gewonnene Material die Position der Sozialarbeit in den klinischen Behandlungskonzepten diskutieren. Dafür wird die Sozialarbeit im Krankenhaus und deren Position nicht ausschließlich auf Ebene der Psychiatrie oder Somatik2, sondern vergleichend für die jeweilige Beteiligung am Behandlungsprozess untersucht.

Es geht in der vorliegenden Arbeit darum, die Rolle der Klinischen Sozialarbeit im Krankenhaus aus verschiedenen Perspektiven und Methoden zu betrachten, um

Möglichkeiten und Grenzen für deren Integration in klinische Behandlungsprozesse zu erkennen.

Dabei werden folgende Fragen differenziert zu untersuchen sein:

 Wo und unter welchen Bedingungen ist die Integration der wissenschaftlichen Konzepte, d.h. der Gefühlsarbeit und des biopsychosozialen Ansatzes sinnvoll und gewinnbringend für die Klinische Sozialarbeit?

 Wie arbeitet Krankenhaussozialarbeit in der Praxis mit diesen wissenschaftlichen Konzepten und welche Patientengruppe(n) trifft sie dabei an?

 Welche Position hat die Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus und in welchen Bereichen grenzt sie sich von anderen Berufsgruppen ab?

Für eine möglichst schlüssige und zugleich umfassende Beantwortung dieser Fragen, erfolgt die Analyse in folgenden Schritten:

Zur Einführung in die Thematik wird sich das erste Kapitel zunächst der Begriffsverwendung Klinischer Sozialarbeit widmen. Darüber hinaus wird die Sozialarbeit im deutschen Gesundheitswesen diskutiert und einige der zentralen Aufgaben sowie die Adressatenstruktur beschrieben.

2 Unter Somatik werden die Stationen (Innere, Chirurgie, Gynäkologie etc.) in Abgrenzung zur Psychiatrie zusammengefasst.

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- 3 -

Der nächste Schritt umfasst die theoretische Auseinandersetzung:

Kapitel zwei stellt den Entwurf eines Verstehensmodells dar, indem sich auf die „sentimental work“ von Anselm Strauss bezogen und dieses Konzept für die Klinische Sozialarbeit diskutiert wird. Kapitel drei bespricht Konzepte von Gesundheit und Krankheit, um Handlungsmodelle für die Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus zu entwerfen.

Im Vordergrund steht zum einen das biopsychosoziale Modell, welches in Abgrenzung zum biomedizinischen Modell diskutiert wird. Zum anderen die Salutogenese nach Antonovsky, deren Einfluss für die Krankenhaussozialarbeit untersucht werden soll.

Kapitel vier bezieht sich unmittelbar auf die Sozialarbeit in einem ausgewählten Beispielkrankenhaus. Hier werden die theoretischen Konzepte mittels quantitativer Datenerhebung und –auswertung analysiert, indem Bezug zum Patientenspektrum und zum Handeln der Sozialarbeiter genommen wird. Zweitens erlauben die qualitativ gewonnenen Daten, Aussagen zu den Verständigungsstrukturen innerhalb und außerhalb des Krankenhauses. Schließlich werden diese Daten zusammenfassend besprochen, so dass die Position der Klinischen Sozialarbeit in der Eigen- und Fremdwahrnehmung kontrastiert werden kann.

Im fünften Kapitel werden die theoretischen Konzepte mit den empirischen Untersuchungsergebnissen und den Befunden aus der Literatur diskutiert.

Ziel dieser Masterarbeit ist es nicht zuletzt, den hier verfolgten Forschungsgegenstand wissenschaftlich zu analysieren und die theoretischen Betrachtungen für die praktische Arbeit auszuleuchten. Im besten Fall, um den Mehrwert, den die Sozialarbeit im klinischen Behandlungskonzept einnimmt, herauszustellen und darüber hinaus ungenutzte Potentiale aber auch Grenzen aufzudecken.

