ORIGINALARBEIT
Antipsychotika-Verordnungen bei Kindern und Jugendlichen
Auswertung von Daten einer gesetzlichen Krankenkasse für den Zeitraum 2005–2012 Christian J. Bachmann, Thomas Lempp, Gerd Glaeske, Falk Hoffmann
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Trotz begrenzter Datenlage zu Langzeitwirkungen und -nebenwir- kungen haben Antipsychotika in den vergangenen Jahren in den USA und Europa zunehmend Eingang in die Behandlung von Kindern und Jugendlichen gefunden. Zu Verordnungen in diesem Altersbereich liegen für Deutschland kei- ne aktuellen Daten vor.
Methoden: Aus Daten der größten gesetzlichen Krankenversicherung (BARMER GEK) wurden Antipsychotika-Verordnungen für Kinder und Jugendliche (Alter:
0–19 Jahre) über die Jahre 2005–2012 identifiziert und nach Alter, Geschlecht, verordneter Substanz, verschreibender Facharztgruppe und zeitlichen Trends analysiert.
Ergebnisse: Der Anteil an Kindern beziehungsweise Jugendlichen, denen ein Antipsychotikum verordnet wurde, stieg von 0,23 % (2005) auf 0,32 % (2012).
Insbesondere nahmen die Verordnungen atypischer Antipsychotika zu (0,10 % auf 0,24 %). Der Zuwachs an Antipsychotika-Verschreibungen war in der Al- tersgruppe der 10- bis 14-Jährigen (0,24 % auf 0,43 %) und der 15- bis 19-Jährigen (0,34 % auf 0,54 %) besonders ausgeprägt. Die meisten Verord- nungen erfolgten durch Kinder- und Jugendpsychiater oder Kinderärzte; die am häufigsten verschriebenen Substanzen waren Risperidon und Pipamperon. Ris- peridon wurde am häufigsten bei Patienten mit hyperkinetischen Störungen und Störungen des Sozialverhaltens verschrieben.
Schlussfolgerung: Wie in anderen Industriestaaten haben auch in Deutschland in den vergangenen Jahren die Antipsychotika-Verordnungen bei Kindern und Jugendlichen zugenommen. Verglichen mit Nordamerika liegen die Zahlen für Deutschland niedriger, im innereuropäischen Vergleich im Mittelfeld. Die Ursa- chen für die Zunahme der Antipsychotika-Verschreibungen sollten kritisch ana- lysiert und gegebenenfalls restriktivere Verschreibungsleitlinien erwogen wer- den.
►Zitierweise
Bachmann CJ, Lempp T, Glaeske G, Hoffmann F: Antipsychotic prescription in children and adolescents—an analysis of data from a German statutory health insurance company from 2005–2012. Dtsch Arztebl Int 2014; 111(3):
25–34. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0025
D
er Begriff Antipsychotika (synonym: Neuro- leptika) bezeichnet eine heterogene Gruppe psychotroper Arzneimittel, die ursprünglich zur Be- handlung psychotischer Störungsbilder (zum Bei- spiel Schizophrenie), psychomotorischer Erregungs- zustände sowie von Schlafstörungen eingesetzt wur- den.In den letzten Jahren zeigte sich in vielen westli- chen Industrieländern sowohl im Erwachsenen- als auch im Kinder- und Jugendbereich eine deutliche Zunahme (bis zu 750 % zwischen 1993–1998 und 2005–2009 [1]) der Verordnung von Antipsychotika, insbesondere sogenannter atypischer Antipsychotika (1, 2). Eine Ursache hierfür sind zunehmende Ver- schreibungen für Störungsbilder, für die Antipsycho- tika keine Indikation haben beziehungsweise für die Leitlinien den Einsatz von Antipsychotika nicht empfehlen (zum Beispiel Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom [ADHS], Angststörun- gen) (3, 4).
Bei der Verordnung von Antipsychotika für Kin- der und Jugendliche ergeben sich generell verschie- dene Probleme:
●
Nur wenige antipsychotische Substanzen sind für das Kindes- und Jugendalter zugelassen, so dass ihre Verordnung häufig off-label (außer- halb der Zulassung) erfolgt (3). Zudem sind in Deutschland Antipsychotika für Kinder und Ju- gendliche überwiegend zur Behandlung von Schizophrenie-Spektrum-Störungen oder bipo- laren Störungen zugelassen (Tabelle 1).●
Die Studienlage zur Wirksamkeit von Antipsy- chotika bei Kindern und Jugendlichen ist sehr li- mitiert (5), insbesondere fehlen Langzeitstudien zu Wirkungen und Nebenwirkungen (6, 7, e1).●
In den vergangenen Jahren haben sich Hinweise gemehrt, dass die zunächst im Vergleich mit so- genannten klassischen Antipsychotika (wich- tigste Nebenwirkungen: extrapyramidal-moto- rische Symptome wie Früh- und Spätdyskine- sien, Akathisie) als nebenwirkungsärmer aufge- fassten atypischen Antipsychotika kurz- und langfristig doch ein relevantes Nebenwirkungs- potenzial aufweisen (unter anderem erhebliche Gewichtszunahme, Hyperlipidämie, extrapyra-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Fachbereich Medizin, Philipps-Universität Marburg: Prof. Dr. med. Bachmann
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Goethe-Universität Frankfurt am Main: Dr. med. Lempp
Abteilung Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung, Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen: Prof. Dr. rer. nat. Glaeske, PD Dr. P. H. Hoffmann, MPH
TABELLE 1
Klassifikation der im Untersuchungszeitraum verfügbaren atypischen und typischen Antipsychotika sowie Zulassungsstatus für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland
Substanz
Atypische Antipsychotika Amisulprid
Aripiprazol
Asenapin Clozapin Olanzapin Paliperidon Quetiapin Risperidon
Sertindol Sulpirid
Ziprasidon
Zotepin
Klassische Antipsychotika Benperidol
Bromperidol Chlorpromazin Chlorprothixen
Droperidol
Flupentixol Fluphenazin
Fluspirilen Haloperidol
Levomepromazin
Melperon
Perazin
Perphenazin
Pimozid
Pipamperon
Promazin
Promethazin
Alter
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen
≥ 13 Jahre
≥ 15 Jahre
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen
≥ 16 Jahre
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen
≥ 5 Jahre
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen
≥ 6 Jahre
≥ 10 Jahre
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen
≥ 12 Jahre Kinder*1
≥ 3 Jahre
≥ 2 Jahre
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen
≥ 12 Jahre
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen
≥ 3 Jahre
≥ 16 Jahre
≥ 12 Jahre
≥ 16 Jahre Kinder und Jugendliche*1 Kinder und Jugendliche*1 Kinder und Jugendliche*1
≥ 3 Monate
≥ 2 Jahre
Indikation (zum Teil in Auszügen bzw. gekürzt)
Bipolar-I-Störung Schizophrenie
therapieresistente Schizophrenie
symptomatische Kurzzeitbehandlung von anhaltenden Aggressionen bei Verhaltensstörungen bei unterdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten oder mentaler Retardierung
