E M I SS I O N E N
G regor Brose, Eberhard Hartung und Thomas Jungbluth, Hohenheim
Schadgasemissionen
Ta g eszeitl i c h e Einflü sse bei e i n e m frei b e l üftete n M i l c hviehsta l l
Die Rinder- und Milchviehhaltung emittiert neben Ammoniak (NH3) und Gerüchen auch klimarelevante Gase (C H
4und C02) in die Um
welt. Kontinuierlichen Messungen auf einem Praxisbetrieb mit Schwerkraftlüftung (Schachtlüf
tung) zeigten, dass die Emissionen tageszeitliehen Einflüssen unterlie
gen. Die Freisetzung von Ammoni
ak aus den Exkrementen wird im Wesentlichen von den Witterungs
bedingungen und der hiervon ab
hängigen Luftströmung im Stall be
einflusst. Demgegenüber werden erhöhte Emissionen von Kohlen
dioxid und Methan unabhängig von den Umgebungsbedingungen während der Fütterungszeiten fest
gestellt.
D ipl.-lng. G regor Brose ist wissenschaftlicher Mitarbeiter, Dr. Eberhard Hartung ist wissenschaftli
cher Assistent und Prof. Dr. Thomas Jungbluth ist Leiter des Fa chgebietes Verfahrenstechnik in der Tierproduktion und landwirtschaftliches Bauwesen am Institut für Agrartechnik der Universität Hohen
heim, Garbenstr. 9, 70599 Stuttga rt, e-mail: gbrose@uni-hohenheim.de
Schlüsselwörter
Emissionen, Ammoniak, klima relevante Gase, freie Lüftung, Milchviehhaltung
Keywords
Emissions, ammonia, greenhause gases, natural ventilation, dairy housing
U
m die tageszeitliehen Einflüsse auf die Emissionen von NH3, CH4 und C02 aus der Milchviehaltung zu bestimmen, wurden kontinuierliche Emissionsmessungen in einem Liegeboxenlaufstall für rund 55 Milch
kühe und 20 Färsen durchgeführt. Im Lauf
bereich war Spaltenboden verlegt. Die anfal
lenden Exkremente gelangten nach dem Treibmistprinzip in das außen liegende Flüs
sigmistlager. Die bis zu 1 2 cm breiten Zuluftöffnungen der Schwerkraftlüftung (Schachtlüftung) befanden sich traufseitig, wobei 3 Meter lange Luftleitplatten das tie
fere Eindringen der Zuluft in den Stall be
wirken. Als Abluftöffnungen dienten vier je 1 m2 und drei je 0,2 m2 große Abluftschäch
te in der Stallmittelachse. Eine ausführliche Beschreibung des Versuchsstalles und der verwendeten Messtechnik ist dem vorausge
gangenen Artikel in der Landtechnik l /98, S.
32 - 33, zu entnehmen.
Einflüsse auf das Lüftungssystem In Ställen mit Schwerkraftlüftung ist der Vo
lumenstrom in starkem Maße von der Wind
geschwindigkeit und der Temperaturdiffe
renz zwischen Stallinnen- und -außenluft abhängig. Bei Windstille beträgt der Abluft
volumenstrom des untersuchten Stalles etwa 1 1 000 bis 1 3000 m3/h, bei hohen Windge
schwindigkeiten kann er auf über 30000 m3/h zunehmen. Der relativ schwache, posi
tive Einfluss der Temperaturdifferenz auf die Höhe des Volumenstroms ist nur bei niedri
gen Windgeschwindigkeiten unter 1,5 rnls
2000 1750 Bild 1: Erhähte E g; 1500 COrKonzentra- ·=
tionen in den c 0 1250 Zuluftäffnungen .. f 1000
bei Auftreten 1:
von Lecksträ- Cl) N c 750 men � 0
es
500Fig. 1: Higher (..) COrconcentra- 250
festzustellen. Des Weiteren ist ein deutlicher Einfluss der Windrichtung auf die Höhe der Volumenströme durch die einzelnen Abluft
schächte festzustellen. Bei südlicher Anströ
mung des Stalls weist der nördliche Abluft
schacht N l einen vielfach höheren Volu
menstrom als die Schächte N2 bis N4 auf, bei westlicher Windrichtung werden deut
lich höhere Volumenströme durch die Schächte N2 bis N4 gefördert. Entsprechend der windrichtungsabhängigen Verteilung der Volumenströme durch die verschiedenen Abluftschächte stellen sich im Stall unter
schiedliche Luftströmungen ein, die einen erheblichen Einfluss auf die Höhe der NH3- Freisetzung aus den Exkrementen haben.