Diese einführenden Betrachtungen beschließend, stützt sich die Arbeit auf folgende Hypothesen, die im Zuge der Arbeit einer Prüfung und in der Schlussbetrachtung einer Auswertung unterzogen werden:

 Klinische Sozialarbeit ist eine notwendige Ergänzung zur medizinischen und pflegerischen Behandlung und bedarf der umfassenden Integration in stationäre und ambulante Behandlungsprozesse.

 Theoretische Verstehens- und Handlungsmodelle unterstützen die Identitätsfindung der Klinischen Sozialarbeit im Krankenhaus, sowohl für das Eigen- als auch für das Fremdbild und können ihr Profil schärfen.

 Die Wahrnehmung der Krankenhaussozialarbeit von den anderen Berufsgruppen ist unterschiedlich ausgeprägt und mitbestimmend für die Beteiligung an der Patientenversorgung.

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- 4 -

1. Klinische Sozialarbeit im Krankenhaus

„Das Ziel eines jeden, der für andere

Menschen fühlt, sollte sein, ihre

Entwicklung zu fördern, ihre

Kraft zu mehren, ihren Charakter zu stärken…“

(Alice Salomon, 1926)

Ziele dieser einführenden Diskussion sind die Klärung grundlegender Begriffsverwendungen, die Vorstellung der Sozialarbeit im deutschen Gesundheitswesen und ihrer Aufgaben aus verschiedenen Perspektiven sowie die Darlegung der Adressatenstruktur für die Sozialarbeit im Krankenhaus.

1.1 Definition(en) und Gegenstandsbestimmung:

Klinische Sozialarbeit

In der Literatur zeigen sich unterschiedliche Auffassungen, wonach sowohl die synonyme Verwendung als auch die Abgrenzung der Begriffe

„Klinische Sozialarbeit“ und „Krankenhaussozialarbeit“ zu finden ist (vgl.

Bienz/Reinmann, 2003: 16). Im Folgenden soll es daher um eine Annäherung an diese Begriffe und um eine Gegenstandsbestimmung gehen, wobei Krankenhaussozialarbeit in der vorliegenden Arbeit nicht als Trennung von der Klinischen Sozialarbeit verstanden wird. Vielmehr bedarf es Klinischer Sozialarbeit zum Gelingen von Sozialarbeit im Krankenhaus. Während im Krankenhaus die Praxis stattfindet, kann der Rückgriff auf die Klinische Sozialarbeit einen theoretischen und damit auch wissenschaftlichen Zugang ermöglichen, der die PraktikerInnen unterstützt.

Der Begriff Klinische Sozialarbeit stammt aus den USA. „Clinical Case Work“ entspricht in den USA direkten Hilfen für Menschen in Notlagen und bezieht sich nicht nur auf Sozialarbeit im Krankenhaus, sondern beispielsweise auch auf Suchthilfe, Obdachlosenhilfe oder Erziehungsberatung (vgl. Swenson, 1995: 503f.). Der Klinischen Sozialarbeit bzw. der „Clinical Case Work“ integrale Bestandteile sind „Treatment and therapy“, ohne sie jedoch mit Psychotherapie zu verwechseln bzw.

gleichzusetzen (vgl. Geißler-Piltz, 2004: 3).

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- 5 -

Es sollte vielmehr vermieden werden Klinische Sozialarbeit ausschließlich mit der psychologischen Brille zu betrachten oder gar von

„(…) sozialarbeiterischer Psychotherapie (…)“ zu sprechen (Kurlemann/Nau/Weis, 2002: 133).

Eine Fokussierung auf therapeutische Behandlungsweisen birgt zusätzlich die Gefahr, dass die Erfassung der komplexen Lebenswelt der Patienten bzw. Klienten hinter „(…) professionellen Deutungsroutinen (…)“

verschwindet (vgl. Olk, 1986: 209). Das Verstehen der Lebenswelt der Betroffenen, die Exploration des Gesamten zeichnet die Klinische Sozialarbeit gerade aus und kann den Patienten eine notwendige Ergänzung zur medizinischen und pflegerischen Behandlung bieten. Mit Blick auf Deutschland muss berücksichtigt werden, dass es der Klinischen Sozialarbeit an einem klaren Profil fehlt, wie auch die Vielzahl an Definitionen, von denen einige exemplarisch vorgestellt werden, unterstreicht.

