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Innovator oder Rentier? Anmerkungen zu einem entwicklungstheoretischen Paradigma aus empirischer Perspektive: Das Beispiel Palästina — erdkunde

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Academic year: 2022

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I N N O V A T O R O D E R R E N T I E R ?

A N M E R K U N G E N Z U E I N E M E N T W I C K L U N G S T H E O R E T I S C H E N P A R A D I G M A A U S E M P I R I S C H E R P E R S P E K T I V E : D A S B E I S P I E L P A L Ä S T I N A1'

Mit 5 Abbildungen und 1 Tabelle PETER LINDNER

Summary: Innovative Entrepreneur or Rent-Seeker? Contribution to a paradigm in development theories from the empiri- cal point of view: the example of Palestine

Although development theories of a global range have run into crisis since the beginning of the eighties, some reworked rent-theory concepts have made a remarkable comeback. These draw upon Marxist as well as neo-libcral concepts, and use the term "rent" to refer to income which is gained without direct ties to performance or costs of production, mosdy through monopolistic market situations (for instance oil income but also including development aid). This income is assumed to have a great influence on the political system, on society and on the development strategies of the recipient country; and the patterns of action exhibited by entrepreneurs are described as rent-seeking behaviour. This in turn is presumed to hinder innovation and thereby economic development. The PLO's financial strategies and some later problems with the socio-economic deve- lopment of the occupied Palestinian territories indicate that the so-called peace process can be understood as a process of trans- formation from a rent-seeking organisation to a rent-seeker state. Empirical analysis of the social role and the strategies of action of Palestinian industrial entrepreneurs clearly shows that, particularly for this group, rent-seeking is not a decisive basis of orientation to date. The varying effects of the dominant external influences over the last decades are much more decisive for the marginal contribution of the manufacturing sector to GDP (6-8%) as well as for the characteristics of Palestinian industrialists. Although these influences represent in many respects a unique situation, the examination also leads to some general criticism of the concept of 'socialisation leading to rent-seeker status'. The weak points of the theory concern the assessment of interest conflicts, pressure groups and changes in property rights as well as the function of political institutions and the role of the state. In addition to this, pre-emptive techniques are used to narrow the wide range of results possible from empirical ficldwork; the complex phenomena of culture-typical entrepreneurial behaviour is simplified by the construction of the black-box "rent-seeking-mentality"; and the pejorative overtone of the "rent-seeker" characterisation can make it difficult to deal with cultural differences adequately.

Zusammenfassung;. Obwohl Entwicklungstheorien mit globalem Erklärungsanspruch seit Beginn der 80er Jahre in eine Krise geraten sind, erleben Neuformulicrungcn von Rententheorien zum Teil ein beachtliches Comeback. Sie greifen sowohl auf marxistische als auch auf neoliberale Ansätze zurück und verstehen unter „Renten" Einkommen, die ohne unmittelbare Bin- dung an Leistung oder Kosten meist aufgrund monopolistischer Marktstrukturen entstehen (z. B. Royalties, aber auch Ent- wicklungshilfezahlungen). Diesen Einkommen wird prägender Einfluß auf das politische System, die Gesellschaftsordnung und die Entwicklungsstrategien des Empfängerlandcs zugeschrieben und die Handlungsentscheidungen von Unternehmern werden als „Rent-Seeking-Verhalten" beschrieben, das Innovativität und damit letztlich wirtschaftliche Entwicklung blockiert.

Die Finanzicrungsmuster der PLO sowie einige Probleme der sozioökonomischen Entwicklung in Palästina deuten darauf hin, daß der nahöstliche ,Friedensprozeß' als Transformation einer Rentier-Organisation zu einem Rentier-Staat beschrieben werden kann. Die empirische Untersuchung der gesellschaftlichen Rolle und der Handlungsstrategien palästinensischer Industrieunternehmer zeigt jedoch, daß speziell für diese Gruppe Rent-Seeking bislang keine dominierende Handlungs- orientierung darstellt. Für den mit 6-8% marginalen Beitrag des verarbeitenden Gewerbes zum BIP sowie für die Charakte- ristika palästinensischen Unternehmertums in diesem Sektor sind vielmehr die seit Jahrzehnten auf vielfältige Weise wirken- den externen Einflüsse entscheidend. Obwohl diese Einflüsse in vieler Hinsicht eine Sondersituation darstellen, ergeben sich aus der Untersuchung doch auch allgemeine Kritikpunkte an der These einer ,Sozialisation zum Rentier'. Die Schwächen des Konzeptes liegen vor allem in der Bewertung von Intercssenkonflikten, Interessengruppen und Veränderungen von Eigen- tumsrechten sowie der Funktion von politischen Institutionen und des Staates. Darüber hinaus wird das Spektrum möglicher Ergebnisse empirischer Arbeit im Vorgriff verengt, die komplexe Problematik kulturspezifischen Unternchmerhandelns wird durch die Konstruktion der Black-box „Rentier-Mentalität" stark simplifiziert und der pejorative Beiklang der Charakterisie- rung als „Rentier" ist einem adäquaten Umgang mit kulturellen Unterschieden nicht dienlich.

'' Viele Informationen und Zitate stammen aus 49 Leit- fadeninterviews mit Unternehmern und Behördenvertretern in der West Bank, die während insgesamt vier Fcldaufenthalten zwischen August 1995 und September 1996 geführt wurden.

Ich danke dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst für die Finanzierung dieser

Arbeiten im Rahmen des interdisziplinären Forschungsver- bundes FORAREA. Für kritische Anmerkungen danke ich vor allem den Betreuern und Stipendiaten des „Graduiertenkol- legs für Gegenwartsbezogene Orientforschung" der Univer- sitäten Erlangen-Nürnberg und Bamberg sowie Dr. M. Beck (Tübingen) und M. Bocckler MA (Eichstätt).

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202 Erdkunde Band 52/1998 1 Vorbemerkung

Spätestens seit Beginn der 80er Jahre sind cntwick- lungstheoretische Globaltheorien in eine Krise geraten, die durch die immer deutlicher werdenden Probleme auch der sozialistischen Systemalternativen zusätzliche Nahrung erhielt. Statt dessen trat eine Vielzahl von Partial- und Regionalansätzen in den Vordergrund, die kaum mehr die Erklärungsrelevanz von „Theorien mittlerer Reichweite" für sich beanspruchen. Arbeiten zur „innerdisziplinären Nabclschau" gewannen an Be- deutung und führten in der Diagnose des „Endes der Dritten Welt" (vgl. MENZEL 1991) zur zumindest rheto- rischen Infragestellung des gesamten Forschungsfeldes.

Um so bemerkenswerter ist es, daß parallel zu dem inzwischen weithin anerkannten und thematisierten Ende der Großtheorien ,Revisionen' älterer For- schungsansätze mit umfassendem Erklärungsanspruch fortbestehen und in Präzisierungen und Neuformulie- rungen zum Teil ein beachtliches Comeback erleben.

Zu diesen „Neo-Theorierichtungen" (vgl. MENZEL

31995, 43ff) zählen auch die Neuformulierungen von Rententheorien, deren Abstraktionsniveau meist auf einer mittleren Ebene angesiedelt ist. In jedem Fall sind sie weit mehr als nur eine „Neuauflage" des BOBEK- schen Rentenkapitalismus.

Der Beitrag gibt einen allgemeinen Uberblick zur neueren Diskussion von Rententheorien und unter- sucht am Beispiel des entstehenden Staates Palästina, inwieweit diese nicht nur im Rahmen von politik- wissenschaftlichen Analysen der Makroebene („Rentier- Staatstheorien"), sondern auch zur Erklärung der indi- viduellen Handlungsstrategien privatwirtschaftlicher Akteure („Rent-Seeking-Ansätze") operationalisierbar sind. In einem ersten Teil werden die für eine Opera- tionalisierung relevanten, z. T. sehr unterschiedlichen Teilstränge des gesamten Theoriegebäudes anhand des Zentralbegriffs der Rente kurz charakterisiert. Auf eine kritische Diskussion wird hier bewußt verzichtet; es sei a u f d i e A r b e i t e n v o n SIMONIS ( 1 9 8 6 ) , ASHOFF ( 1 9 8 8 ) , CZICHOW SKI ( 1 9 9 0 ) , DAVIS ( 1 9 9 1 ; r e z i p i e r t b e i BECK 1993, 49fi), BELLIN (1994) und ELKINS (1994) sowie auf Hinweise zur ,internen Kontroverse' bei WEEDE (1985) und SCHMID (1991, 41fl) verwiesen. Der zweite Ab- schnitt zeigt zum einen, welche allgemeinen Merkmale die Anwendbarkeit auf Palästina nahelegen und disku- tiert zum anderen Möglichkeiten und Grenzen einer Erklärung unternehmerischer Handlungsstrategien als Rent-Seeking. Die Auswahl der herangezogenen Bei- spiele muß dabei zwangsläufig lückenhaft bleiben. Im dritten Abschnitt wird versucht, die aus dem Fallbei- spiel resultierenden Kritikpunkte auf den Ansatz rück- zubeziehen und zu verallgemeinern.