akute und chronische Schizophrenien; depressive Störung (wenn die Behandlung mit einem anderen Antidepressivum erfolglos war oder nicht durchgeführt werden kann), therapieresistente Schwindelzustände bei Morbus Menière
manische oder gemischte Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad bei bipolaren Störungen
akute, subakute und chronische Schizophrenien
Dämpfung bei psychomotorischer Unruhe, zentral ausgelöstes Erbrechen Dämpfung psychomotorischer Unruhe und Erregungszustände im Rahmen akuter psychotischer Syndrome, maniforme Syndrome Vorbeugung und Behandlung von Übelkeit und Erbrechen nach Operationen als Therapie der 2. Wahl
akute und chronische schizophrene Psychosen, psychomotorische Erregungszustände
akute und chronische schizophrene Syndrome, psychomotorische Erregungszustände psychotischer Genese, akute manische Syndrome, Tic-Störungen, Erbrechen
psychomotorische Unruhe- und Erregungszustände im Rahmen psychotischer Syndrome, leichte akute psychotische Syndrome mit Wahn, Halluzinationen, Denkstörungen und Ich-Störungen, maniforme Syndrome, Kombinationstherapie bei der Behandlung von Schmerzen Schlafstörungen, Verwirrtheitszustände, psychomotorische Unruhe, Erregungszustände
akute und chronische Psychosen, maniforme Syndrome, psychomotori- sche Erregungszustände
akute psychotische Syndrome, katatone Syndrome, delirante und andere exogen-psychotische Syndrome, psychomotorische Erregungszustände Erhaltungstherapie bei chronischen Psychosen des schizophrenen Formenkreises
Schlafstörungen, psychomotorische Erregungszustände
psychomotorische Erregungszustände, Schlafstörungen, Kombinations- therapie bei der Behandlung von Schmerzen, Neuropathie im Kindesalter Unruhe und Erregungszustände im Rahmen psychiatrischer Grunderkrankungen
auf dem Markt seit
1999 2004 2010 1974 1996 2007 2000
1994
1997
1972
2002 1990*2
1966 1984 1953*3 1959
1963 1966 1961 1972
1959
1959
1975
1958
1957
1971
1961
1957*4
1950
midale Störungen [8]). Zudem treten diese un- erwünschten Arzneimittelwirkungen vermut- lich bei Kindern und Jugendlichen häufiger auf als im Erwachsenenalter (9, 10). Auch die frü- her postulierte überlegene Wirksamkeit atypi- scher gegenüber klassischen Antipsychotika ist fraglich (11, e2).
Zur Verordnungshäufigkeit von Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland liegen bisher nur zwei Arbeiten vor: Eine Querschnittstudie mit Daten der Gmünder ErsatzKasse fand bei Kin- dern und Jugendlichen (N = 356 520) eine Prävalenz der Antipsychotika-Verordnungen von 0,34 % im Jahr 2000 (12). Eine Analyse von Daten der AOK Hessen für den Zeitraum 2000–2006 (N = 56 169 bis 65 866) zeigte einen Anstieg der Antipsychotika- Verordnungen von 0,19 % auf 0,28 % (13). Diese Zunahme war ausschließlich durch Verordnungen atypischer Antipsychotika bedingt und in der Alters- gruppe von 10–14 Jahren besonders ausgeprägt. Ak- tuellere Daten liegen nicht vor.
Die vorliegende Studie untersucht deshalb die ak- tuelle Verschreibungspraxis von Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland sowie Verschreibungstrends.
Methode
Als Basis dienten Daten der BARMER GEK für den Zeitraum 2005 bis 2012. Ausgewählt wurden Kinder und Jugendliche im Alter von 0–19 Jahren, die in je- dem Quartal des entsprechenden Jahres mindestens einen Tag versichert waren. Als Antipsychotika wur- den alle Substanzen mit dem Anatomical Therapeu- tic Chemical (ATC)-Code N05A gewertet, mit Aus- nahme von Lithium. Die Einstufung als klassisch oder atypisch (Tabelle 1) erfolgte in Anlehnung an Kalverdijk et al. (2).
Untersuchte Zielgröße war der Anteil Kinder und Jugendlicher mit mindestens einer Verordnung im entsprechenden Jahr. Trends im Verschreibungsver- halten wurden für atypische und klassische Antipsy-
chotika, nach Altersgruppen (0–4, 5–9, 10–14, 15–19 Jahre), Geschlecht und Wohnregion (Ost-/
Westdeutschland) berechnet. Für das Jahr 2011 wur- den zusätzlich verschreibende Facharztgruppen so- wie zugrundeliegende ambulant-ärztliche Diagnosen untersucht. Die statistischen Analysen wurden mit SAS 9.2 durchgeführt.
Ergebnisse Verordnungstrends
Im Zeitraum 2005 bis 2012 stieg der Anteil 0–19-Jäh- riger mit Antipsychotika-Verordnungen von 0,23 % (3 611/1 595 957) auf 0,32 % (4 518/1 414 623) an.
Bei den klassischen Antipsychotika war ein leichter Rückgang von 0,14 % auf 0,12 % zu verzeichnen, wohingegen sich bei atypischen Antipsychotika ein deutlicher Verordnungsanstieg fand (von 0,10 % auf 0,24 %) (Grafik 1).
Betrachtet man die unterschiedlichen Altersgrup- pen (Grafik 2), so zeigt sich ein Anstieg der Antipsy- chotika-Verschreibungen mit höherem Alter: Wäh- rend in der Gruppe der 0- bis 4-Jährigen der Anteil von Patienten mit Verordnungen von 0,15 % auf 0,01 % absank, war in allen anderen Altersgruppen eine Zunahme zu verzeichnen. Am deutlichsten aus- geprägt war dieser Trend bei 10- bis 14-Jährigen (2005: 0,24 %; 2012: 0,43 %) sowie 15- bis 19-Jäh- rigen (2005: 0,34 %; 2012: 0,54 %).
Der Anteil der Mädchen beziehungsweise weibli- cher Jugendlicher mit Antipsychotika-Verordnungen stieg im Zeitraum 2005 bis 2012 von 0,16 % auf 0,19 % an, bei Jungen und männlichen Jugendlichen zeigte sich eine Zunahme von 0,29 % auf 0,44 %.
Der Geschlechterindex (männlich/weiblich) erhöhte sich somit von 1,85 : 1 (2005) auf 2,32 : 1 (2012).
Während in Ostdeutschland Antipsychotika-Ver- ordnungen im Untersuchungszeitraum leicht abnah- men, zeigte sich für Westdeutschland ein gegenteili- ger Trend (eTabelle 1).
Auch eine multivariate logistische Regression be- stätigte Verordnungsjahr (Odds Ratio [OR]: 1,07/Jahr),
Der Zulassungsstatus wurde analog der von Mühlbauer et al. (39) verwendeten Methodik ermittelt. Demnach wurden Wirkstoffe als zugelassen bewertet, wenn sich in den Fachinformationen bzw. der Roten Liste Dosierungsangaben für diese Altersgruppe bei mindestens einem Fertigarzneimittel fanden. Auch Wirkstoffe, mit de- nen Kinder und Jugendliche „nur in Ausnahmefällen“ (zum Beispiel Prothipendyl) oder „unter besonderer Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses“ behan- delt werden sollen (zum Beispiel Pipamperon), gelten nach dieser Methodik als zugelassen.