Zunächst aber soll der Blick auf das „klinisch“ vor der Sozialarbeit fallen. Ruttert verdeutlicht, dass klinisch auf das griechische kline zurückgeht, was so viel wie Bett oder auch Lager bedeuten kann (vgl. Ruttert, 2012:

333f.). Klinisch drückt den Behandlungscharakter der Sozialarbeit aus (vgl.

u.a. Wendt 1995; Ansen 2000; Mühlum 2002).

Einige Autoren setzen Klinische Sozialarbeit gänzlich mit Behandlung gleich bzw. sehen in der Klinischen Sozialarbeit eine behandelnde Sozialarbeit (vgl. Ningel, 2011: 42). Zudem werden im Besonderen Tätigkeiten betont, welche sich unmittelbar mit einzelnen Personen befassen (vgl. Crefeld, 2002b: 1f.). Klinische Sozialarbeit ist keine bloße Addition von verschiedenen Problemen, sondern setzt diese in Bezug mit- und zueinander.

Feinbier betont diese Leistung der Sozialarbeit im Allgemeinen nochmals, indem der Mensch nicht auf die psychische oder somatische Krankheit reduziert wird, sondern Sozialarbeit unter „(…) dem Getöse des banalen Lebens, den die vielfältige Alltäglichkeit des Seins konstruiert (…)“ agiert (Feinbier, 1997: 17).

Daher ist die Ergänzung von (grundständiger) Sozialarbeit im Krankenhaus mit der Klinischen Sozialarbeit notwendig, ohne dass das eine das andere dominiert. Mit dieser Denkweise kann es im Idealfall nicht zu einer standardisierten Hilfeplanung kommen, nach der bei entsprechend gleicher Krankheit und quasi einem Automatismus folgend, dieselben Unterstützungsangebote folgen.

Auf der Fachtagung der Deutschen Vereinigung für Sozialarbeit im Krankenhaus

(DVSK) im Jahr 1999 präsentierte Wendt Kompetenzen und Arbeitsfelder der Klinischen Sozialarbeit, die den Behandlungserfolg in einem biopsychosozialen Sinne - der im späteren Verlauf der Arbeit besprochen wird – ermöglichen (Wendt, 2000: 4 – 17):

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„Der Aufbau einer persönlichen Beziehung zum Patienten,

die Herstellung und Aufrechterhaltung eines informierten Konsens mit Patienten als Voraussetzung für deren Mitwirkungsbereitschaft (compliance) gerade in schwierigen Fällen,

die psychosoziale Einschätzung einer Lage und Problematik (assessment),

die umfassende Beratung,

die Wahl und Anwendung geeigneter therapeutischer Verfahren im Setting sozialer Dienste und Einrichtungen,

die Informationsgewinnung im gewöhnlichen Lebensfeld von Patienten vor, während und nach medizinischer Behandlung,

die alltagsbezogene Begleitung von Klienten im Lebensumfeld,

die systemische Arbeit, welche die sozialen Kontexte, die emotionale

Dimension und Möglichkeiten der Selbstorganisation mit einbezieht (Systemkompetenz),

die Nutzung des Systems sozialer Sicherung (Netzwerkkompetenz),

die klienten- bzw. patientenzentrierte soziale Anwaltschaft (advocacy),

die Evaluation sozialer Unterstützungs- und Behandlungsprozesse und ihres Erfolges“.

Diese Kompetenzen zeigen, dass die Klinische Sozialarbeit nicht getrennt von der praktischen Sozialarbeit im Krankenhaus untersucht werden kann.

