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Zur Frage der Einteilung der Klimazonen — erdkunde

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Band XI, Heft 3

E R D K U N D E

F E R D . D O M M L E R S V E R L A G / " B O N N August 1957

Z U R F R A G E D E R E I N T E I L U N G D E R K L I M A Z O N E N Hermann Flohn

Mit 3 Abbildungen The problem of a classification of climatic zones

Summary: As a supplement to a factual (descriptive) classification of climates, the author considers a genetic classification as significant, both from the physical and di- dactic view-point. Necessarily a genetic classification must be restricted to the major climatic zones, which in teaching should not be neglected in favour of regional and local climates, as usually occurs in practical work. Its establish- ment, based either on air masses and fronts (Alissow) or on wind and precipitation fields (as suggested by the author), yields broadly corresponding results in comparison. After some remarks about recent maps of genetic climatic zones, the author discusses the significance of the balance of heat, radiation and water for a rational and factual classification on a sound physical basis. Finally, the concept of dynamic- climatic zones is expanded by discussing some regional anomalies of the general circulation as they result from the physical nature of the earth's surface.

In einer methodisch-programmatischen Skizze hat kürzlich A. Schulze (41) auf Grund der unter der Führung von K. Knoch erarbeiteten „Klassifi- kation der Klassifikationen" (26) Wege und Ziele der Klimaeinteilung erörtert. Er kommt hierbei — vom Standpunkt des praktischen Wetterdienstes, der Raumplanung, der Agrarmeteorologie aus mit Recht — zu dem Schluß, daß eine Allround-Ein- teilung nie allen Anforderungen genügen kann, daß spezielle und kleinräumige Einteilungen er- forderlich sind. Die Versuche, eine großräumige Einteilung der Klimazonen auf den Windsyste- men aufzubauen, deutet er nur ganz flüchtig an;

sie zählen nach seiner Meinung offenbar nicht zu den Wegen, die „die moderne Klimatologie weiter begehen muß" (41, S. 432). Ähnliche Äußerungen liegen auch von anderer Seite vor. Das ist im ge- wissen Umfang verständlich: in allen Anwendungs- gebieten der Klimatologie — und hierzu gehört auch die Geographie, wenn sie Klimatatsachen der Darstellung chorologischer Zusammenhänge oder landeskundlicher Gliederungen zugrundelegt — wird eine wirkungsbezogene (effektive), je nach Bedarf zu verfeinernde Einteilung benötigt. Aber in Anbetracht der grundlegenden Rolle des Klimas im Rahmen der Erdkunde sollte m. E. der Geo- graph die Darlegung der Klimatologie in Vor- lesungen und Lehrbüchern nicht n u r als Mittel zum Zweck betrachten. Sonst besteht immerhin die Gefahr, daß wir zwar eine geographische, bio- logische, medizinische, technische, landwirtschaft- liche, chemische und Radioklimatologie haben, daß aber die ursächliche Erklärung klimatischer Fakten

um Jahrzehnte hinter der Entwicklung der Me- teorologie (als Physik der Atmosphäre) zurück- bleibt.

So läßt die eingangs erwähnte Stellungnahme zwei Gesichtspunkte unberücksichtigt, die der Hochschullehrer keinesfalls außer acht lassen kann.

Das ist einmal der g e n e t i s c h - k a u s a l e Gesichtspunkt: auch die beste effektive Klimaein- teilung ist nichts als eine B e s c h r e i b u n g der Tatsachen, die nichts aussagt über das Zustandekommen dieser Tatsachen auf Grund physikalischer Gesetze und geographischer Ge- gebenheiten. Auf allen Teilgebieten der physi- schen Geographie müssen physikalisch-genetische Zusammenhänge erörtert werden: die Geomorpho- logie befaßt sich mit dem Mechanismus der Soli- fluktion, die Pflanzengeographie mit der Aus- breitungsgeschwindigkeit der Arten und der Rolle ökologischer Faktoren für die Verbreitung der Bio- tope, die Gletscherkunde benötigt den Warme- und Wasserhaushalt der Gletscher, die Meereskunde diskutiert die Rolle des Windschubs und der Dichteunterschiede des Wassers bei der Entstehung der Ozeanströmungen. Eine Beschreibung und Definition effektiver Klimazonen, sei sie noch so zweckmäßig, ist von diesem Gesichtspunkt her un- vollständig und für den nachdenklichen Studenten unbefriedigend, wenn sie nicht die physikalischen Ursachenzusammenhänge in Rechnung stellt. Die Klimakette beginnt nicht erst bei der Wech- selwirkung im Sinne der Landschaftsökologie (C. Troll).

Hieraus ergibt sich der d i d a k t i s c h e Ge- sichtspunkt, der für die höhere Schule nicht weni- ger gilt als für die Hochschule. Vorlesungen über regionale Klimatologie entgehen nicht immer der Gefahr des Absinkens in eine empirische Beschrei- bung von Tatsachen, die in ein mehr oder minder künstliches System gepreßt werden. Ein natür- liches, auf physikalisch-geographischen Ursachen- Zusammenhängen beruhendes System ist leichter zu überschauen: es stellt Anforderungen an den Verstand, nicht nur an das Gedächtnis. H a t man erst die Grundgedanken wirklich verstanden — das verlangt nun einmal einige Mühe, namentlich für den geisteswissenschaftlich orientierten Stu- denten —, dann kann man aus ihnen viele regio- nale Tatsachen rekonstruieren, ohne das Gedächt-

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162 Erdkunde Band XI

nis strapazieren zu müssen. Weshalb gehen denn die führenden Lehrbücher der großen Nationen (Haurwitz-Austin, Trewartha in den USA, Rubin- stein- Alissow-Drosdow in Rußland) dazu über, eine dynamisch-genetische Betrachtungsweise in den Vordergrund zu stellen?

K l i m a t o l o g i e wird gelegentlich, aber doch sicher zu eng als statistische Meteorologie aufge- faßt; jedenfalls gehört sie zu den exakten Natur- wissenschaften. Sie kann daher die raschen und wirksamen F o r t s c h r i t t e der p h y s i k a l i - s c h e n und t h e o r e t i s c h e n Meteorologie nicht außer acht lassen, wenn sie sich nicht als Hilfswissenschaft auf ein Abstellgleis abschieben lassen will.

Es darf in diesem Zusammenhang daran er- innert werden, daß die Forderung einer ursächlich- synthetischen Klimaeinteilung nicht von meteoro- logischer Seite erhoben wurde, sondern von A. Hettner (24) stammt. Heute wird allerdings die Entwicklung einer synoptischen, dynamischen oder energetischen Klimatologie überwiegend von Meteorologen gefördert, die über die nötigen Spe- zialkenntnisse verfügen. Ähnliches gilt für andere, ehemalige Zweige der physischen Geographie im Sinne von Richthofens. Welche Fortschritte ver- dankt die Klimatologie doch (auch nach vi. v. Hum- boldt) dem physikalischen Verständnis von Geo- graphen wie A. Woeikof (Wirkung von Schnee und Eis), A. Penck (Wasserhaushalt) oder W. Meinardus (Monsun, Antarktis)! Die gelegent- lich in Deutschland geübte Unterscheidung zwi- schen einer geographischen und einer meteorologi- schen Klimatologie bedeutet daher einen schmerz- lich empfundenen Bruch einer guten Tradition.

A. Dynamische Klimatologie und Klimazonen Die Entwicklung einer dynamischen Klimato- logie beruht in ihren Anfängen weitgehend auf dem programmatischen Referat „Richtlinien einer dynamischen Klimatologie", das T. Bergeron (Oslo, heute Uppsala) auf der Dresdner Tagung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft im Ok- tober 1929 erstattete (5), in dem er in seiner an- schaulichen und scharf formulierenden Lehrweise die Lehre von den Luftmassen und Fronten — die sich in diesen Jahren in der synoptischen Meteoro- logie allgemein durchzusetzen begann — in die Klimatologie einführte. Wichtig und neuartig wa- ren dabei seine Abb. 5, die auf Grund eines Sche- mas der Luftdruckverteilung am Boden die wich- tigsten Frontensysteme herausarbeitete, sowie vor allem die beiden Abb. 6, in denen er Köppens wohlbekannte Windkarten für den Pazifik nach Luftmassen und Fronten analysierte. Die erste Phase der dynamischen Klimatologie beruhte da- her in Skandinavien, Deutschland, Rußland und

den USA gleichermaßen auf der norwegischen Konzeption der Luftmassen und Fronten (bzw.