Während der Messungen zeigte sich, dass unter bestimmten Bedingungen auch durch die Zuluftöffnungen ein Teil der Emissionen aus dem Stall entwich. Diese Leckströme konnten durch eine gegenüber der Hinter
grundkonzentration erhöhte C02-Konzen
tration in den Zuluftöffnungen nachgewie
sen werden (Bild 1). Die Leckströme traten insbesondere bei hohen Windgeschwindig
keiten oder bei niedrigen Temperaturdiffe
renzen zwischen innen und außen (etwa tagsüber an heißen Sommertagen) auf. Eine Abschätzung der Höhe des Leckvolumen
stroms und damit der L eckemissionen ist je
doch nur schwer möglich. Bei festgestellten Leckströmen wurden Emissionsdaten nicht zur Auswertung herangezogen.
Einflüsse auf die Emissionen
Die kontinuierliche Erfassung von Konzen
trationen und Volumenstrom ermöglichte die Aufzeichnung des tageszeitliehen Verlaufs der NH3-, CH4- und C02-Emissionen.
Es zeigte sich, dass die Höhe der NHJ
Emissionen im Tagesverlauf teilweise erheb
lich schwankt. Dies kann auf die Schwan
kungen der Einflussfaktoren auf die NH3- Freisetzung zurückgeführt werden. Sowohl die Stallinnentemperatur als auch die Luft
strömung im Stall kann sich bei freier Lüf-
Literaturhinweise sind vom Verlag unter LT 99210 erhältlich oder ü ber I nternet http://www.landwirt
schaftsverlag.com/landtech/local/fliteratur.htm abrufbar.
tions in the
incoming air 0 �---4---4---�---+ o during /eak 8.3.97 0:00 8.3.97 12:00
flows
1 1 0
9.3.97 0:00 Datum/Zeit
9.3.97 12:00 10.3 97 0:00
54. J a hrgang LANDTECH N I K 2/99
40Tr==��==����==�����--�-----, 60
__.,__ c NH3 unter Spaltenboden/under s/atted f/oor
--+-- T Zu/uft/incoming air -NH3·Emlsslon
o +---4���L_�---������ o
Bild 2: Zeitlicher Verlauf von Ammoniakemis
sion, Ammoni·
akkonzentration unterm Spalten
boden und Zulufttempera
tur an zwei Tagen 1 2.4.97 1 2:00 13.4.97 0:00 1 3.4.97 1 2:00 1 4.4.97 0:00 1 4.4.97 1 2:00
Zeit/time
Fig. 2: Course of the dav of ammonia emissions, ammonia concentration und er the slatted f/oor and the temperature of the incoming air an two davs
25 �--�,---�----.---r---�---.----.---r 1 000
800 Bild 3: Tages-
�
verlauf der CH4·.5 und GOr
c Emissionen
·0 u;
gemittelt über
"'
·e
400 w acht Tage im
... Dezember
(,) :t:
Fig. 3: Course of the dav of CH4·
-o--C02-Emission ...,... DatenanzahVnumber of data -<>-CH4·Emission
und GOr
o o:oo 3:oo e:oo t= == � == � == =+==�
9:00 12:00� ==�
1 5:00==
1 8:00� == �===+ 21:oo o:oo o
emissions meanTageszeit/time of day over eight days
'---l in december
- Dez 97 -Jan 98
5 +---+---�---r----+----+----+---�---1 Bild 4: Mitterer
Tagesverlauf der GOrEmissio
nen zu verschie
denen Jahres
zeiten Fig. 4: Mean dailv course of
0 .J---+---+---+----+----+----+---1---1 the COremissi-
o:oo 3:oo s:oo 9:00 1 2:oo 1 5:oo 1 8:00 21 :oo
o:oo
ans duringTageszeit/time of day different
L---__J seasons tung aufgrund variierender äußerer Witte
mngsbedingungen kurzfristig ändern und damit zu einer Veränderung der Emissions
höhe führen. Darüber hinaus kann eine NH3- Freisetzung auf dem Flüssigmistkanal zu ei
ner Erhöhung der NH3-Emissionen fuhren.