*1 Ließen sich aus den relevanten Gebrauchsinformationen keine konkreten Altersangaben ableiten (was insbesondere auf Arzneimittel zutraf, deren Zulassung bereits länger zurückliegt), wurden die entsprechenden Formulierungen übernommen.
*2 außer Handel seit 12/2010
*3 außer Handel seit 12/2007
*4 außer Handel seit 01/2006 Substanz Prothipendyl
Thioridazin
Tiaprid
Zuclopenthixol
Alter Kinder und Jugendliche*1 Kinder und Jugendliche*1 Kinder und Jugendliche*1
nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen Indikation (zum Teil in Auszügen bzw. gekürzt)
Dämpfung bei psychomotorischen Unruhe- und Erregungszuständen im Rahmen psychiatrischer Grunderkrankungen
chronische Formen schizophrener und anderer Psychosen
Chorea Huntington
auf dem Markt seit 1958
1959
1978 1981
männliches Geschlecht (OR: 2,37), höheres Lebensal- ter (OR: 1,12/Jahr) sowie den Wohnsitz in den neuen Bundesländern (OR: 1,44) als statistisch signifikante Einflussgrößen für eine Antipsychotika-Verschreibung (eTabelle 2).
Antipsychotische Substanzen
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die in 2005 und 2012 am häufigsten verordneten antipsychotischen Substanzen. Das atypische Antipsychotikum Risperi-
don lag in beiden Jahren auf dem Spitzenplatz, und sein Anteil nahm von 30,6 % auf 49,6 % aller Anti- psychotika-Verschreibungen bei Kindern und Ju- gendlichen zu. Pipamperon als klassisches Antipsy- chotikum belegte jeweils den zweiten Platz. Die klassischen Antipsychotika Chlorprothixen, Melpe- ron und Levomepromazin konnten sich bei nur leich- ten Veränderungen ihrer Anteile unter den Top 10 halten, das atypische Antipsychotikum Aripiprazol (Markteinführung in Deutschland 2004) belegte im Jahr 2012 bereits Rang 5. Der Verordnungsanteil klassischer Antipsychotika ging von 52,9 % (2005) auf 31,4 % (2012) deutlich zurück.
Verschreibende Facharztgruppen und Diagnosen
Im Jahr 2011 wurden für insgesamt 4 433 Kinder und Jugendliche 24 828 Packungen Antipsychotika verschrieben. Davon wurden 27,9 % der Antipsy - chotika durch Fachärzte für Kinder- und Jugendpsy- chiatrie verordnet, 25,4 % von Kinderärzten und 16,2 % von Hausärzten. Neben Neurologen/Psychia- tern (7,4 %) entfallen 23,2 % der Verordnungen auf andere Arztgruppen, dies dürften größtenteils Ärzte in Institutsambulanzen sein.
Eine altersdifferenzierte Analyse ergab folgendes Bild: Bei den 0- bis 4-Jährigen erfolgte die Mehrheit der Verordnungen durch Pädiater (57,3 %). In den folgenden Altersgruppen verschrieben Kinderärzte sowie Kinder- und Jugendpsychiater (5–9 Jahre:
35,6 % beziehungsweise 32,1 %; 10–14 Jahre:
32,0 % beziehungsweise 32,1 %) die größten An - teile. Bei den 15- bis 19-Jährigen stellten Kinder- und Jugendpsychiater beziehungsweise Hausärzte 23,5 % beziehungsweise 20,5 % der Verordnungen aus.
In Tabelle 3 sind beispielhaft die für Patienten mit dem meistverordneten Antipsychotikum Risperidon kodierten Diagnosen aufgeführt. Bei 61,5 % der Pa- tienten wurden hyperkinetische Störungen und bei 36,5 % Störungen des Sozialverhaltens diagnosti- ziert.
Diskussion
Ergebnisse im nationalen und internationalen Vergleich Im untersuchten Zeitraum hat der Anteil Kinder und Jugendlicher in Deutschland, denen mindestens ein Antipsychotikum verordnet wurde, um 41,2 % zuge- nommen (die angegebenen Zuwachsraten basieren auf den nicht gerundeten Rohdaten). Dieser Anstieg ist eindeutig auf einen erheblichen Verordnungszu- wachs atypischer Antipsychotika zurückzuführen (+ 129,0 %), der sich besonders deutlich bei 10- bis 19-Jährigen sowie männlichen Versicherten zeigt.
Diese Trends stellen im nationalen Vergleich die Fortsetzung der von Schubert & Lehmkuhl (13) be- schriebenen Entwicklung dar, die zwischen 2000 und 2006 einen Anstieg der Antipsychotika-Verordnun- gen um 50,6 % fanden, der ebenfalls durch atypische Antipsychotika bedingt und bei 10- bis 14-Jährigen besonders ausgeprägt war. Vergleicht man die Ver- . . . .
klassische Antipsychotika atypische Antipsychotika 0,5
0,4 0,3 0,2 0,1 0
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Jahr
Anteil mit Verordnung (in %)
. . . . . . . . . . . . . . . . GRAFIK 1
Anteil Kinder und Jugendlicher mit Antipsychotika-Verordnungen 2005–2012, nach Typ des Antipsychotikums (klassisch vs. atypisch)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anteil mit Verordnung (in %)
0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Jahr
0–4 Jahre 5–9 Jahre
10–14 Jahre 15–19 Jahre GRAFIK 2
Anteil Kinder und Jugendlicher mit Antipsychotika-Verordnungen 2005–2012, nach Alters- gruppen
schreibungstrends bei Antipsychotika mit denen an- derer Substanzklassen in der untersuchten Stichpro- be (Daten nicht abgebildet), ergibt sich folgendes Bild: In den Jahren 2005 bis 2012 stieg der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Antidepressiva- Verordnungen um 49,2 % an (14). Eine ähnliche Ent- wicklung zeigte sich bei Verschreibungen von ADHS-Medikamenten (Stimulanzien/Atomoxetin) (+ 62,4 %) (14). Dieser Wert liegt dabei unter der von Schubert et al. berichteten Zunahme von 96,3 % im Zeitraum 2000–2007 (15).
Im internationalen Vergleich mit Daten aus Nord- amerika (Tabelle 4) sind die deutschen Zahlen nied - riger: In einer US-amerikanischen Studie zeigte sich im untersuchten Zeitraum (1993–1998 bis 2005–2009) eine Zunahme der Antipsychotika-Ver- ordnungen von 0,24 % auf 1,83 % bei Kindern und von 0,78 % auf 3,76 % bei Jugendlichen (1). Eine kanadische Arbeit verzeichnete im Zeitraum 2005 bis 2009 eine Zunahme aller Antipsychotika-Ver- schreibungen von 3,6 % auf 8,2 % sowie eine Steige- rung von Verordnungen atypischer Antipsychotika um 121,7 % (16). Eine aktuelle italienische Studie (17) fand keine Zunahme von Antipsychotika-Ver- ordnungen, eine isländische Untersuchung hingegen einen Anstieg (18). Die Prävalenz von Antipsychoti- ka-Verschreibungen lag in der italienischen Studie deutlich niedriger als in der vorliegenden Arbeit, in der isländischen Studie dagegen höher. Eine Zusam- menstellung verschiedener möglicher Einflussfakto- ren auf Verschreibungsraten im internationalen Kon- text findet sich bei Steinhausen (e3).