2 „Rente" und „Rentier-Staat": Traditionsstränge2> und Kennzeichen

2.1 Der Begriff „Rente"

Im alltagsweltlichen Gebrauch werden als „Renten"

Einkommen bezeichnet, denen keine ,adäquaten' Lei- stungen (sachlich oder zeitlich) gegenüberstehen, und im Kern liegt dieses Verständnis auch den Rententheo- rien zugrunde. Bereits ein kurzer Blick in wirtschafts- wissenschaftliche Nachschlagewerke zeigt jedoch, daß ein einheitlicher Rentebegriff nicht existiert. Die unter- schiedlichen Bedeutungskomponenten können im Kontext von drei Traditionssträngen aufgezeigt wer- den, die Eingang in die jüngeren Rententheorien ge- funden haben:

- Für die klassische Nationalökonomie und speziell für DAVID RICARDO ( 1 9 0 5 [ 1 8 1 5 ] ; 1 9 5 9 [ 1 8 2 1 ] ) e n t - stehen Renteneinkommen immer aufgrund spezifi- scher Knappheiten. Nach diesem Verständnis ist Rente ein alltäglicher Bestandteil ökonomischer Transaktio- nen, der auf eine unterschiedliche Produktivität der eingesetzten Faktoren zurückzuführen und weitgehend frei von normativen Bedeutungskomponenten („unver- dient", „ohne entsprechende Leistung", ...) ist.3)

Der marxistische RentebegrifT baut auf Monopo- lisierbarkeit und privateigentumsmäßiger Zuordenbar- keit von Produktionsfaktoren auf. Für die neueren Arbeiten zu Rententheorien bleibt aus dem marxisti- schen Verständnis vor allem die Tatsache wichtig, daß die Höhe der Rente nicht fest, sondern durch gezielte Inwertsetzung beeinflußbar ist. Kollektives, interessen- bezogenes Handeln im Sinn einer „Klasse für sich"

deutet sich darin bereits an.

In der neueren Volkswirtschaftslehre rücken sub- jektive Wertschätzungen gemäß der Grenznutzenbe-

21 Eine ausführliche und theoretisch breit angelegte Dar- stellung findet sich bei SCHMID (1991, 8fl), die damit auf das immer wieder beklagte Fehlen einer vergleichenden Gegen- überstellung verschiedener Arbeiten zu Rententheorien reagiert.

''' Es erscheint hingegen nicht haltbar, wie MENZEL von

„Ricardos altem Kampf gegen Grundrente und Korn- zölle ..." (:i1995, 44) zu sprechen. Der „Kampf' bezieht sich ausschließlich auf die Kornzölle und gegen Malthus' Argu- mentation. Vgl. dazu RICARDO (1905 [1815], v. a. S. 20):

„Hohe Bodenrente und niedriger Zins, die einander immer begleiten, sollten nie zu Klagen veranlassen, wenn sie das Er- gebnis des natürlichen Laufes der Dinge sind" und in den

„Principles": „Der Preis des Getreides ist nicht hoch, weil eine Rente bezahlt wird, sondern eine Rente wird gezahlt, weil der Preis des Getreides hoch ist" (RICARDO 1959 [1821], 59).

4 Auf internationaler Ebene stellt die OPEC dafür ein an- schauliches Beispiel dar (BECK 1993).

(3)

Preis k

Nachfrage

s Angebot

Transfer-

\

einkommen

Menge Preis

Nachfrage Angebot

Rente

Angebot

Menge

*•

Abb. 1: Transfereinkommen und ökonomische Rente bei vollkommen elastischer, starrer und „normaler" Angebotsreaktion Transfer income and economic rent at elastic, „normal" and rigid supplier reaction

trachtung und dem Opportunitätskostenprinzip in das Zentrum der Betrachtung. Die Elastizität des Angebots und die Frage, welcher Preis tatsächlich bezahlt werden müßte, damit ein bestimmtes Angebot aufrecht erhal- ten wird, ist hier entscheidend (vgl. Abb. 1).

Rente, darüber besteht Einigkeit, stellt eine be- stimmte Einkommensart dar, deren Auftreten unab- hängig von produktiver Leistung ist und die nur in be- grenztem Maß zur Verfügung steht. Unterschiedlich werden jedoch die Ursachen der Entstehung von Ren- ten, damit auch ihre Auswirkungen und die ,soziale Verortung' gesehen. Eine vorsichtige, weitgehend offen gehaltene Definition von „Rente", die noch nicht speziell auf die entwicklungstheoretische Relevanz ab- stellt, könnte lauten: Rente ist der Anteil am Erlös aus dem Verkauf eines Gutes oder einer Dienstleistung, dem keine Opportunitätskosten gegenüberstehen und für den es deshalb keine allokative Notwendigkeit gibt.

Die Reinvestition von Renten steht demzufolge in kei- nem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erzeu- gung des Gutes oder der Dienstleistung. Allerdings stellt ein ,angemessener', die reinen Erzeugungskosten übersteigender Betrag als Entlohnung für Innovativität, eingebrachte Arbeitsleistung und die Organisation der Kombination von Produktionsfaktoren den Gewinn und keine Rente dar.5)

Für viele Arbeiten bildet der kontrovers diskutierte (vgl. BECK U. PAWELKA 1994, 362f) Zentralbegriff d e r

„Rente" die wesentliche inhaltliche Klammer. Die defi- nitorischen Probleme deuten sich bereits in der Unter-

" Die Abgrenzung zwischen Gewinn und Rente bleibt unscharf. Es existiert eine unüberschaubare Anzahl unter- schiedlicher, je nach theoretischem Hintergrund und Er- kenntnisintcresse variierender Versuche, die Begriffe „Rente"

und „Rentier" kurz zu definieren. Vgl. stellvertretend BK- BLAWI (1987,49ff), BECK. U. PAWELKA (1994, 362), BUCHANAN (1980, 3ff), ELSENHANS (1986,137, 1400) und SCHMID (1991, 78fl).

schiedlichkeit der theoriegeschichtlichen Wurzeln an;

in der Praxis sind es auf internationaler Ebene jedoch immer wieder folgende Einkommensarten, die dar- unter subsumiert werden (SCHMID 1991, 81 fl):

Einkommen aus dem Verkauf von Rohstoffen („Rohstoffrente");

Einkommen, die aus der Vergabe von „Nutzungs- genehmigungen" für staatliches Territorium entstehen („Lage-Rente"; z. B. Suez-Kanal, Ülpipelines, ...);

Einkommen aus Portfolioeinlagen („Effekten- rente");

Einkommen aus künstlicher Wechselkursgestal- tung („versteckte Rente");

staatliche Entwicklungshilfe;

politisch motivierte, interessengebundenc Zahlun- gen („regelnde Rente", „politische Rente");

Remissen von Gastarbeitern.

In Abb. 2 sind die wichtigsten Renteneinkommen der Staaten des Orient, basierend auf den vom Inter- nationalen Währungsfond und den Vereinten Natio- nen herausgegebenen Volkswirtschaftlichen Gesamt- rechnungen und Zahlungsbilanzen dargestellt. Die Verwendung dieser einheitlichen Quellen macht die Datenerhebung nachvollziehbar und ermöglicht Ver- gleichbarkeit. Andererseits sind für einige Staaten nur veraltete Zahlen publiziert, und die zugrundegelegten Klassifikationskriterien führen in einigen Fällen zu ,Artefakten': So sind beispielsweise die Zahlungen der einzelnen Emirate an die Zentralregierung der Ver- einigten Arabischen Emirate als „Zuschüsse" ausgewie- sen, und in manchen Fällen führt Devisenbewirtschaf- tung zu verzerrten Außenhandelsstatistiken.

2.2 Merkmale von „Rentier-Staaten "

Die Spezifizierung des „sozialwissenschaftlichen Paradigmas" (SCHMID 1991) zum entwicklungstheore- tischen Paradigma geschieht einerseits in der depen-

(4)

Legende:

Bezugsjahr des Kreisdiagrammes (Staatseinnahmen)

Bezugsjahr des Balkendiagrammes (Gegenüberstellung BIP - Renten) keine ausreichenden

Angaben

Land (1996/1997)

BIP=100°o

Zusammensetzung der Staats- einnahmen (Zentralregierung

einschl. Sozialvers.):

1) Steuereinnahmen, Zölle 2) Einnahmen aus unternehme-

rischer Tätigkeit und Eigen- tum, Gebühren 3) Einnahmen aus Vermögens-

liquidierung 4) (Auslands)Zuschüsse (zu den

VAE s. "Anmerkungen") 5) nicht zuzuordnender Rest

l l l l ^ B Renten

A B C D

Größenvergleich zwischen ausgewählten zahlungsbilanzwirksamen Rentenein-

kommen und Bruttoinlandsprodukt:

A) Export von Erdöl und Erdölprodukten B) Gastarbeiterüberweisungen C) Portfolioeinnahmen und Einnahmen aus

"anderen Investitionen" (ohne Direktinvest.) D) sonstige laufende Transfers (u.a. Ent-

wicklungshilfe) ohne Rimessen

Anmerkungen:

- Die Zahlen sind den einschlägigen Publikationen des Internationalen Währungsfond und der Vereinten Nationen entnommen; viele Zahlungen sind nur sehr ungenau erfaßt. Die Klassifikation entspricht dem revidierten "System of National Accounts" von 1993 sowie der internationalen Zahlungsbilanzsystematik von 1993.

- Während die Kreisdiagramme echte Anteile zeigen, stellen die Balkendiagramme einen Größenver- gleich dar.

- Internationale Hilfszahlungen sind in den Kreisdiagrammen nur aufgenommen, wenn sie unmittelbar der Finanzierung des Staatshaushaltes dienen. Im Fall der Vereinigten Arabischen Emirate wurden die Zahlungen der einzelnen Emirate an die Zentralregierung, die offiziell als Transfers ausgewiesen sind, pauschal den "Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit" zugerechnet.