Frontalzonen): hier sind zu nennen verschiedene Karten der mittleren Lage der Hauptfrontal- zonen (V. Bjerknes und Mitarbeiter 1933 (6), Sv. Petterssen (37), S. P. Chromow 1940, revidiert

1950 (8), H. Flohn (16), ferner die Lehrbücher der Klimatologie von B. Haurwitz und ]. M. Austin (22) sowie B. P. Alissow (3) (4), sowie die Luft- körper-Klimatologie der Schule F. Linkes (12);

Verf. gab 1936 (14) und 1954 (17) einen Uber- blick über diese Entwicklungsrichtung. In ähnlicher Richtung liefen auch die französischen Arbeiten zur Klimatologie der Wettertypen, die sich jedoch meist auf die Beschreibung typischer Wetterlagen mit den zugehörigen Klimadaten beschränken und auf statistische Behandlung verzichten.

Während des letzten Weltkrieges verlor der Begriff L u f t m a s s e seine zentrale Bedeutung in der synoptischen Meteorologie, und zwar auf Grund von zwei Erkenntnissen. Einmal beob- achteten die Praktiker des Wetterdienstes in dem dichten Netz hochreichender aerologischer Auf- stiege, daß der individuelle Temperatur-Feuchte- zustand der Luft und ihre vertikale Stabilität längs einer Luftbahn (Trajektorie) raschen Ände- rungen unterworfen waren. Dynamisch bedingte Vertikalbewegungen sowie nichtadiabatische Ein- wirkungen (Heizung und Kühlung vom Unter- grund her oder an einer Wolkenoberfläche) er- zeugen rasche Änderungen der Temperatur (bis zu 10°/24h) und Feuchte, so daß von konservativen Eigenschaften der Luftmassen nicht mehr die Rede sein konnte. Mindestens ebenso wichtig war die zweite Erkenntnis, daß bei der starken vertikalen Zunahme und Drehung (Scherung) des Windes eine vertikale Luftsäule binnen weniger Stunden bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird. Als Beleg hierfür wollen wir lediglich die Wind verteilung über Berlin heranziehen: im Jahresmittel 1948-55 beträgt die Windgeschwindigkeit (unabhängig von der Rich- tung) am Boden 3,9, in 500m Höhe 8,5, in 3 km 11,5, in 5 km 14,7 und in 9 km Höhe 20,4 m/sec. Selbst bei gleicher Windrichtung verlagern sich also im Durchschnitt (!) die Partikel einer vertikalen Luft- säule nach drei Stunden in 500 m Höhe um 92 km, in 9 km Höhe aber bereits um 220 km; nach 24 Stunden betragen die Entfernungen 735 bzw.

1760 km, d. h. die Säule wird um 1000 km aus- einandergezerrt. Im Einzelfall liegen die Dinge vielfach noch schlimmer, da die vertikale Scherung in den Subtropen, an den Ostküsten der Konti- nente und in den großen Strahlströmungen noch viel extremere Werte annimmt und die Richtungs- unterschiede dazu kommen. Die Luftmasse ist also weder kinematisch noch thermisch-energetisch sta- bil; die einst vielfach verbreitete, vom Boden aus

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160 w> JIO 100 & _ Ml ^ y, 20 0 20 »0 80 80 100 120 140 160 180

Abb. 1: Klimagürtel nach B. P. Alissow

1. Zone der äquatorialen Luftmassen; 2. Zone der äquatorialen Monsune (subäquatoriale Z.); 3. Zone der tropischen Luftmassen; 4. Subtropenzone; 5. Zone der Luftmassen der gemäßigten Breiten; 6. Subarktische Zone;

7. Arktische Zone.

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51 S' s CK3 3

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164 Erdkunde Band XI

konzipierte Modellvorstellung von quasi einheit- lichen, horizontal verschobenen „Luftkörpern"

mit konservativen Eigenschaften ist eine unrea- listische Abstraktion und daher nicht länger halt- bar. So bedeutet dieser Begriff heute kaum mehr als eine populäre Veranschaulichung; jede Kon- struktion von Trajektorien in der freien Atmo- sphäre zeigt seine engen Grenzen.

In den Folgerungen noch wichtiger war die Er- kenntnis, daß in der meteorologischen Dynamik eine Größe existiert, die tatsächlich in erster Nähe- rung als konservativ betrachtet werden kann, ent- sprechend der potentiellen Temperatur in der Thermodynamik; das war (für eine barotrope Modell-Atmosphäre)Rossbys a b s o l u t e W i r - b e l g r ö ß e (39) bzw. in der (realen) baroklinen Atmosphäre Ertels potentielle Wirbelinvariante (13). Mit Rossbys Wirbelsatz beginnt die Entwick- lung der modernen dynamischen Meteorologie — der numerischen Wettervorhersage mit elektroni- schen Rechenanlagen —, die aber auch für die Klimatologie neuartige Fragestellungen von sehr allgemeiner Bedeutung mit sich bringt. Diese Rich- tung, deren Vertreter wieder u. a. in den USA, England, Skandinavien, Rußland, Japan und Deutschland tätig sind, stellt mit der Dynamik der Atmosphäre das dreidimensionale W i n d f e 1 d in den Vordergrund des Denkens, ähnlich wie in der Ozeanographie das Stromfeld eine zentrale Stellung einnimmt. Man muß daher von der s y n o p t i s c h e n K l i m a t o l o g i e der Luft- massen, Fronten und Wettertypen eine im eigent- lichen Sinne d y n a m i s c h e K l i m a t o l o g i e (21) unterscheiden, deren Arbeitsmethoden schon 1932 programmatisch von Th. Hesselberg — Oslo (23) skizziert wurden. Zu ihren Problemen gehören die Berechnung der mittleren Vertikal- bewegung, des Austausches von Masse, Energie und Impuls, die Transporte von Lufteigenschaften mit dem Wind und letzten Endes die allgemeine Zirkulation. Eine Stellungnahme zu den hier an- geschnittenen, heute in den Vordergrund des In- teresses der Meteorologen gerückten Fragen über- schreitet jedoch den Rahmen dieses Beitrages.

Eine g e n e t i s c h e K l a s s i f i k a t i o n der g r o ß e n K l i m a z o n e n — nur diese steht hier zur Debatte — kann ausgehen von der mitt- leren H ä u f i g k e i t der L u f t m a s s e n und F r o n t e n , sie kann aber auch ausgehen vom dreidimensionalen W i n d f e 1 d. Beide Wege sind beschritten worden: der erste von B. P. Alissow (3), dessen erster Vorschlag schon 1936 veröffent- licht wurde, der zweite unabhängig davon vom Verf., veröffentlicht 1950 (15). In ihrem auf der synoptischen Konzeption aufbauenden Lehrbuch (22) bezweifelten Haurwitz und Austin noch den Wert einer genetischen Einteilung (S. 109). In-

zwischen hat Trewartha (45) es unternommen, die effektive Einteilung von Koppen mit der „semi- genetischen" Klassifikation des Verf. (15) zu kom- binieren (S. 234), z.T. unter Verwendung der Be- zeichnungen von Thornthwaite (43) und mit wohlüberlegten Modifikationen (Ausschaltung des Cw-Klimas, Januar-Isotherme von 0°C als Grenze

zwischen C und D). Auch Alissow vergleicht seine Klimagürtel mit Koppens Klimatypen (3, Ta- belle S. 27), während bei Kostin und Pokrowskaja (27) eine Parallele zu der gleichfalls vegetations- geographisch formulierten Klassifikation von L. S. Berg gezogen wird.

Neben einer solchen, nur cum grano salis ge- rechtfertigten Parallelisierung erscheint es inter- essant, die Einteilungen von Alissow (A) und Flohn (F) vergleichend nebeneinander zu stellen, auf der Basis der erstgenannten und unter Verwendung der von Chromow (6) sowie in (4), S. 122 wieder- gegebenen, gegenüber (3) S. 25 nur unwesentlich abgeänderten Karten (Abb. 1). Alissow unter- scheidet:

1. Z o n e d e r ä q u a t o r i a l e n L u f t , immer feucht, kein Unterschied zwischen mari- timer und kontinentaler Luft, Jahresgang der Tem- peratur gering, große Häufigkeit meist konvek- tiver Niederschläge, beschränkt sich auf drei iso- lierte Inseln beiderseits des Äquators: Südamerika (50—100° W), Westafrika (10° W— 30° E) und Indik-Pazifik (55°—175° E). Entspricht bei F der „ i n n e r e n T r o p e n z o n e " mit dem ganzjährigen Auftreten äquatorialer Westwinde, deren Ausdehnung (besonders in Südamerika) bis- her noch nicht vollständig bekannt ist.

