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Archiv "Irak – 12 Jahre Embargo: Verheerende humanitäre Folgen" (21.02.2003)

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tionär in Abhängigkeit der Versor- gungsstufe des Krankenhauses oder im Bereich der Heimpflege anzusiedeln ist. Darüber hinaus können Strukturen entwickelt werden, die ein Fall-Ma- nagement, das heißt eine Steuerung des Patientenwerdegangs, ermöglichen.

Dies schließt die Indikationsstellung zur stationären Aufnahme beziehungs- weise zu höheren Versorgungsstufen ein.

Nur durch parallele Weiterentwick- lung eines Fallgruppierungssystems zur Kategorisierung von Patienten und der Spezifizierung eines medizinischen Pro- duktes im Krankenhaus und der Ko- stenträgerrechnung ist eine Weiterent- wicklung im Hinblick auf eine verbes- serte klinische Versorgung und Kosten- homogenität möglich. Dies schafft die Voraussetzung für eine verbesserte Ver- teilung der begrenzten Ressourcen. Ei- ne Weiterentwicklung, begleitend zu qualitätssichernden Maßnahmen und der Vorgabe von ordnungspolitischen Rahmenbedingungen, bedeutet einen entscheidenden Mehrwert für alle Be- teiligten im Gesundheitswesen und kann positive Aspekte bewirken: Das Geld folgt dem Patienten, und die Erlö- se folgen den Leistungen. Daraus kann sich eine Diskussion des Angebots von Gesundheitsleistungen und nicht allein deren Kosten entwickeln.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 460–462 [Heft 8]

Literatur

1. Krankenhausreport 2000, WIdO Wissentschaftliches Institut der AOK: http://www.pflege-im-op.de/Verof- fentlichungen/Report_2000/report_2000.html 2. http://www.hplus.ch/main/Show$Id=556.html 3. DRGs schwächen Uniklinikum, Günter Auburger, Ärzte

Zeitung, 9. August 2002

4. International Classification of Functioning, Disability and Health: http://www3.who.int/icf/icftemplate.cfm 5. TARMED:

http://www.tarmed.ch/deutsch/h_home/h_hom_f.htm 6. Hölzer S, Schweiger RK, Dudeck J: Umsetzungshilfen durch Informationstechnologien. Dtsch Arztebl 2002;

99: B 306–307 [Heft 6]

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Dipl.-Oec. Simon Hölzer Leiter Spitalinformatik und Statistik H+ Die Spitäler der Schweiz Lorrainestrasse 4 A CH-3000 Bern

Telefon: +41 (0)31 3 35 11 24 (direkt) Mobil: 07 64 03 55 36

Fax: 03 13 35 11 70

E-Mail: simon.hoelzer@hplus.ch

T H E M E N D E R Z E I T

A

A462 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 821. Februar 2003

S

eit 1980 befindet sich der Irak im Kriegszustand: Zunächst führte das Land einen acht Jahre dauernden Krieg gegen den Iran, 1990 folgte der Ein- marsch des Irak nach Kuwait und 1991 der zweite Golfkrieg mit den nun seit zwölf Jahren anhaltenden Sanktionen.

Die Zahlen und Fakten, die verschie- dene UN-Organisationen wie die Welt- gesundheitsorganisation (WHO) oder UNICEF zur humanitären Lage des Landes am Golf präsentieren, spre- chen eine erschütternde Sprache. Als direkte Folge der Sanktionen sterben

durchschnittlich 250 Menschen täglich (UNICEF, 1998). Inzwischen zählt der Irak zu den fünf ärmsten Ländern der Welt, während er vor 1980 zu den am be- sten entwickelten Ländern des Nahen Ostens gehörte. Jedes achte irakische