- In den Balkendiagrammen sind Ölrenten mit ihrem Exportwert ohne Abzug der Produktionskosten dargestellt, die bei günstigen Lagerstätten 5-10% des Exportwertes ausmachen (vgl. BRYNEN 1992:

71). Einnahmen aus der Lizenzvergabe sind jedoch nur für den Jemen mit eingeschlossen. Bei Oman ist der Produktionswert (einschl. des Verbrauchs im Land) abgebildet. Ägyptens Einnahmen aus Nutzungsgenehmigungen des Suezkanals wurden zu den Olexporten addiert. Angaben über private Transfers nach Israel fehlen ebenso wie die Portfolioeinnahmen Oatars und der Vereinigten Arabischen Emirate. Neuere Angaben über die nach Palästina fließenden Rimessen sind nur für das Herkunftsland Israel verfügbar; diese sind Teil des BSP und wurden nicht mit aufgenommen.

Quellen:

International Monetary Fund. 1996. Balance of Payments Statistics Yearbook (2 Bde.). Washington.

United Nations. 1996. National Accounts Statistics: Main Aggregates and Detailed Tables 1993 (2 Bde.).

New York.

International Monetary Fund. 1996. International Financial Statistics Yearbook. Washington.

International Monetary Fund. Government Finance Statistics Yearbook. Washington.

In Einzelfällen:

Statistisches Bundesamt. Länderberichte (versch. Jahrgänge und Länder). Wiesbaden.

HUNTER, Brian (Hg.). Versch. Jg. The Statesman's Year-Book: A Statistical, Political and Economic Account of the States of the World. London u.a.

Zum Vergleich:

BRD (1995/1995) P=100%

¡Renten

Entw. und Kartographie: P. Lindner &3 Abb. 2: Renteneinkommen im Orient

Rent income in the Islamic world to

CD

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denztheoretischen Interpretation und andererseits in der meist neoliberal argumentierenden (z. B. KRUEGER

1974; BUCHANAN 1980; WEEDE 1985) R e n t - S e e k i n g - Variantc (Kap. 2.3), in der individuelle Handlungsent- scheidungen stärker mit berücksichtigt werden.

Die Dependenztheorie überträgt das marxistische Rentenverständnis im Analogieschluß auf die zwischen- staatliche Ebene. Auch hier existieren knappe Güter (natürliche Ressourcen, aber auch strategische Lage- gunst u. a.), komparative Vorteile und eine ,individuell'- (national-)staatliche Verfügbarkeit mit der Möglichkeit, auf dem Weltmarkt Handel treiben zu können. Regio- nale und sektorale Produktivitätsunterschiede ver- festigen sich zu struktureller Heterogenität, und die Existenz somit auftretender Renteneinkommen trägt zur Konstituierung gesellschaftlicher Gruppen bei, die einerseits diese Zuflüsse erhalten, andererseits aber auch aktiv versuchen, neue Rentenquellen zu er- schließen. Die Regelung der Außenbeziehungen wird damit zu einem zentralen Politikfeld, und national- staatliche Souveränitätsbestrebungen als Basis der Ren- tenappropriation gewinnen an Bedeutung. Strategi- sches, auf eine Stabilisierung der Rentenzuflüsse hin ausgerichtetes Handeln auf der Ebene von National- staaten legt es nahe, nicht von Renten-Staaten (Ein- kommensart), sondern von Rentier-Staaten (Verhal- t e n s k a t e g o r i e ) z u s p r e c h e n (SCHMID 1991, 21).

In einer vereinfachten Kombination der dargestell- ten Argumentationsstränge wird die ganze Tragweite und Eleganz des Konzepts deutlich, die vor allem im Aufzeigen eines „Transmissionsmechanismus" zwi- schen Staatseinkommen und Verhaltcnsmustern privatwirtschaftlicher Akteure als internalisicrtes Rent- Seeking (s. unten) begründet ist. Rente als eine vielen ökonomischen Transaktionen inhärente Kategorie, die auf Knappheiten und Monopole zurückzuführen ist, tritt auch auf der internationalen Ebene auf. Damit bilden sich privilegierte Empfängergruppen in der staatlichen Administration der Empfängerländer, und gleichzeitig kommt es zu einer ständigen Konkurrenz um die begrenzten Zuflüsse, die zur Konservierung be- stehender und zur Suche nach neuen Rentenquellen führt. Die überwiegend auf zwischenstaatliche Trans- aktionen konzentrierte Entstehung führt dazu, daß Innenpolitik und wirtschaftspolitische Maßnahmen mit dem Ziel, eine selbsttragende Entwicklung zu initiieren, an Bedeutung verlieren. Mit der Möglich- keit, einem potentiellen inneren Reformdruck über die Redistribution von Renten an die eigene Bevölkerung entgegenzuwirken, verliert auch bei den ,Sekundär- empfängern' die Wahrnehmung von Marktchancen an Bedeutung, und der Blockademechanismus schließt sich.

In einem ersten Schritt auf dem Weg zur Operatio- nalisierung des Ansatzes können folgende Merkmale in jeweils unterschiedlicher Wichtigkeit als charakteri-

stisch für Rentier-Staaten gelten:

Zusammensetzung des Staatshaushalts: Ein hoher An- teil der Staatseinnahmen besteht aus externen Zu- flüssen, denen keine entsprechende Leistungserstellung gegenübersteht und die sich je nach Rentenart in der Außenhandels- oder der Übcrtragungsbilaiiz nieder- schlagen. Für die Einordnung als Rentier-Staat schlägt LUCIANI (1987, 70) 40% als grobe Orientierungsricht- linie vor. Damit einher geht meist ein Steueraufkom- men, das selbst gemessen an den regionalen Verhältnis- sen gering ist und die Binnenwirtschaft als Ertrags- quelle zur Bedeutungslosigkeit degradiert (GARAIBEH

1987, 194). Andererseits ergibt sich aus dieser Einkom- menskonstellation eine ausgeprägte Krisenanfälligkeit und ein Primat der Außen- und Außenwirtschafts- politik.

Ausgabenstruktur: Die Staatsausgaben werden nur zu einem geringen Teil zur Wirtschaftsförderung im weitesten Sinn oder für Infrastrukturprojekte verwen- det, die der Bevölkerung zugute kommen. Statt dessen spielen Ausgaben für Rüstung und Militär häufig eine wichtige Rolle. Darin kommt zum Ausdruck, daß die staatlichen Bürokratien (,Staatsklassen') aufgrund ihrer extern gesicherten Einnahmen weitgehend frei von ökonomischen Marktzwängen und politischer Legiti- mationspflicht agieren (vgl. „Politisches System") und deshalb die angeworbenen Mittel zu einem hohen An- teil zur Sicherung und Verbesserung des eigenen Status sowie zur Gewährleistung nationaler Autonomie nut- zen können (BECK 1993, 45fl).

Gesellschajlsaufhau: Im politischen System und sei- nen Repräsentanten spiegeln sich nicht der Aufbau und die soziodemographischen Merkmale der Gesellschaft wider, sondern es existiert weitgehend abgehoben da- von. Vielmehr wird der Aufbau der Gesellschaft und deren hierarchische Strukturierung maßgeblich durch persönliche, verwandtschaftliche, politische oder räum- liche Nähe zu den Vertretern des Staates und damit zu den Rentenquellen mitbestimmt. Zementierte Interes- senkonstellationen und -koalitionen verhindern sozia- l e n W a n d e l (ELKINS 1994, 434).

Politisches System: Die weitgehende ökonomische Unabhängigkeit der staatlichen Repräsentanten steht einer Demokratisierung im Weg und kommt im Fehlen von Legitimations- und Kontrollmechanismen zum Ausdruck. Das Prinzip „no taxation without represen- tation" ist durch den Prozeß des „buying consensus at home" (LUCIANI 1987, 73, 78) ersetzt. Darin, daß es spezifischen Interessen folgt und selektiv eingesetzt wird, unterscheidet es sich von echten Wohlfahrts-

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206 Erdkunde Band 52/1998 Programmen. Die Vergabe von Posten auch in der

mittleren und unteren Verwaltung stellt eine wichtige Versorgungsmöglichkeit marginalisierter Bevölke- rungsteile dar und trägt zur Entstehung von ,aufge- blähten' Staatsbürokratien bei (BEBLAWI 1987, 55).

Rentenredistribution verhindert die Entstehung von Gewerkschaften und Interessenvertretungen (VANDE- WALLE 1987, 168) und macht trickle-down Effekte damit unmöglich.

- Wirtschaftsstruktur: Falls externe Renten durch den Verkauf eines Gutes auf dem Weltmarkt erworben werden, führt dies häufig zu einer überproportionalen Förderung eines einzelnen produzierenden Sektors.

Das Ergebnis ist eine ausgeprägte Monostrukturierung der Wirtschaft sowie eine entsprechende Abhängigkeit und Störungsanfälligkeit. Bestes Beispiel dafür ist die Erdölwirtschaft in vielen arabischen und z. T. auch südamerikanischen Ländern. Während andere Zweige des sekundären Sektors bedeutungslos bleiben, profi- tiert der tertiäre Sektor von der Dienstleistungsnach- frage der Rentenempfänger und wächst überproportio- n a l (CHATELUS 1 9 9 0 , 123FL). S t r u k t u r e l l e H e t e r o g e n i t ä t der Produktionssektoren wird durch die Vorliebe der Staatsklassen für moderne, prestigeträchtige Technik noch verstärkt (ASHOFF 1988, 115).

