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Archiv "Checklisten zur Fehlervermeidung im Operationssaal" (19.10.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 42

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19. Oktober 2012 693

M E D I Z I N

EDITORIAL

Checklisten zur Fehlervermeidung im Operationssaal

Alexandra Busemann, Claus-Dieter Heidecke

Editorial zum Beitrag: „Surgical

Safety Checklist“

der Weltgesund - heits organis ation:

Auswirkungen auf Kompli - kationsrate und interdiszipli näre

Kommunikation von Fudickar, et al. auf den folgenden Seiten

möglicherweise nicht. So werden insbesondere bei Ein- griffen kleineren und mittleren Schwierigkeitsgrades Patienten häufig nicht vom selben Arzt durchgehend betreut, Prämedikation und Narkose oder Aufklärung und Operation werden von unterschiedlichen Anästhe- sisten beziehungsweise Chirurgen vorgenommen. Die- se Situation erhöht das Risiko für Patienten nicht nur wegen der Gefahr von Verwechselungen, sondern ins- besondere auch wegen des möglichen Informationsver- lustes beträchtlich. Aus Sicht der Prozessorientierung wäre es daher wünschenswert, wenn der Operateur sei- nen Patienten präoperativ persönlich sieht und die Ope- rationsindikation bestätigt, wenn auch nicht notwendi- gerweise aufklärt. Dies ist zumindest die Auffassung der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft für Qualität und Sicherheit in der Deutschen Gesellschaft für Chir - urgie (DGCh). In diesem Sinne sollten unseres Erach- tens zukünftige Checklisten diese Schnittstellenproble- matik aufnehmen, zum Beispiel durch die Einführung weiterer Säulen im perioperativen Bereich. Allerdings ist ein solches Vorgehen mit erheblichen organisatori- schen Problemen verbunden, etwa bei Patienten, die am Wochenende zur Operation von einem Arzt aufge- nommen wurden, der zum Operationszeitpunkt nicht mehr im Dienst ist.

Einführung einer präoperativen Säule

Die holländische Arbeitsgruppe um deVries und Boermeester hat den gesamten chirurgischen Be- handlungsprozess in einer Checkliste (SURPASS) abgebildet (5). Im Ergebnis konnte eine signifikante Absenkung der peri- und postoperativen Morbidität verzeichnet werden. Die Umsetzung einer solchen hochkomplexen Checkliste ist ausgesprochen auf- wendig und sicher nicht mittelfristig flächendeckend in Deutschland zu erreichen. In Anlehnung an diesen Prozess kann diese Lücke aber über die Einführung einer präoperativen Säule geschlossen werden (6).

Die Autoren beschreiben die erfolgreiche Imple- mentierung der Checkliste am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Campus Kiel), die zunächst in einer einzelnen Klinik (Mund-, Kiefer- und Ge- sichtschirurgie) erfolgte. Auch in Greifswald wurde die OP-Checkliste zunächst in den allgemeinchirur- gischen OP-Sälen eingeführt und systematisch an- hand der eigenen Erfahrungen, eines Audits sowie der Akzeptanz der Mitarbeiter adaptiert. Wir mach- ten die Erfahrung, dass die Originalcheckliste an

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spekte des Qualitäts- und Risikomanagements gewinnen in der medizinischen Praxis seit etwa zehn Jahren zunehmend an Bedeutung. So hatten Haynes et al. in einer wegweisenden Studie, publi- ziert 2009 im New England Journal of Medicine, den Effekt einer von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelten Checkliste zur Fehlervermei- dung im Ablauf chirurgischer Eingriffe untersucht und eine signifikante Reduktion der operationsbe- dingten Letalität und Morbidität nachgewiesen (1).

Diese Ergebnisse führten zu der Empfehlung, unter anderem durch die deutschen Fachgesellschaften, der generellen Einführung der Checkliste bei allen operativen Interventionen. Zurzeit ist es nicht belegt, in wie vielen Kliniken die OP-Checkliste in Deutschland implementiert ist.