Die Beiträge des Themenheftes „Klinische Sozialarbeit“ - Herausgegeben durch die Blätter der Wohlfahrtspflege - weisen darauf hin, dass Klinische Sozialarbeit nicht auf Sozialarbeit im Krankenhaus reduziert werden kann. Auf den Punkt bringt es darin Pfannendörfer: „Nicht 'Sozialarbeit im Krankenhaus' ist mit dem Begriff der klinischen Sozialarbeit gemeint. Verstanden werden soll darunter vielmehr das spezielle methodische Inventar der Sozialarbeit in der Beratung und Behandlung hilfesuchender Menschen“ (BdW, 9+10/1998: 172).

Pauls bestimmt Klinische Sozialarbeit in einer Arbeitsdefinition als

„Teildisziplin der Sozialen Arbeit, die sich mit schwerwiegenden Leid verursachenden psychosozialen Störungen sowie den sozialen Aspekten psychischer und somatischer Abweichungen, Störungen, Krankheiten und Behinderungen unter Berücksichtigung der Lebenslage der Betroffenen befasst“ (Pauls, 2000).

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Er beschreibt zudem an anderer Stelle, dass die Klinische Sozialarbeit

„(…) die Expertise in der psycho-sozialen Beratung, Behandlung und Prävention bei schweren Belastungen, Krisen und psychischen, sozio- und psychosomatischen sowie chronischen Erkrankungen betont“ (Pauls, 2011:

16).

Hier stellt sich die Frage nach der Reichweite Klinischer Sozialarbeit. Auf das Krankenhaus übertragen, wird ihr Nutzen oftmals für die Psychiatrie hervorgehoben.

Die somatischen Stationen sollten jedoch nicht unberücksichtigt bleiben.

Gerade die Vielzahl an multimorbiden bzw. mehrfach erkrankten Patienten, diejenigen mit chronischen Krankheiten sowie Patienten mit bösartigen Neubildungen, die somatisch behandelt werden, bedürfen sozialarbeiterischer Unterstützung in verschiedenen Bereichen und damit auch der Bezugnahme Klinischer Sozialarbeit.

Die diametrale Auffassung der Klinischen Sozialarbeit gegenüber der Medizin, wonach von Gesundheit anstelle von Krankheit, von einem biopsychosozialen anstelle eines biomedizinischen Behandlungsmodells ausgegangen wird, beschreibt die Notwendigkeit der Ergänzung dieser Inhalte. Gerade auch für die Somatik. So schreibt Geißler-Piltz, dass die Zuständigkeit Klinischer Sozialarbeit in der Beratung und Behandlung chronisch psychischer und somatisch kranker Menschen liegt, die sozial leiden (vgl. Geißler-Piltz, 2004: 1).

Ansen sieht Klinische Sozialarbeit daher als „(…) das systematische und theoretische Dach, unter dem verschiedene Methoden wie Soziale Beratung und Unterstützung, Krisenintervention, sozialanwaltliches Engagement oder praktische Hilfen im Alltag mit dem Ziel integriert werden, die persönlichen und sozialen Lebensumstände eines Menschen so zu verbessern, dass seine psychosoziale Befindlichkeit wieder in ein für ihn erträgliches Gleichgewicht kommt“ (Ansen, 2002: 86).

Klinische Sozialarbeit setzt bei der Person an, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befindet. Im Mittelpunkt stehen Alltag und Lebenswelt der Patienten, die bei der Krankheitsbewältigung unterstützt und motiviert werden sollen (vgl. Geißler-Piltz, 2004: 2 und Greuèl/Menneman, 2006: 19).

Die erfassten Probleme werden nach der Palette sozialarbeiterischer Veränderungsmöglichkeiten und mit besonderer Berücksichtigung der Ressourcen der Patienten ausgewertet (vgl. Ansen, 2002: 101). Die Verknüpfung von Klinischer Sozialarbeit mit der Krankenhaussozialarbeit kann die Realisierung einer integrierten Versorgung voranbringen (vgl.