Wirtschaftliche Integration: Zwischen den einzelnen Branchen einer Volkswirtschaft entstehen kaum Zulie- fer- und Abnehmerverbindungen. Entweder ist die Fer- tigungstiefe gering (lohnkostenintensive Produktions- abschnitte), oder es werden Rohstoffe exportiert, Fertigprodukte hingegen importiert (vgl. ABDEL-FADIL

1987, 87). Wenn einzelnen Bereichen Priorität einge- räumt wird, so stellt dahinter meist der Wunsch nach nationalstaatlicher Autarkie und Autonomie. Renten können dann dazu genutzt werden, zwischen den ein- zelnen Sektoren der nationalen Wirtschaft Verbindun- gen auf staatsinterventionistischer Basis herzustellen.

- Sozialer Wandel: Während der Prozeß der Indu- strialisierung im Abendland mit einem tiefgreifenden sozialen Wandel verbunden war, kann in Rentier-Staa- ten häufig eine sektorale Industrialisierung, einher- gehend mit der Anwendung des entsprechenden Know-how z. T. durch ausländische Arbeitskräfte - sowie steigendem Wohlstand, beobachtet werden, ohne daß damit eine Änderung der traditionellen Sozial- muster verbunden ist. Die externe Fundierung der Industrialisierung und des steigenden Wohlstands übersetzt sich in eine Abkoppelung der ökonomischen von der sozialen Entwicklung.

- Entwicklungskonzepte: Marginale Bedeutung der Binnenwirtschaft einerseits und externe Krisenanfällig- keit andererseits machen ein flexibles, situationsan- gepaßtes Agieren zur zentralen Handlungsstrategie

(PAWELKA 1 9 9 3 , 158FF; 1994). E n t w i c k l u n g s m o d e l l e sind deshalb kaum auf lange Sicht konzipierbar, orien- tieren sich am kurzfristigen Statusinteresse der Staats- klassen und zielen auf Substitution versiegender Rcn- t e n q u e l l e n d u r c h n e u e (ABDEL-FADIL 1 9 8 7 , 104(T; BECK

1993, 263fi). Die Chance einer produktiven Reinvesti- tion der erhaltenen Renten wird nicht genutzt.

2.3 Rent-Seeking als Handlungsstrategie

Die vielfältigen innen- und außenpolitischen Konse- quenzen der externen Zuflüsse schränken die Chancen auf eine eigenständige Wirtschaftsentwicklung stark ein. Da aber nicht alle gesellschaftlichen Gruppen von Renten in gleichem Maß profitieren, könnten produk- tive Aktivitäten also durchaus eine zusätzliche wichtige Quelle der Erwirtschaftung des Volkseinkommens dar- stellen, sofern auf dem Binnenmarkt oder auf inter- nationalen Märkten Gewinnchancen bestehen. Der Rent-Seeking-Ansatz liefert jedoch Hinweise darauf, warum es für die Etablierung einer Industriellenschicht unabhängig von der staatlichen Verwaltung so wenige empirische Belege gibt. Die Wahrnehmung solcher Chancen ist nach CHATELUS nur eine zweitrangige Alternative, die vor allem von marginalisierten Bevöl- kerungsteilen wahrgenommen wird (1987, 111).

Rent-Seeking6' bezeichnet die Strategie, leistungs- unabhängige, überhöhte Einnahmen zu erzielen. Diese können aus Zuwendungen bestehen, die von Ver- tretern der staatlichen Bürokratie als internationale Renten akquiriert wurden und an die Bevölkerung bei- spielsweise in Form von direkten Subventionen weiter- gegeben werden. Aber auch der Erhalt eines Produk- tionsmonopols oder einer exklusiven Import-/Export- lizenz garantiert langfristige Renteneinnahmen. In allen Fällen gelingt es den Empfängern, sich den „nor- malen" Bedingungen von Markt und Wettbewerb zu entziehen. So versucht KRUEGER, die von „Rcnt-See- king Societies" (1974) spricht, nachzuweisen, daß die durch Importquoten und beschränkte Vergabe von Importlizenzen hervorgerufenen Rcnt-Seeking-Akti- vitäten zu größeren gesamtwirtschaftlichen Wohl- fahrtsverlusten führen als eine über Zölle regelnde Importpolitik.7'

6) Aus Platzgründen wird auf eine detaillierte Unterschei- dung zwischen „Revenue-Seeking", „Rent-Seeking", „Trans- fer-Seeking" und „Directly Unproductive Profit-Seeking (DUP)" verzichtet. Vgl. dazu TOLUSON (1982, 590), ASHOFF (1988) und BHAGWATI (1982).

7' Vgl. auch BOHMAN, LOVELL a. BARICHELLO (1996) als Beispiel für einen neueren Versuch, diese Verluste anhand des Kaficehandels zu quantifizieren.

(7)

Rent-Seeking äußert sich in erster Linie in den ver- schiedenen Formen des Lobbying, die bis hin zur Be- stechung gehen können. Die Kosten dieses Lobbying werden später auf die Preise der erzeugten Güter um- gelegt und damit von der Allgemeinheit getragen. Aber nicht nur die Bewerber um eine Lizenz oder Subven- tion konkurrieren unproduktiv miteinander, sondern auch innerhalb einer staatlichen Administration kann um das Recht konkurriert werden, diese zu vergeben.

Drittens entstehen erneut Wohlfahrtsverluste beim Ver- such verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, an der Redistribution der Renten teilzuhaben. Und viertens könnten in vielen Fällen gezielte „Rent-Avoiding"

Maßnahmen nötig werden, die wiederum einen unnötigen Verbrauch von Ressourcen darstellen. Unter der Annahme, daß all die oben aufgeführten Ebenen des Rent-Seeking und -Avoiding tatsächlich auftreten, wird verständlich, warum häufig im umfassenden Sinn von „Rentenökonomien" gesprochen wird (z. B. bei CHATELUS 1985).

Die unter 2.2 zusammengefaßten Eigenschaften von Rentier-Staaten müßten also mit Blick auf den Rent- Seeking-Ansatz um zwei weitere Merkmale ergänzt werden:

- Leistungsprinzip: Das Auftreten von Renten in ver- schiedensten gesellschaftlichen Bereichen führt dazu, daß die Koppelung von Lohn an Leistung zumindest insofern nicht auch besonders erfolgreiches Lobbying als „Leistung" verstanden wird - außer Kraft gesetzt w i r d (BEBLAWI 1 9 8 7 , 52).

- Marktwahrnehmung: Da sich ein bedeutender Teil des binnenwirtschaftlichen Kreislaufs um das Anwer- ben und Verteilen von Renten konzentriert, verlieren

„Markt" und „Produktion" in der unternehmerischen Wahrnehmung als Einkommensquellen an Bedeutung.

Daß Renteneinkommen für viele Entwicklungs- ökonomien eine bedeutende Rolle spielen, läßt sich anhand von wenigen Kenngrößen der Volkswirtschaft- lichen Gesamtrechnung bzw. entsprechenden Modiii- kationen (vgl. STAUFFER 1987) zeigen. Damit gewinnt das allgemein entwickelte Rent-Seeking-Konzept für die Entwicklungsländerforschung besondere Relevanz.

Falls Rent-Seeking tatsächlich entsprechend dem oben dargestellten ,Schneeballc!Tekt' anzutreffen ist, dann gehen von den Reformierten' Handlungsmustern privatwirtschaftlicher Unternehmer ebenso weit- reichende Konsequenzen für die Entwicklungschancen aus wie von den rentenakquirierenden Strategien auf der staatlichen Ebene. Mit dem Konstrukt einer „Ren- t i e r - M e n t a l i t ä t " (z. B. BEBLAWI 1 9 8 7 , 5 2 ; CHATELUS

1 9 9 0 , 113; SCHMID u . PAWELKA 1 9 9 0 , 103) als E r g e b n i s eines konsequenten Sozialisationsprozesses zum Ren- tier wird die entscheidende Verknüpfung zwischen dem

Vorherrschen einer Einkommensart und bestimmten Verhaltensmustern auf der Mikroebene geschaffen.

Darin implizit enthalten und bei verschiedenen Auto- ren auch angedeutet BOBEK spricht bereits 1962 im Kontext seiner „rentenkapitalistischen" Interpretation von Entwicklungsproblemen von „Unternehmergesin- nung" (1962, 14fT, 17) oder sogar erwähnt (BEBLAWI 1 9 8 7 , 5 0 ; MENZEL 1 9 9 1 , 4 4 ; BELLIN 1 9 9 4 , 4 2 7 ) ist b e - reits der positive Antipode des Rentiers: der innovative Schumpeter-Unternehmer, der nach Marktnischen sucht, zugleich zerstörerisch und innovativ wirkt, seine vorübergehenden monopolistischen Gewinne auf- grund des vollständigen Wettbewerbs schnell wieder verliert, um sich dann dynamisch neuen Feldern zuzu- wenden, kurz, der die Grundlage wirtschaftlichen Wachstums bildet. „Profit-Seeking" (BUCHANAN 1980) charakterisiert das im Hinblick auf die Gesamtwohl- fahrt wünschenswerte Verhaltensmuster unter markt- wirtschaftlichen Bedingungen, Rent-Seeking ist eine Folge von Marktunvollkommenheiten und damit ein Beleg für die Gültigkeit des neoklassischen Paradigmas.

3 Die PLO und Palästina: von der Rentier-Organisation zum Rentier-Staat?

3.1 Das entstehende Palästina

Der berühmt gewordene „Händedruck von Wash- ington" zwischen Jassir Arafat und Yitzhak Rabin so- wie die gegenseitige Anerkennung im September 1993 wären noch Mitte der 80er Jahre kaum vorstellbar gewesen. Zwar sind die hinter dem nahöstlichen Friedensprozeß stehenden Ursachen und Motive bis heute nicht vollständig geklärt, aber es hatten sich bereits lange vorher einige einschneidende Verände- rungen für die beiden wichtigsten Beteiligten ergeben.