Auf der WebSeite der WHO sind nur Kliniken zu finden, die sich aktiv dort registriert haben, insofern ist der aktuelle Stand der Einführung sicher unterre- präsentiert (2). In dieser Ausgabe des „Deutschen Ärzteblattes“ haben die Autoren Fudickar et al. (3) die aktuelle Literatur bezüglich der „Auswirkungen der Surgical Safety Cecklist der WHO auf Kompli- kationsrate und interdisziplinäre Kommunikation“

umfassend dargestellt und insbesondere die sich daraus ableitenden Veränderung der Sicherheitskul- tur in der OP-Phase eines Krankenhausaufenthalts subtil herausgearbeitet. Die Autoren kommen dabei zu positiven Ergebnissen, die Ansporn für eine flä- chendeckende Einführung dieses Instruments sein sollten.

Checkliste sollte individuell angepasst werden

Die WHO hat die OP-Checkliste in drei Säulen (vor Narkoseeinleitung, vor Hautschnitt und am OP-Ende) konzipiert, um bestimmte, perioperativ vorkommende Fehler („common killer“) abzuwenden. Die Checkliste kann somit nicht umfassend sein und soll nach den Empfehlungen der WHO explizit an die lokalen Ver- hältnisse angepasst werden. Damit ist jede adaptierte Checkliste definitionsgemäß „work in progress“ ohne Anspruch auf Ewigkeitsgeltung. Da eine gute Check- liste kein Zufall ist, müssen alle Varianten der OP- Checkliste nach Regeln erstellt werden (4). Gerade in einer modularisierten Arbeitswelt genügt eine direkte Übertragung der WHO-OP-Checkliste den Ansprüchen an sichere Schnittstellen in der perioperativen Phase

Klinik für Chirurgie, Universitätsmedizin Greifswald:

Dr. med. Busemann, Prof. Dr. med.

Heidecke*

*Vorsitzender Chirurgische Arbeitsgemeinschaft

für Qualität und Sicherheit (CAQS)

in der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCh)

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mehreren Punkten an die hiesigen Verhältnisse ange- passt werden sollte. So wird zum Beispiel in Deutschland die respiratorische Funktion bei nahezu jeder interventionellen oder operativen Prozedur von einem Pulsoxymeter überwacht. Daher ist bei uns die Überwachung der Sauerstoffsättigung ein automati- sierter Vorgang, der nicht fehlerträchtig erscheint und somit nicht Bestandteil der Checkliste sein soll- te. Außerdem sind wir in Greifswald zu der Überzeu- gung gekommen, dass die alleinige Markierung der Seite beziehungsweise des OP-Orts nicht ausreicht, um den Patienten „unverwechselbar“ zu machen (6).

Die Markierung der Schnittführung oder der Trokar- platzierung ist charakteristischer und bezieht den Pa- tienten bezüglich der Kommunikation intensiver in den Behandlungsablauf ein (ermöglicht dem Patien- ten Rückfragen bei Unklarheiten).

Auch in der Literatur ist es nicht belegt, wie die gerade in der Einführungsphase der Checkliste oft- mals verminderte Compliance (Vollständigkeit der Bearbeitung) verbessert werden kann ([7] und eigene Erfahrungen). Die Kieler Kollegen nutzen einen

„Checklisten-Koordinator“ für den Part des „Team- Time-Outs“. Mit zunehmender Erfahrung wird die Durchführung des „Time-Outs“ von allen Berufs- gruppen eingefordert und zu einer Selbstverständ- lichkeit. Die Rolle eines solchen Koordinators könn- te dann überflüssig werden. Essenziell zum Errei- chen fachübergreifender Akzeptanz ist die Kommu- nikation aller beteiligten Fächer sowie aller Berufs- gruppen (8).