Im Hinblick auf das Geschlecht ist auch bei ande- ren Studien eine vermehrte Verschreibung bei männ-
TABELLE 2
Die zehn am häufigsten verordneten antipsychotischen Substanzen bei Kindern und Jugendlichen (Anzahl verordneter Packungen bzw. Anteil an allen verordneten Packungen, 2005 versus 2012)
AA = atypisches Antipsychotikum; KA = klassisches Antipsychotikum
*Die Markteinführung von Aripiprazol erfolgte erst im Jahr 2004.
2005 Risperidon (AA) Pipamperon (KA) Tiaprid (KA) Promazin (KA) Olanzapin (AA) Quetiapin (AA) Chlorprothixen (KA) Melperon (KA) Levomepromazin (KA) Clozapin (AA) sonstige gesamt
Packungen 5 611 3 733 2 174 1 226 1 053 896 605 584 396 302 1 730 18 310
% 30,6 20,4 11,9 6,7 5,8 4,9 3,3 3,2 2,2 1,7 9,4 100,0
2012 Risperidon (AA) Pipamperon (KA) Quetiapin (AA) Tiaprid (KA) Aripiprazol* (AA) Chlorprothixen (KA) Melperon (KA) Olanzapin (AA) Levomepromazin (KA) Sulpirid (AA) sonstige gesamt
Packungen 12 253
4 079 2 345 1 471 1 114 769 604 574 366 216 932 24 723
% 49,6 16,5 9,5 6,0 4,5 3,1 2,4 2,3 1,5 0,9 3,8 100,0
TABELLE 3
Psychiatrische Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen mit einer Verordnung von Risperidon im Jahr 2011 (n = 2 525)
Die aufgeführten Diagnosen können sowohl Haupt- als auch komorbide Neben- diagnosen darstellen. Es sind mehrere Diagnosen pro Patient möglich, und es ist aus den Daten nicht ableitbar, welche der kodierten psychischen Störungen die Indikation für die Verordnung von Risperidon darstellt.
Diagnose
hyperkinetische Störungen Störungen des Sozialverhaltens Intelligenzminderung Autismus-Spektrum-Störungen Angst- und emotionale Störungen Depression
Teilleistungsstörungen Tic-Störungen Anpassungsstörungen Ausscheidungsstörungen somatoforme Störungen Persönlichkeitsstörungen
Störungen durch psychotrope Substanzen Schizophrenie-Spektrum-Störungen Zwangsstörungen
Essstörungen Schlafstörungen dissoziative Störungen
Anteil der Patienten
(in %) 61,5 36,5 23,0 17,6 17,4 16,4 12,6 7,4 6,0 6,0 5,7 4,6 3,8 3,6 2,4 1,3 0,9 0,9
TABELLE 4
Übersicht neuerer Studien zu ambulanten Antipsychotikaverordnungen bei Kindern und Jugendlichen Autoren
Bachmann et al., 2013 (vorliegende Studie) Olfson et al., 2012 (1)
Pringsheim et al., 2011 (16)
Alessi- Severini et al., 2012 (3)
Clavenna et al., 2011 (17)
Alexander et al., 2011 (23)
Schubert
& Lehmkuhl, 2009 (13)
Zoega et al., 2009 (18)
Kjosavig et al., 2009 (25)
Acquaviva et al., 2009 (19)
Rani et al., 2008 (20)
Land
Deutschland
USA
Kanada
Kanada*3 (Provinz Manitoba)
Italien*3 (Region Verona)
USA
Deutschland (Hessen)*3
Island
Norwegen
Frankreich
Großbritan- nien
Datenquelle
BARMER GEK
National Ambulatory Medical Care Survey
IMS Brogan
Manitoba Health, Statistics Canada Verord- nungsregis- ter der Regi- on Verona IMS Health National Disease and Therapeutic Index
AOK Hessen
Nationales Medikations- register
Norwegi- sche Verschrei- bungs- Datenbank (NorPD) zwei nationale Kranken - kassen und Daten aus nationaler Umfrage General Practice Research Database
Jahr(e)
2005–2012
1993–1998 1999–2004 2005–2009
2005–2009
1999–2008
2004–2008
1995–2008
2000–2006
2003–2007
2005
2004
1992–2005 N
1 414 623–
1 595 957*1
92 370*2
308 490 (2005) 661 300 (2009) k. A.
76 000*1
608 000 (KA) 120 000 (AA) (1995/96)*2 31 000 (KA) 4 216 000 (AA) (2007/08)*2 65 866 (2000)*1 56 169 (2006)*1 78 157 (2003)*1 79 469 (2007)*1 k. A.
29 393
789 467 (2006)*1 2 767*2
Alter (in Jahren) 0–19
0–13 (K) 14–20 (J)
0–18
0–18
0–17
0–17
0–18
0–17
0–19
3–18
0–18
Prävalenz (pro 1 000/Jahr) 2,3 (2005) 3,2 (2012)
2,4 (K) 7,8 (J) (1993–1998) 18,3 (K) 37,6 (J) (2005–2009)
36,0 (2005) 82,0 (2009)
1,9 (1999) 7,4 (2008)
ca. 0,37 (2004) ca. 0,30 (2008) k. A.
1,9 (2000) 2,8 (2006)
8,7 (2003) 10,6 (2007)
♂: 0,6*4
♀: 0,4
♂: 4,1–4,2
♀: 2,5–2,6 gesamt:
3,3–3,4
0,39 (1992) 0,77 (2005)
Substanzen/
Substanz- klassen KA: 0,14 % → 0,12 % AA: 0,10 % → 0,24 % KA: 1,3 % (K), 1,8 % (J) AA: RIS > ARI >
QUE (K) ARI > QUE >
RIS (J) KA: + 25 % AA : + 121 % RIS > QUE
Kombination AP + MPH ↑ (13 % → 43 %)
häufigstes AP:
Haloperidol (8 %)
k. A.
AA: 0,4 KA: 1,6 (2000) AA: 1,8 KA: 1,4 (2006) RIS > ARI >
QUE
k. A.
k. A.
k. A.
Zeitliche Trends
– AP-Verschreibungen gesamt ↑ (+ 41,2 %)
– AA-Verschreibungen ↑ (+ 129,0 %) – Verhältnis ♂:♀ ↑ von 1,85 auf 2,32 AP-Verschreibungen ↑
AP-Verschreibungen ↑ (+ 114 %)
– AP-Verschreibungen ↑ – Verhältnis ♂:♀ ↑ von 1,9 auf 2,7
keine Änderung der AP-Prävalenz
Anteil AA-Verschreibungen ↑ (2008:
93 %), Anteil KA-Verschreibungen ↓ (1995: 84 %)
AP-Verschreibungen ↑ (+ 50,6 %)
AP-Verschreibungen ↑
k. A.
– AP-Verschreibungen ↑ bei älteren Kindern/Jugendlichen
– Verschreibungen ♂>♀
– AA 60-fach ↑, KA ↓
– Verschreibungen durch HA fast verdoppelt
– Prävalenzanstieg hauptsächlich durch längere Behandlungsdauer – größte Steigerung bei 7- bis
12-Jährigen
lichen Patienten festzustellen (3, 19). Verschrei- bungsgipfel wurden in der vorliegenden Studie in den Altersgruppen der 10- bis 19-Jährigen gefunden, in anderen Studien waren dies die Altersbereiche 7–12, 10–19, 10–14 beziehungsweise 14–20 Jahre (1, 2, 20, 21).