Die Intifada der palästinensische Volksaufstand gegen die israelischen Besatzer - ließ die besetzten Gebiete nach 1987 für Israel zunehmend auch ökonomisch zu einem ,Problemfaktor' werden und schuf eine prinzi- pielle Bereitschaft zur Veränderung des Status quo. Auf der anderen Seite bewirkte das Auseinanderklaffen zwi- schen der Erwartungshaltung der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten gegenüber der PLO und deren akuter Finanzkrise ein Nachdenken über neue Strategien. Die Konferenz von Madrid im Oktober 1991 wurde zum ersten Manifest des ver- änderten Klimas im Nahen Osten.

Im Mai 1994 wurde die Vereinbarung über den Rückzug der israelischen Besatzer aus dem Gazastrei- fen und aus Jericho unterzeichnet, und im September

1995 folgte ein weiteres Abkommen, das drei Gebiets-

(8)

208 Erdkunde Band 52/1998 kategorien mit unterschiedlichem rechtlichen Status

schuf. Zur Kategorie „A", die vollständig der Selbst- verwaltung übergeben wurde, zählten alle großen Städte der West Bank. Daraufhin konnten im Januar

1996 im entstehenden Palästina Wahlen abgehalten werden, aus denen Jassir Arafats Partei Fath, die bereits in der PLO die dominierende Rolle gespielt hatte, als klare Siegerin hervorging. Gegenüber dem ursprüng- lichen Zeitplan, der ein Ende der Verhandlungen bis Mai 1999 vorsah, haben sich bisher bereits erhebliche Verzögerungen ergeben, und es ist fraglich, ob die israelische Seite an einer Umsetzung der ursprünglich getroffenen Vereinbarungen überhaupt noch interes- siert ist.

3.2 Palästina als Rentier-Staat

Das Anwerben von Rentenzahlungen, die für unter- schiedlichste Maßnahmen verwendet wurden, stellte für die PLO immer eine zentrale Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der eigenen Handlungsspielräume dar. Neben Ausgaben für den Aufbau eines eigenen Militärs und für die politischen Aktivitäten einer stän- dig größer werdenden Funktionärsschicht wurden nach Ausbruch der Intifada vor allem Leistungen im Kontext der sumüd-Strategie (,Standhaftigkeitl) immer wichtiger. Uber die Verwendung der verfügbaren Mit- tel kam es innerhalb der PLO zwar immer wieder zu Unstimmigkeiten, aber unzweifelhaft spielte der PLO- Führer Jassir Arafat bei Entscheidungen nicht zuletzt aufgrund seiner Verfügungsgewalt' über die Finanz- organisation Samid, die nicht als PLO-, sondern als Fath-Organisation ins Leben gerufen worden war, die z e n t r a l e R o l l e (vgl. GOWERS u. WALKER 1994, 257fT, 570).

Besonders deutlich wurde die Abhängigkeit der PLO-Politik von Veränderungen der Finanzierungs- spielräume seit Ausbruch des zweiten Gollkriegs. Die Annäherung an Saddam Hussein führte nach dessen Einmarsch in Kuwait zu einem sofortigen Stop der Überweisungen aus den meisten arabischen Ländern;

in den besetzten Gebieten wurde die Lage dadurch ver- schärft, daß viele palästinensische Arbeitskräfte in den Golfstaaten und in Saudi-Arabien ihre Beschäftigung verloren. Für die Bereitschaft, durch weitreichende Grundsatzentscheidungen neue Ausgangsbedingungen für Verhandlungen zu schaffen, dürfte die ,Rentenkrise' der PLO zwar nicht die alleinige, aber doch eine wich- tige Rolle gespielt haben. Unabhängig davon zeigt sich, daß die an das „Arafat-Fatah-Dominationsmodell"

(BAUMGARTEN 1996, 59) g e b u n d e n e n M u s t e r v o n R e n - tenappropriation und -distribution bereits lange vor Beginn des ,Friedensprozesses' etabliert waren und es

gerechtfertigt erscheinen lassen, von der PLO als einer ,Rentier-Organisation' zu sprechen.

Nach Unterzeichnung der Prinzipienerklärung von Washington gelang es, von der internationalen Staa- tengemeinschaft Zahlungszusagen in Höhe von inzwi- schen 3 Mrd. $ zu erhalten. Der Prozeß der schritt- weisen Übernahme von Hoheitsrechten in Teilen der besetzten Gebiete läßt sich in vielen Aspekten als Transformationsprozcß von einer Rentier-Organisa- tion zu einem Rentier-Staat beschreiben. Für nur ca.

3 Mill. Palästinenser entstanden 25 Ministerien, und die Vergabe von Verwaltungsposten nach Loyalitäts- kritcricn - langjährige Mitgliedschaft in der Fath - und klientelistischen Mustern deutet auf die Entstehung einer neuen ,Staatsklasse' hin, deren Statussymbole Dienstwagen und Mobiltelefone wurden. 19% aller Er- werbstätigen sind im Staatssektor tätig, sieben Sicher- heitsdienste beschäftigen über 40 000 meist jugendliche Palästinenser (Handelsblatt vom 30. 1. 1997), die durch die Einbindung in das neu entstehende System als potentielle Anhängerschaft einer national-islamisti- schen Opposition „neutralisiert" werden sollen. Bald wurde Kritik an der Mißwirtschaft in einzelnen Mini- sterien laut. So stellte ein Parlamentskomitee, das mit der Untersuchung der illegalen Vergabe von Einfuhr- monopolen betraut war, im Juni 1997 fest:

"The committee found that there exist two types of mono- poly. The first is open and official, but is not based on any legal framework. The second is unofficial and discreet and is not under any supervision. The committee also found that many PA employees have private businesses and that they take advantage of their position in order to achieve certain [personal business] objectives. [...] These companies, in the hands of the influential people supporting them, manipulate the Palestinian economic agreements for their own personal benefit, thus depriving the private sector of the economic and trade opportunities which these agreements are supposed to provide. The committee also found that certain officials responsible for registering and licensing companies and agen- cies were granting import/export licenses and monopolizing privileges and funding favors, which [allows] some businesses to be conducted in an illegal fashion. This creates discrimina- tion between companies, which contradicts work ethics and the principles of fairness and equal opportunity" (unpublished report).

Die letzte Überschlagsrechnung (Oktober 1997) des palästinensischen Budgets zeigt zwar einen hohen An- teil an Ausgaben für Löhne und Gehälter von Staats- bediensteten, aber einen v. a. angesichts der 1997 lange andauernden Grenzschließungen erstaunlich geringen Defizitbetrag (50 Mill. $), der durch die internationale Gebergemeinschaft ausgeglichen werden mußte (Abb.

3 a, b). Hierbei muß allerdings berücksichtigt werden, daß das Staatsbudget bislang nur laufende Kosten ab-

(9)

Tab. 1: Allgemeine und im Hinblick auf rentierstaatliche'Einkommensmuster wichtige Wirtschaftsindikatoren; West Bank und Gazastreifen Economic indicators: general indicators and those which arc important to rental income patterns; West Bank and Gaza Strip BSP 1996 (zu Preisen d. J. 1995): 4,1 Mrd. $ BIP 1996 (zu Preisen d.J. 1995): 3,9 Mrd. S

Entwicklung des realen BSP 1992-96: -18% pro Kopf: -36,1%

Entwicklung des realen BIP 1992-96: +4,4% Entwicklung d. realen BIP 1996: = -8%

Hilfszusagen 1994-'98 (Stand 3/'97): 2,99 Mrd. S ausgez. Mittel bis 11 /'96: 1,35 Mrd. $ Budget der PA/BIP („Staatsquote") 1997:" 24% Haushaltsdefizit 1997'> 50 Mill. $ Faktoreink. a. d. Ausl. (1987) /BSP-'1 » 25-32% jährl. Leistungen der UNRWA: 100 Mill. $ Entwicklung d. priv. Invest. 1992—'6: -75%

Anteil d. Tage m. Grcnzschlie(3ungen

(März 1993-Dezember 1996): 20% entstandene Einkommensausfälle: 6,45 Mrd. $

Arbeitslosigkeit 1-3/1997: 20,5% Unterbesch. 1-3/1997: 9,1%

Beschäftigte in Israel 1991: 97000 Anteil an allen Vollerwerbstätigen: 51%

Beschäftigte in Israel 1-6/1997: 37100 Anteil an allen Vollerwerbstätigen: 10%

Beschäftigte in der PA (Stand 9/'97): 81589 Anteil an allen Vollerwerbstätigen: 19%

neue Arbeitsplätze durch extern

finanzierte Projekte (Stand 6/ '96): 37000 Anteil an allen Vollerwerbstätigen: 12%

PA = Palestinian Authority

11 Nur laufende Ausgaben

2' Als Faktoreinkommen aus dem Ausland wurden Erwerbseinkommen aus Israel, aus dem übrigen Ausland und private Transfers von Palästinensern, die sich länger als ein Jahr im Ausland aufhalten, zusammengefaßt.

