Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Medizinerausbildung:
Gute Ergebnisse an
„klassischen" Hochschulen
Von den insgesamt 5335 Teilneh- mern der ärztlichen Vorprüfung, die nach Abschluß des 2jährigen vorklinischen Studiums zu absol- vieren ist, sind beim Frühjahrster- min 1980 lediglich 19,1 Prozent durchgefallen. Das geht aus einer ersten Übersicht des Instituts für medizinische und pharmazeuti- sche Prüfungsfragen in Mainz hervor.
Das erste Nicht-Bestehen der ärzt- lichen Vorprüfung bedeutet nicht, daß damit das Medizinstudium be- endet ist: die Chancen beim zwei- ten oder dritten Anlauf doch noch zu bestehen sind sehr groß; so wa-
ren beim Frühjahrstermin 1980 un- ter den 5335 Gesamtteilnehmern immerhin 1115 „Erstwiederholer"
und 184 „Zweitwiederholer", von ersteren bestanden 79 Prozent, von letzteren 69 Prozent.
Dieses Muster wiederholt sich im Klinischen Studium bei den drei Abschnitten der ärztlichen Prü- fung. Hier sind die Durchfaller- Quoten ohnehin schon deutlich niedriger als bei der Vorprüfung:
im Frühjahr 1980 lagen sie beim ersten und zweiten Abschnitt der ärztlichen Prüfung bei 9,4 und 9,8 Prozent, beim dritten Abschnitt (Staatsexamen) bei nur 1,2 Pro- zent. Die Chance, durch Wieder- holung durchzukommen, war in allen drei Abschnitten der ärztli- chen Prüfung noch besser als bei der Vorprüfung: „Erstwiederho- ler" des ersten Abschnittes der ärztlichen Prüfung (694 von insge- samt 4847 Teilnehmern) kamen zu knapp 89 Prozent durch (ähnlich war es beim zweiten Abschnitt), und beim Schlußexamen bestan- den von den 547 „Erstwiederho- lern" sogar 535 das schriftliche Examen, also fast 98 Prozent.
Insgesamt liegen Examensergeb- nisse wie diese weitaus günstiger als in anderen sogenannten Mas- senfächern.
Bei einer Auswertung der Prü- fungsergebnisse nach Hochschu- len zeigen sich bemerkenswerte Unterschiede. Diese können, da die Prüfungen bundesweit gleich sind, nicht (wie in früheren Jahren oder bei anderen Studienfächern) damit erklärt werden, daß an der einen Universität „schwer" und der anderen „leicht" geprüft wer- de. Gibt es demnach Unterschie-
Notlösung: Test
6000 von etwa 37 000 Bewerbern um einen Studienplatz in den Fächern Me- dizin, Zahnmedizin und Tiermedizin hat- ten am 12. August Gelegenheit, durch einen Eignungstest ihre Zulassungs- chance zu verbessern (unser Bild: in einem der 80 „Testlokale"). Zu verge- ben sind mit Testhilfe 1200 Plätze, dar- unter 950 für Medizin, 150 für Zahnmedi- zin und 100 für Tiermedizin. Mitte Sep- tember werden die Teilnehmer ihr Test- ergebnis erfahren. Die 120 Besten be- kommen dann direkt einen Studien- platz, die restlichen verbessern ledig- lich ihre Chancen. Der Test gehört zu einer grundlegenden Änderung des Zu- lassungsverfahrens (dazu Hefte 15 und 16/1980). Das neue Zulassungsrecht ist bereits Gegenstand mehrerer Rechts- streite. An einem allerdings ändern we- der Gerichts- noch Zulassungsverfah- ren etwas: die Zahl der Studienplätze bleibt unverändert Foto: dew
de der „Lehrqualität" einzelner Hochschulen?
Die Nicht-Bestehens-Quote bei der Vorprüfung (Bundesdurch- schnitt 19,1) betrug zum Beispiel in Tübingen 13,6 Prozent, in Bo- chum 27,8 Prozent. Durchweg schnitten „klassische" Universi- täten wie Würzburg, Freiburg oder Heidelberg bei der Durch- fallerstatistik günstiger ab als Uni- versitätsorte mit nur kurzer Ausbil- dungstradition. a+s
Gesundheitspolitische Gesellschaft sieht
Therapiefreiheit bedroht
Nach Auffassung der gesundheits- politischen Gesellschaft sieht sich der Arzneimittelmarkt dirigisti- schen Eingriffen ausgesetzt, wer- de Therapiefreiheit des behan- delnden Arztes beeinträchtigt und der berechtigte Anspruch der Be- völkerung auf unterschiedliche Therapieformen untergraben. Dies seien, so erklärte der Vorsitzende der Gesellschaft, Prof. Dr. med.