Im Gegensatz zu Verordnungstrends in den USA (22) war in der vorliegenden Studie bei Vorschulkin- dern keine Zunahme von Antipsychotika-Verschrei- bungen festzustellen. Bei den 0- bis 4-Jährigen zeig- te sich sogar ein Rückgang von 0,15 % (2005) auf 0,01 % (2012), bedingt durch die Marktrücknahme von Promazin Anfang 2006.
Der gefundene Ost-West-Unterschied lässt sich nicht sicher erklären, wobei sich die Werte im Ver- lauf des Untersuchungszeitraumes auch zunehmend annäherten. Während Untersuchungen bei Erwachse- nen Ost-West-Unterschiede hinsichtlich psychiatri- scher Morbidität zeigen (e4), liegen für Kinder/Ju- gendliche diesbezüglich keine Hinweise vor (e5, e6).
Der Anteil der Off-label-Verordnungen liegt inter- national in vergleichbaren Arbeiten zwischen 52,0 % und 94,5 % (1, 18, 23). Betrachtet man die mit Ver- ordnungen von Risperidon assoziierten Diagnosen (Tabelle 3), liegt die Vermutung nahe, dass auch hierzulande der Großteil der Verschreibungen für ex- ternalisierende Störungen (ADHS, Störungen des Sozialverhaltens) erfolgte und nur ein kleinerer Teil für die tatsächlich zugelassene Indikation (anhalten- de Aggressionen bei Kindern/Jugendlichen mit un- terdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten).
Ein solcher Trend zum Einsatz von Antipsychotika bei externalisierenden Störungen wird in mehreren internationalen Untersuchungen beschrieben (3, 16, 21). Dieser Erklärungsansatz wird auch dadurch ge-
stützt, dass sich deutliche Zuwächse an Verschrei- bungen bei männlichen Patienten im Alter von 10–14 Jahren zeigten, was epidemiologisch dem Häufig- keitsgipfel externalisierender Störungen entspricht (24).
Bei den verordnenden Facharztgruppen haben Kinder- und Jugendpsychiater sowie Pädiater mit zu- sammengefasst der Hälfte aller Verordnungen eine zentrale Position inne. Im Gegensatz zu anderen Ver- sorgungs- und Gesundheitssystemen mit einer höhe- ren Zahl von Verschreibungen durch Hausärzte (3, 20, 25) und zu Verschreibungsmustern für zum Bei- spiel Antidepressiva (26) sind Hausärzte in der vor- liegenden Untersuchung insgesamt für weniger Ver- ordnungen verantwortlich.
Erklärungsansätze für den Verordnungsanstieg
Die Ursachen für die gefundene erhebliche Zunahme von Antipsychotika-Verordnungen in Deutschland in den vergangenen Jahren sind vermutlich vielfältig und aus dem vorliegenden Datenmaterial nur mit Einschränkungen abzuleiten.
Zunahme psychischer Störungen – Möglich wä- re eine Zunahme psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen im Untersuchungszeitraum, mit daraus resultierender vermehrter Behandlungsnot- wendigkeit. Diese Hypothese wird jedoch durch die gegenwärtige Datenlage nicht gestützt: Eine Meta - analyse von 33 deutschen Studien aus den Jahren 1953 bis 2007 konnte keine Zunahme kinder- und ju- gendpsychiatrischer Auffälligkeiten in den vergan- genen Jahrzehnten zeigen (27). Eine weitere Studie, die Schüler in den Jahren 1987 und 2008 verglich, fand lediglich ein vermehrtes Auftreten somatischer Symptome (28).
AA = atypische Antipsychotika; AP = Antipsychotika; ARI = Aripiprazol; HA = Hausarzt; J = Jugendliche; K = Kinder; KA = klassische Antipsychotika; k. A. = keine Angaben; MPH = Methylphenidat;
QUE = Quetiapin; RIS = Risperidon; SSV = Störungen des Sozialverhaltens
*1 Population unter Risiko
*2 Population mit AP-Verschreibungen
*3 regionale Daten
*4 Angaben in „defined daily dose“ (DDD) pro 1 000 Einwohner Autoren
Kalverdijk et al., 2008 (2)
Aparasu
& Bhatara, 2007 (21)
Land
Nieder - lande*3 (nördliche und östliche Region)
USA
Datenquelle
Inter-Action- Datenbank (Medika- menten- abgabe von Apotheken) National Ambulatory Medical Care Sur - vey/Natio - nal Hospital Ambulatory Medical Care Survey (amb. Teil)
Jahr(e)
1997–2005
2003–2004 N
95 158*1 (1997) und 119 612*1 (2005)
2,1 Mio.
ambulante Kontakte pro Jahr
Alter (in Jahren) 0–19
0–19
Prävalenz (pro 1 000/Jahr) 1997: 3,0 2005: 6,8
1/100 Kontakte:
AP-Ver- schreibung
Substanzen/
Substanz- klassen k. A.
häufigste AA:
RIS > QUE >
ARI
Zeitliche Trends
– Prävalenzanstieg hauptsächlich durch AA sowie längere Behand- lungsdauer
– höchste Prävalenz bei 10- bis 14-Jährigen, insbesondere bei ♂
– AP ↑ bei > 9-Jährigen – AP-Verordnungen durch
Fachärzte ↑
Geänderte Leitlinienempfehlungen – Eine Än- derung relevanter Therapieleitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psy- chosomatik und Psychotherapie (DGKJP) erfolgte zumindest in den Jahren 2007 bis 2011 nicht, so dass diese Ursache eher nicht in Betracht kommt.
Veränderte Versorgungssituation – In den vor- wiegend verschreibenden Fächern Pädiatrie und Kin- der- und Jugendpsychiatrie ergab sich im Untersu- chungszeitraum folgende Änderung der Zahl der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Fachärzte: Pädiatrie: + 10,5 %, Kinder- und Jugend- psychiatrie: + 61,5 % (eigene Berechnungen mit Da- ten der Bundesärztekammer), so dass eine Zunahme potenzieller Verschreiber als eine Ursache der gestie- genen Verordnungszahlen möglich erscheint.
Marketing atypischer Antipsychotika – Die ver- mehrte Verschreibung insbesondere atypischer Anti- psychotika kann auch Folge des intensiven Marke- tings pharmazeutischer Unternehmen sein ([29, e7], speziell zur Bewerbung von Off-label-Gebrauch:
[30]). Solche Maßnahmen könnten unter anderem zur Folge haben, dass verordnende Ärzte mit atypi- schen Antipsychotika ein günstigeres Nutzen-Scha- den-Verhältnis assoziieren und diese deshalb bevor- zugt verordnen.
Medikamentöse Behandlung anstelle von Psy- chotherapie – Die vermehrte Verordnung von Anti- psychotika könnte auch darin begründet sein, dass eine medikamentöse Therapie schneller zu initiieren ist als eine psychotherapeutische Behandlung und auch im Allgemeinen auf Patienten- beziehungswei- se Familienseite weniger Zeit und Motivation benö- tigt. Zudem sind die Ergebnisse einer versorgungs- nahen Evaluation ambulanter Behandlungen bei Stö- rungen des Sozialverhaltens nicht sehr ermutigend (31), wenngleich effektivere Verfahren verfügbar wären (32).