2. Z o n e d e r ä q u a t o r i a l e n M o n s u n e (subäquatoriale Zone), in die im Sommer äqua- toriale Luft einströmt, im Winter dagegen Tropik- luft mit passatischen Winden, Sommerregen, viel- fach frontaler Natur; Gegensätze zwischen kon- tinentalen und maritimen Klimatypen sowie sol- chen der West- und Ostküsten. Entspricht der

„ ä u ß e r e n T r o p e n z o n e bzw. Randtropen"

nach F. mit dem Wechsel zwischen Passat und äquatorialen Westwinden. Diese Zone reicht nach A. in den Südkontinenten jeweils bis 19—20u S- Breite, über Mittelamerika und den Ozeanen der Nordhalbkugel bis etwa 10° N-Breite, über dem Sudan bis 21°, über Asien zwischen Indus und der Nordspitze Formosas bis 28—32° N.

3. Z o n e t r o p i s c h e r L u f t mit trockener, stabiler Luft aus den Zellen des (subtropischen) Hochdruckgürtels, heiter und sehr trocken im Be- reich der Kontinente (von seltenen Polarfront- störungen abgesehen), dagegen feucht im ozeani- schen Bereich mit Passatwinden sowie einzelnen tropischen Zyklonen. Am Ostrand der ozeanischen

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Hermann Flohn: Zur Frage der Einteilung der Klimazonen 165

Hochdruckzellen kühl, tiefliegende Passatinver- sion, regenarm bei hoher Luftfeuchte, dagegen am Westrand schwache Passatinversion mit starker Bewölkung und häufigen Schauern. Ausdehnung nach N bis 38° Breite (Azoren, westlich Califor- nien), sonst 30° N (über dem Golf von Mexiko nur 24°), in Hoch- und Ostasien fehlend, Süd- grenze über der Nordinsel Neuseelands ebenfalls 38° S, sonst 28—32°. Entspricht der „ s u b - t r o p i s c h e n T r o c k e n z o n e " nach F., die jedoch am Ostrande der Kontinente — genauer im Bereich der großen Höhentröge der Westdrift, die die subtropischen Hochzellen separieren — unterbrochen ist. Auf der Südhalbkugel erscheint die Zone in Abb. 1 größer als nach Auffassung von F.

4. S u b t r o p e n z o n e , im Sommer unter dem Einfluß der subtropischen Antizyklone, im Winter (und Frühjahr) im Bereich der Polar- fronten mit wechselnder Bewölkung und Nieder- schlägen, jedoch vorwiegend sonnig. A. unter- scheidet kontinentale und ozeanische Klimatypen, besonders aber das trockene Klima der Westküsten (trockener Sommer, feucht-milder Winter, z. B.

Mittelmeer) von dem monsunalen Ostküstenklima (feuchtheißer Sommer, trockenkalter Winter). Im Winter tritt regelmäßig Schneefall auf, aber außer- halb der Gebirge keine Schneedecke. Diese Zone umzieht nach A. beide Halbkugeln in 35—40°

Breite, an den Westküsten Europas und Nord- amerikas bis gegen 48° N ausholend. Demgegen- über beschränkt F. (15, Abb. 10) seine „ s u b - t r o p i s c h e W i n t e r r e g e n z o n e " auf den W der Kontinente wie das vorgelagerte Meeres- gebiet, schließt also den monsunalen Ostküsten- typ aus, da hier im Bereich permanenter Höhen- tröge die Wirkung der sommerlichen Subtropen- hochzellen nicht in Erscheinung tritt.

5. Z o n e d e r g e m ä ß i g t e n B r e i t e n mit schroffem, strahlungsbedingtem Gegensatz zwischen Sommer und Winter. Im Winter ist die Oberfläche in den Kontinenten schneebedeckt, mit erheblicher Reflexion der Sonnenstrahlung; das Klima wird beeinflußt vom Wechsel zwischen tropischen, polaren und arktischen (bzw. antark- tischen) Luftmassen, die teils maritim, teils kon- tinental beeinflußt sind, sowie durch die zyklo- nale Tätigkeit an der Polar- bzw. Arktikfront.

Die Niederschläge entstammen nach A. im Winter einem äußeren Kreislauf des Wasserdampfes zwi- schen Meer und Land, im Sommer dagegen über- wiegend einem inneren Kreislauf über den Kon- tinenten selbst. Auch hier wird zwischen kontinen- talen und ozeanischen Klimaten sowie zwischen Seeklima der Westküsten und Monsunklima der Ostküsten — das aber doch in den Windverhält- nissen Nordamerikas oder gar Patagoniens n i c h t

zum Ausdruck kommt! — unterschieden. Zone 5 nach A. umfaßt über Atlantik-Eurasien den größ- ten Teil der Zone 45—65° N, im Nordmeer bis über 70° N reichend, im Pazifik relativ schmal, über der Südhalbkugel meist in 45—65° S-Breite.

Ihr entspricht bei F. die „ f e u c h t g e m ä ß i g t e Z o n e " einschließlich eines Teiles der nordhemi- sphärisch-kontinentalen Sonderform „ b o r e a l e Z o n e " die wegen des Vorkommens (seichter) sommerlicher Ostwinde und der halbjährigen Winterschneedecke abgetrennt wurde.

6. Die s u b a r k t i s c h e Z o n e , nach A. be- grenzt durch die Lage der Arktikfront, die aber nur in Form einzelner unterbrochener Teile existiert (und daher von einigen Autoren nicht mehr als selbständige klimatische Front angesehen wird), bzw. durch die ihr entsprechende äqua- toriale Grenze der Tundra. Hier werden eine kon- tinentale und eine ozeanische Form (mit relativ milden Wintern und kühlen Sommern) unterschie- den. Eine subantarktische Zone wird bei A. (S. 21) zwar genannt, jedoch weder hier noch im Ka- pitel X I I erwähnt und fehlt auch in allen Karten.

Diese Zone setzt auf der Nordhalbkugel im euro- päischen Sektor, genauer zwischen 70° N, 10°W und 67° N 75° E aus. Die kontinentale Form ent- spricht in etwa der „borealen Zone" nach F., der die ozeanischen Abschnitte (Dänemarkstraße, Süd- grönland, Beringmeer) zu seiner „subpolaren Zone" schlagen müßte.

7. Die a r k t i s c h e und die a n t a r k t i s c h e Z o n e werden nach A. charakterisiert durch den Jahresgang der Strahlungsbilanz sowie eine ganz- jährige Eisdecke. Im Winter bildet sich bei über- wiegend antizyklonalem Witterungscharakter eine kräftige bodennahe Inversion aus. Auch im Som- mer entsteht infolge der Schmelzprozesse eine seichtere Inversion, deren Obergrenze überSee fast immer durch eine Hochnebeldecke angezeigt wird.

Das kontinentale Klima der Antarktis und des grönländischen Inlandeises unterscheidet sich durch die eisbedingten negativen Sommertemperaturen von dem maritimen Klima der übrigen Arktis. Die äquatoriale Grenze dieser Zone schwankt auf der Nordhemisphäre zwischen 63—65° (Südgrönland, Beringstraße) und 71 ° N im Golfstrombereich so- wie an derTaimyrhalbinsel, auf der Südhalbkugel zwischen 57" im afrikanischen Sektor und 65°S im pazifischen Sektor. Diese Zone umfaßt völlig die „ h o c h p o l a r e Z o n e " nach F., aber auch den größeren Teil der „ s u b p o l a r e n Z o n e " , deren Rest A's „subarktischer Zone" angehört. Die Unterscheidung dieser beiden Zonen bei F. wird sich vielleicht mit zunehmender Kenntnis nicht aufrechterhalten lassen. Wohl wird die subpolare Zone durch ein Maximum der Wind- und Wetter- veränderlichkeit längs der polnahen Zugstraßen

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1 0 E M Abb. 2: Die Klimazonen der Erde nach E. Neef Polare Klimazone

1. Polarklima Subpolare Klimazone

2. subpolares Klima Gemäßigte Klimazone

3. Seeklima der Westseiten 4. Übergangsklima

5. warmes Kontinentalklima Berichtigung: an

6. kühles Kontinentalklima (einschl. Patagonisdies Klima) 7. Ostseitenklima

Subtropische Klimazone

8. Winterregenklima der Westseiten 9. subtropisches Ostseitenklima Passatklimazone

11. feuchtes Passatklima (trodcenere Binnenab- dachungen und stark beregnete Außenseiten) Zone des tropischen Wechselklimas