Quellen-. UNSCO (1997); The Local Aid Coordination Committee (LACC) for Development Assistance in the West Bank and Gaza Strip (Ed.) (1997); Palestinian Authority/Ministry of Finance (1995); The World Bank (1993); The World Bank (1996); PASCH (1991); Palestine Economic Pulse 1997 >http://www.palecon.org//pubedir/january/jan8.html<

deckt, während Investitionsausgaben erst im Budget- entwurf für 1998 vorgesehen sind. Derzeit werden Pro- jekte, die eigentlich in den Aufgabenbereich des Staates gehören, von der internationalen Gebergemeinschaft finanziert und müßten also zum Budget gerechnet wer- den. In der ersten Hälfte des Jahres 1997 wurden 116,1 Mio. $ ausgezahlt, 1996 waren noch 893,5 Mio. $ zu- gesichert und 525,8 Mio. $ tatsächlich ausgezahlt wor- den. Nach Verwendungszweck aufgeschlüsselt liegen

die internationalen Hilfszahlungen nur für die im Zeit- raum Oktober 1993 bis Juli 1996 abgeflossene Gesamt- summe von 1,18 Mrd. I vor (vgl. auch Tab. 1, Abb. 4).

Dabei bestehen innerhalb der besetzten Gebiete neben den schon seit langem wichtigen Zahlungen der UNRWA (United Nations Relief and Works Agency), die sich auf ca. 100 Mill. $ jährlich (West Bank und Gazastreifen; The World Bank 1993/11, 28) belaufen, noch andere rentierstaatliche Einkommensmuster.

Steuereinnahmen aus West Bank und

Gaza(26 %)

Gebühren Versicherungen \

u.a. (15%)

Quellen: s. "Tabelle 1

Kauf von Versorgungs- gütern und Medi kamenten (33 %)

Transferzahlungen (10%)

Gehälter von Ver- waltungsange- stellten (34 %)

Gehälter an Polizei und Geheim-

dienste (23 %)

Quellen: s "Tabelle 1"

Abb. 3a: Einnahmenstruktur des palästinensischen Budgets Abb. 3b: Ausgabenstruktur des palästinensischen Budgets 1997

Income breakdown of the Palestinian budget 1997

1997

Expenditure breakdown of the Palestinian budget 1997

(10)

210 Erdkunde Band 52/1998

Bildung (16%)

Quellen: s. "Tabelle 1*

Abb. 4: Scktorale Verteilung der ausgezahlten Hilfsgelder Oktober 1993 Juli 1996

Distribution of disbursed aid to Palestine Octobcr 1993 July 1996 by economic sector

Während 1970 15 000 Palästinenser aus der West Bank ihren Arbeitsplatz in Israel besaßen, wurden Anfang der 90er Jahre Maximalwerte mit fast 65 000 Beschäf- tigten überwiegend im konjunktur- und einwande- rungsabhängigen Bausektor - erreicht. Die Löhne die- ser Arbeitskräfte erhöhen das Bruttosozialprodukt, jedoch nicht das Bruttoinlandsprodukt. Die zuneh-

mende Divergenz zwischen beiden Größen ist in Abb. 5 deutlich zu erkennen. Noch nicht enthalten sind im Bruttosozialprodukt die Uberweisungen von Palästi- nensern, deren Wohnsitze sich im arabischen oder westlichen Ausland befinden. Diese werden als Trans- ferzahlungen behandelt, erscheinen in der Leistungs- bilanz als Übertragungen und werden nicht mit zum Bruttosozialprodukt gerechnet. Das "National Dispos- able Income" (NDI), welches diese Transfers enthält, lag 1990 25% über dem Bruttoinlandsprodukt und zeigt am deutlichsten, wie sehr die palästinensische Wirtschaft von im Ausland verdienten Einkommen abhängt.

Auch die während der Besatzungszeit entstandenen Sektoralstrukturen, die in engem Zusammenhang mit der Arbeitskräftemigration zu sehen sind, zeigen, daß die Grundlagen einer selbsttragenden Wirtschaftsent- wicklung bisher fehlen. Die höchsten Wachstumsraten weist der Bausektor auf, sein Anteil betrug Ende der 60er Jahre 6% des Bruttoinlandsprodukts und lag be- reits eine Dekade später bei 16%. Diese Steigerung ist zu einem beträchtlichen Teil auf den Bau von Wohn- häusern zurückzuführen, die durch Remissen finan- ziert wurden und denen angesichts der unsicheren poli- tischen Situation in Palästina nicht nur eine wichtige Funktion als Kapitalanlage, sondern auch als Status-

symbol zukam (MLGDAL 1980, 63ÍI). Damit relativiert sich die Bedeutung der vergleichsweise hohen Investi- tionsraten, die über Jahre hinweg mehr als 30% des Bruttoinlandsprodukts betrugen der Großteil floß nicht in Investitionsgüter, sondern in den privaten Wohnungsbau (The World Bank 1993/11, 1611).

Während der Anteil des tertiären Sektors zwischen 40 und 50% schwankte, machte das verarbeitende Ge- werbe relativ konstant nur zwischen 6 und 8% aus. Die marginale Bedeutung wird besonders deutlich, wenn man die Produktivität mit berücksichtigt: Im verarbei- tenden Gewerbe erwirtschafteten im J a h r 1991 10%

der Beschäftigten nur 8% des Bruttoinlandsprodukts bei einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 4,7 Per- sonen pro Betrieb (Palestinian Central Bureau of Statistics

1995), im Bausektor waren es 7% der Beschäftigten, die 12% des Bruttoinlandsprodukts erwirtschafteten.i!'

3.3 Privates Unternehmertum: Rentier-Mentalität oder Schum- petersche Innovativität?

Die lange „Rententradition" der PEO, die spezi- fische Einnahmen- und Ausgabenstruktur des neu entstehenden Staates, die Mechanismen der Postenver- gabe bei Verwaltung und Polizei sowie die hohe Abhängigkeit von im Ausland erwirtschafteten Ein- künften, die geringen Kapazitäten des produzierenden Sektors und die fehlende binnenwirtschaftliche Finanz- kraft legen nahe, daß Palästina eine Rentenökonomie in der Entstehungsphase darstellt. Viele dieser Indika- toren können jedoch auch als transitorische Phä- nomene interpretiert werden, und der maßgebliche Einfluß der Weltbank auf die Erarbeitung einer langfristigen Entwicklungskonzeption läßt darauf schließen, daß ein liberal-marktwirtschaftliches Modell verfolgt wird. Anzeichen dafür sind die angestrebte Außenhandelsliberalisierung, die allerdings stark durch die Regelungen des Pariser Protokolls vorgeprägt ist, der Verfassungsentwurf, das neue Investitionsförde- rungsgesetz, die geplanten Industrieparks, die trotz einiger schwerwiegender Fälschungen insgesamt als frei beurteilte Durchführung der Wahlen (ASSEBURG U.

PERTHES 1996, 28f) sowie offen ausgetragene Kontro- versen im palästinensischen Parlament, die immer wieder Zeugnis einer beginnenden Demokratisierung ablegen.9' Die bislang relativ kurze Zeit der palästinen-

8) ücrcchiict aus den Anteilen der Sektoren am BIP (The World Bank 1993/1, viii), der Zahl der Erwerbspersonen (The World Bank 1993/VI, xi) und Bcschäftigtenzahlen in Industrie und Baugewerbe (The World Bank 1993/11, 167); die Zahlen können nur ungefähre Größenordnungen anzeigen.

'•'' Mündl. Auskunft von Dr. H. Baumgarten (Bir Zeit), die einigen Parlamcntssitzungcn persönlich beiwohnen konnte.

(11)

4000

3500

3000

2500

2000

1500

1000

500

Mio. Wachstumsrate

in %r 30

Jahr

Abb. 5: Allgemeine Wirtschaftsentwicklung der West Bank 1968 1993 General economic development in the West Bank 1968-1993

sischen Selbstverwaltung und die 25jährige Sonder- situation unter einer fremden Besatzungsmacht lassen es zumindest fraglich erscheinen, ob von einer Etablie- rung rentenorientierter Verhaltensmuster bei den ein- heimischen Industrieunternehmern1 0) auszugehen ist.

Die Tatsache aber, daß die derzeitigen Hilfszahlungen nicht nur als Renten klassifizierbar sind, sondern auch als solche bezeichnet werden (WEISS 1990, 317) und be- reits die Intifada als Strategie interpretiert wurde, mit deren Hilfe die PEO „[...] den Strom bereits ver- siegender Renten wieder zu mobilisieren" versuchte (PAWELKA 1993, 159), suggeriert ein Rent-Seeking- Verhalten der palästinensischen Unternehmerschaft, denn es „[...] entspricht der Logik der Theorie, daß überall dort, wo Möglichkeiten der Renten- abschöpfung existieren, auch Renten gesucht und somit direkt unproduktive Leistungen erbracht wer- den" (CziCHOWSKi 1990, 178).

Die Operationalisicrung des Rent-Seeking-Konzepts ist aus verschiedenen Gründen problematisch. LABAND

und SOPHOCLEUS (1988) schätzen die Wohlfahrtsver- luste durch Rent-Seeking in den USA auf der Basis fragwürdiger Indikatoren - auf 22,6% des Brutto- sozialprodukts, ohne sich jedoch mit individuellen Wahlentscheidungen oder gezielten Handlungsstrate- gien und deren Entstehungsbedingungen auseinander- zusetzen.11) Mit wenigen Ausnahmen z. B. BECK (1993, lOff, 731T), der sich dem Phänomen über das Konzept „kollektiver Akteure" spieltheoretisch nähert

1H) Nur auf diese beziehen sich die folgenden Ausführun- gen. Einiges deutet darauf hin, daß die Situation in Unter- nehmen des tertiären Sektors und speziell bei den zurück- gekehrten ,Tunis-Palästinensern' möglicherweise anders be- urteilt werden muß.