Stärken und Schwächen der Studie
Die vorliegende Arbeit bietet eine Längsschnittun- tersuchung aktueller Daten der größten deutschen Krankenkasse zur Verschreibung von Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen im gesamten Bundes- gebiet über einen Zeitraum von acht Jahren. Kran- kenkassen-Routinedaten ermöglichen die Untersu- chung großer, unselektierter Populationen ohne die bei Primärerhebungen unter Umständen geringe Teilnahmerate oder das Problem von Erinnerungs- fehlern. Allerdings ist die Aussagekraft derartiger Studien durch verschiedene Faktoren eingeschränkt:
Zum einen ist die untersuchte Population nicht als repräsentativ anzusehen, da es zwischen Kranken- kassen Unterschiede in der Versichertenstruktur gibt (33). Somit sollte eine Verallgemeinerung der Ergeb- nisse mit Vorsicht erfolgen. Zum anderen bedingt die Verwendung von durch Ärzte verschiedener Fach- arztgruppen kodierter Diagnosedaten ein gewisses Maß an Ungenauigkeit, zumal Informationen über verwendete diagnostische Algorithmen, psychologi-
sche Tests oder andere diagnosesichernde Untersu- chungen nicht vorliegen. Auch Informationen zu Fa- milienanamnese, Symptomschwere und -dauer, Eth- nie (34), Wohnsituation (35) oder verordneter Dosie- rung fehlen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nicht alle verschriebenen Medikamente auch anwei- sungsgemäß eingenommen werden.
Die Vergleichbarkeit mit internationalen Daten ist durch unterschiedliche Gesundheitssysteme, Stich- probenzusammensetzungen und Untersuchungszeit- räume eingeschränkt.
Resümee
Wie in anderen westlichen Industriestaaten haben auch in Deutschland in den vergangenen Jahren An- tipsychotika-Verordnungen bei Kindern und Jugend- lichen zugenommen. Verglichen mit den USA oder Kanada liegen die Zahlen für Deutschland niedriger, im innereuropäischen Vergleich bewegt sich die deutsche Verschreibungspraxis im Mittelfeld. Be- merkenswert ist der erhebliche Zuwachs der Verord- nungen atypischer Antipsychotika jedoch angesichts der limitierten Datenlage und des relevanten Neben- wirkungspotenzials sowie insbesondere unter dem Aspekt, dass ein Teil der Verordnungen für Störungs- bilder erfolgt (zum Beispiel ADHS), für die es keine gesicherte Indikation für eine Behandlung mit Anti- psychotika gibt und für die wirksame, nebenwir- kungsärmere Therapiealternativen vorliegen.
Allerdings muss auch darauf hingewiesen werden, dass jeder Arzt sich bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit gravierenden psychischen Stö- rungen in einem Dilemma befindet, da die Auswahl wirksamer Medikamente ohne Off-label-Gebrauch sehr begrenzt ist (siehe Tabelle 1, zum Beispiel Ha - loperidol als einziges zugelassenes Medikament bei Tic-Störungen) und auch die älteren zugelassenen Substanzen zum Teil erhebliche Nebenwirkungen haben.
Bis weitere Studien (zum Beispiel TOSCA-Studie [e8]) verwertbare Ergebnisse erbringen, ist deshalb eine sorgfältige Abwägung und Indikationsstellung durch Kinder- und Jugendpsychiater oder andere Ex- perten für Verhaltensstörungen bei Kindern und Ju- gendlichen unabdingbar, wenn eine Erstverordnung mit Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen geplant ist. Unter diesen Voraussetzungen und bei sorgfältigem Monitoring unerwünschter Arzneimit- telwirkungen ist eine Verordnung von Antipsychoti- ka vertretbar.
Angesichts der Diskrepanz zwischen vorhandener Evidenz und Verschreibungspraxis besteht ein erheb- licher Bedarf an weiteren Studien zu den Wirkungen von Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen (e1, e9). Diese sollten insbesondere Langzeitwirkun- gen und -nebenwirkungen erfassen, da nur so eine solide Grundlage für die Festlegung oder Erweite- rung von Indikationen für bestimmte Altersgruppen oder Zielsymptome geschaffen werden kann (5, e1).
Ein beispielhaftes Vorhaben hierfür sind die von der
Europäischen Union geförderten Pediatric European Risperidone Studies (www.pers-project.com). Für zukünftige Studien wären des Weiteren ein naturalis- tisches Design (e9) sowie ein multimodaler Ansatz wünschenswert (e10, e11).
Mittelfristig erscheint es zudem erwägenswert, bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Antipsychotika die Bedingungen für Verordnung (zum Beispiel Festlegung verschreibender Arztgrup- pen) und Monitoring möglicher unerwünschter Arz- neimittelwirkungen konkreter zu fassen (zum Bei- spiel [36, 37]), da durch unverbindliche Hinweise al- lein Änderungen der Verschreibungspraxis kaum zu erwarten sind (38).
LITERATUR
1. Olfson M, Blanco C, Liu SM, Wang S, Correll CU: National trends in the office-based treatment of children, adolescents, and adults with antipsychotics. Arch Gen Psychiatry 2012; 69: 1247–56.
2. Kalverdijk LJ, Tobi H, van den Berg PB, et al.: Use of antipsychotic drugs among Dutch youths between 1997 and 2005. Psychiatr Serv 2008; 59: 554–60.
3. Alessi-Severini S, Biscontri RG, Collins DM, Sareen J, Enns MW:
Ten years of antipsychotic prescribing to children: a Canadian population-based study. Can J Psychiatry 2012; 57: 52–8.
4. Comer JS, Mojtabai R, Olfson M: National trends in the antipsycho- tic treatment of psychiatric outpatients with anxiety disorders. Am J Psychiatry 2011; 168: 1057–65.
5. Vitiello B, Correll C, van Zwieten-Boot B, Zuddas A, Parellada M, Arango C: Antipsychotics in children and adolescents: increasing use, evidence for efficacy and safety concerns. Eur Neuropsycho- pharmacol 2009; 19: 629–35.
6. Seida JC, Schouten JR, Boylan K, et al.: Antipsychotics for children and young adults: a comparative effectiveness review. Pediatrics 2012; 129: e771–84.
7. Ben Amor L: Antipsychotics in pediatric and adolescent patients: a review of comparative safety data. J Affect Disord 2012; 138:
22–30.
8. Pringsheim T, Lam D, Ching H, Patten S: Metabolic and neurological complications of second-generation antipsychotic use in children:
a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Drug Saf 2011; 34: 651–68.
9. Cohen D, Bonnot O, Bodeau N, Consoli A, Laurent C: Adverse ef- fects of second-generation antipsychotics in children and adoles- cents: a Bayesian meta-analysis. J Clin Psychopharmacol 2012;
32: 309–16.
10. Rani FA, Byrne PJ, Murray ML, Carter P, Wong IC: Paediatric atypical antipsychotic monitoring safety (PAMS) study: pilot study in children and adolescents in secondary- and tertiary-care settings. Drug Saf 2009; 32: 325–33.