Ortmann/Schaub, 2002: 9).

Indem der Stellenwert von Sozialarbeit für die integrierte Versorgung auch vor dem Hintergrund der demografischen Alterung der Bevölkerung und der damit einhergehenden wachsenden Zahl chronisch Kranker und

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Pflegebedürftiger sichtbar wird (vgl. Kälble, 2004: 32). Diese Entwicklungen führen zu einer Ausdifferenzierung der Versorgungsstrukturen und -formen und zu immer komplexer werdenden Aufgaben in der gesundheitlichen Versorgung, wodurch gerade die (Schnittstellen-) Kompetenzen der Sozialarbeiter gefragt sind (vgl. Kälble, 2004: S. 32).

Soziale Arbeit zielt stets auf Hilfe zur Selbsthilfe. Das heißt, der Patient im Krankenhaus soll nicht in seiner Rolle des passiv Leidenden verharren. Im Gegenteil sollen er und seine Angehörigen aktiv am Behandlungskonzept beteiligt werden (vgl. Ansen, 2002: 86f.). Ohne seine Mitarbeit bzw. Compliance können sich weder sein Gesundheitszustand noch die nachstationäre Behandlung langfristig verbessern. Gerade darin verzahnen sich Klinische Sozialarbeit und Krankenhaussozialarbeit. Nur wenn der Patient in seinen Kontextfaktoren, seiner biopsychosozialen Umwelt betrachtet und angenommen wird, können seine individuellen Anliegen sach- und personengerecht wahrgenommen und mittels der Instrumente der Sozialarbeit bearbeitet werden (vgl. Ningel, 2011: 43). Mit den Unterstützungsangeboten (z.B. entlastende Gespräche) stellt die Sozialarbeit das Verständnis von Gesundheit und Krankheit für das Individuum in einen notwendigen Zusammenhang.

Barrieren ergeben sich aufgrund der Definition der Krankenhaussozialarbeit nach außen ausschließlich über Beratungsmaßnahmen und Anträge (vgl. Gödecker-Geenen/Weis, 2002: 8).

Klinische Sozialarbeit soll somit nicht zuletzt helfen, der Krankenhaussozialarbeit eine stärkere und ausdrucksvollere Profilierung zu geben, als dieses reduzierte Bild skizziert.

Alles in Allem bestätigt sich das zu Beginn des Kapitels aufgestellte Bild: Sozialarbeit im Krankenhaus ist eine Teildisziplin der Klinischen Sozialarbeit. In der vorliegenden Arbeit wird unter Klinischer Sozialarbeit im Krankenhaus die Verknüpfung zwischen den diskutierten theoretischen Konzepten und der empirisch analysierten Krankenhaussozialarbeit verstanden, so dass keine explizite Trennung in der Begriffsverwendung vorgenommen werden soll und kann.

Für die weitere Forschung zu dieser Thematik wird sich an Pauls angelehnt, der betont, dass die Klinische Sozialarbeit in Bezug auf eine eigenständige sozialarbeiterische Forschung noch immer hinterherhinkt (vgl.

Pauls, 2000: 1). Vor diesem Hintergrund ist es auch von Seiten der Sozialarbeiter selbst nötig, ihre Kompetenzen an die sich wandelnden Bedingungen im Gesundheitswesen anzupassen und immer wieder zu kommunizieren.

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1.2 Soziale Arbeit im deutschen Gesundheitswesen

Der Sozialdienst im Krankenhaus ist ein wesentlicher Pfeiler in der ganzheitlichen Versorgung von Patienten. Diese Aussage lässt sich nach umfassender Literaturrecherche als allgemeingültiger Konsens festhalten.