Kind stirbt, bevor es das fünfte Lebens- jahr erreicht, zum größten Teil an Diar- rhö oder Atemwegserkrankungen. Rund 960 000 Kinder (32 Prozent) sind chro- nisch unterernährt. Der Irak hat welt- weit eine der höchsten Kinderkrebsra- ten. Irakische Ärzte machen dafür die Geschosse mit abgereichertem Uran (300 Tonnen) verantwortlich. In Basra, einer Stadt im Süden des Landes, in der während des 2. Golfkrieges besonders viel Uranmunition abgeworfen wurde, sind drei Prozent der neuge- borenen Kinder schwerst- missgebildet. Bisher konnte die WHO keine Studien zur Ursachenaufklärung durch- führen, weil sowohl die USA als auch Großbritannien die Erlaubnis dazu verweigerten.

Rund zwei Drittel der iraki- schen Bevölkerung leben al- lein von den monatlichen Nahrungsmittelrationen: neun Kilo Mehl, drei Kilo Reis, zwei Kilo Zucker, ein Pfund Linsen, ein halbes Pfund Bohnen und 1,25 Kilo Öl.

Berührend und schockierend zugleich ist die Konfrontation mit den vielen leukämiekranken Kindern im Al-Man- sour-Hospital in Bagdad. Immer wieder erzählt der Hämatologe Dr. Murtada Hassan fast gleiche Krankengeschichten über die kleinen Patienten: Der fünf- jährige Atal leidet an einer akuten mye-

Irak –12 Jahre Embargo

Verheerende humanitäre Folgen

Eine Friedensdelegation, darunter zwei Ärzte, hat im Januar den Irak besucht. Das einst fortschrittliche Gesund- heitssystem liegt am Boden.

Mutter mit an Leukämie erkranktem Kind

Jedes achte irakische Kind stirbt, bevor es das fünfte Lebensjahr erreicht, zum größten Teil an Diarrhö oder Atemwegserkrankungen.

Fotos:Gabriele Senft

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loischen Leukämie – Behandlung nicht möglich, da zurzeit keine Chemothera- peutika verfügbar sind. Abbas ist 12 Jah- re alt und vor zwei Jahren erstmals an akuter lymphoplastischer Leukämie er- krankt. Damals erhielt er eine Chemo- therapie. Vor sechs Wochen ist ein Rezi- div aufgetreten – keine Chemotherapie möglich, da keine Asparaginase vorhan- den. Der sechsjährige Ibrahim mit akuter lymphoplastischer Leukämie befindet sich im Terminalstadium. Hamsa ist erst eineinhalb Jahre alt – Hämophilie, kein Faktor 8 vorhanden. „Es ist furchtbar, entscheiden zu müssen, wer weiterlebt und wer stirbt, wenn uns die Medikamen- te wieder ausgehen“, sagt Hassan. „Im- mer wieder gibt es infolge der Sanktio- nen Lieferengpässe und Verzögerungen.

Selbst Nitroglyzerin ist für unsere Patien- ten verboten. Es fällt wegen so genann- tem ,dual-use‘ unter die Sanktionen.“

Über ähnliche Erfahrungen berich- tet Dr. Eva-Maria Hobiger, eine öster- reichische Ärztin, die ein Hilfsprojekt im Mutter-Kind-Hospital in Basra lei- tet. Sie habe verschiedene medizinische Geräte zum Aufbau einer Blutbank be- antragt, darunter Spezialzentrifugen, ei- nen Plasmagefrierschrank, einen Spezi- alkühlschrank zur Aufbewahrung von Blutkonserven sowie einige Infusioma- ten. Nachdem der amerikanische Ver- treter des Sanktionskomitees ihre An- träge neun Monate lang immer wieder abgelehnt hatte, reiste ihr Stellvertreter selbst nach New York, um die Angele- genheit persönlich dem amerikanischen Vertreter Andrew Hillmann vorzutra- gen. Dessen Antwort habe gelautet:

„Ich spreche mit Ihnen nicht über leukämiekranke Kinder. Ich spreche mit Ihnen nur über das Regime von Saddam Hussein.“