Zur Verdeutlichung ist der Verlauf der NH3- Emissionen über zwei Tage im April in Bild 2 dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die NH3-Emissionen in den Abendstunden zu
nehmen. Gleichzeitig kann auch eine rapide Abnahme der Ammoniakkonzentration un
ter dem Spaltenboden festgestellt werden.
Dies ist ein Hinweis dafür, dass in den Abendstunden ein erhöhter Luftaustausch
54. Jahrgang LANDTECHNIK 2/99
durch die Spalten einsetzt, der zur vermehr
ten Freisetzung von Ammoniak aus dem Flüssigmistkanal führt. Als Ursache für den erhöhten Luftaustausch durch die Spalten kann die abends kälter werdende Zuluft an
gesehen werden, die aufgrund ihrer höheren Dichte durch den Spaltenboden in den Flüs
sigmistkanal gelangt [ 1 ] . Eine abendliche Emissionszunahme ist jedoch nur an Tagen festzustellen, wenn die Zulufttemperatur deutlich kleiner als die Stalltemperatur ist.
In Bild 3 sind die mittleren Tagesverläufe der CH4- und COz-Emissionen von acht Ta
gen im Dezember 1 997 dargestellt. Die Tage waren windarm (mittlere Windgeschwindig-
keit: 1 m/s) und kalt (mittlere Außentempe
ratur: -2 °C). Durch das Auftreten von Leck
strömen ist die Datenanzahl für die Mittel
wertsbildung zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich. Die COz- und CH4-Emis
sionen zeigen einen synchronen Tagesver
lauf Zu den Hauptfütterungszeiten um 7 :00 und um 1 8:30 Uhr zeigen sich charakteristi
sche Emissionszunahmen. Ein weiterer Peak der CH4- und COz-Emissionen zwischen 1 3 :00 und 1 5 :00 Uhr ist irrfolge eines unein
heitlichen Fütterungsbeginns nicht so deut
lich. An einem einzelnen Tag können die Emissionen während der Fütterung bis zu 50% ansteigen, aufgrund zeitlicher Ver
schiebungen der Fütterungszeit von Tag zu
Tag fällt der Emissionsanstieg bei einer Mit
telung über acht Tage jedoch niedriger aus.
In den frühen Morgenstunden treten irrfolge geringer Aktivität der Tiere die niedrigsten Emissionen auf. Bild 4 zeigt die mittleren Tagesverläufe der COz-Emissionen in vier verschiedenen Monaten (gemittelt aus acht Tagen im April, 22 Tagen im Juni, acht Tagen im Dezember, 1 6 Tagen im Januar). Zu allen Jahreszeiten ist eine Zunahme der C02-
Emissionen zu den Fütterungszeiten deut
lich. Die Höhe der COz-Emissionen ist in den verschiedenen Monaten vergleichbar, nur im Juni treten tagsüber geringere C02- Emissionen auf. Dies ist wahrscheinlich auf Leckströme zurückzuftilu·en, die gerade in den Sommermonaten wegen der geringen Temperaturdifferenz vermehrt auftreten, an den vorhandenen Zuluftrnessstellen aber nicht festzustellen sind. Für die CH4-Emis
sionen ergibt sich ein dem C02-Emissions
verhalten entsprechender Zusammenhang.
Zusammenfassung
Zeitlich und räumlich variierende Abluftvo
lumenströme in einem frei belüfteten Stall erfordern zur Emissionsbestimmung eine kontinuierliche Volumenstrommessung in jeder Abluftstelle. Bei hohen Windge
schwindigkeiten oder einer geringen Tempe
raturdifferenz zwischen innen und außen können Leckströme durch die Zuluftstellen auftreten, was zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Emissionen fuhren würde. Die Ammoniakemission wird im Tagesverlauf neben dem Temperatureinfluss stark von ei
ner veränderten Luftströmung beeinflusst.
Relativ kalte und nach unten strömende Zu
luft kann in der Nacht zu einem vermehrten Luftaustausch durch den Spaltenboden und damit zu einer zusätzlichen NH3-Freiset
zung aus dem Flüssigmistkanal führen, was ebenfalls die NH3-Emission erhöht. Demge
genüber zeigen die Emissionen von C02 und CH4 einen typischen und synchronen Tages
verlauf mit während der Fütterung um bis zu 50% erhöhten Emissionswerten.
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