12. tropisches Wechselklima Äquatoriale Klimazone

13. Äquatorialklima 14. Klimate der Hochgebiete 10. trockenes Passatklima

der Küste Liberias wurde versehentlich Sig. 12 statt richtig Sig. 13 eingetragen

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Abb. 3: Klimagebiete der Erde auf genetischer Grundlage nach E. Kupfer 1. Polares Klima (EE)

2. Subpolares Klima (WE) oder (EW)

Klimate der planetarischen Frontalzonen ( W ) j S = Seeklima

) L = Landklima

(

0 = Ubergangsklima zwischen Land- und Seeklima

4. Sommerfrüdite E = Küsten

Subtropische Klimate (PW) 5. Mäßiger Winterregen

6. Geringer Frühlingsregen (Binnenlandtyp) Passatklimate (EE)

7. Feuchte E-Küsten

8. Trockene W-Küsten und Binnenländer Innertropische Klimate (TT), (TP)

9. Dauernd feucht, immergrüne Urwälder

H = Besonderes Höhenklima; T = Zone der innertropischen Westwinde; P = Passatzone; W = Planetarische Frontalzone mit Westwinden;

E = Zone der polaren E-(Ost) Winde; 1. Buchstabe = Sommer 2. Buchstabe = Winter der betreffenden Halbkugel

10. Periodisch feucht (Zenitairegen)

11. Bevorzugte Lagen kalter Höhentröge 12. Das- selbe, vermutet; 13. Ganzjährig wehende Winde (Passate sehr beständig, übrige unbeständig);

14. Sommerlich verlängerter Passat;,15. Lage der innertropischen Konvergenz im Januar und Juli

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der Zyklonen bzw. der Abschnitte der Arktik- front charakterisiert, aber nach den seit 1952 gut belegten Wetterkarten der inneren Arktis, mit mehreren Stationen auf Eisinseln, ist die Wetter- veränderlichkeit in diesem Raum — mit Aus- nahme des durch häufige hochreichende Antizyklo- nen charakterisierten Frühjahrs — merklich größer als früher angenommen, und ähnliches gilt nach H. H. Lamb (29) für die Antarktis.

Dieser Vergleich der beiden Einteilungen — beide auf genetischer Basis, jedoch A. auf der synoptischen Einteilung nach Fronten und Luft- massen, F. auf einer dynamischen Einteilung nach Windsystemen und Vertikalbewegungen (Niederschlagshäufigkeit) beruhend — weist nur wenige, meist sekundäre Unterschiede auf. Mit Recht betont Chromow (9), daß diese Uberein- stimmung zweier völlig unabhängig entstandener Klassifikationen für die Objektivität der zu- grundeliegenden Prinzipien spricht. Eine global gültige Klimazoneneinteilung benötigt solche groß- zügigen Einteilungsprinzipien, wie sie die all- gemeine Zirkulation der Atmosphäre anbietet.

Luftmassen, Fronten oder Windsysteme: das sind verwandte Begriffe aus nebeneinanderliegenden Kategorien, wobei eigentlich nur die thermische Denkweise durch eine dynamische abgelöst, rich- tiger ergänzt wird.

B. Synthetische Klimakarten auf dynamischer Basis.

Während die Anordnung der Klimazonen nach der Einteilung von Flohn (15) und der kombinier- ten vonTrewartha (45), S.236 nur auf dem Ideal- kontinent — der „Klimarübe" — wiedergegeben sind, haben E. Kupfer (28) und E.Neef (35) in Mitteldeutschland in dankenswerter Weise den Versuch gemacht, eine Klimazonenkarte auf der Basis des semi-genetischen Systems (15) abzuleiten.

Ferner existieren die oben erwähnten Karten der Klimazonen nach Alissow (Abb. 1). Die folgen- den Zeilen sollen keine Kritik der sehr anerken- nenswerten Karten darstellen: diese hätte bei der gegebenen Situation nur Sinn, wenn man einen wirklich besseren Entwurf zur Diskussion stellen könnte. Sie sollen lediglich auf einige Diskussions- punkte grundsätzlicher Natur hinweisen.

Neef (35) kombiniert die nur auf den Konti- nenten dargestellten Klimazonen mit der Angabe der Zentren der sommerlichen Antizyklonen und der kontinentalen Zyklonen der Subtropenzone sowie mit dem winterlichen Sibirienhoch und den damit zusammenhängenden Windsystemen (s. Abb. 2). Kupfer (28) stellt auch die vorherr- schenden Windsysteme in Auswahl dar, ferner die wichtigsten Höhentröge sowie die Lage der inner- tropischen Konvergenzen für Januar — die auf

den Südkontinenten z. T. etwas zu weit südlich zu liegen kommt — und Juli. Zweifellos gehören die Windsysteme zu einer solchen Darstellung, und didaktisch wichtig ist gerade die jahreszeitliche Verlagerung der planetarischen Wind- und Luft- druckgürtel, Fronten usw. (s. Abb. 3). Die von Creutzburg (10) mit Recht vorgeschlagene Unter- scheidung zwischen stetigen und alternierenden Klimazonen findet sich sowohl bei F. wie bei A., der (stetige) Hauptzonen und (alternierende) Ubergangszonen unterscheidet; die regionalen Abarten dieser K l i m a g ü r t e l bzw. -zonen werden als K 1 i m a t y p e n (z. B. kontinental) bezeichnet. Schon eine grob vereinfachende, aber separate Wiedergabe der jahreszeitlich wandern- den Windsysteme in Schnitten und Karten ver- anschaulicht dies: eine Kombination mit den Klimazonen, die durch ihre Uberlagerung erst entstehen, gibt leicht einen etwas verwirrenden Eindruck. Daher hat auch R.Geiger (IIa) seine Klimakarte großzügig vereinfacht, selbt unter Verzicht auf Köppens Windpfeile und andere wichtige Einzelheiten.

Die quasipermanenten Höhentröge sind von überragender Bedeutung für jede genetische Klimazoneneinteilung. In Kupfers Karte (28) müßten auf der Südhalbkugel die nur als ver- mutet dargestellten revidiert werden: richtiger etwa bei 65° E und 170° W, nach N zurückhän- gend. Die Lage der Höhentröge kann bei den ge- ringen jahreszeitlichen Verlagerungen — nur der ostasiatische Trog wurzelt im Sommer über der Tschuktschen-Halbinsel, im Winter im Lena- Becken — wohl in die eigentliche Klimakarte übernommen werden, um die Unterbrechungen der subtropischen Trockenzone und die hier lokali- sierte Wechselwirkung zwischen den Wettervor- gängen der gemäßigten und der tropischen Breiten zu veranschaulichen. Ähnliches gilt für die inner- tropische Konvergenz, deren extreme Positionen im Grenzbereich der äußeren Tropen (F) bzw.

subäquatorialen Zone (A) liegen.

Sicherlich ist es zweckmäßig, Übergangsgebiete durch Schrägschraffur zu kennzeichnen, wie Kupfer (in Südafrika auch Neef) dies unter- nimmt. Eine Linie Nordkap—Leningrad—Odessa als Grenze des Übergangsklimas gegen das Kon- tinentalklima (35) ist vernünftig begründet; daß im Einzelmonat diese Grenze z. B. zwischen Irland und dem Ural schwanken kann, sollte aber auch in der Karte zum Ausdruck kommen (vgl.

hierzu die instruktive Karte der Grenzen zwi- schen B-, C- und D-Klima in Nordamerika bei Trewartha [45] S. 232). Andererseits erscheint es gerade in didaktischer Hinsicht notwendig, die Grenzlinien nicht an den Küsten abreißen zu las- sen, sondern über See weiterzuführen.