1 1 1 Auf der Basis separater Abschätzungen der Wirkungen auf den Außenhandel, den Kapitalmarkt, den Gütermarkt und den Arbeitsmarkt werden von MOHAMMAD a. WHALLEY (1984) die Kosten des Rent-Seeking in Indien auf jährlich 30-45% des Bruttosozialprodukts veranschlagt.

(12)

212 Erdkunde Band 52/1998 - charakterisiert diese Hcrangehensweise auch fast alle

anderen Arbeiten zur „Rentier-Mentalität", so daß das

„Sozialisations-/Mentalitätstheorem" auf den ersten Blick zwar plausibel, aber empirisch bisher kaum belegt ist. Grundsätzlich ist zu fragen, ob die dominierende Wirkung von Renten in einer Volkswirtschaft dazu führt, daß die selbständige Leitung eines Produktions- betriebs keine Anziehungskraft ausübt, es also nur wenige Unternehmer gibt, oder ob die aktiven Unter- nehmer einen großen Teil ihrer persönlichen und finanziellen Ressourcen in den Versuch investieren, Renten anzuwerben und deshalb Innovativität und Marktnischen aus dem Blick verlieren. Die Prüfung der ersten Annahme müßte sich nicht mit Unternehmern, sondern mit potentiellen Unternehmern auseinander- setzen, die nicht unternehmerisch aktiv werden eine empirisch äußerst schwierig zu fassende Fragestellung, deren Beantwortung konzeptionell am ehesten über das gesellschaftlich verankerte Fremdbild unternehme- rischen Handelns im Sinn KoEHNEs (1976) erfolgen könnte. Der in der Literatur häufiger thematisierte zweite Mechanisums führt bei einer empirischen Ope- rationalisierung zum einen zu dem bisher kaum ge- lösten Problem einer (kultur)verglcichenden Innovati- vitätsanalyse und zum anderen zu der Schwierigkeit, z. T. halb- oder illegale Geschäftspraktiken adäquat zu beurteilen. Bei einer Einbeziehung der Aktivitäten von ,Staatsklassen', die angesichts des allgemeinen Defizits an „brauchbaren Untersuchungen" (ELSENHANS 1986,

153) nötig wäre, gelten diese Unzulänglichkeiten in be- sonderem Maß. Damit werden die schwerwiegenden Mängel, mit denen jeder Versuch einer empirischen Beurteilung von Rent-Seeking-Verhalten behaftet blei- ben muß, offensichtlich.

Tatsächlich profitierten die besetzten Gebiete seit 1967 von kontinuierlichen Rentenzuflüssen, wobei diese Kontinuität allerdings durch einen mehrfachen Wandel der Rentenarten und damit auch der resultie- renden ökonomischen und soziopolitischen Wirkungen gekennzeichnet ist. Mit der Fluchtbewegung in das arabische und westliche Ausland einerseits und der zu- nehmenden Integration der palästinensischen Arbeits- kräfte in den israelischen Arbeitsmarkt nach der Beset- zung der West Bank und des Gazastreifens andererseits setzten die nur schwer quantifizierbaren Rücküber- weisungen von Gastarbeitern ein. Diese Zahlungen sind volkswirtschaftlich zwar vor allem im Hinblick auf eine selbsttragende Wirtschaftsentwicklung bedeutend, führten jedoch nicht zu internem Rent-Seeking-Ver- halten, da sie ohne Wechselwirkung mit einer zuteilen- den Bürokratie erworben werden.1 2) M. E. ist sogar eine gegenteilige Wirkung festzustellen, die zu einem Zeitpunkt offensichtlich wurde, als sich diese Zuflüsse

zuerst aufgrund restriktiverer Vergabe von Arbeits- genehmigungen seitens der israelischen Behörden, dann auch im Gefolge der Ausweisung von Palästinen- sern aus den Golfstaaten nach dem zweiten Golfkrieg substantiell verringerten. Arbeitseinkommen aus dem Ausland hatten bis dahin zu einer Erhöhung der Kauf- kraft in den besetzten Gebieten beigetragen, und ob- wohl zu einem hohen Anteil importierte Konsumgüter gekauft wurden, ergaben sich daraus auch für ein- heimische Produzenten nicht nur im Bausektor und den nahestehenden Branchen Absatzchancen. Von einer marktverzerrenden Wirkung auf unternehmeri- sches Handeln kann kaum ausgegangen werden.

Naturgemäß war das Verhältnis der Unternehmer- schaft zu den Behörden ,schwierig'. Die israelische Ziviladministration behinderte die Industrieentwick- lung in vielfältiger Weise, betrachtete palästinensische Betriebe in erster Linie als Konkurrenz und traf Einzel- fallentscheidungen, deren Richtung die Stellungnahme eines ehemaligen israelischen Verteidigungsministers deutlich macht: „[...] no permits will be given for expanding agriculture or industry [in the occupied ter- ritories] which may compete with the State of Israel"

(zit. b e i C O O N 1 9 9 2 , 30). Z u d i e s e n B e h i n d e r u n g e n zählten eine restriktive Lizenzvergabe, das Verbot ara- bischer Kreditinstitute, die fehlende Ausweisung von bebaubaren Flächen, erschwerte Exportbedingungen sowie Verzögerungen beim Import von Betriebsmit- teln, Rohstoffen und Vorprodukten. Klare Regelungen und institutionengeleitete Abläufe existierten zwar formal, blieben jedoch angesichts legislativer Rahmen- bedingungen, die ein z. T. inkompatibles Mosaik frühe- rer jordanischer Gesetzgebung und neuer Militärver- ordnungen darstellten, undurchsichtig. Auf der Seite der israelischen Verwaltungsangestellten eröffneten sich damit „subjektive Handlungsspielräume", für palästinensische Unternehmer entstand der Zwang zu einer minimalen Kooperation mit der Besatzungs- macht im Interesse ihres Betriebs. Die grundsätzlich bestehenden Differenzen zwischen beiden Gruppen behinderten jedoch die Entstehung ausgeprägter Ren- tenbeziehungen, und illegale „Kooperationen", wie sie

'-> In bezug auf den hier ausgeblendeten primären Sektor ließe sich argumentieren, daß der zunehmende Terrasscn- und Kulturlandschaftsvcrfall vor allem durch den pull-Faktor

„höhere Löhne in Israel" hervorgerufen wird und deshalb auch von den Remissen Wirkungen auf die binnenwirtschaft- lichen Produktionspotentiale ausgehen. Vgl. dazu UNECWA (1981, 49). AWARTANI bezeichnet die Entwicklungen in der Landwirtschaft als "[...] one of the most phenomenal trans- formations in the West Bank and Gaza following occupation"

(1988, 143).

(13)

der Bestechungsskandal im „High Planning Council"

1986 (BENVENISTI 1987, 36) a n s T a g e s l i c h t b r a c h t e , dürften nicht die Regel gewesen sein. Charakteristische Handlungsstrategien der Besatzungszeit wurden statt- dessen Flexibilität, ,Findigkeit' im Umgang mit der Zivilverwaltung sowie bei Teilsegmenten der Unter- nehmerschaft auch die Etablierung informeller kom- munikativer Netzwerke zur gemeinsamen Problem- lösung. Tatsächlich mußte ein großer Teil der persönlichen Ressourcen (Arbeitszeit, persönliche Be- ziehungen, spezifische Kenntnisse, ...) zum Erhalt von Genehmigungen verschiedenster Art aufgewendet wer- den, die nach formalen Kriterien Rentenquellen dar- stellen. Es erscheint jedoch nicht sinnvoll, die ständige Suche nach Lösungen für betriebswirtschaftliche Pro- bleme in diesem Zusammenhang als Rent-Seeking zu bezeichnen und mit der andauernden Stagnation des verarbeitenden Gewerbes in Verbindung zu bringen.

Die Führung der PLO im tunesischen Exil war auf den Ausbruch der Intifada nicht vorbereitet und rea- gierte erst verspätet mit unterstützenden Maßnahmen.

Diese zielten zum Teil darauf ab, entstehende Einkom- mensausfälle in den besetzten Gebieten zumindest teil- weise auszugleichen. So wurde die Bevölkerung mehr- fach in Flugblättern der "Unified National Leadership of the Palestinian Uprising" aufgefordert, die Arbeit in Israel oder bei israelischen Behörden niederzulegen, und es wurden Ausgleichszahlungen der PLO verspro- c h e n (vgl. LEGRAIN 1991). D e r U m f a n g d i e s e r Z a h l u n - gen blieb mit bis zu 20 Mill. $ monatlich und ca.

300-400 Mill. $ während der 80er Jahre insgesamt je- doch relativ bescheiden und erreichte die Privatwirt- schaft kaum. Der Hauptanteil floß an Widerstandsakti- visten und Invaliden sowie in den Versuch, sich durch gezielte Landkäufe der israelischen Enteignungspolitik zu widersetzen. Demgegenüber spielte die Förderung von Industrieunternehmen mit einem Gesamtvolumen zwischen 1980 und 1990 von nur 20-50 Mill. $ eine untergeordnete Rolle.13) Zwar profitierten von diesen Zahlungen einige Unternehmen überproportional, und zumindest in zwei Fällen kann die derzeitige Wirt- schaftlichkeitskrise mit dem Wegfall der Hilfen in Ver- bindung gebracht werden, aber weder die Industrie- förderung noch gezielte Versuche, Subventionen zu erhalten, dürften während der Intifada Breitenwirkung entfaltet haben. Trotz der anfänglichen positiven Wir- kungen des „Konsumentenprotektionismus" (Ableh- nung israelischer Produkte durch die Verbraucher) für einige Branchen verschärfte sich die ohnehin schwie- rige ökonomische Situation insgesamt. Häufig waren

1 3 Alle Angaben nach inoffiziellen Schätzungen palästi- nensischer Behörden.

eine teilweise Vermögensliquidation und die verstärkte Inanspruchnahme von Hilfen im Ausland tätiger Familienmitglieder für das Uberleben unerläßlich. Auf diese Weise trugen Renten zum Überdauern der akuten Krisensituation zwar bei, in diesem Kontext von Rent-Seeking zu sprechen erscheint jedoch wiederum nicht angemessen.