Umso erstaunlicher scheint es, dass die Sozialarbeit – speziell im Krankenhaus – noch immer nicht selbstverständlich in Behandlungsprozesse integriert wird (vgl. Bienz/Reinmann, 2003: 1 / Hedtke-Becker et al., 2003:

20). Kongresse, Messen und Tagungen sind Foren, auf denen Soziale Arbeit versucht auf sich aufmerksam zu machen und auf ihre Rolle in der Gesundheitsversorgung hinzuweisen, leider sind meist nur Vertreter aus der eigenen Profession dort zu finden (vgl. Crefeld, 2002a: 62).

In den Recherchen zeigt sich, dass Sozialarbeit im Gesundheitswesen auf eine über 100jährige Geschichte zurückblickt (vgl. Hoevels et al., 2000:

76). Crefeld betont, dass es einzelne Sozialarbeiter gibt, die eine wesentliche Position im Behandlungsprozess einnehmen, aber es sind nur Einzelbeispiele (vgl. Crefeld, 2002a). Lediglich vereinzelte wissenschaftliche Projekte wie KISMED - ein Kooperationsmodell für die biopsychosoziale Behandlung chronisch kranker Menschen im internistischen Krankenhaus -, zeigen Versuche für die Gestaltung interdisziplinärer Behandlungsprozesse am Beispiel praktischer Sozialarbeit (vgl. Hedtke-Becker et al., 2003).

Nau beschreibt in seinem Vorwort zu „Klinische Sozialarbeit“: „(…) in einem sich rasant wandelnden Gesundheitswesen stellt sich auch die Frage nach einer neuen Fachlichkeit für Soziale Arbeit in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und dem Gesundheitswesen selbst“ (Nau, 2003: 7). Im Weiteren verdichtet er diese Forderung mit dem Modell der Klinischen Sozialarbeit, welches Antworten eben genau auf diese zitierten Wandlungen geben soll. Das Wesen Klinischer Sozialarbeit zeigt sich darin, dass es die Interdependenz von medizinischen, sozialen, psychosozialen Herausforderungen für das Individuum erkennt, be- und aufgreift (vgl. Ansen, 2002: 84).

In der Gesundheitspolitik dominieren mehrheitlich Kostenfragen, so dass kostenaufwändige Maßnahmen nur bei nachweislicher (kostensenkender) Wirksamkeit Chancen zur Etablierung finden.

In der (Sozial-)Wissenschaft stehen gesundheitspolitische Fragen auch unter einem anderen Fokus (vgl. Ansen, 2002: 96).

Hier geht es um die Wahrung der Daseinsfürsorge, die sich auf die Gesundheitsvorsorge, die Krankheitsbehandlung und die Krankheitsfolgen bezieht (vgl. Ansen, 2002: 96). Dass es der Sozialarbeit nicht ausschließlich um ökonomische Aspekte gehen kann, sondern vorrangig darum, die Lebensqualität von Menschen zu fördern, ist unstrittig. Die Messbarkeit und

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Standardisierbarkeit dieser Leistungen und der Ergebnisse ist dabei nicht immer einfach.

Umso wichtiger erscheint es, dass das Gesundheitswesen bedarfsgerechte Angebote ermöglicht, wonach die unterschiedlich in ihm tätigen Berufsgruppen integrierte Versorgungsmaßnahmen realisieren können (vgl. Ansen, 2002: 96). Derartige Beispiele benennt Hurrelmann, indem er die psychosoziale Begleitung und Beratung, die Förderung von Selbsthilfegruppen, die Gesundheitserziehung und –aufklärung sowie die Sicherung durch sozialrechtliche Leistungen im Gesundheitswesen für die Krankenhaussozialarbeit herausstellt (vgl. Hurrelmann, 2000: 180f.).

Im Sozialgesetzbuch lässt sich die Klinische Sozialarbeit vor allem mit den psychosozialen und soziotherapeutischen Leistungen verdeutlichen.