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Hermann Flohn: Zur Frage der Einteilung der Klimazonen 169

Etwas schwierig ist die Kennzeichnung der Hochgebirgsklimate, die z. T. in ganz andere Windzonen hineinragen. Diese Tatsache ist lei- der von M. Schick bei seinem fleißigen, aber in diesem Punkte unzureichenden Versuch einer Ab- grenzung des Monsuns (40) nicht berücksichtigt worden; Bodenwinde auf einem 4000 m hohen Plateau haben eben eine andere Bedeutung als im Flachland. Alissow berücksichtigt die Oro- graphie gar nicht, Kupfer beschränkt sich auf An- gabe von zwei markanten Hochländern (Tibet und Bolivien) in Form eines Buchstabens, wäh- rend Neef mit der Generalisierung vielleicht et- was zu weit geht, wenn er das zentralasiatische Hochland bis zum Baikalsee und in die Man- dschurei (einschließlich Gobi, Tarimbecken und der ganzen Mongolei) reichen läßt. Auch die Trockengebiete in Lee verdienen Berücksichtigung:

die wüstenhaft trockene Leezone der Anden in 28—40° S-Breite sollte besser nicht zum feuchten Passatklima bzw. subtropischen Ostseitenklima (wie China oder das südöstliche Nordamerika) geschlagen werden.

Der Entwurf einer allseits befriedigenden Klimakarte erfordert bei dem heutigen Stand der Unterlagen, vor allem der Inhomogenität der vorliegenden Klima-Atlanten, noch viele Vor- arbeiten; diese Tatsache veranlaßte auch den Ver- fasser zur Zurückhaltung. Als wichtigste seien genannt (jeweils Weltkarten für die extremen Monate):

Niederschlagshäufigkeit

Häufigkeit und Resultante der Bodenwinde (unterhalb 1000 m)

Bewölkung und Sonnenschein

Höhenwinde (in Großbritannien abgeschlossen).

Das klimatische Rohmaterial liegt größtenteils veröffentlicht vor, wenn auch z. T. nur schwer zu- gänglich; die Geheimhaltung klimatischer Atlan- ten gehört hoffentlich bald der Vergangenheit an.

Auch von den früher unbekanntesten Gebieten — die kanadische Arktis, Tibet, Iran, die Galapagos, Bolivien — existieren heute Klimadaten, wenn auch die Verarbeitung nicht überall Schritt hält;

die schönen Tabellen- und Atlaswerke von Ka- nada, Südafrika, Indien, Argentinien und Bra- silien — um nur einige Großräume anzuführen — ergänzen eindrucksvoll unser Wissen aus älteren Quellen.

Das schwierigste Problem — dessen Lösung je- doch prinzipiell möglich ist — ist das der Kombi- nation von Land- und Seedaten. So kennen wir z. B. auf Land die Häufigkeit von Tagen mit Nie- derschlag oberhalb eines (leider recht verschieden gewählten) Schwellenwertes, dagegen über See praktisch nur die Niederschlagshäufigkeit an Stichprobenterminen; letztere Angaben müssen

statistisch in die ersteren überführt werden. Ähn- lich ist es mit dem Wind, der über Land fast im- mer lokal abgelenkt ist, so daß hier der geostro- phische Wind (aber einschließlich Beständigkeit) allgemein vorzuziehen ist. Wegen des völlig ver- schiedenartigen, vorwiegend praktisch-wirtschaft- lich gerichteten Interesses an regionalen Atlanten ist die Herstellung eines wirklich g l o b a l e n K l i m a a t l a s — den es seit den Zeiten von Bartholomew (1899) nicht mehr gibt! — ein offenes, überwiegend akademisches Problem, des- sen Schwierigkeiten groß, aber keinesfalls unüber- windlich sind, wenn die von der Klimakommis- sion der Meteorologischen Weltorganisation unter C. W. Thornthwaite vorwärtsgetriebene inter- nationale Zusammenarbeit wirksam wird. Erst auf dieser Basis wird sich eine befriedigende ge- netische Karte der Klimazonen erarbeiten lassen.

C. Wärme- und Wasserhaushalt und Klimazonen Neben den Fortschritten der dynamischen Me- teorologie verdient für unsere Fragestellung ein anderer Problemkreis erhöhtes Interesse: das quantitative Studium der Wärme- und Wasser- bilanz in den verschiedenen Klimazonen. Das Verhältnis zwischen Niederschlag N und Ver- dunstung V ist schon mehrfach, in verschiedenen Formen, als Einteilungsprinzip für Klimazonen angewandt worden (A. Penck [36], v. Wissmann [49], Lauer [30] u. a.). In abgewandelter Form liegt es auch dem bekannten Klimasystem von C. W. Thornthwaite (44) zugrunde; hierbei wird die p o t e n t i e l l e E v a p o t r a n s p i r a - t i o n E, praktisch die Verdunstung einer vegeta- tionsbedeckten Oberfläche mit ständig hohem Grundwasserstand, in erster Näherung als Funk- tion der Temperatur und Tageslänge ermittelt.

Von diesem Begriff unterscheidet sich die wahre oder a k t u e l l e V e r d u n s t u n g V durch die Größe des Wassernachschubs im Boden. In Trockengebieten nimmt E mit dem Sättigungs- defizit und der Windstärke zu, V dagegen wegen des trockener werdenden Bodens ab. In Kern- wüsten (N = 0) erreicht der Unterschied zwi- schen Niederschlag und potentieller Verdunstung N—E einen negativen Höchstwert; gleichzeitig sinkt aber die aktuelle Verdunstung V auf 0, so daß die Differenz N — V ebenfalls gegen 0 geht.

Uber dem Meer, über Seen und Flüssen, in Sümpfen, feuchten Wiesen und in tropischen Regenwäldern gilt selbstverständlich V ~ E. An- dererseits ist die potentielle Evapotranspiration nach Thornthwaite (in [33]) nicht einfach dem Verdunstungsanspruch eines Klimas gleichzuset- zen. In einer Bewässerungsoase steigt bei hohem Grundwasserstand und starker pflanzlicher Trans- piration der tatsächliche Dampfdruck gegenüber

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einer vollariden Umgebung lokalklimatisch stark an. Die Messung von E wird stets von den ad- vektiven Faktoren mehr oder minder abhängig sein; schaltet man diese aus, dann ist E nicht mehr als (makroklimatisch) repräsentativ zu bezeichnen.

Während die üblichen Klimaelemente wie Temperatur, Wind, Niederschlag, mit genügen- der Stationszahl allgemein als bekannt angesehen werden dürfen, gilt dies schon weniger für die schwieriger beobachtbaren, wie Luftfeuchtigkeit oder Bewölkung. Bei einem so grundlegend wich- tigen Element wie die V e r d u n s t u n g fin- det man (außerhalb der unmittelbar interessier- ten Kreise) gelegentlich eine Verwirrung der Be- griffe, die zu Fehlurteilen und übertriebenen bzw.

falsch definierten Zahlenangaben führt. Die Mes- sung von V ist leider mit schwer kontrollierbaren Fehlern behaftet. Die üblichen Verdunstungs- meßgeräte — Evaporimeter nach Piche, Verdun- stungskugel, Wild'sche Wage, Verdunstungs- pfanne — messen bei ständig feucht gehaltener Oberfläche die potentielle Verdunstung oder den Verdunstungsanspruch, also eine mit E verwandte Größe; viele geben wegen Überwärmung oder der vertikalen Zunahme des Windes zu hohe Werte an. Die tatsächliche Verdunstung V ergibt sich meßtechnisch noch am einfachsten durch Verfol- gung der Bodenfeuchte (durch Wägung von Bo- denproben), wobei jedoch die Frage der Reprä- sentativität der Meßwerte einer sorgfältigen Kon- trolle bedarf. Die Registrierung von E (Tabelle 1) unter natürlichen Bedingungen — wie in der Evaporimeter-Anlage von Seabrook, N. J. —

Ort

Ibadan (Nigeria) 7 ° N 86

Trinidad 1 1 ° N 87

Hongkong 22° 71

Everglades (Florida) 26° 32 Seabrook (New Jersey) 39° 50

Toronto 43°

Valentia (Irland) 52° 6

Norman Wells (NW-Canada) 64°

erfordert einen hohen Aufwand, wie bei Groß- Lysimeteranlagen (Eberswalde, Gießen, de Bilt):

hinzu kommt die Frage nach dem advektiven Einfluß, d. h. auch wieder nach der Repräsenta- tivität der Meßstelle. Die mit der Vegetation räumlich und jahreszeitlich wechselnde Trans- piration der Pflanzen erhöht die Schwierigkeiten, weniger für E — das nach Thornthwaite und Mather (33) praktisch unabhängig von der Art der Bepflanzung ist — als für V. Daher ist un- sere Kenntnis über den Wasserbedarf von Wäl- dern, Wiesen und Kulturpflanzen wegen der vielen systematischen Fehlerquellen aller direkten

Meßmethoden — deren Genauigkeit vielfach noch

nahe ± 20 % liegt — beklagenswert gering, teil- weise widerspruchsvoll und vom physikalischen Gesichtspunkt aus unbefriedigend.