Inzwischen gelten in Palästina neue Rahmenbedin- gungen. Aus den Entwürfen zur Verfassung und dem vom Parlament z. Zt. diskutierten Investitionsförde- rungsgesetz geht klar hervor, daß ein liberal-marktwirt- schaftliches Modell angestrebt wird. Betriebe des ver- arbeitenden Gewerbes werden derzeit durch inter- nationale Hilfszahlungen kaum direkt subventioniert;

von den Aufträgen vor allem für Infrastrukturprojekte profitiert in erster Linie das Baugewerbe. Dies könnte sich dann ändern, wenn das geplante und im Gaza- streifen bereits begonnene Programm zur Entwicklung von Industrieparks und -gebieten umgesetzt wird.

Bisher allerdings hat sich die wirtschaftliche Gesamt- situation allgemein und damit auch für den produzie- renden Sektor seit Beginn des ,Friedensprozesses' drastisch verschlechtert, das BSP pro Kopf in den be- setzten Gebieten ist zwischen 1992 und 1996 um ca.

3 7 % v o n 2 7 0 0 $ a u f 1 7 0 0 $ g e s u n k e n (ABUKHATER 1997, 6). Zwar stieg die Anzahl der Betriebsneugrün- dungen in d e n j a h r e n 1993/'94 während einer kurzen Phase der allgemeinen „Friedenseuphorie" stark an, zum größten Teil handelt es sich aber nur um formale Eintragungen mit dem Ziel, unter günstigeren Voraus- setzungen schnell aktiv werden zu können.

Im entstehenden Palästina existiert ein weiterer Fak- tor, der die Etablierung rentenorientierter Beziehungen zwischen der neuen Verwaltung und dem privaten Sek- tor deutlich erschwert. Da während der seit Beginn des ,Friedensprozesses' andauernden Rezession fast keine neuen Betriebe die Produktion aufnahmen, lebt die überwiegende Mehrheit der palästinensischen Unter- nehmer seit vielen Jahren in der West Bank oder im Gazastreifen. Hohe Regierungsämter wurden hin- gegen oft mit Exilpalästinensern aus dem engeren Um- feldjassir Arafats besetzt. In dieser Konstellation bahnt sich eine Konfliktlinie an, die zwar selten angesprochen wird, in qualitativen Befragungen aber indirekt immer wieder zum Ausdruck kommt. So wurden bereits

„Wahlkampf und Wahlen [...] stellenweise zu einer Kraftprobe zwischen der PLO-Führung und den Fath- Kadern in und aus den besetzten Gebieten" (ASSEBURG u . PERTHES 1 9 9 6 , 19), u n d es ist s i c h e r l i c h k e i n Zufall, daß im ersten palästinensischen Kabinett eine exakte zahlenmäßige Ausgewogenheit zwischen „Resi- dents" und „Returnees" besteht. Und sowohl Hanan ASHRAWI (1995, 86, 132fi) als auch Faisal Husseini

(14)

214 Erdkunde Band 52/1998 (PARTRICK 1993, 249) erinnern sich an Kontroversen

über die Zusammensetzung der palästinensisch-jorda- nischen Delegation bereits im Vorfeld der Konferenz von Madrid aus dem selben Grund. Die Konkurrenz- situation zwischen Residents und Returnees bedroht die „national"-palästinensische Einheit und wird des- halb kaum öffentlich diskutiert. Dennoch reklamieren die Bewohner der besetzten Gebiete für sich, durch den Widerstand der Intifada unter Inkaufnahme höchster persönlicher Risiken den wesentlichen Beitrag zur Beendigung der Besatzung geliefert zu haben, werfen den ,Tunis-Palästinensern' vor, ohne Kenntnisse der lokalen Situation über Aktivitäten im tertiären Sektor (Banken, Versicherungen, Investmentgesellschaften, Import-Export Unternehmen) schnell zu Geld kom- men zu wollen und fühlen sich übervorteilt. Die derzeit stattfindende Selbstorganisierung der einheimischen Unternehmer in branchenspezifischcn Verbänden ist auch in diesem Kontext zu sehen. Obwohl diese Ver- bände auch für Importbeschränkungen und Schutz vor ausländischen Billigprodukten eintreten, ist es ange- messener, von pluralistisch-demokratischer Interessen- vertretung als von gezielten Versuchen der Renten- akquirierung zu sprechen.

Wenn „Rent-Sceking" nicht als Charakteristikum der Handlungsstrategien einheimischer Industrieunter- nehmer bezeichnet werden kann, so heißt das nicht zwingend, daß das positive Gegenbild „dynamisch",

„innovativ", „risikobereit" - eine geeignete Etikette darstellt. Die vergleichsweise wenigen empirischen Studien über orientalische Unternehmer ergeben ein uneinheitliches Bild. Beispiele für eine „positive" bzw.

das Rent-Seeking-Konzept relativierende Bewertung unternehmerischer Fähigkeiten sind BARHAMS „Jorda- nian entrepreneurs" (1994), BELLINS „Tunisian Indu- strialists" (1994), BOECKLERS „fünf Stiltypen" in Aleppo (1996, 112fi), ESCHERS „Unternehmerpersön- lichkeit die sozialgeographische Invariante für Ent- wicklungsprozesse im Orient schlechthin [...]" (1991, 2 5 9 ) , HOPFINGERS „ U n t e r n e h m e r p e r s ö n l i c h k e i t e n , d i e jeden Vergleich mit Inhabern von Betrieben gleicher Größenordnung in Europa oder in den USA bestehen würden" (1991, 224) sowie eine unüberschaubare An- zahl von Hinweisen auf die unternehmerischen Fähig- keiten der Palästinenser. Hingegen finden sich in MOHAMMEDS Studie über jemenitische Unternehmer (1995, 29911), in SPRINGBORGS Arbeit über Eliten in Ägypten (1989, 19ff) oder bei FlELDs Untersuchung über „Merchants and Rulers" in Saudi Arabien (1984, 9711) durchaus Hinweise auf Versuche der Renten- appropriation. In keiner dieser Arbeiten jedoch wird Rent-Seeking als die zentrale Verhaltenskategorie her- ausgestellt, so daß die Frage offen bleiben muß, ob die

Bedeutung in den untersuchten Ländern gesamtgesell- schaftlich prägender als beispielsweise das Verhalten europäischer Landwirte und Bergarbeiter für ihre jeweiligen Volkswirtschaften ist.

4 Kritische Anmerkungen zur These von der „Rentier-Menta- lität"

Auch wenn Palästina sicherlich in vieler Hinsicht einen Sonderfall darstellt, so lassen sich ausgehend von dem Beispiel doch einige generelle Rückbezüge zum Rent-Seeking-Konzept in seiner Sozialisations-/Men- talitätsdimension herstellen. Gegen diese wurden bis- her neben den allgemeinen Kritikpunkten an der Renticr-Staatstheorie und dem grundsätzlichen Pro- blem der Operationalisierbarkeit - vor allem folgende Einwände vorgebracht:

Angesichts der prinzipiellen Denkbarkeit einer Vielzahl verschiedener gesellschaftlicher Ordnungen sind Intcressenkonflikte (Versuche der Rentenakquirie- rung') ein inhärenter Bestandteil der Auseinanderset- zung um die Organisation des Gemeinwesens und dürfen nicht als zu eliminierender „Störfall" einer quasi-natürlich vorgegebenen ökonomischen Rationa- lität betrachtet werden (ELKINS 1994, 434).

Eigentumsrechte als zentraler Bestandteil der Wirtschaftsordnung sind immer nur vor dem Hinter- grund konkreter soziopolitischer Rahmenbedingungen und Produktionsmuster zweckmäßig oder nicht. Sie müssen deshalb veränderbar und anpaßbar bleiben, anderenfalls besteht die Gefahr der Stagnation. Im Rahmen einer Veränderung von Eigentumsrechten aber treten automatisch Interessenkonflikte und damit Rent-Seeking-Strategien auf. Ziel kann es nicht sein, dieses Rent-Seeking zu vermeiden, sondern es muß eine geeignete Form der Gestaltung des Wandels ge- funden werden (CziCHOWSKI 1990, 183).

Wenn sowohl bei der allgemeinen Organisation des Gemeinwesens als auch bei der (Neu)Regelung der Eigentumsrechte Renten zwangsläufig auftreten, dann muß die Rolle von Interessengruppen und politischen Institutionen neu bewertet werden und darf nicht ge- nerell der Kritik des unproduktiven Rentensuchens unterzogen werden. Interessengruppen nehmen wich- tige Funktionen zur Organisation eines geregelten Um- gangs mit Interessenkonflikten wahr (CZICHOWSKI

1990, 186). Politische Institutionen tragen obwohl auf den ersten Blick häufig ökonomisch dysfunktional - langfristig nicht zu Kostensteigerung sondern zu K o s t e n s e n k u n g b e i (ELKINS 1 9 9 4 , 4 3 1 ; ASHOFF 1 9 8 8 ,

110). Die bei Entstehung, Erhalt und Wandel auf- tretenden Aufwendungen stellen „politische Trans-

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