Aufgrund der zerstörten Infrastruk- tur nach dem letzten Golfkrieg haben sich die hygienischen Verhältnisse ex- trem verschlechtert. Besonders betrof- fen ist die Stromversorgung, ohne die auch das Wasser- und Abwassernetz nicht funktionieren. Die Folge ist ein massiver Anstieg der Infektionskrank- heiten. Dazu kommt, dass häufig Spe- zialmedikamente, wie Pentostam zur Behandlung der Kala Azar, einer Leish- maniose, die hauptsächlich in den Tro- pen und Armutsgegenden vorkommt, nicht vorhanden sind.

Dr. Abd-El Kareem im Mutter-Kind- Hospital in Basra zeigt mir mehrere Kleinkinder, die an Kala Azar erkrankt sind. „Diese Krankheit ist zu 100 Prozent heilbar, wenn wir das Pentostam zur Ver- fügung hätten. Warum sind die Kinder im Irak es nicht wert, angemessen be- handelt zu werden?“ Hobiger, ebenfalls Mitglied der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs (IPPNW), berichtet, dass sie das Präparat beim bri- tischen Hersteller bestellen wollte. Als die Firma erfuhr, dass es für das Hilfsprojekt in Basra bestimmt sei, er- hielt Hobiger die Auskunft, das Mittel

falle unter die Sanktionsbestimmungen.

Das Sanktionskomitee bestreitet dies.

„Stellen Sie sich vor, wenn das bei Ih- nen in Deutschland passiert“, sagt Mar- garet Hassan, Mitarbeiterin der briti- schen Organisation Care. „Zwölf Jahre lang Embargo, zwölf Jahre abgeschnitten von der Welt muss ein ganzes Volk auf ex- tremer Sparflamme leben. Und das nach Krieg, Zerstörung der gesamten Infra- struktur. Sie haben als Ärztin zuvor 1 000 bis 2 000 Dollar im Monat verdient, und jetzt seit Jahren fünf bis zehn Dollar im Monat. Und jetzt droht noch ein Krieg.

Würden Sie nicht ebenso alle Ängste und Sorgen verdrängen, weil es ja doch nichts ändert. Sie können die Regierung nicht

beeinflussen. Sie leben in einer Diktatur.

Sie haben sowieso jeden Tag damit zu tun, ihr Leben zu organisieren.“

In den Gesprächen mit Regierungsver- tretern wird deutlich, dass sie nicht über Alternativen nachdenken. Sie sind gefan- gen in den Argumentationsschleifen ge- genüber ihren Gegnern aus der Regie- rung Bush. Nichts verlautet darüber, was nach Saddam Hussein kommen könnte.

„Wenn einzelne Gesprächspartner der Regierung alternative Ideen hätten, wür- den sie diese bestimmt nicht äußern“, meint ein Student, den ich auf einem Büchermarkt kennen gelernt habe. „Sie

können doch nicht wissen, ob die Aussage eventuell weitergegeben wird,also als Op- position zum Regime bewertet wird.“

Die Gespräche mit Menschen auf dem Markt, mit Vertretern von Nicht- Regierungsorganisationen, mit katholi- schen Würdenträgern und mit Regie- rungsvertretern verdeutlichen, dass es ein langwieriger und schwieriger Prozess sein wird, bis dieses Land sich zunächst von den Folgen der bisherigen Kriege und des Embargos erholt, um sich dann aus den Strukturen der Diktatur zu lö- sen. Ein erneuter Krieg hätte in jedem Fall verheerende Folgen.

Dr. med. Angelika Claußen Vorsitzende der IPPNW T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 821. Februar 2003 AA463

„Es ist furchtbar, entscheiden zu müssen, wer weiterlebt und wer stirbt, wenn uns die Medikamente wieder ausgehen.“

Dr. Murtada Hassan, Al-Mansour-Hospital, Bagdad

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