Das Interesse der Meteorologen, die sich jetzt bemühen, die jahrzehntelange Vernachlässigung aufzuholen, konzentriert sich in erster Linie auf die physikalisch besser definierten, indirekten Me- thoden (2). Zunächst wird V erfaßt durch den v e r t i k a l e n T r a n s p o r t v o n W a s s e r - d a m p f , gemessen durch das vertikale Gefälle des Wasserdampfgehalts der Luft in der boden- nahen Grenzschicht zusammen mit dem Austausch- Koeffizienten. Diese etwas umständliche und instrumentell aufwendige, aber verläßliche Meß- methode wird ergänzt durch eine andere, in der sämtliche Größen des W ä r m e h a u s h a l t e s gemessen werden, wobei die Fehlerquellen durch exakte Bilanzrechnung auf ein Minimum gesenkt werden können. Bezeichnen wir mit Q die Strah- lungsbilanz am Boden, bestehend aus der Ein- strahlung von Sonne S und Himmel H (S + H = Globalstrahlung) und der effektiven Ausstrahlung A„ ( = Ausstrahlung des Bodens An — atmo- sphärische Gegenstrahlung G), mit Uh den Wärme- umsatz im Erdboden, mit Ui, den Wärmeumsatz zwischen Boden und Luft, so lautet die W ä r m e - h a u s h a l t s g l e i c h u n g

Q = UB + UL + V,

die Gleichung der S t r a h l u n g s b i l a n z Q = S + H — Ae = S + H — (Am — G) Mit diesem Verfahren hat Albrecht 1940 (1) für eine Anzahl Observatorien die Verdunstung V

128 1440 1158 2-3 146 1284 1742 1 126 1142 2370 2 177 1245 ? 10 140 898 1195 5 131 — 58 (VII) 3

91 320 572 1 141 — 42 (VII) 3

berechnet (Tabelle 2); weitere Rechnungen dieser Art sind im Gange — so Frankenherger für Quickborn bei Hamburg (18) — und bilden im Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957/58 einen wesentlichen Teil des Programms.

Auch die beiden Verfahren von Tab. 2 gelten nur für einen Punkt, ohne daß lokale Einflüsse — wie die feuchte Wiese in Quickborn (18) und andere Werte in Tab. 2 — auszuschalten sind, und er- lauben keine räumliche Integration über ein kli- matisch repräsentatives größeres Gebiet. Für die sogenannte G e b i e t s v e r d u n s t u n g bieten sich heute zwei Wege an. Der eine geht den Um- weg über die Hydrographie: aus langjährigen

Tab. 1. Potentielle Evapotranspiration (gemessen in mm) (nach Lit. 33)

Breite Januar Juli Jahr Niederschlag Zahl d. Jahre

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Hermann Flohn: Zur Frage der Einteilung der Klimazonen

Tab. 2. Aktuelle Verdunstung und Strahlungsbilanz

Verdunstung (mm) Strahlungsbilanz (Cal cm"!)

Ort: y Januar Juli Jahr Januar Juli Jahr

Discovery - Ostbank 2° S 96 101 1192 6.0 6.4 79.8 1

Key West 2 5 ° N 113 101 1371 2.0 8.4 68.7 1

Scilly-Ins. 50° 60 37 614 —1.9 7.7 32.7 1

Lerwick 60° 28 26 412 —1.8 5.5 15.9 1

Maud (Polarmeer) 76° 0 0 0 —2.0 4.4 5.5 1

Djakarta 6° S 55 63 744 4.5 4.1 54.2 1

Gobi 42° N 1 61 219 0.4 6.9 42.4 1

Ukraine 50° 5 72 400 —1.0 8.5 39.4 4

Irkutsk 52° —3 47 188 —1.2 4.9 19.9 1

Potsdam 53° 7 53 334 —1.6 4.5 19.8 1

Quickborn 54° 10 85 535 —0.8 6.6 37.1 18

Sodanykla 67° —3.5 37 157 —0.9 4.7 11.6 1

Eismitte 71° —1.4 6 + 2.7 —2.1 1.3 —7.6 1

Mittelwerten von Niederschlag N und Abfluß A läßt sich V durch die bekannte Beziehung N — A

= V ermitteln. Das ist jedoch streng nur für das Jahresmittel brauchbar, da für kürzere Zeiten Rücklage R und Aufbrauch B des Grundwassers nicht bekannt sind; die vollständige W a s s e r - h a u s h a l t s g l e i c h u n g

N — V = A + (R — B) enthält fast immer mehrere Unbekannte.

Thornthwaite —(43) verbessert in (44) — hat einen Weg beschrieben, die einzelnen Glieder die- ser Wasserhaushaltsgleichung über die potentielle Evapotranspiration E näherungsweise zu bestim- men. So nützlich diese Näherungslösung in der Praxis, so lange keine exakten Messungen vor- liegen, sicher ist: sie entbindet uns nicht von der Notwendigkeit, die einzelnen Komponenten der Wasser- und Wärmebilanz an ausgewählten Punkten einwandfrei zu registrieren, schon um die Zulässigkeit der gemachten Annahmen — z. B.

die einer konstanten Wasserkapazität des Bodens von 300 mm, die nach (44) zwischen 50 und 400 mm variieren kann — nachzuprüfen. Auf zahlreiche andere Näherungsmethoden kann aus Raumgründen nicht näher eingegangen werden;

Uhlig hat in jüngster Zeit mehrfach (46) zu eini- gen dieser Methoden kritisch vergleichend Stel- lung genommen, allerdings unter Beschränkung auf mitteleuropäische (humide) Klimaverhält- nisse.

Der zweite Weg ist gerade für kürzere Zeit- räume anwendbar (F. Möller 1951 [34], Benton, Flohn und Oeckel): er bezieht sich auf die Mes- sung der W a s s e r d a m p f a d v e k t i o n W mittels aerologischer Aufstiege. In einem Dreieck aerologischer Stationen läßt sich für eine Zeit- einheit, etwa einem Monat, die Differenz des hinein- bzw. heraustransportierten Wasser- dampfes (div W) ermitteln. Dann ist für die Ge- samtfläche des Dreiecks

div W = N — V,

so daß eine Berechnung der Gebietsverdunstung für jeden beliebigen Zeitabschnitt möglich ist, so- fern N bekannt ist.

Uber dem M e e r e ist die räumliche Vertei- lung von V auf ähnliche Weise zu bestimmen, da sie in erster Näherung eine einfache Funktion zweier relativ gut zu ermittelnder Klimaelemente ist: des Sättigungsdefizits (hier die Differenz zwi- schen dem Sättigungsdampfdruck bei Wasser- temperatur und dem tatsächlichen Dampfdruck der Luft) und der Windgeschwindigkeit. Diese Rechnung kann noch kontrolliert werden, da unter stationären Bedingungen eine Abhängig- keit des Salzgehalts des Oberflächenwassers von der Größe N—V besteht: über See ist aber die Messung von N wegen des Windeinflusses sehr unsicher. Zusammenfassende globale Ubersichten dieser Probleme haben W. C. Jacobs und H. U.

Sverdrup (25), E. Reichel (38) und G. Wüst (50) gegeben.

Beim heutigen Stand der Erkenntnis erscheint es noch verfrüht, einwandfreie Weltkarten für all diese Größen — insbesondere N, V, Q — zu konstruieren, wenn auch für N die Fehler- quellen über dem Meer neuerdings (F. Möller) einigermaßen bekannt sind und unsere Kenntnis von V an Stelle früherer widerspruchsvoller Fest- stellungen nunmehr in vernünftiger Weise kon- vergiert: die punktweise und nur für kurze Zeit- abschnitte vorliegenden Daten von V und Q sind noch reichlich inhomogen1). Andererseits erscheint es nicht mehr utopisch, für eine wirklich „ratio- nale" Klimazonen-Einteilung einwandfreie, phy- sikalisch fundierte Bilanzen des Wärme- und Wasserhaushalts zu fordern. Damit erhält die Auswahl charakteristischer Klimaelemente für eine Abgrenzung effektiver Klimazonen ihren

') Inzwischen erschien von russischer Seite (M.J.Budyko, Leningrad, 1955) ein Atlas des Wärmehaushalts, auf Nähe- rungsformeln (7) aufgebaut; eine größere Reihe von Karten von E sind in Thornthwaite's Laboratorium entworfen worden.