Konzept der Behandlungsstrukturierung durch Klinikpfade

Haben wir damit bereits erfolgreich das Ende der Feh- lerprävention erreicht? Die Autoren diskutieren die Einführung nacheinander geschalteter Checklisten für die verschiedenen Bereiche beziehungsweise Module in der perioperativen Medizin. Ähnlich hat bereits Atul Gawande (9) in seinem lesenswerten Buch „The Checklist Manifesto“ argumentiert, wenn man in un- serer hochkomplexen Medizinwelt die Risiken im je- weiligen Diagnose- und Behandlungssegment syste- matisch adressieren möchte. Daher hat die Arbeits- gruppe um Gawande ein weitergehendes Checklisten- Paket für intraoperativ eintretende Krisensituationen vorgeschlagen (10). Diese Bündelung von Maßnah- men und Handlungsabläufen entspricht dem Konzept der Behandlungsstrukturierung durch Klinikpfade (11). Hier schließt sich eigentlich der Kreis, wenn man einen chirurgischen Krankenhausaufenthalt pro- zessorientiert abbildet. Struktur und Prozesse bedin-

gen die Ergebnisqualität, klinisches Risikomanage- ment ist elementarer Teil des Qualitätsmanagements.

Interessenkonflikt

Prof. Heidecke erhielt Honorare für die Vorbereitung von wissenschaftli- chen Fortbildungsveranstaltungen von Johnson & Johnson und der Aescu- lap-Akademie.

Dr. Busemann erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

LITERATUR

1.Haynes AB, Weiser TG, Berry WR, et. al.: Safe Surgery Saves Lives Study Group: A surgical safety checklist to reduce morbi- dity and mortality in a global population. N Engl J Med 2009;

360: 491–9.

2. Surgical Safety Web Map: http://maps.cga.harvard.edu:

8080/Hospital/# (last accessed on 7 July 2012)

3. Fudickar A, Hörle K, Wiltfang J, Bein B: Auswirkungen der Surgical Safety Checklist der WHO auf Komplikationsrate und interdiszip- linäre Kommunikation. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(42): 695−701 4. Weiser TG, Haynes AB, Lashoher A, et al.: Perspectives in

quality: designing the WHO Surgical Safety Checklist. Int J Qual Health Care 2010; 22: 365–70.

5. de Vries EN, Prins HA, Crolla RM, et al.: Effect of a comprehen- sive surgical safety system on patient outcomes. N Engl J Med 2010; 363: 1928–37.

6. Busemann A, Schreiber A, Heidecke CD: Einführung von Opera- tionschecklisten als Teil des Risikomanagements. Sind harte Da- ten zur Komplikationsvermeidung verfügbar? Chirurg 2012; 83:

611–6.

7. Levy SM, Senter CE, Hawkins RB, et al.: Implementing a surgical checklist: More than checking a box. Surgery 2012; Jul 6 [Epub ahead of print].

8. Walker IA, Reshamwalla S, Wilson IH: Surgical safety checklists:

do they improve outcomes? Br J Anaesth 2012; 109: 47–54.

9. Gawande AA: The checklist manifesto – how to get things right.

New York: Picador-Verlag, 2009.

10. Ziewacz JE, Arriaga AF, Bader AM, et al.: Crisis checklists for the operating room: development and pilot testing. J Am Coll Surg 2011; 213: 212–7.

11. Schwarzbach M, Ronellenfitsch U: Klinikpfade in der Chirurgie – ein Instrument für den Routinebetrieb? Dtsch Arztebl 2008;

105(47): A 2512–6.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Claus-Dieter Heidecke, MBA Klinik für Chirurgie,

Abteilung für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Ferdinand-Sauerbruch-Straße 17475 Greifswald heidecke@uni-greifswald.de

Safety Checklists in the Operating Room

Zitierweise

Busemann A, Heidecke CD: Safety checklists in the operating room.

Dtsch Arztebl Int 2012; 109(42): 693−4.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0693

@

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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