11. Leucht S, Corves C, Arbter D, Engel RR, Li C, Davis JM: Second- generation versus first-generation antipsychotic drugs for schizo- phrenia: a meta-analysis. Lancet 2009; 373: 31–41.
12. Zito JM, Safer DJ, de Jong-van den Berg LT, et al.: A three-country comparison of psychotropic medication prevalence in youth. Child Adolesc Psychiatry Ment Health 2008; 2: 26.
13. Schubert I, Lehmkuhl G: Increased antipsychotic prescribing to youths in Germany. Psychiatr Serv 2009; 60: 269.
14. Bachmann C, Hoffmann F: Ambulante Verordnungen von Antipsy- chotika bei Kindern und Jugendlichen. In: Glaeske G, Schicktanz C (eds.): BARMER GEK Arzneimittelreport 2013. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse St. Augustin: Asgard 2013, 243–61.
15. Schubert I, Köster I, Lehmkuhl G: The changing prevalence of attention-deficit/hyperactivity disorder and methylphenidate prescriptions: a study of data from a random sample of insurees of the AOK Health Insurance Company in the German State of Hesse, 2000–2007. Dtsch Arztebl Int 2010; 107: 615–21.
16. Pringsheim T, Lam D, Patten SB: The pharmacoepidemiology of an- tipsychotic medications for Canadian children and adolescents:
2005–2009. J Child Adolesc Psychopharmacol 2011; 21: 537–43.
17. Clavenna A, Andretta M, Pilati P, et al.: Antidepressant and antipsy- chotic use in an Italian pediatric population. BMC Pediatr 2011; 11:
40.
18. Zoega H, Baldursson G, Hrafnkelsson B, Almarsdottir AB, Valdimars- dottir U, Halldorsson M: Psychotropic drug use among Icelandic children: a nationwide population-based study. J Child Adolesc Psy- chopharmacol 2009; 19: 757–64.
19. Acquaviva E, Legleye S, Auleley GR, Deligne J, Carel D, Falissard BB: Psychotropic medication in the French child and adolescent po- pulation: prevalence estimation from health insurance data and na- tional self-report survey data. BMC Psychiatry 2009; 9: 72.
KERNAUSSAGEN
●
Zwischen 2005 und 2012 ist der Anteil Kinder und Ju- gendlicher in Deutschland, denen Antipsychotika ver- ordnet wurden, von 0,23 % auf 0,32 % angestiegen.●
Verordnungen atypischer Antipsychotika stiegen in die- sem Zeitraum von 0,10 % auf 0,24 % an.●
Bei Jungen beziehungsweise männlichen Jugendlichen sowie in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen zeigte sich die stärkste Zunahme von Antipsychotika-Ver- schreibungen.●
Die am häufigsten verordneten Substanzen waren Risperidon, Pipamperon, Quetiapin und Tiaprid.●
Die häufigsten Diagnosen bei Verschreibung von Risperidon waren hyperkinetische Störungen, Störungen des Sozialverhaltens, Autismus, Intelligenz- minderung, Angst- und emotionale Störungen sowie depressive Störungen.●
27,9 % aller Antipsychotika-Verordnungen erfolgten durch Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, 25,4 % durch Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin und 16,2 % durch Hausärzte.Interessenkonflikt
Prof. Bachmann erhielt Honorare für Vortragstätigkeit von Actelion, Novartis und Ferring sowie für die Erstellung eines Buchkapitels von der BARMER GEK.
Er hat als Studienarzt bei klinischen Studien der Firmen Shire und Novartis mitgewirkt.
Prof. Glaeske und PD Dr. Hoffmann sind im Rahmen von Drittmittelverträgen für verschiedene Krankenkassen (BARMER GEK, DAK, TK, verschiedene BKKen) tätig.
Dr. Lempp erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Teile der hier vorgestellten Datenanalysen stammen aus einem von der BAR- MER GEK finanziell unterstützten Forschungsprojekt. Die BARMER GEK war an der wissenschaftlichen Auswertung der Daten nicht beteiligt und hatte keinen Einfluss auf die Erstellung des Manuskripts und die Entscheidung der Einrei- chung zur Publikation.
Manuskriptdaten
eingereicht: 7. 6. 2013, revidierte Fassung angenommen: 14. 10. 2013
20. Rani F, Murray ML, Byrne PJ, Wong IC: Epidemiologic features of antipsychotic prescribing to children and adolescents in primary care in the United Kingdom. Pediatrics 2008; 121: 1002–9.
21. Aparasu RR, Bhatara V: Patterns and determinants of antipsy- chotic prescribing in children and adolescents, 2003–2004.
Curr Med Res Opin 2007; 23: 49–56.
22. Constantine RJ, Tandon R, McPherson M, Andel R: Early dia - gnoses and psychotherapeutic medication treatment experi- ences of a cohort of children under 6 years old who received antipsychotic treatment in Florida’s Medicaid program. J Child Adolesc Psychopharmacol 2011; 21: 79–84.
23. Alexander GC, Gallagher SA, Mascola A, Moloney RM, Stafford RS: Increasing off-label use of antipsychotic medications in the United States, 1995–2008. Pharmacoepidemiol Drug Saf 2011;
20: 177–84.
24. Garland AF, Hough RL, McCabe KM, Yeh M, Wood PA, Aarons GA: Prevalence of psychiatric disorders in youths across five sectors of care. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 2001; 40:
409–18.
25. Kjosavik SR, Ruths S, Hunskaar S: Psychotropic drug use in the Norwegian general population in 2005: data from the Norwegian Prescription Database. Pharmacoepidemiol Drug Saf 2009; 18:
572–8.
26. Hoffmann F, Glaeske G, Petermann F, Bachmann CJ: Outpatient treatment in German adolescents with depression: an analysis of nationwide health insurance data. Pharmacoepidemiol Drug Saf 2012; 21: 972–9.
27. Barkmann C, Schulte-Markwort M: Prevalence of emotional and behavioural disorders in German children and adolescents: a meta-analysis. J Epidemiol Community Health 2012; 66:
194–203.
28. Eimecke S, Pauschardt J, Remschmidt H, Walter R, Mattejat F:
Time Trends in Psychopathology. A 21-year comparison from Germany. Z Kinder Jugendpsychiatr Psychother 2011; 39:
187–94.
29. Hebebrand J, Blanz B, Herpertz-Dahlmann B, Lehmkuhl G: Zu- nahme der Häufigkeit medikamentöser Behandlungen, ethische Prinzipien und Interessenkonflikte in der Kooperation mit der pharmazeutischen Industrie. Z Kinder Jugendpsychiatr Psycho- ther 2012; 40: 133–8.
30. Kesselheim AS, Mello MM, Studdert DM: Strategies and prac - tices in off-label marketing of pharmaceuticals: a retrospective analysis of whistleblower complaints. PLoS Med 2011; 8:
e1000431.
31. Bachmann M, Bachmann CJ, John K, Heinzel-Gutenbrunner M, Remschmidt H, Mattejat F: The effectiveness of child and adolescent psychiatric treatments in a naturalistic outpatient setting. World Psychiatry 2010; 9: 111–7.
