Das Freehand-System ist eine Neuroprothese, deren implantierte Komponenten – Handschrittmacher, Elektro- den, Leitungen – mit Hilfe ex- terner Komponenten aktiviert und gesteuert werden: Über einen auf der Schulter an- gebrachten Bewegungsmelder wird eine Steuereinheit akti- viert, die auf den Rollstuhl eines Querschnittsgelähmten montiert ist. Diese interpre- tiert die Schulterbewegungen und sendet sie über eine über der Brust angebrachte Sen- deantenne als Impulse an den in der Brust implantierten Schrittmacher. Die Impulse werden von dort über Leitun- gen an die Muskeln weiterge-
leitet, die mit Elektroden ver- sehen sind. Die Impulse resul- tieren in koordinierten Hand- bewegungen, zum Beispiel dem Beugen der Finger und des Daumens, so daß ein Ge- genstand ergriffen und gehal- ten werden kann. Bei der Ope- ration werden acht Elektroden eingepflanzt, die über Kabel mit dem Handschrittmacher im Brustbereich fest verbun- den sind. Denn die Handbe- wegungen sind in ihren Funk- tionen, wie Greifen, Halten, Heben, und in ihrer Intensität nicht spontan verfügbar, sie müssen Schritt für Schritt trai- niert werden. Eine Operation ist unter folgenden Vorausset- zungen aussichtsreich:
1. Die Bewegungsfähig- keit der Oberarme, der Arm- beugen und der Schulterpar- tie muß gegeben sein.
2. Die Muskeln des Unter- arms und der Hand müssen funktionsfähig sein und auf elektrische Impulse reagieren.
3. Das Knochenwachstum muß abgeschlossen sein.
Ein solches System wur- de jetzt in Heidelberg einem Querschnittsgelähmten im- plantiert, dem damit wieder der Gebrauch einer Hand er- möglicht werden soll. Die Orthopädische Universitäts- klinik Heidelberg führte unter der Leitung von Professor Dr. Gerner diese Operationen durch. Die Operation wird un-
ter Vollnarkose durchgeführt und dauert fünf bis sieben Stunden. Der Handschrittma- cher in der Größe 5 x 3 x 0,4 cm wird unter der Haut im Brustbereich implantiert. Die Muskelstränge im Unterarm- bereich werden verkabelt. In den meisten Fällen sind auch Sehnen von funktionslosen Muskeln zu lösen und umzu- setzen. Patienten, die infolge von Verletzungen der Nerven- bahnen im Rückenmark ihre Hände nicht mehr bewegen konnten, haben mit Hilfe von Freehand wieder einen gewis- sen Grad von Bewegungsfrei- heit gewonnen. Sie können mit einer Hand unterschied- lich große Gegenstände er- greifen, anheben und wieder absetzen. Weitere Informa- tionen bei Prof. Dr. med.
H. J. Gerner, Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg, 69118 Heidelberg. et
A-1217 Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 18, 7. Mai 1999 (61)
V A R I A TECHNIK FÜR DEN ARZT