So beschreibt SGB V §37a, dass „Versicherte, die wegen schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen, Anspruch auf Soziotherapie haben, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist“ (SGB V

§37a). Soziotherapie gehört primär zur Klinischen Sozialarbeit und soll den Patienten den Umgang für die Bewältigung eines komplexen Alltags erleichtern (vgl. Dieplinger, 2008: 67). Darüber hinaus sind Krankenhäuser nach SGB V §11 Abs. 4 zum Versorgungsmanagement verpflichtet, in dem sie die im System der sozialen Sicherung notwendigen Koordinierungs- und Kooperationsaufgaben sicherstellen (vgl. DVSG, 2013). In diesem Versorgungsmanagement nimmt die Sozialarbeit die Rolle des Schnittstellenmanagements zwischen Leistungsträgern und Leistungsempfängern ein.

Sozialarbeiter kennen die individuellen Gegebenheiten der Lebenssituation des Patienten und wissen über die Möglichkeiten und Grenzen sozialer Sicherungssysteme Bescheid, so dass ein tragfähiges soziales Unterstützungsnetz errichtet werden kann. Woraus sich wiederum ökonomische Vorteile für das Gesundheitssystem ergeben, weil Wiedereinweisungen vermieden werden können.

Nau und Gödecker-Geenen verweisen allerdings auf Probleme für die koordinierenden Aufgaben im Hinblick auf die gegenwärtigen Gegebenheiten im Gesundheitssystem. Sie schreiben vom „(…) verwalteten Patienten (…)“, für den die verfügbare Zeit immer kürzer wird, die Verwaltungsarbeit hingegen zunimmt (Nau/Gödecker-Geenen, 2003: 10). Der Übergang vom Krankenhaus in die nachstationäre Versorgung ist in dem gegliederten System der Sozialversicherungen nicht ohne Barrieren möglich. Alle vorgeschlagenen Maßnahmen von Seiten der Sozialarbeiter bedürfen einer Prüfung und Entscheidung der Kostenträger (vgl. Nau/Gödecker-Geenen, 2003: 11). Diese Hürden bedeuten für die Entlassungsplanung durch die Sozialarbeiter oftmals

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Zeitverzögerung und benötigen langfristige Planungen bzw. eine frühzeitige Einschaltung in die stationäre Behandlung.

Ein allgemeingültiges Konzept für die nachstationäre patientenorientierte Versorgung existiert gegenwärtig nicht (vgl.

Nau/Gödecker-Geenen, 2003: 11). Die Einführung der DRGs (Diagnosis- Related-Groups) bzw. der Fallgruppen setzt die Krankenhäuser zusätzlichem ökonomischem Druck aus. Hier konkretisiert sich zudem die (neue) Verantwortlichkeit des Sozialarbeiters im Krankenhaus, die in erster Linie in einem reibungslosen Entlassungsmanagement zu liegen scheint.

Spindler formuliert „(…) der Krankenhaus-Sozialarbeiter wird auf diese Weise zu einem wichtigen Partner des Managements und der Steuerung des Unternehmens“ (Spindler, 2000: 26). Das Vergütungssystem der Fallgruppen ist leistungsorientiert und pauschalisiert, so dass Heuft von vorhersagbaren Konflikten in der Zusammenarbeit von Sozialarbeit und Medizin im Krankenhaus spricht, wenn nicht auch die Komplexität und Komorbidität der Patienten in diesem System abgebildet werden können (vgl.

Heuft, 2001: 158).

Heuft betont weiter, dass sich das Krankenhaus der Gefahr bewusst werden sollte, dass es sich zu einem „(…) seelenlosen somatischen Reparaturbetrieb“ entwickelt, wenn die korrekte und vollständige Abbildung psychischer und sozialer Umstände unterbleibt (Heuft, 2001: 158). Zugleich sieht er es als Aufgabe der Sozialarbeit eine bundesweit einheitliche Leistungsdokumentation zu etablieren und diese für die Prozessqualität zu nutzen und daraus zusätzlich die Abbildung der Ergebnisqualität zu ermöglichen. Die Position der Sozialarbeiter sowohl im Krankenhaus als auch in der Zusammenarbeit mit externen Stellen sieht Heuft somit aufgewertet, indem sie konkretes empirisches Material besitzen, um Leistungen zu beweisen und Forderungen zu begründen (vgl. Heuft, 2001: 159). Dennoch muss differenziert werden. In der Literatur aber auch in der Praxis kann festgestellt werden, dass im Besonderen die Sozialarbeit in der Psychiatrie bereits fest in Behandlungskonzepten verankert ist. In der Literatur wird dies auch für die Geriatrie benannt (vgl. Hoevels, 2000: 76). Im Gesamten müssen strukturelle Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen, welche die Arbeitsbedingungen für die Sozialarbeiter erschweren, berücksichtigt werden.