32. Bachmann C, Lehmkuhl G, Petermann F, Scott S: Evidenzbasier- te psychotherapeutische Interventionen für Kinder und Jugendli- che mit aggressivem Verhalten. Kindh Entw 2010; 19: 245–54.
33. Hoffmann F, Bachmann C: Unterschiede in den soziodemogra- phischen Merkmalen, der Gesundheit und Inanspruchnahme bei Kindern und Jugendlichen nach ihrer Krankenkassenzugehörig- keit. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesund- heitsschutz 2013; (in print)
34. Sleath B, Domino ME, Wiley-Exley E, Martin B, Richards S, Carey T: Antidepressant and antipsychotic use and adherence among Medicaid youths: differences by race. Community Ment Health J 2010; 46: 265–72.
35. Dosreis S, Yoon Y, Rubin DM, Riddle MA, Noll E, Rothbard A: An- tipsychotic treatment among youth in foster care. Pediatrics 2011; 128: e1459–66.
36. Pringsheim T, Panagiotopoulos C, Davidson J, Ho J: Evidence- based recommendations for monitoring safety of second gene- ration antipsychotics in children and youth. J Can Acad Child Adolesc Psychiatry 2011; 20: 218–33.
37. Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Beschluss des Gemein- samen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimit- tel-Richtlinie: Anlage III Nummer 44. Stimulantien. Vom 16.
September 2010. www.g-ba.de/downloads/39–261–1185/
2010–09–16_AM-RL3_Stimulantien_BAnz.pdf (last accessed on 29 May 2013)
38. Schulze J, van den Bussche H, Glaeske G, Kaduszkiewicz H, Wiese B, Hoffmann F: Impact of safety warnings on antipsycho- tic prescriptions in dementia: Nothing has changed but the years and the substances. Eur Neuropsychopharmacol 2013;
23: 1034–42.
39. Mühlbauer B, Janhsen K, Pichler J, Schoettler P: Off-label use of prescription drugs in childhood and adolescence: an analysis of prescription patterns in Germany. Dtsch Arztebl Int 2009;
106: 25–31.
Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Christian J. Bachmann
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Fachbereich Medizin, Philipps-Universität Marburg
Schützenstraße 49, 35039 Marburg christian.bachmann@med.uni-marburg.de
Zitierweise
Bachmann CJ, Lempp T, Glaeske G, Hoffmann F: Antipsychotic prescriptions in children and adolescents—an analysis of data from a German statutory health insurance company from 2005–2012.
Dtsch Arztebl Int 2014; 111(3): 25–34. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0025
@
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:www.aerzteblatt.de/lit0314 eTabellen:
www.aerzteblatt.de/14m0025
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
Berichtigung
In dem Beitrag „Diagnostik und Therapiemöglichkeiten bei idiopathischer Lungenfibrose“ von Jürgen Behr im Deutschen Ärzteblatt vom 23. Dezember (Heft 51–52) sind die Angaben zum Abfallen der 6-Minuten-Gehstrecke bei mit Pirfenidon behandelten Patienten verglichen mit Patienten, die ein Placebo erhielten, nicht korrekt („Placebo von 345 m auf 239 m versus Pirfenidon von 342 m auf 264 m“). Die korrekten Zahlen lauten: „Unter der vollen Dosis von 2 403 mg/d fiel die 6-Minuten-Gehstrecke (6MWD) im Mittel um 24 m geringer ab (Placebo 405 m auf 328 m versus Pirfenidon 395 m auf 342 m; p = 0,0009) und das progressionsfreie Überleben (PFS) über 72 Wochen
war um 26 % verbessert (p = 0,025) (35).“ MWR
ORIGINALARBEIT
Antipsychotika-Verordnungen bei Kindern und Jugendlichen
Auswertung von Daten einer gesetzlichen Krankenkasse für den Zeitraum 2005–2012 Christian J. Bachmann, Thomas Lempp, Gerd Glaeske, Falk Hoffmann
eLITERATUR
e1. Loy JH, Merry SN, Hetrick SE, Stasiak K: Atypical antipsychotics for disruptive behaviour disorders in children and youths. Cochra- ne Database Syst Rev 2012; 9: CD008559.
e2. Davies LM, Lewis S, Jones PB, et al.: Cost-effectiveness of first- v. second-generation antipsychotic drugs: results from a randomi- sed controlled trial in schizophrenia responding poorly to previous therapy. Br J Psychiatry 2007; 191: 14–22.
e3. Steinhausen HC: A European perspective on paedo-psychiatric pharmacoepidemiology. World Psychiatry 2013; 12: 131.
e4. Bramesfeld A, Grobe T, Schwartz FW: Prevalence of depression diagnosis and prescription of antidepressants in East and West Germany: An analysis of health insurance data. Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol 2010; 45: 329–35.
e5. Hoffmann F, Petermann F, Glaeske G, Bachmann CJ: Prevalence and comorbidities of adolescent depression in Germany. An ana- lysis of health insurance data. Z Kinder Jugendpsychiatr Psycho- ther 2012; 40: 399–404.
e6. Bachmann CJ, Manthey T, Kamp-Becker I, Glaeske G, Hoffmann F: Psychopharmacological treatment in children and adolescents with autism spectrum disorders in Germany. Res Dev Disabil 2013; 34: 2551–63.
e7. Lieb K, Koch C: Medical students’ attitudes to and contact with the pharmaceutical industry—a survey at eight German university hospitals. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 584–90.
e8. Farmer CA, Arnold LE, Bukstein OG, et al.: The treatment of seve- re child aggression (TOSCA) study: Design challenges. Child Ado- lesc Psychiatry Ment Health 2011; 5: 36.
e9. Rapoport JL: Pediatric psychopharmacology: too much or too litt- le? World Psychiatry 2013; 12: 118–23.
e10. Remschmidt H: Psychopharmacological treatments in children and adolescents. Adequate use or abuse? World Psychiatry 2013;
12: 135–6.
e11. Arnold LE, Aman MG, Li X, et al.: Research Units of Pediatric Psy- chopharmacology (RUPP) Autism Network randomized clinical trial of parent training and medication: one-year follow-up. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 2012; 51: 1173–84.
eTABELLE 1
Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Antipsychotika-Verordnungen, nach Wohnregion
* einschließlich Berlin Jahr 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Westdeutschland 0,18 % 0,20 % 0,21 % 0,24 % 0,26 % 0,29 % 0,31 % 0,32 %
Ostdeutschland*
0,41 % 0,27 % 0,31 % 0,33 % 0,35 % 0,37 % 0,34 % 0,34 %
gesamt 0,23 % 0,21 % 0,23 % 0,26 % 0,28 % 0,31 % 0,31 % 0,32 %
eTABELLE 2
Multivariate logistische Regression zu Faktoren, die mit der Verschreibung von Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen 2005–2012 assoziiert sind
Odds Ratio (OR) mit 95-%-Konfidenzintervall (95-%-KI) Variable
Jahr der Verordnung (pro zunehmendem Jahr) Alter (pro zunehmendem Lebensjahr) Geschlecht (männlich vs. weiblich) Region (Ost- vs. Westdeutschland)
OR 1,07 1,12 2,37 1,44
95-%-KI 1,06–1,07 1,12–1,13 2,31–2,43 1,41–1,48