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Dies gilt für die intellektuelle, körperliche und soziale Entwicklung, zum Teil kumuliert, zum Teil auch nur in einzelnen Bereichen

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M 132/2009 ERZ 19. August 2009 ERZ C

Motion

1419 Geissbühler-Strupler, Herrenschwanden (SVP)

Weitere Unterschriften: 3 Eingereicht am: 30.03.2009

Schulqualität und Klassengrösse

Der Regierungsrat wird beauftragt, Artikel 47 Absatz 3 des Volksschulgesetzes (VSG) dahingehend anzupassen, dass der obere Überprüfungsbereich der Schüler/innenbestände pro Regelklasse nach unten anpepasst wird. Die Schulen sollen dabei je nach deren Bedürfnis die Klasseneinteilung vornehmen können.

Begründung:

Damit in Zukunft trotz neuer Anforderung der Integration möglichst aller Kinder in Regelklassen die Schulqualität beibehalten werden kann, stehen die Schulen vor grossen Herausforderungen. Damit diese bewältigt werden können, müssen die Schüler/innenbestände pro Regelklasse auf einem bewältigbaren Mass gehalten werden.

Von einer entsprechenden gesetzlichen Vorgabe könnten alle Kinder und Lehrpersonen gleichermassen profitieren.

Es ist allgemein bekannt, dass jede Schulklasse eine heterogene Gruppe darstellt: Wie in jeder statistischen Gruppe gibt es eine grosse Anzahl Durchschnittsvertreter und je eine Gruppe, die über und unter dem Durchschnitt liegt. Für die Schulklasse heisst dies konkret, es gibt eine Gruppe, die dem durchschnittlichen Entwicklungsstand ihres Alters entspricht, aber auch eine Gruppe unterschiedlich stark akzelerierter und eine Gruppe retardierter Kinder. Dies gilt für die intellektuelle, körperliche und soziale Entwicklung, zum Teil kumuliert, zum Teil auch nur in einzelnen Bereichen. Durch diese Heterogenität ist die Lehrkraft gefordert, auf die verschiedenen Bedürfnisse der Kinder massvoll einzugehen, ohne das Bildungsziel der Gesamtklasse aus den Augen zu verlieren, und sie erlaubt den Kindern, sich mit der Verschiedenartigkeit der Mitschüler und Mitschülerinnen auseinander zu setzen, besondere Begabungen, aber auch Schwächen bei sich und den anderen zu akzeptieren, damit umzugehen.

Wenn nun alle Kinder in heterogene Regelklassen integriert werden, wird die Bandbreite noch grösser sind und bringt bei einer grösseren Schüler/innenzahl die Lehrkraft an die Grenzen, wenn sie auf einzelne Bedürfnisse noch eingehen soll. Darunter leidet schliesslich die ganze Klasse und das Bildungsziel kann nicht mehr eingehalten werden.

Am Ende bleiben aber die Kinder mit grösseren Defiziten auf der Strecke und haben in der Folge dann auch Probleme mit dem Berufseinstieg. Der geforderte Spezialunterricht, der diese Situation entschärfen soll, findet meist parallel zum Unterricht der Regelklasse statt, bringt Unruhe in die Klasse und die separat Teilnehmenden des Spezialunterrichts verpassen darüber hinaus Unterrichtssequenzen. Auch das Team-Teaching, vor allem auf der Unterstufe, kann schwierige Situationen im Klassenverband nicht lösen. Kinder brauchen Beständigkeit, eine Bezugsperson, die sich auch für die Klasse verantwortlich fühlt und zu welcher ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann.