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172 Erdkunde Band X

physikalischen Sinn, wie er auch im Begriff einer

„energetischen Klimatologie" (34) liegt. Die Er- forschung der Wasser- und Wärmebilanz der Atmosphäre hat in den letzten Jahren viel Inter- esse gefunden: u. a. haben F. Albrecht (1,2), W. C.

Jacobs und H. U. Sverdrup (15), H. Lettau (32), F. Möller (34) und jüngst R. C. Sutcliffe (42) wesentliche Beiträge geliefert. Auch die Diskus- sion des Problems der Klimaschwankungen bleibt in der Beschreibung stecken, wenn wir es nicht von der Seite zahlenmäßig gesicherter Bilanzrechnun- gen her aufrollen, die heute für alle geophysi- kalischen Disziplinen so kennzeichnend sind.

Von besonderer Bedeutung für das Problem der Klimaklassifikation erscheint das Verhältnis zwischen der zur Verdunstung V verbrauchten Energie zur Strahlungsbilanz Q am Erdboden;

zumal nach den Befunden von Frankenberger (18) V sehr weitgehend von Q abhängt. In ähn- licher Weise hat Budyko die zur Verdunstung der gefallenen Niederschläge N nötige Energie EN ZU der Strahlungsbilanz in Beziehung gesetzt.

Dieser Faktor 0 / EN beträgt für die Tundra

>0.35, für die Wälder 0.35—1.1, für Steppen bis 2.3, für Halbwüsten bis 3.4 und für die Wüste

> 3.4. Auf diesem Wege gelangen wir wohl ein- mal zur Aufstellung einer effektiven, auf die Be- dürfnisse der Praxis zugeschnittenen und belie- big verfeinerbaren Klimaklassifikation auf einer einwandfreien, physikalischen Grundlage, wie sie auch in Thornthwaites neuesten Arbeiten (33, 34) angestrebt wird. Aber selbst in diesem Falle bleibt

— um einen klaren Einblick in den Mechanismus der großklimatischen Zoneneinteilung und die Ursachen klimatischer Anomalien (siehe folgen- den Abschnitt") zu gewinnen — eine genetisch- dynamische Klimazonen-Einteilung mindestens für didaktische Zwecke unentbehrlich.

Die heutigen und künftigen Aufgaben der prak- tischen. angewandten Klimatologie können — wie u. a. die Arbeiten von Thornthwaite, Mather und Hahtead (33, 44) in den USA, von Drosdow(A) und Budyko (7) in Rußland ebenso zeigen wie die jüngsten Untersuchungen von Geiger und Mit- arbeitern und Frankenberger (18) in Westdeutsch- land — nicht mehr mit den seit einem lahrhundert üblichen beschreibenden Methoden gelöst werden.

Sie fordern eine physikalisch vertiefte Betrachtung unter dem Gesichtspunkt des Wasser-und Wärme- haushalts und des Austausche (vgl. 4), wie sie seit den Untersuchungen von H. U. Sverdrup und F. Albrecht uns einen quantitativen Einblick in die Zusammenhänge gewähren. All diese Bilanz- rechnungen erziehen zu einer präzisen Formulie- rung der Zusammenhänge, schützen uns vor der Gefahr vorzeitiger Verallgemeinerung und un- kritischer Hypothesenbildung und zeigen uns die

Lücken unserer Kenntnis; sie ermöglichen dann aber auch eine zahlenmäßig einwandfreie, wirt- schaftliche Auswertung. Die Zukunftsentwicklung der Klimatologie einschließlich all ihrer Anwen- dungen fordert die Berücksichtigung aller wesent- lichen Fortschritte auf dem Gebiet der physikali- schen Meteorologie, und damit in erster Linie einen Ausbau der energetischen und dynamischen Kli- matologie nach dem heutigen Stand der vor 20 bis 25 Jahren von Möller (34), Bergeron (5) und Hes- selberg (23) formulierten Programme.

D. Klimazonen und Klimaprovinzen Nach der Übersicht von Knoch und Schulze (26) ist bis heute noch keine einheitliche Empfehlung zu erzielen, ob eine Klimaeinteilung zonar oder zellular, nach Klimazonen oder Klimaprovinzen gegliedert sein soll. Gehen wir von genetischen und didaktischen Überlegungen aus, so verdient ohne Zweifel eine Zonen-Gliederung den Vorzug.

Aber auch der Aufbau einer vergleichenden Geo- graphie setzt meist eine Zonengliederung an die Spitze: Lautensachs (31) Lehre vom Formenwan- del steht hier neben Passarges System der Land- schaftsgürtel und Herbertsons natürlichen Regionen (vgl. Czajkas [11] Stellungnahme). Dies gilt um so mehr, als wir heute weder vom geographischen Standpunkt aus — C. Troll hat dies mehrfach ein- drucksvoll aufgezeigt — noch vom meteorologi- schen aus, nach der Entwicklung der Aerologie, auf die dritte Dimension verzichten können. So läßt Czajka die geographisch-klimatologische Global- sphäre sich in der Vertikalen so weit erstrecken, wie die atmosphärische Zirkulation bis zu den Gipfelhöhen in die Gliederungszusammenhänge eingreift. Dies sollte nicht allzu eng verstanden werden: wenn oberhalb weiter Flachländer (wie etwa in Nordkanada) Zyklonen und Schlecht- wetterfronten durch die troposphärische Höhen- strömung entgegen den in der Grundschicht herr- schenden Winden gesteuert werden, wenn die Richtung des Wolkenzugs bei Niederschlag ab- weicht von der des Bodenwindes, dann dürfen diese Phänomene der Troposhäre in einer groß- räumigen Zoneneinteilung nicht vernachlässigt werden, zumal sie das Gesamtbild erst verständ- lich machen. Andererseits scheint die Stratosohäre oberhalb 18 km Höhe — mit ihrer sommerlichen Ostströmung und den neu entdeckten (C. F. Pal- mer) Berson-Westwinden über der Äquatorzone

— tatsächlich keine ernsthafte Bedeutung für das Bodenklima zu besitzen.

Von der Aerologie, von der dreidimensionalen Strömungsverteilung der Atmosphäre her, ver- stehen wir nicht nur das Klimazonen-Modell im Sinne von Alissow, Trewartha und dem Verfasser,

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Hermann F lohn: Zur Frage der Einteilung der Klimazonen 173

sondern auch seine regionalen Abwandlungen und Anomalien:

1) Weil die Troposphäre über dem meerumgür- teten Gletscherkontinent der Antarktis stets kälter ist als über der maritimen Arktis, ist die südhemi- sphärische Zirkulation stärker als die der Nord- halbkugel und greift auf diese über. Deshalb liegt der m e t e o r o l o g i s c h e Ä q u a t o r mit sei- ner Regenzone über dem zentralen Pazifik ganz- jährig, über dem zentralen Atlantik während des größten Teiles des Jahres auf der Nordhalbkugel.

2) Weil im zentralen und östlichen P a z i f i k der SE-Passat ganzjährig bis über den Äquator hinaus vordringt, wo die horizontale Komponente der ablenkenden Kraft der Erdrotation ihr Vor- zeichen ändert, liegt hier gesetzmäßig eine trockene neben einer extrem feuchten Äquatorialzone, und aus dem gleichen Grunde kommt es zu divergieren- den Oberflächenströmen des Meeres mit einer ein- gelagerten Zunge kalten Auftriebwassers.

3) Wo die großen, ganz oder teilweise oro- graphisch verursachten und daher quasi-persisten- ten H ö h e n t r ö g e der Westdrift äquatorwärts ausgreifen, werden die Zellen des Subtropenhoch- druckgürtels voneinander getrennt und die sub- tropische Trockenzone erfährt eine Unterbrechung

— wie im Golf von Mexiko, in Südchina sowie auf der Südhalbkugel im Seegebiet nordostwärts Madagaskar und Neuseeland —, wo zugleich die tropischen Orkane polwärts umbiegen und in die Westdrift einbezogen werden können.

4) Weil die hochgelegene Heizfläche des t i b e - t i s c h e n H o c h p l a t e a u s die Atmosphäre in 5—6 km Höhe im Sommer stärker erhitzt als irgendwo anders auf der Erde, verlagert sich die subtropische Strahlströmung auf seine Nordseite, ebenso wandert die innertropische Konvergenz- zone über Nordindien bis gegen 30° N und löst den raschen und weiten Ausbruch des indischen Sommermonsuns aus.

5) Weil dieser Hochlandblock die Winde bis 5 km Höhe zum Umströmen zwingt, bildet sich an seiner Ostseite ganzjährig eine Konvergenz, in der die für Ostasien wetterbestimmende Frontal- zone („Polarfront") wurzelt.