Zum einen ist die sinkende Verweildauer der Patienten zu nennen; zum anderen die zunehmenden ambulant durchgeführten Behandlungen, so dass für eine eingehende soziale Diagnostik und Hilfeplanung kaum ausreichend Raum zur Verfügung steht.

Meines Erachtens können drei Entwicklungen an dieser Stelle exemplarisch genannt werden, die die Notwendigkeit der Integration sozialarbeiterischen Kompetenzen in die klinischen Behandlungskonzepte verdeutlichen:

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Zunächst die Fortschritte in der Medizin mit verbesserten technischen Mitteln, Medikamenten etc.. Diese verhelfen heute einer Vielzahl von Menschen zu einem Mehr an Lebensqualität und zu einer Zunahme des Lebensalters. Chronische Krankheiten, wie Mukoviszidose, die vor Jahren noch einen frühen Tod bedeuteten, können heute zumindest in dem Maße behandelt werden, dass sie dem Betroffenen ein längeres, angenehmeres Leben ermöglichen. Diese medizinischen Errungenschaften führen darüber hinaus auch dazu, dass eben diese Patienten sich Gedanken um ihre Zukunft und Lebensplanung machen können. Trotzdem erleben chronisch Kranke häufige Aufenthalte in Krankenhäusern und brauchen Ansprechpartner für soziale Unterstützungsangebote.

Zweitens muss die Zunahme des Lebensalters gesondert erwähnt werden. Die Patienten beispielsweise auf den inneren Stationen sind kaum unter 50 Jahre alt. Nicht wenige leiden unter Demenz oder sind multimorbide.

Zusätzlich lebten viele bis vor ihrer stationären Aufnahme allein und brauchen nun eine umfassende Entlassungsplanung. Abbildung 1 verdeutlicht die Altersstruktur auf der inneren Station im untersuchten Beispielkrankenhaus.

Es wird deutlich, dass die Mehrheit (n =66) der Patienten über 60 Jahre alt ist.

Patienten unter 60 Jahre befinden sich dagegen kaum bis gar nicht darunter.

Abbildung 1: Altersverteilung auf der inneren Station des Beispielkrankenhauses (n=88)

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Innere

Zahl der Patienten

über 80 60-80 40-60 18-40

Quelle: eigene Darstellung, statistisches Material anhand der Auswertung im Beispielkrankenhaus erschlossen.

Ortmann und Schaub betonen, dass vor diesem Hintergrund chronische Krankheiten eine noch größere Rolle im Gesundheits- und Sozialsystem spielen werden, welches gegenwärtig nur unzureichend darauf vorbereitet ist (vgl. Ortmann/Schaub, 2002: 1).

Zum Dritten nimmt die Zahl an psychischen Erkrankungen aber auch an Suchterkrankungen zu, so dass Sozialarbeiter hier wiederum mit ihrer Schnittstellenkompetenz und Lebensweltorientierung gefragt sind, um eine dauerhafte Überwindung der Erkrankung(en) zu unterstützen.

Unter dieser Berücksichtigung sollte Sozialarbeit als Schnittstellenmanagement sowohl in der Somatik als auch in der Psychiatrie eine Aufwertung im Gesundheitswesen erfahren (vgl. Gödecker-Geenen/Weis, 2002: 13).

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