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Die heutige Schulsituation unterscheidet sich wesentlich von derjenigen früherer Generationen. Die Klassen sind heterogener und weisen einen wesentlich höheren Anteil fremdsprachiger Schüler/innen und Kinder aus bildungsfernen Familien aus. Während beispielsweise in Finnland nur 2% der Kinder einen Migrationshintergrund aufweisen, sind in der Schweiz durchschnittlich 21% der Kinder ausländischer Herkunft. Daher ist der Klassengrösse besonderes Augenmerk zu schenken. Dies zeigt sich auch im Phänomen, dass laut dem Bundesamt für Statistik 2007 sechsmal mehr Kinder mit Ängsten und psychischen Störungen in eine Psychiatrische Klinik eingewiesen werden mussten als noch vor 10 Jahren. Der Forscher und Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie Basel stellt fest, dass die Situation vor allem nach den Ferien jeweils eskaliert: Die einen Kinder haben Angst, weil sie von den Mitschüler/innen und von der Lehrperson geplagt werden, andere wegen der Trennung von den Eltern. Die Hauptgründe dafür macht Schmeck in gesellschaftlichen Veränderungen aus: weniger stabile Familien und mehr Alleinerziehende, wachsende Mobilität, bröckelnde soziale Netzwerke. In diesem fragilen System spielten die Lehrpersonen eine wichtige Rolle! Aber nur in kleinen Klassen können Lehrkräfte auf persönliche Probleme der einzelnen Kinder und auf soziale Auffälligkeiten gezielt eingehen und prophylaktisch auf das Klassengefüge einwirken.

Nur in Klassen moderater Grösse ist es den Lehrpersonen möglich, den von der Politik geforderten integralen Unterricht mit hohem Bildungsstandard und Lebensqualität zu erfüllen und die Sozialkompetenz der SchülerInnen zum Wohle aller zu fördern. Dies entspricht auch dem Grundsatz der dezentralen Besiedelung, der nach wie vor gilt, und hilft überdies, grössere Schulwege zu verhindern, indem auch kleinere Klassen ihre Existenzberechtigung haben.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 02.04.2009

Antwort des Regierungsrates

Einleitung

Heute werden die Klassengrössen in der Volksschule in den „Richtlinien für die Schülerzahlen“ geregelt. Diese werden durch den Erziehungsdirektor erlassen. Bei der vorliegenden Motion handelt es sich also um eine Richtlinienmotion im Kompetenzbereich des Regierungsrates bzw. der Erziehungsdirektion.

Die erwähnten Richtlinien sehen für jeden Klassentyp – Jahrgangsklassen und jahrgangsgemischte Klassen – einen Normalbereich sowie einen oberen und einen unteren Überprüfungsbereich der Klassengrösse vor. Für eine Jahrgangs-Regelklasse beträgt der Normalbereich 16 bis 26 Schülerinnen und Schüler, der obere Überprüfungsbereich 27 und mehr, der untere Überprüfungsbereich 15 und weniger Schülerinnen und Schüler. Für eine Mehrjahrgangsklasse mit beispielsweise vier Jahrgängen umfasst der Normalbereich 13 bis 21 Schülerinnen und Schüler. Wird der Normalbereich der Klassengrösse nach unten oder oben überschritten, entscheidet das Schulinspektorat über die zu treffenden Massnahmen nach detaillierten Vorgaben in den

„Richtlinien für Schülerzahlen“. Heute sind im Kanton Bern 94 Klassen im oberen und 734 Klassen im unteren Überprüfungsbereich.

Die vorliegende Motion verlangt, den oberen Überprüfungsbereich der Schülerbestände an den Regelklassen der Volksschule nach unten anzupassen. Zudem sollen die Schulen je nach deren Bedürfnissen die Klasseneinteilung vornehmen können. Die Motion signalisiert mit ihrem Titel einen Zusammenhang zwischen Schulqualität und Klassengrösse.

Zur Abklärung des Sachverhalts sei zuerst auf die durchschnittliche Klassengrösse im Kanton Bern verwiesen.

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Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass die durchschnittliche Klassengrösse im Kanton Bern im Verhältnis zu andern Kantonen relativ tief ist. Im Kanton Bern betrug im Schuljahr 2008/09 die durchschnittliche Klassengrösse in den Regelklassen 18.6.

Der Unterschied zwischen Primar- und Sekundarstufe I ist dabei gering: Primar- stufe 18.5, Sekundarstufe I 18.9. Im schweizerischen Durchschnitt betrachtet ist der Mittelwert auf der Primarstufe tief: lediglich 7 Kantone weisen tiefere Klassen- grössen auf als der Kanton Bern. Im Bereich Sekundarstufe I liegt der Kanton Bern im Mittelfeld.

Überlegungen zu den Auswirkungen einer Reduktion

Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen einer Änderung der Klassengrössen sind schwierig zu machen, weil nebst der Anzahl der Lernenden mehrere andere Faktoren mit berücksichtigt werden müssen wie Schulwege, Infrastruktur usw. Im Schuljahr 2008/09 lagen 94 Klassen von total 4’503 Klassen der Volksschule, im oberen Überprüfungsbereich.

Würde der obere Überprüfungsbereich gesenkt, könnten nicht einfach neue Klas- sen gebildet werden, weil diese dann in den unteren Überprüfungsbereich fielen.

Es müssten Lösungen z.B. mit jahrgangsgemischten Klassen gesucht werden oder Zusammenlegungen mit Nachbarschulen. Als Kompensation zur Reduktion der Klassengrösse im oberen Überprüfungsbereich könnte eine Erhöhung der unteren Grenze des Normalbereichs um eine Schülerin/einen Schüler vorgenommen wer- den. Dadurch würden 365 Klassen neu in den unteren Überprüfungsbereich rut- schen. Diese Klassen müssten aufgehoben und die Schülerinnen und Schüler neu auf andere Klassen verteilt werden.

Zum Verhältnis zwischen der Schulqualität und Klassengrösse

Empirische Untersuchungen konnten keinen linearen Zusammenhang zwischen Klassengrösse und erreichter Schülerleistung feststellen. Der Effekt der Leistungs- steigerung tritt nicht automatisch mit einer Reduktion der Klassengrösse ein. Eine kritische Obergrenze wird im Bereich von 24-28 Schülerinnen und Schülern pro Klasse vermutet. Der Vergleich von unterschiedlichen Reformmassnahmen zeigt, dass die Reduktion der Klassengrösse nur eine geringe Wirkung auf die erbrachten Schülerleistungen hat. Andere Massnahmen wie z.B. eine verbesserte Feedback- Kultur zeigen sich als effektiver. 1 Aus Sicht der Lehrperson nimmt die Möglichkeit der Zuwendung zu der einzelnen Schülerin und zum einzelnen Schüler sowie die Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen, Interessen und Potenziale mit der Grösse der Schülerzahlen kontinuierlich ab und belastet das mitmenschliche Verhältnis und das soziale Klima. Darunter leidet auch die Qualität des Unterrichts.

Klasseneinteilung entsprechend den Bedürfnissen der Schulen

Klasseneinteilungen, welche den Bedürfnissen der Schulen entsprechen, können bereits heute mit den Schulinspektoraten besprochen und gegebenenfalls durch die zuständige Stelle bewilligt werden.

Der Regierungsrat anerkennt das der Motion zugrunde liegende Anliegen, insbesondere die Feststellung, dass die Anforderungen an die Lehrpersonen heute höher sind als früher aufgrund veränderter Lebenssituationen der Schülerinnen und Schüler, eines hohen Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund und neuer Aufgaben wie sie etwa in Art. 17 des Volksschulgesetzes (Integration) definiert sind. Kleinere Klassen ermöglichen es den

1 Hattie, J. (2005). The paradox of reducing class size and improving learning outcomes. International Journal of Educational Research, 43, S. 387-425.

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Lehrpersonen, mehr Zeit für das einzelne Kind aufzuwenden, z.B. für dessen individuelle Förderung und Integration, sowie mehr Zeit für Elternkontakte und die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen usw. einzusetzen.

Mit der neuen Finanzierung der Volksschule (NFV) werden die für den Kanton und die Gemeinden wichtigen Steuerungsvorgaben zur Klassengrösse mit Blick auf Bildungsqualität und Wirtschaftlichkeit im Kontext mit FILAG 2012 überprüft. Dabei wird möglicherweise die Klassengrösse für Schulen und Gemeinden einen hohen Flexibilisierungsgrad erhalten. In diesem Zusammenhang ist der Regierungsrat bereit, das Anliegen zu prüfen.

Antrag: Annahme als Postulat

An den Grossen Rat

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