6) Weil innerhalb dieser ostasiatischen Polar- front auch der Wasserdampf der o s t a s i a t i - s c h e n S o m m e r r e g e n aerologisch nach- weisbar von W nach E, also vom Land zum Meer transportiert wird, ist die auf Woeikof zurück- gehende, vom Boden her konzipierte Lehrmeinung von den „Sommermonsunregen" nicht mehr halt- bar; die aerologischen Beobachtungen belegen auch hier das Vorherrschen zonaler und planetarischer Vorgänge gegenüber zellularen und monsunalen.

All diese Zusammenhänge lassen sich theoretisch- physikalisch deuten — das wird erleichtert durch Heranziehen einfacher mathematischer Formeln — und empirisch belegen; auf Ausführung dieser Be- lege und Theorien muß in diesem Zusammenhang verzichtet werden. Sie zeigen uns die großräumige Zonengliederung, gewiß modellhaft vereinfacht, aber doch als übergeordnete, induktive Raum- konzeption, die eine Klimazoneneinteilung auf dynamisch-genetischer Basis als physikalisch be- gründet erscheinen läßt. Natürlich gibt es regionale und lokale Klimaprovinzen: diese sind notwen- dige, jedoch sekundäre Ergänzungen, Erweiterun- gen der primär, in der freien Atmosphäre physi- kalisch vorgebildeten und damit objektivierten Makroklima-Klassifikation.

Der Vorschlag Weischets (48), in der Hierarchie der Klimaeinteilungen zwischen Lokalklima, Sub- regional- und Regionalklima zu unterscheiden, hat im Rahmen des engräumig gekammerten mittel- europäischen Landschaftsgefüges wohl einen Sinn;

vom physikalischen Standpunkt ist ein Unter- schied zwischen den beiden an letzter Stelle ge- nannten Begriffen schwer einzusehen. Auch führt W. in beiden Fällen die gleiche Großlandschaft (Niederrheinische Bucht) als Beleg an; es dürfte schwierig sein, z.B. in den Prärien von Nebraska oder in den Wäldern Labradors eine Unterschei- dung zwischen regionalem und subregionalem Klima durchzuführen. Auf der anderen Seite ordnet Weischet die Begriffe Makroklima, Groß- klima und Regionalklima der gleichen Stufe zu, während Geiger in seiner ersten Studie 1929 (19)

— von der er leider später wieder abwich — einen wesentlichen Unterschied zwischen Makroklima und seinem Landschaftsklima (heute Regional- klima) herausstellt. Dieser Unterschied ist nicht instrumenteller oder methodischer Natur, sondern in der Sache begründet. Jede Diskussion der Ur- sachen von Klimaschwankungen und Witterungs- anomalien führt auf die großräumigen Anomalien der allgemeinen Zirkulation: Luftdruck- und Windgürtel, blockierende Antizyklonen und per- sistente Höhentröge, Strahlungs- und Beleuch- tungszonen, das sind typische Begriffe der Makro- klimatologie im eigentlichen Sinne, die bei „regio- nalklimatischer" Betrachtung in den Maßstäben 1:1—5 Millionen gar keine Rolle spielen. So ordnet auch C. Troll in seiner instruktiven Karte der Jahreszeitenklimate der Alten Welt (46) die Klimagebiete zu Klimazonen zusammen. Auch die Betrachtung der Schwankungen der großen Klima- zonen im Sinne von Trewartha (45, Abb. S. 232) ist nur vom makroklimatischen Standpunkt aus sinnvoll, niemals von dem der Regionalklimato- logie.

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174 Erdkunde Band XI

Vom Gesichtspunkt der Makrometeorologie bzw. -klimatologie aus betrachtet, sind Zyklonen und Antizyklonen, Fronten und Schlechtwetter- gebiete, Föhn- und Staugebiete sekundäre Einzel- heiten; erstere z.B. werden als Turbulenzelemente des atmosphärischen Großaustauschs angesehen.

Diese Betrachtungsweise bezieht sich auf die Maß- stäbe 1 :20—100 Millionen (19). Gerade der Geo- graph sollte m. E. diese erste, wichtigste Stufe nicht übersehen zugunsten einer nur in einigen Erd- räumen anwendbaren Differenzierung von Zwi- schenstufen, denen kaum allgemeiner Erkenntnis- wert zukommt2).

Für eine erste großzügige Übersicht, wie sie in Hochschule und Schule benötigt wird, erscheint eine genetische Klassifikation der Makroklima- zonen ebenso unentbehrlich, wie die effektiven Einteilungen verschiedener Größenordnung für alle praktischen Anwendungen. Diese beiden Prin- zipien widersprechen sich im Grundsätzlichen nicht, sondern ergänzen sich wechselseitig. In Schule und Hochschule sollte aber das erste Ziel darin bestehen, das Verständnis zu wecken für die ursächlichen Zusammenhänge: selbst die beste und vollständigste Beschreibung ist nur Vorstufe hier- zu. Aus der physikalisch-kausalen Erkenntnis er- gibt sich später die Anwendung in der Praxis ohne grundsätzliche Schwierigkeiten3).

Literatur

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Abh. RA. f. Wetterdienst 8, 2 (1940): vgl. Ber. dt. Wet- terdienst US-Zone 17 (1950) und 29 (1951).

2. Albrecht, F.: Die Methoden zur Bestimmung der Ver- dunstung der natürlichen Erdoberfläche. Arch. Meteor.

Geophys. Bioklim. B 2 (1950), 1—38.

3. Alissow, B. P.: Die Klimate der Erde, Berlin 1954 (russ.

Original 1950).

4. Alissow, B. P., Drosdow, O. A., Rubinstein, E. S.:

Lehrbuch der Klimatologie, Berlin 1956 (russ. Lenin- grad 1952).

5. Bergeron, T.: Richtlinien einer dynamischen Klimato- logie. Meteor. Z. (1930), 246—262.

2) Die physikalische Ursache dieser Maßstabeinteilung in Meteorologie und Klimatologie liegt in der turbulenten Struktur der Atmosphäre begründet; das atmosphärische Turbulenzspektrum umfaßt acht Zehnerpotenzen. Hieraus ergibt sich auch für die synoptische Meteorologie eine spek- trale Einteilung (vgl. H. Flohn, Mitt. Dt. Wetterdienst 10, 1955, sowie R. C. Sutcliffe, Arch. Meteor. Geophys. Broklin A 7 , 1954), ebenso wie G. Manley (Quart. Journ. Roy. Met.

Soc. 79, 1953, 185—209), vom Turbulenzbegriff ausgehend, ein Spektrum der Klimaschwankungen aufgestellt hat.

3) Den Anstoß zur Formulierung und Veröffentlichung dieser anspruchslosen Skizze gaben anregende Diskussionen auf einer Amerikareise im Sommer 1956, mit Klimatologen wie C. W. Thornthwaite und G. T. Trewartha, und Tropen- meteorologen wie C. E. Palmer und H. Riehl, sowie ein Briefwechsel mit S. P. Chromow. Infolge anderer Aufgaben hat Verf. leider kaum Gelegenheit, die angedeuteten Ge- dankengänge systematisch durchzuführen. (Manuskript ab- geschlossen Neujahr 1957.)

6. Bjerknes, V., u. Mitarb.: Physikalische Hydrodynamik, Berlin 1933.

7. Budyko, M. ]., Berland, T. G., Subenok, L. ].: Wärme- bilanz der Erdoberfläche. Isw. Akad. Nauk SSR, Geogr.

Ser. 1954, No. 3, 17—41 (russisch).

8. Chromow, S. P.: Die geographische Anordnung der kli- matischen Fronten, dt. in Sowjetwissenschaft 1950, H . 2 , 29—42, russ. Isw. Geogr. 82 (1950), 126—137.

9. Chromow,S. P.: Dynamische Klimatologie und die Pro- bleme der Klimaklassifikation, In: Fragen der Geo- graphie (zum 18. Int. Geogr. Kongreß), Moskau-Lenin- grad, Akademie-Verlag 1956, 127—133 (russisch).

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11. Czajka, W.: Die geographische Zonenlehre, Geogr.

Taschenb. 1956/7, 410—429.

12. Dinies, E.: Luftkörper-Klimatologie. Arch. Seewarte 50,6 (1931).

13. Ertel, H.: Ein neuer hydrodynamischer Wirbelsatz.

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Referenzen

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