Fritz Beske (Kiel), bedenkliche Konsequenzen des „Krankenversi- cherungskostendämpfungsgeset- zes" (KVKG) vom 1. Juli 1977.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 35 vom 28. August 1980 2049
Land 2 3 4 Belgien
Dänemark Bundesrepublik Deutschland Frankreich Irland Italien Luxemburg Niederlande Großbritannien
264 Brabant (373) 315 Kopenhagen (317) 325 Hamburg (307) 218 Paris (458) 154 Osten (649) 386 Bologna (259) 240 Utrecht (417) 160 Schottland (625)
93 Limburg 59 Roskilde 167 Niedersachsen
98 Basse-Normandie 69 Nordosten 97 Oristano 101 Zeeland
93 Trent
(1075) (1645) ( 599) (1020) (1449) (1031) ( 990) (1075) 568
512 502 583 961 451 828 529 843
176 195 199 146,5 104 222 120 159 118,6 Bericht und Meinung
NACHRICHTEN
Für den Arzneimittelbereich erin- nerte Prof. Beske an die jährliche Festlegung des Arzneimittel- höchstbetrages im Rahmen der Konzertierten Aktion und an die Problematik der verschiedenen Listen wie Preisvergleichslisten, Transparenzlisten, Negativliste usw. Auf diesen Wegen werde ver- sucht, Ärzte, Patienten und Phar- ma-Industrie mehr oder weniger
„an die gesundheitspolitische Kandare" zu nehmen.
Beske warnte vor dem „vielleicht verführerischen Gedanken", die pharmazeutische Forschung durch den Staat finanzieren zu las- sen: „Eine direkte Forschungsför- derung durch den Staat führt zu umfänglicher und schwerfälliger Forschungsförderungsbüro- kratie".
Die Erfahrung zeige, daß Förde- rungsmittel nur sehr selten für lan- ge Zeiträume zur Verfügung ge- stellt werden könnten, wie die Arz- neimittelforschung sie benötige.
Beske schließlich: „Und wer von staatlicher Seite schließlich wollte festlegen, welche Bereiche des Gesundheitswesens über die Arz- neimittelforschung gefördert wer- den und welche nicht?" EB
DKG:
Ausbildungsvergütungen sind Personalkosten
Entschieden hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Düsseldorf, die Behauptung des Bundesarbeitsministeriums zu- rückgewiesen, infolge des Schei- terns der Novelle zum Kranken- hausfinanzierungsgesetz (KHG) würden die Bundesländer ab 1981 zusätzlich mit Ausgaben in Höhe von rund 1 Milliarde DM belastet.
In einem Schreiben an die zustän- digen Landesministerien betonte DKG-Hauptgeschäftsführer, Prof.
Dr. med. Hans-Werner Müller, daß von der 1981 auslaufenden Über- gangsregelung nur ein kleiner Teil der Ausbildungskosten erfaßt werde.
Nicht betroffen würden beispiels- weise die Ausbildungsvergütun- gen an die Schüler, die unstreitig Personalkosten seien und dem- nach über den Pflegesatz abge- rechnet würden.
Außerdem würden die Stellen der Auszubildenden bei der Beset-
zung der Stationen und Abteilun- gen mit Pflegepersonen angerech- net, mithin ein Indiz dafür, daß die Ausbildungsvergütungen zu den Personalkosten der Krankenhäu- ser zählen. EB
451 Einwohner je Arzt:
Italien vorn
In Italien ist unter den neun Län- dern der Europäischen Gemein- schaft das Netz der ärztlichen Ver- sorgung am dichtesten geknüpft:
Einer statistischen Übersicht der Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Brüssel, zufolge, entfallen in Italien durchschnitt- lich 451 Einwohner auf einen Arzt.
Auf Platz zwei rangiert die Bun- desrepublik Deutschland mit 502 Einwohnern je Arzt (199 Ärzte je 100 000 Einwohner). Das Schluß- licht in der EG-Skala bildet die Re- publik Irland mit durchschnittlich 961 Einwohnern je Arzt. Die Streu- breite der „Arztdichte" ist auch re- gional sehr unterschiedlich, insbe- sondere gibt es starke Abweichun- gen in der Versorgung zwischen Städten und Ballungsgebieten so- wie ländlichen Regionen (siehe die Tabelle unten). ♦ EB
Arztdichte in der Europäischen Gemeinschaft
Spalte 1: Einwohner je Arzt (Landes-Durchschnitt)
Spalte 2: Anzahl der Ärzte je 100 000 Einwohner (Landes-Durchschnitt)
Spalte 3: Größte Arztdichte (Ärzte je 100 000 Einwohner); (Land, Provinz, Bezirk, Gebiet); in Klammern: Einwohner je Arzt Spalte 4: Geringste Arztdichte (und Einwohner je Arzt) entspr. Spalte 3
Quelle: „Die Organisation, Finanzierung und Kosten des Gesundheitswesens in der Europäischen Gemeinschaft", Reihe Sozialpolitik — 1979 Nr. 36 der EG-Kommission
2050 Heft 35 vom 28. August 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT