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Stabilität und Wandel von Pa&teineigungen

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Stabilität und Wandel von Pa&teineigungen

Eine Panelanalyse politischer Präferenzen in der Bundesrepublik

Detlef Landua

(2)

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich m it den parteipolitischen Präferenzen der deutschen Bundesbürger. A usgehend von einer allgemeinen Begriffserörterung des U ntersuchungsgegenstandes, sowie einer inhaltlichen Erörterung der Funktion u n d Bedeutung des Konstrukts "Parteineigung'' (Kapitel 2), w erden im empirischen Teil zunächst das Ausmaß, sowie die Intensität von Parieipräferenzen in der Bun­

desrepublik Deutschland vorgestellt und diskutiert (Kapitel 3).

Auf die unterschiedlichen Stabilitäten der Bindungen an die einzelnen Parteien weist Kapitel 4 hin. Kapitel 5 beinhaltet eine detailliertere Analyse der W echselpro­

zesse von Parteipräferenzen zwischen den einzelnen Parteien. Dabei w ird auch auf die Entwicklung der Parteibindungen "Anderer" Parteien in der Bundesrepublik seit 1984 eingegangen. Welche Personengruppen jeweils einer bestim m ten Partei zuneigen, w ird in Kapitel 6 aufgezeigt. Auch die besondere sozialstrukturelle Z u­

sam m ensetzung der Anhänger "Anderer" Parteien kom mt dabei zur Sprache.

Daß individuelle Parteipräferenzen in ihrem Umfang wie auch in ihren Verände­

rungen im Zusam m enhang mit gruppeninternen Prozessen zur M einungskonfor­

m ität zu sehen sind, ist das Resultat von Kapitel 7. Untersucht w ird die wechselsei­

tige Beeinflussung der sich verändernden Parteineigungen von Ehepartnern.

(3)

Seite 1. E i n l e i t u n g ...1

2. Zur Definition, Funktion und Bedeutung von Parteiidentifika­

tionen ... 2 2.1 Anmerkungen zur Operationalisierungsproblematik von Partei­

identifikationen ... 3

3. Umfang und Intensität von Parteineigungen in der Bundesrepu­

blik - 1972 bis 1988 ... 5

4. Individuelle Stabilität und Wandel von Parteineigungen im

Zeitablauf ... 9 4.1 Der Zusammenhang zwischen Stabilität und Intensität von

Parteineigungen in der Bundesrepublik ... 11

5. Die Entwicklung der Parteineigungen einzelner Parteien im

Zeitablauf - 1984 bis 1988 13

5.1 Die Entwicklung der "Anderen" Parteien bis 1988 ... 15 5.2 Die prozentualen Gewinne an und Verluste von Parteinei­

gungen bis 1988 ... 15

6. Die Einstellungen und sozialstrukturellen Merkmale einzelner

parteienspezifischer Gruppen in der Bundesrepublik ... 18

7. Die wechselseitige Beeinflussung der Parteineigungen von Ehe­

partnern im Haushaltskontext ... 21

8. Abschließende Bemerkungen und ein Ausblick ... 25

- Anmerkungen ... 27

Literaturverzeichnis 28

(4)

1. Einleitung.

Im Mai 1989 feierte die Bundesrepublik ihr vierzigjähriges Bestehen und damit eine der stabilsten Epochen parlamentarischer Politik in Deutschland. Im Vergleich zu der langen Tradition angelsächsischer Demokratien mag diese Zeitspanne jedoch recht kurz erscheinen, und angesichts der Folgen des gescheiterten Demokratie­

versuchs von Weimar muß einem außenstehenden Beobachter der deutschen

"Szene" die Periode nach 1949 noch nicht als hinreichender Beweis dafür genügen, daß die Bundesrepublik auch in Zukunft einem demokratischen Entwicklungsstrang folgen wird.

Es gibt eine Vielzahl von Erklärungen für die bisherige Stabilität der westdeutschen Demokratie1), einen substantiellen Test auf ihre Belastbarkeit hat sie jedoch bis 1989 noch nicht durchlaufen. Sowohl von langanhaltenden und ernsthaften Wirt­

schaftskrisen, wie auch von gravierenden Konflikten zwischen sozialen Großgrup­

pen - wie sie für Weimar bestimmend waren - blieb die Bundesrepublik bislang ver­

schont. Noch 1963 stellten ALMOND und VERBA in ihrer "Civic-Culture-Studie"

aufgrund der postulierten Output-abhängigkeit der Demokratiezufriedenheit in der Bundesrepublik eine skeptische Prognose für die Standfestigkeit der westdeut­

schen Demokratie unter verschlechterten Wirtschaftsbedingungen, eine Prognose, die sich mit dem damaligen Aufkommen der NPD zunächst auch zu bestätigen schien. Fast alle Daten sprachen in den 70er Jahren jedoch für eine zunehmende Etablierung der demokratischen Grundordnung. Ende der 70er Jahre galt dieser Konsolidierungsprozeß als abgeschlossen^. Die im Laufe der 80er Jahre neu aus­

gelösten Grunddebatten bspw. über das Mehrheitsprinzip, vor allem aber die Wahl­

erfolge der "Republikaner" in 1989, werden jedoch, nicht zuletzt von ausländischen Beobachtern - teilweise verallgemeinernd - als ein erneutes Spannungsverhältnis zwischen Deutschen und ihrem Demokratieverständnis gedeutet.

Schon CONVERSE (1969) ging überden in den U.S.A. demonstrierten Nutzen des Konzepts "Party Identification'^) für die Analyse des Wählerverhaltens hinaus und wies auf den Zusammenhang zwischen der Stabilität eines politischen Systems und der Existenz stabiler Parteibindungen hin. Seine Grundthese besteht in der Annahme, daß die Stabilität einer Demokratie stark von der (dis-)kontinuierlichen

(5)

Entwicklung des Parteiensystems beeinflußt wird. Die Herausbildung von Partei­

identifikationen und die Systemstabilität bestimmen sich dabei wechselseitig: Gün­

stige Systembedingungen wie die Kontinuität der demokratischen Grundordnung, wirtschaftliche Prosperität und soziale Stabilität, begünstigen die Bildung von Par­

teiidentifikationen. Letztere wiederum dienen, sobald sie sich im Elektorat verbreitet haben, als Stabilisatoren des politischen Systems im Falle kurzfristiger Output- schwächen*). Umgekehrt, fehlen feste Parteiidentifikationen, so kann dies einer neugegründeten und u.U. extremistischen Partei erleichtern, sich relativ schnell im Parteiengefüge zu etablieren. Unter anderem wird so bspw. der schnelle Aufstieg der NSDAP bzw. der Zusammenbruch der Weimarer Republik auch mit dem Feh­

len fester Parteiloyalitäten in Verbindung gebracht (s. SHIVELY, 1972). Auch das Aufkommen der Grünen Anfang der 80er Jahre ist möglicherweise in einem Prozeß der Mobilisierung neuer, bzw. Veränderung bestehender Parteiidentifikationen ein­

gebettet zu sehen. In den folgenden Kapiteln sollen mit den Daten des Sozio-öko- nomischen Panels) (SOP) drei Hauptfragestellungen bearbeitet werden:

1. Wie ist die Situation in der Bundesrepublik bezüglich der Existenz, Verteilung und Entwicklung von Parteiidentifikationen in den 1980er Jahren?

2. Wer sind die Personen, die jeweils einer bestimmten Partei zuneigen? Beson­

dere Beachtung findet dabei auch die politisch brisante Sondergruppe der An­

hängers) "Anderer" Parteien.

3. Sind Wechsel von Parteipräferenzen als individuelle "Einstellungsänderungen"

aufzufassen, oder im Rahmen von gruppeninternen Prozessen zur Einstel­

lungskonformität zu begreifen?

Es ist dabei hervorzuheben, daß die vorliegende Analyse, auf der Basis der sozial­

psychologischen Kategorien "Einstellung" und "Verhalten", nicht auf der Verhaltens­

ebene - bspw. des Wahlverhaltens - ansetzt, sondern sich ausschließlich auf die kognitiv-affektive Dimension von individuellen Parteibindungen konzentriert.

2. Zur Definition, Funktion und Bedeutung von Parteiidentifikationen.

Was sind Parteiidentifikationen? Im allgemeinen wird mit diesem Begriff eine lang­

fristig wirksame (positive) affektive Bindung des einzelnen an eine Partei charakte­

risiert. In den U.S.A. konnte nachgewiesen werden, daß diese Bindungen norma­

lerweise schon vor dem Eintritt in das Wahlalter herausgebildet und stark von der politischen Sozialisation der Person im Elternhaus oder von anderen Bezugsgrup-

(6)

pen geprägt werden7). Bestehende Parteiidentifikationen werden mit der Dauer der

"psychischen Mitgliedschaft" bzw. mit der wiederholten (Wahl-)Entscheidung für diesselbe Partei verstärkt. Sie beeinflussen sowohl die Wahrnehmung, als auch die Bewertung aktueller politischer Ereignisse, Probleme und Kandidaten des politi­

schen Wettbewerbs, nicht zuletzt aber auch das Verhalten bei der Stimmabgabe.

Der Einfluß dieser Bindungen auf Wahlentscheidungen ist recht hoch, aber sie determinieren sie nicht völlig. Kurzfristige und starke Issue- oder Kandidatenorien­

tierungen können durchaus zu einem der eigenen Neigung "widersprechenden"

Wahlverhalten führen. Dieses Abweichen aus aktuellen politischen Gründen muß die eigentliche Parteiidentifikation jedoch nicht berühren, obwohl neuere Ergeb­

nisse zumindest für die Bundesrepublik eher für einen simultanen Wechsel von Wahlentscheidung und Parteiidentifikation Sprechens).

Bedeutung erlangen Parteiidentifikationen für Individuen vor allem als Orientie­

rungshilfen und als Mittel zur Senkung von Informationskosten. Die Möglichkeit, Veränderungen in der politischen Landschaft zu deuten und zu interpretieren, wird durch die enorme Menge an politischen Nachrichten für den Einzelnen sehr er­

schwert und ist ohne einen festen politischen Bezugspunkt kaum möglich. Parteien liefern hingegen sowohl Interpretationsmuster wie auch politische Standpunkte.

Darüberhinaus zählen sie in einer sich permanent ändernden politischen Welt zu den wenigen Objekten, die für den Wähler Bestand haben und deshalb überhaupt als Bezugspunkte fungieren können. Mit der Herausbildung einer Parteiidentifika­

tion steht einer Person ein effizientes Mittel zur Verfügung, um Fakten und Pro­

zesse innerhalb ihres unübersichtlichen politischen Umfeldes beurteilen zu können.

2.1 Anmerkungen zur Operationalisierungsproblematik von Parteiidentifika­

tionen.

Sehr häufig führte die - auch in der Bundesrepublik existierende - Vielzahl an Ope­

rationalisierungen zu höchst unterschiedlichen Resultaten bezüglich des Ausmaßes bzw. der Verbreitung von Parteiorientierungen. Die Versuche, sich mit der eigenen Frageformulierung möglichst eng an amerikanische Vorgaben zu haltend, erwiesen sich zur Messung von Parteiidentifikationen in der Bundesrepublik oft als wenig ge­

eignet. In dem Bemühen, die "richtige" Frageformulierung zu finden, und als Vali­

dierungskriterium ein ungefähr den U.S.A. entsprechendes Ausmaß an Par-

(7)

S c h a u b ild 1: Die E n tw ic k lu n g von P a r te ip r ä f e r e n z e n in d e r B u n d e o re p u b lik - 1872®) b is 1988

100 T

1 9 7 2 1 9 8 4 8 5 8 6 J a h r

B SPD G r ü n e 0 CDU/CSU Gl FDP

□ A n d e r e

□ 0= P r ä f .

«tiSwiifcaM

>) a,: M. B erger, 1973.

teibindungen zu replizieren, wurde dem besonderen Stellenwert von Parteien in der westdeutschen Demokratie, den Besonderheiten ihres politischen Systems (Wahl­

system usw.), sowie dem diskontinuierlichen historischen Verlauf des deutschen Parlamentarismus zu wenig Beachtung geschenkt10). Um Identifikationen auch in der Bundesrepublik im Sinne positiver affektiver Parteibindungen zu erfassen, wurde 1971 am Sozialwissenschaftlichen Institut der Konrad-Adenauer-Stiftung eine Frage vorgeschlagen, die auch in der vorliegenden Panelanalyse verwendet wurde. Sie lautet

"Viele Leute in der Bundesrepublik neigen längere Zeit einer bestimmten Partei zu, obwohl sie auch ab und zu eine andere Partei wählen. Wie ist das bei Ihnen: Neigen Sie - ganz allgemein gespro­

chen - einer bestimmten Partei zu? Wenn ja, welcher Partei?

(8)

Mehrere "Konstruktvalidierungsverfahren"11) sowie ein neueres Verfahren zur "In­

dikatorvalidierung"11) sprechen dafür, daß die hier verwendete operationale Defi­

nition tatsächlich in der Lage ist, in hohem Maße Parteiidentifikationen im beschrie­

benen Sinne zu erfassen.

3. Umfang und Intensität von Parteineigungen in der Bundesrepublik - 1972 bis 1988.

Schaubild 1 ist zu entnehmen, daß sich im Aggregat auch über fünf Erhebungszeit­

punkte des SOP (1984 bis 88), die Struktur der Parteineigungen in der Bundesre­

publikwenig ändert: Knapp zwei Drittel der Bevölkerung neigen einer Partei zu, ein Drittel ist parteipolitisch ungebunden. Auffällig ist jedoch der starke Rückgang an Parteibindungen verglichen mit 1972 sowie der Anstieg der Parteipräferenzen in 1987. Beide Phänomene sind jedoch im Rahmen von Bundestagswahlen innerhalb des Bezugsjahres zu begreifen. Die Umfrageerhebung von 1972 wurde im Oktober durchgeführt, d.h. einen Monat vor der Bundestagswahl; die vierte Panelwelle ging 1987 wenige Monate nach der Wahl ins Feld. Der in beiden Jahren feststellbare große Bestand an Parteineigungen ist somit in hohem Maße mit der stärkeren Aktualisierung von Politik im Rahmen dieser Wahlen verbunden. In beiden Fällen profitierten dabei die jeweiligen Wahlsieger; 1972 vor allem die SPD, 1987 die Regierungskoalition von Liberalen und Christdemokraten. Es könnte sich also je­

weils um eine Art "Bandwagon-Effekt" handeln. Aus den Paneldaten ist weiterhin ableitbar, daß die Gewinne der Regierungsparteien kaum zulasten der Opposition gingen, sondern auf einen Mobilisierungserfolg der "Unabhängigen" (ohne Präfe­

renz) zurückzuführen sind. Diese Mobilisierung führte aber offensichtlich nicht zu stabilen Parteibindungen, denn schon 1988 waren die Erfolge von CDU/CSU und F.D.P. wieder fast völlig aufgehoben.

Tabelle 1 vermittelt einen Eindruck über den zeitlichen Verlauf der Intensität einzel­

ner Parteibindungen. Von 1984 bis 88 ist dabei für die einzelnen Parteien kein ein­

heitlicher Trend erkennbar. Lediglich die. Regierungsparteien profitierten neben ihren absoluten Gewinnen auch bezüglich der Stärke ihrer Neigungen von den besonderen Bedingungen des Wahljahres 87. Die mit Abstand schwächsten Par­

teibindungen über alle Befragungen hinweg konzentrieren sich jedoch bei der F.D.P.. Auffallend ist auch der insgesamt starke Rückgang in der Nei-

(9)

Tabelle 1: Die Stärke von Parteineigungen im Zeitablauf - 1972*) bis 1988.

S t ä r k e d e r P a r t e i n e i g u n g - D ; S e h r Z i e m l i c h M äß ig Z i e m l i c h ,

s t a r k s t a r k s e h r s c h w a c h I n s g .

P r o z e n t M ean^)

SPD

( - 1972 26 47 25 10 5 5 .5 - )

- 1984 1 5 .9 3 1 . 4 4 7 .9 4 . 8 4 4 .5 3 .5 7

- 1985 1 3 .0 3 6 . 4 4 6 .4 4 . 2 4 4 .7 3 . 5 7

- 1986 1 3 .4 3 4 .2 4 6 .7 5 . 7 4 4 .9 3 .5 4

- 1987 1 2 .4 3 5 .1 4 6 .7 5 . 8 4 1 .1 3 . 5 2

- 1988 1 1 .6 3 8 .1 4 4 .9 5 . 4 4 6 .0 3 . 5 5

CDU/CSU

( - 1972 23 43 31 1 3 8 .9 - )

- 1984 1 2 .7 3 5 .4 4 7 .4 3 . 9 4 4 .7 3 . 5 4

- 1985 1 0 .6 3 6 .7 4 6 .5 6 .2 4 3 .2 3 . 5 0

- 1986 1 0 .4 3 1 .7 5 1 .0 6 .8 4 4 .0 3 . 4 3

- 1987 9 .7 4 1 .2 4 5 .2 3 . 9 4 4 .3 3 . 5 5

- 1988 8 .9 3 7 .1 4 8 .6 5 . 5 4 1 .0 3 .4 8

FDP

( - 1972 12 45 35 6 5 .6 - )

- 1984 5 .6 1 7 .2 6 3 .8 1 3 .4 3 .4 3 .1 0

- 1985 7 .2 2 4 . 3 6 1 .7 6 .8 4 .6 3 . 2 9

- 1986 6 .1 1 6 .3 6 7 .6 1 0 .0 3 .7 3 . 1 1

- 1987 2 . 5 3 7 .6 5 2 .4 7 . 5 6 .0 3 . 3 3

- 1988 3 .6 2 5 . 6 6 1 .5 9 . 3 5 .5 3 . 2 1

G rü n e

- 1984 1 1 .6 3 9 .4 44 .1 4 . 9 6 .8 3 . 5 5

- 1985 1 1 .6 3 3 .0 4 9 .6 5 . 8 6 .8 3 .4 8

- 1986 7 .8 3 9 .1 4 6 .1 7 . 1 7 .0 3 . 4 6

- 1987 1 0 .2 3 9 . 5 4 5 .8 4 . 5 7 .8 3 .5 4

- 1988 5 .6 3 2 .9 5 2 .4 9 . 0 6 .4 3 .3 2

A n d e re

- 1984 2 0 .8 2 3 . 0 4 6 .7 9 . 5 0 .6 3 . 4 6

- 1985 5 6 .1 8 . 4 2 7 .8 7 . 7 0 .7 4 .0 5

- 1986 6 4 .6 1 3 .8 1 6 .8 4 . 8 0 .4 4 .3 3

- 1987 4 0 .2 1 7 .6 2 6 .8 1 5 . 4 0 .8 3 .7 7

- 1988 3 4 .3 2 9 .0 2 8 .1 8 . 5 1 .0 3 . 8 3

*) S . : M. B e r g e r , 1 9 7 3 .

1) Frage: "Viele Leute in der Bundesrepublik neigen längere Zeit einer bestimmten Partei zu. obwohl sie auch ab und zu eine andere Partei wählen. Wie ist das bei Ihnen: Neigen Sie - ganz allgemein ge­

sprochen - einer bestimmten Partei zu? Wie stark neigen Sie dieser Partei zu?"

2) Mittelwerte einer 5-stufigen Skala: 1 = "sehr schwach"; 2 = "ziemlich schwach”; 3 = "mäßig"; 4 =

"ziemlich stark"; 5 = "sehr stark".

Datenbasis: Hochgerechnete Längsschnittdaten des Sozio-ökonomischen Panel;

Welle 1 (1984) bis Welle 5 (1988).

(10)

Gruppe I: M i t t e l w e r t e e i n e r 5—s t u f i g e n S k a la ; 1

= ” o. P r ä f . ” , 2 = ’ ’s e h r sch w ach e” » 6 = " s e h r s t a r k e ” I n t e n s i t ä t

Gruppe I I : M i t t e l w e r t e e in e r 2—s t u f i g e n S k a la der I n t e n s i t ä t ; W erte von 1 b i s 3 ( z u r S k a la v g l . G lu ch o w sk i, 19 8 3 )

gungsintensität von 1972 bis in die 80er Jahre. Ob dieser Sprung ausschließlich auf die besondere politische Konstellation von 1972 (hoher Stellenwert der Ostpolitik, Vertrauensfrage des Bundeskanzlers, erstmals Wahlberechtigte ab dem 18.

Lebensjahr usw.) zurückzuführen ist, ist anzweifelbar. Aufschlußreich kann in die­

sem Zusammenhang die Umkehrung des "Variablencharakters" von Parteineigun­

gen sein, nämlich von "erklärenden" in "zu erklärende" Variablen.

Gemäß seiner Theorie leitete CONVERSE (1976) für die U.S.A. aus dem Einfluß von Lebenszyklus- und Sozialisationseffekten ab, daß die durchschnittliche Stärke von Parteineigungen mit zunehmendem Alter steigt. NORPOTH (1978) konnte auch für die Bundesrepublik einen positiven Zusammenhang zwischen Parteiidenti-

(11)

S c h a u b ild S: Die S ta b ilitä t von P a r te in ei e in z e ln e r P a r te ie n in d er B u n d e s re p u b lik

SPD CDU/CSU FDP GrDna Andere

T e s. 1g r u p p e n

T e i l g r u p p e n :

i: U e r b l e ib und U e c h s e 1 v o n 1984 auf 1985

2: U e r b l e ib und U e c h s e 1 in 1986 nach K o n s t a n z 1984 und 1985 3: U e r b l e ib und U e c h s e 1 i n 198? nach K o n s t a n z v o n 1984 bis 1986

4: K o n s t a n t e P a r t e i n e i g u n g v o n 1984 bis 198?

S c h a u b ild 4: A n teile von M e h rfa c h w e c h sle m e in z e ln e r P a r te ie n in d e r B u n d e sre p u b lik - 1984 b is 1988

□ U i e r W e c h s e l b i s 8 8

□ D r e i W e c h s e l b i s 8 8

Ü Z u s i W e c h s e l b i s 8 8

E i n W e c h s e l b i s 8 8

(12)

fikationen und dem Lebensalter nachweisen, in dem er die besonderen historischen Ausgangsbedingungen der deutschen Gesellschaft mitberücksichtigte. Auch die Daten des SOP bestätigen im wesentlichen diese Ergebnisse (s. Schaubild 2). Von zentraler Bedeutung ist hier aber nur der niedrige Intensitätsgrad jüngerer Perso­

nen. Mit dem Nachrücken der geburtsstarken Jahrgänge der 60er Jahre ist gerade die Altersgruppe der 20 bis 30jährigen Mitte der 80er Jahre besonders stark reprä­

sentiert. Zwischen 1972 und 1985 erhöhte sich der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung von 13 auf über 17 Prozent. Es ist somit nicht auszu­

schließen, daß der augenblicklich niedrige Intensitätsgrad von Parteineigungen z.T.

auch demographischen Ursprungs ist.

4. Individuelle Stabilität und Wandel von Parteineigungen im Zeifafolauf.

Die relative Stabilität im Aggregat, die durch Schaubild 1 vermittelt wurde, besagt natürlich wenig über individuelle Verhaltensweisen. Schaubild 3 verdeutlicht, daß ca. die Hälfte der deutschen Wahlberechtigten 1987 noch immer die gleiche Partei­

neigung äußert wie 1984 - je nach Partei allerdings mit starken Unterschieden (Teilgruppe 4). Daß gerade die F.D.P. besonders instabile Parteibindungen auf­

weist, ist sicher auch davon abhängig zu machen, wie sehr ein Wähler eine Partei bei der Bewertung seiner politischen Umwelt benötigt. Dies wird um so mehr der Fall sein, je weniger er selbst fähig ist, politische Sachverhalte zu deuten. Diese Fähigkeit wiederum hängt - unter anderem - auch von der kognitiven Kapazität des Individuums ab. Aufgrund der sozialstrukturellen Zusammensetzung der Anhänger der F.D.P. (s. Kapitel 6; Tabelle 5) läßt sich durchaus ableiten, daß diese Perso­

nengruppe über ein hohes Ausmaß an Selbstorientierungsmöglichkeiten verfügt.

Für alle Parteien hingegen gilt, daß mit der Dauer der Parteibindung die Wahr­

scheinlichkeit eines Wechsels stark abnimmt. Veränderungen von Parteineigungen nach mehrjähriger "Treue" sind bei allen Parteien nur noch eine seltene Ausnahme (Teilgruppe 3).

Ein vergleichbares Bild aus anderer Perspektive vermittelt Schaubild 4. Selbst nach vier Jahren haben nur ca. 45 Prozent der Anhänger von SPD und CDU/CSU ihre Parteineigung ein oder mehrere Male gewechselt. Für die Grünen sind dies jedoch über 60, für die F.D.P. sogar fast 80 Prozent. Kennzeichnend für die F.D.P. ist auch

(13)

S c h a u b ild 5: Die S ta b ilitä t von P a rte in e ig u n g e n in A b h ä n g ig k e it von d e r I n t e n s i t ä t d e r N eigung

PaE’t e i n e i g u n g i n 1 9 8 4 :

"(seh r) stark"

1 = ’’P a r t e i t r e u e ’5 — b i s 1 9 8 ? 2 = ' ’W e c h s l e r ” - b i s 1 9 8 7

S ch au b ild 3: Der E influß (in --)stab ile r P a rte ib in d u n g e n a u f die S tä rk e der P a rte in e ig u n g e n - 1964 bis 1987

C h a r a k t e r 1 9 8 4 b i s 8 7

(14)

der hohe Anteil an Personen, die ihre Parteiorientierung seit 1984 drei oder sogar vier mal veränderten. Zweifelsohne ist also die F.D.P. die Partei mit den instabilsten Parteibindungen in der Bundesrepublik.

4.1 Der Zusammenhang zwischen Stabilität und Intensität von Parteineigun­

gen in der Bundesrepublik.

Der Befund, daß die F.D.P. sowohl die schwächsten (Tabelle 1) wie auch instabil­

sten (Schaubild 3) Parteineigungen aufweist, legt die Frage nach der Existenz eines allgemeinen Zusammenhangs zwischen Intensität und Stabilität von Partei­

bindungen nahe.

Die Schaubilder 5 und 6 bestätigen eindrucksvoll diese Annahme. Etwa 70 Prozent der Befragten, die 1984 eine "starke" oder "sehr starke" Neigung äußerten, hatten bis 1987 ihre Parteiorientierung nicht geändert; für Befragte mit eher schwachen Bindungen liegt dieser Anteil unter 20 Prozent (Schaubild 5). Ebenso deutliche Er­

gebnisse werden durch Schaubild S vermittelt: Innerhalb der Gruppe stabiler Par­

teiloyalitäten von 1984 bis 87 findet sich ein Anteil von über 60 Prozent mit "star­

ken" bzw. "sehr starken" Parteineigungen. Bei Personen, die ihre Neigung in die­

sem Zeitraum veränderten, liegt dieser Anteil unter 30 Prozent.

Es erscheint angesichts dieser Verteilungen zumindest anzweifelbar, ob die hier verwendete Frage nach der Parteineigung in beiden Gruppen ein und dasselbe Phänomen erfaßt. Langfristig stabile Parteibindungen sind bei Personen mit wenig intensiven Neigungen eher eine Ausnahme. Sie reagieren offensichtlich bereits auf kurzfristig wirksame politische Ereignisse; d.h. erfaßt werden durch die Frage hier eher vorübergehende Parteisympathien bzw. situative Präferenzen als langfristig stabile Identifikationen. Für eine - wenn auch nur grobe Schätzung - des Ausmaßes an Personen mit festen, systemstabilisierenden Parteibindungen in der Bundesre­

publik kann demnach die Gruppe der Bürger mit schwächeren Neigungen nicht in vollem Umfang miteinbezogen werden.

(15)

Tabelle 2: Die prozentualen Anteile der Wanderungsbewegungen von Parteineigungen in der Bundesrepublik - 1984 bis

1988.

V e r b l e i b b e i , A b w a n d e ru n g z u :

SPD CDU/CSU FDP G rü n e A n d e re O . P r ä f .

P r o z e n t P a r t e i n e i g u n g :

SPD

- 1 9 8 4 /8 5 7 5 .2 2 . 2 0 . 6 1 .4 0 .2 2 0 .5

- 1 9 8 5 /8 6 7 7 .7 2 . 0 0 .5 1 . 6 0 .2 1 8 .0

- 1 9 8 6 /8 7 7 8 .1 3 . 2 1 .4 2 . 2 0 . 3 1 4 .8

- 1 9 8 7 /8 8 85 0 1 .8 0 .3 0 7 0 .0 1 2 .1

CDU/CSU

- 1 9 8 4 /8 5 2 . 5 7 5 .7 2 . 3 0 .4 0 .3 1 8 .9

- 1 9 8 5 /8 6 1 . 5 7 8 .9 0 .9 0 . 3 0 .1 1 8 .3

- 1 9 8 6 /8 7 2 . 1 8 2 .8 1 .7 0 . 3 0 . 3 1 2 .7

- 1 9 8 7 /8 8 2 . 7 7 3 .1 1 .5 0 .2 0 . 6 2 1 .8

FDP

- 1 9 8 4 /8 5 4 .7 9 .9 5 8 .4 2 . 1 0 .0 2 4 .9

- 1 9 8 5 /8 6 7 . 0 1 0 .8 4 7 .2 0 .0 0 .0 3 5 .0

- 1 9 8 6 /8 7 2 . 9 8 .6 7 2 .0 0 .0 0 .2 1 6 .3

- 1 9 8 7 /8 8 6 .4 5 . 3 5 4 .7 0 . 6 1 .0 3 2 .0

G rü n e

- 1 9 8 4 /8 5 1 3 .7 1 .8 0 .0 7 0 .2 0 .0 1 4 .2

- 1 9 8 5 /8 6 1 0 .2 3 .2 0 .3 6 7 .4 0 .0 1 9 .0

- 1 9 8 6 /8 7 1 2 .0 1 .7 0 .4 7 0 .5 1 .2 1 4 .1

- 1 9 8 7 /8 8 2 1 .1 5 . 3 0 .0 5 9 .3 0 . 6 1 3 .6

A n d e re

- 1 9 8 4 /8 5 2 . 1 5 . 4 7 .9 4 . 4 6 6 .4 1 3 .8

- 1 9 8 5 /8 6 2 1 .9 1 6 .2 0 .0 0 .0 2 7 .0 3 4 .9

- 1 9 8 6 /8 7 3 .4 1 3 .3 0 .0 1 1 .5 6 3 .7 8 .2

- 1 9 8 7 /8 8 2 0 . 5 1 0 .0 3 .2 1 .8 3 7 .9 2 6 .6

0 . P r ü f .

- 1 9 8 4 /8 5 1 4 .4 1 4 .0 2 .0 1 .8 0 . 3 6 7 .6

- 1 9 8 5 /8 6 1 3 .7 1 2 .5 1 .4 2 . 6 0 .0 6 9 .8

- 1 9 8 6 /8 7 1 2 .6 1 7 .5 3 .9 3 . 3 0 . 3 6 2 .5

- 1 9 8 7 /8 8 1 2 .2 9 .8 2 .1 2 . 7 0 . 5 7 2 .7

N i n 1 0 . 0 0 0 ( 8 4 ) : 1242 1276 95 174 17 1684

Datenbasis: Hochgerechnete Längsschnittdaten des Sozio-ökonomischen Panel;

Welle 1 (1984) bis Welle 5 (1988).

(16)

5. Die Entwicklung der Parteineigungen einzelner Parteien im Zeitablauf - 1984 bis 1988.

Nachdem bislang auf allgemeine Bedingungen und Entwicklungen von Parteibin­

dungen eingegangen wurde, sollen im folgenden die Austauschprozesse zwischen einzelnen Parteien im Vordergrund stehen.

Tabelle 2 zeigt die Wanderungsbewegungen einzelner parteienspezifischer Grup­

pierungen von 1984 bis 1988. Es ist deutlich zu erkennen, daß das Gros aller Wechselprozesse von Parteineigungen zwischen der Gruppe der "Unabhängigen"

(ohne Präferenz) und den Anhängern der Parteien mit, wie bereits erwähnt, vorwie­

gend schwächeren Bindungen stattfindet (Letzte Spalte). Der "Austausch" von Par­

teibindungen zwischen den einzelnen Parteien hat hingegen ein relativ begrenztes Ausmaß. Bemerkenswert ist dennoch, daß der quantitative Umfang der Wechselprozesse von Parteiorientierungen zwischen SPD und CDU/GSU über dem zwischen SPD und Grünen und sogar über dem zwischen den Regierungspar­

teien liegt. Offensichtlich beinhalten die beiden großen Parteien noch ein identifi­

zierbares Potential an Anhängern, deren Bindungen an einer Partei der "Mitte" aus­

gerichtet sind.

Parteiloyalitäten zwischen Grünen und F.D.P. stehen hingegen fast diametral zu­

einander. Die weltanschaulich weitauseinander liegenden Standpunkte der Anhän­

ger dieser Parteien errichten hohe Mobilitätsbarrieren für den Austausch von Par­

teibindungen. Läßt man die Bewegungen zwischen den Parteien und den "Unab­

hängigen" außer Betracht, so sprechen diese Befunde nicht eindeutig für eine Auf­

spaltung der Parteineigungen in politische "Lager". Das Ausmaß von Parteiloyali­

täten zwischen den beiden großen Parteien liegt deutlich über dem mit der jeweili­

gen Partei des eigenen "Lagers". Eine Polarisierung politischer Präferenzen zeich­

net sich (bis 1988!) in Gestalt der Grünen lediglich am "linken" Parteienspektrum ab. Daß die Instabilität der Parteineigungen der F.D.P. auf Austauschprozesse mit beiden großen Parteien (SPD, CDU/CSU) beruht, spricht des weiteren für die besonders problematische Situation dieser Partei in den 80er Jahren.

(17)

Tabelle 3: Die prozentualen Gewinne an- und Verluste von Parteibindungen in der Bundesrepublik - 1984 bis 1988.

Jeweiliger prozentualer Saldo!) zu:

SPD CDU/ FDP Grüne Andere Ohne

CSU Partei Präf. Insgesamt

Prozent Parteineigung:

SPD

1 9 8 4 /8 5 -2 ) + 0 .0 1 - 0 . 0 0 + 0 .0 1 - 0 . 0 0 - 0 . 0 1 - 0 . 0 1

1 9 8 5 /8 6 - - 0 . 0 1 + 0 .0 0 - 0 . 0 0 + 0 .0 0 + 0 .0 0 - 0 . 0 1

1 9 8 6 /8 7 - - 0 . 0 0 - 0 . 0 1 - 0 . 0 1 - 0 . 0 0 + 0 .0 3 + 0 .0 1

1 9 8 7 /8 8 + 0 .0 1 + 0 .0 1 + 0 .0 3 + 0 .0 0 + 0 .0 2 + 0 .0 7

CDU/CSU

- 1 9 8 4 /8 5 - 0 . 0 0 - 2 ) - 0 . 0 2 - 0 . 0 0 - 0 . 0 0 - 0 . 0 0 - 0 . 0 2

- 1 9 8 5 /8 6 + 0 .0 1 - + 0 .0 0 + 0 .0 0 + 0 .0 0 - 0 . 0 1 + 0 .0 0

- 1 9 8 6 /8 7 + 0 .0 1 - - 0 . 0 1 - 0 . 0 0 - 0 . 0 0 + 0 .1 2 + 0 .1 2

- 1 9 8 7 /8 8 - 0 . 0 1 - - 0 . 0 1 +0 01 - 0 . 0 1 - 0 . 0 9 - 0 . 1 1

FDP

1 9 8 4 /8 5 + 0 .0 4 + 0 .2 0 - 2 ) - 0 . 0 2 + 0 .0 2 + 0 .1 0 + 0 .3 4

1 9 8 5 /8 6 - 0 . 0 2 - 0 . 0 3 - + 0 .0 0 0 .0 0 - 0 . 1 6 - 0 . 2 1

1 9 8 6 /8 7 + 0 .1 4 + 0 .1 3 - + 0 .0 1 - 0 . 0 0 + 0 .4 9 + 0 .7 7

1 9 8 7 /8 8 - 0 . 0 4 + 0 .0 1 - - 0 . 0 1 - 0 . 0 1 - 0 . 1 5 - 0 . 1 5

Grüne

1 9 8 4 /8 5 - 0 . 0 5 + 0 .0 1 + 0 .0 1 - 2 ) + 0 .0 0 + 0 .0 2 - 0 . 0 1

1 9 8 5 /8 6 + 0 .0 1 - 0 . 0 1 - 0 . 0 0 - 0 .0 0 + 0 .0 4 + 0 .0 4

1 9 8 6 /8 7 + 0 .0 3 + 0 .0 0 - 0 . 0 0 - - 0 . 0 1 + 0 .1 4 + 0 .1 6

1 9 8 7 /8 8 - 0 . 1 6 - 0 . 0 3 + 0 .0 1 - - 0 . 0 1 + 0 .0 5 - 0 . 1 4

Andere

- 1 9 8 4 /8 5 + 0 .1 5 + 0 .1 8 - 0 . 0 8 - 0 . 0 4 - 2 ) + 0 .1 2 + 0 .3 3

- 1 9 8 5 /8 6 - 0 . 0 9 - 0 . 1 1 0 .0 0 0 .0 0 - - 0 . 3 3 - 0 . 5 3

- 1 9 8 6 /8 7 + 0 .2 7 + 0 .2 4 + 0 .0 2 + 0 .0 8 - + 0 .2 9 + 0 .9 0

- 1 9 8 7 /8 8 - 0 . 1 9 + 0 .2 8 + 0 .0 5 + 0 .0 4 - + 0 .0 7 + 0 .2 5

0. Präf.

- 1 9 8 4 /8 5 + 0 .0 1 0 .0 0 - 0 . 0 1 - 0 . 0 0 - 0 . 0 0 - 2 ) + 0 .0 0

- 1 9 8 5 /8 6 - 0 . 0 0 + 0 .0 1 + 0 .0 1 - 0 . 0 1 + 0 .0 0 - + 0 .0 1

- 1 9 8 6 /8 7 - 0 . 0 2 - 0 . 0 8 - 0 . 0 3 - 0 . 0 2 - 0 . 0 0 - - 0 . 1 5

- 1 9 8 7 /8 8 - 0 . 0 2 + 0 .1 1 + 0 .0 2 - 0 . 0 1 - 0 . 0 0 - + 0 .1 0

1) Der hier angeführte prozentuale Gewinn/Verlust berechnet sich aus den realen Fallzahlen der Obergangsmatrizen nach der Formel: (Zuwanderer - Abwanderer)/(Treue + Abwanderer).

2) Nicht definiert.

Datenbasis: Hochgerechnete Längsschnittdaten des Sozio-ökonomischen Panel; Welle 1 (1984) bis Welle 5 (1988).

(18)

5.1 Die Entwicklung der ’’Anderen" Parteien bis 1988.

Die Gruppe der "Anderen" Parteien gilt als Sammelbecken insbesondere für links- und rechtsextreme Gruppierungen. Das Ausmaß ihrer Parteineigungen kann somit auch als ein Indikator für den Zustand eines demokratischen Parteiensystems ver­

standen werden. Tabelle 1 ist zu entnehmen, daß diese Parteien insgesamt seit 1986 im Aufwind liegen. Sie erreichen 1988 - hochgerechnet - mehr als eine Viertel Million Bürger in der Bundesrepublik. Diese Entwicklung verteilt sich jedoch recht unterschiedlich über die einzelnen Parteien (s. Tabelle 2, vorletzte Spalte). So ver­

siegt der Zustrom von der SPD, zumindest bis 1988, zwar fast ganz, der von den Regierungsparteien nimmt seit 1986 aber deutlich zu. Auch die Grünen verlieren seit 86 Sympathien an die Flügelparteien, was auch als eine Folge der zunehmen­

den parlamentarischen Etablierung der Grünen verstanden werden kann.

5.2 Die prozentualen Gewinne an und Verluste von Parteineigungen bis 1988.

Parteien erhalten und verlieren in jedem Jahr einen bestimmten Anteil an Bindun­

gen ihrer Anhänger. Tabelle 3 setzt beide Größen in prozentualer Relation zuein­

ander. Ein positives Vorzeichen bedeutet einen Gewinn, ein negatives einen Ver­

lust zum jeweiligen Vorjahr. Es zeigt sich, daß größere Bewegungen eher die Aus­

nahme, oder im Zusammenhang mit externen Faktoren, wie der Mobilisierung durch die Bundestagswahl 87, zu sehen sind. Ein eindeutiger Trend ist für die meisten Parteien nicht erkennbar; lediglich der SPD gelang es seit 1986, in zuneh­

mendem Maße von allen anderen Parteien oder auch von den "Unabhängigen"

Parteibindungen (zurück) zu gewinnen. Der Mobilisierungserfolg der Regierungs­

koalition in 1987 war schon ein Jahr später wieder verloren, jedoch ging dieser Ver­

lust überwiegend nur zulasten der CDU/CSU. Auch die Anhänger der Grünen ver­

änderten ihre Parteibindungen von 1987 auf 88 per Saldo mehr zugunsten anderer Parteien, wovon besonders die SPD profitieren konnte. Der enorme Aufschwung

"Anderer" Parteien von 86 auf 87, der fast eine Verdoppelung der Zahl ihrer Anhän­

ger beinhaltete, hat sich - zumindest bis 1988 - deutlich abgeschwächt. Allerdings war die SPD die einzige Partei, die in diesem Jahr Parteibindungen von den "Ande­

ren" Parteien zurückgewinnen konnte.

(19)

Tabelle 4: Die Merkmalsverteilung der Anhänger von Grünen, SPD,

"Unabhängigen" und der "Wechsler" von SPD zu den Grünen in der Bundesrepublik - 1984 bis 1987.

Parteineigung in 1987:

X - Ohne Präferenz (84 bis 87)

- Grüne (1984 bis 87) - SPD (1984 bis 87) - SPD (1986) zu Grüne

X

X

X

Merkmale:

Alter in Jahren (Mean): 46 34 50 34

Erwerbstätigenanteil (%): 54 72 57 70

Arbeitslosenanteil (%): 4 2 4 0

Haushaltsnettoeinkommen (DM): 3131 3154 2979 3126 Stellung im Beruf (%):

- Un-, angelernte Arbeiter 19 24 18 5

- Facharbeiter, Meister 17 3 24 11

- Selbständige, freie Berufe 9 10 4 12

- Auszubildende 9 9 2 7

- Einf., mittl. Angestellte 31 18 33 39

- G e h o b ., höhere Angestellte 10 22 8 11

- Beamte 5 14 11 15

ZufriedenheitU (Mean) mit...:

- Dem Haushaltseinkommen 6.6 6.1 6.5 6.3

- Der Wohnung 7.8 6.6 8.0 7.5

- Der Arbeit (Erwerbstätige) 7.3 6.2 7.5 7.6 - Dem Leben im allgemeinen 7.0 6.5 7.1 7.0 Anteil (%) qroßer Sorgen^) um...:

- Die allg. wirtschaftl. Entwicklung 18 22 27 14 - Die eigene wirtschaftl. Situation 18 24 16 15

- Den Schutz der Umwelt 56 97 66 94

- Die Erhaltung des Friedens 42 82 56 76 - Die Sicherheit des Arbeitsplatzes 10 18 11 7 Anteil "starkes" pol. Interesse^); 18 74 48 57 Bewertung (Mean) der ...:

- Allg. Idee der Demokratie^) 2.0 1.2 1.7 1.3 - Demokratie in der BRD^) 2.9 4.1 2.8 3.2 Gerechtigkeitseinstufung (Mean):

- Persönliche Bewertung®*) 4.4 4.2 4.3 4.6 - Bewertung für die BRd"?) 5.3 4.4 4 .7 4.7 Intensität der Neigung 8 7 (Mean): - 3.8 3.7 3.3

" " " des Vorjahres - 3 .7 3.7 3.1

N in 10.000 : 351 88 707 27

Datenbasis: Hochgerechnete Längsschnittdaten des Sozio-ökonomischen Panel;

Welle 1 (1984) bis Welle 4 (1987).

(20)

Parteien in der Bundesrepublik - 1987 und 1988.

Parteineigung in 19..:

- Grüne - FDP

- "Andere" Partei

- Keine "Andere" Partei

87 X

87 X

87

X

87

X / / / / /

88

X

88

X Merkmale:

Alter in Jahren (Mean): 54 33 49 47 52 48

Nichterwerbstätigenanteil (%) : 43 28 46 41 48 42

Arbeitslosenanteil (%) : 2 6 0 3 6 3

Haushaltsnettoeinkommen (DM) : 4182 3046 2371 3231 2872 3212 Stellung im Beruf (%) :

- Un-, angelernte Arbeiter 5 19 13 15 27 15

- Facharbeiter, Meister 4 9 4 17 4 16

- Selbständige, freie Berufe 34 9 18 13 7 13

- Auszubildende 0 8 5 4 0 2

- Einf., mittl. Angestellte 25 29 40 32 24 34

- Gehob., höhere Angestellte 22 15 20 10 24 10

- Beamte 10 11 0 9 14 10

Zufriedenheit-D (Mean) mit...:

- Dem Haushaltseinkommen 7.0 6.0 5.7 6.6 6.6 6.5

- Der Arbeit (Erwerbstätige) 7.9 6.6 7.3 7.4 6.9 7.0 - Dem Leben im allgemeinen 7.2 6.6 6.7 7.1 6.6 7.0 Anteil (%) großer Sorgen^) u m . ..:

- Die allg. wirtschaftl. Entwicklung 21 22 32 22 53 30 - Die eigene wirtschaftl. Situation 14 20 23 16 14 17

- Den Schutz der Umwelt 59 94 68 58 68 57

- Die Erhaltung des Friedens 38 73 67 46 44 41

- Die Sicherheit des Arbeitsplatzes 5 12 0 10 16 11 Anteil "starkes" pol. Interesse^); 45 61 71 37 56 34 Bewertung (Mean) der ... :

- Allg. Idee der Demokratie4 ' 1. 6 1.4 2.3 1.8 2.1 1.8 - Demokratie in der BRD^) 2.6 3.8 3.6 2.7 4.2 2.9 Gerechtigkeitseinstufung (Mean) :

- Persönliche Bewertung“' 4.7 4.2 3.5 4.4 3.4 4.3

- Bewertung für die BRD^) 5.3 4.5 4.2 5.1 4.0 5.1 ParteineigungS) des Vorjahres (%) :

- SPD 10 12 14 27 1 28

- CDU/CSU 16 2 17 28 30 30

- FDP 38 0 1 2 7 4

- Grüne 1 61 10 4 5 5

- "Andere" Partei 0 1 36 0 30 1

- 0. feste Präferenz 36 24 22 39 27 33

N in 10.000: 195 210 21 4600 26 4284

Datenbasis: Hochgerechnete Längsschnittdaten des Sozio-ökonomischen Panel; Welle 1 (1984) bis Welle 5 (1988).

(21)

Anmerkungen zu Tabelle 4 und 5:

1) Mittelwerte einer Zufriedenheitsskala von 0 bis 10; 0 = "ganz und gar unzufrieden"; 10 = "ganz und gar zufrieden".

2) Frage; "Wie ist es mit den folgenden Gebieten - machen Sie sich da Sorgen?" Vorgaben: "Große Sorgen", "Einige Sor­

gen" und "Keine Sorgen".

3) Frage: "Einmal ganz allgemein gesprochen: Wie stark interessieren Sie sich für Politik?" Vorgaben: "Sehr stark", "Stark",

"Nicht so stark", "Überhaupt nicht". Angeführt werden die Anteile der beiden ersten Kategorien.

4) Mittelwerte einer Skala von 1 bis 6; 1 = "Sehr dafür"; 6 = “Sehr dagegen“ . Frage: "Zunächst geht es nicht um tatsächlich bestehende Demokratien, sondern um die Idee der Demokratie. Bitte geben Sie anhand der Skala an, wie sehr Sie grundsätzlich für oder grundsätzlich gegen die Idee der Demokratie sind".

5) Mittelwerte einer Skala von 1 bis 6; 1 =“Sehr zufrieden"; 6 = "Sehr unzufrieden". Frage: "Kommen wir nun zu der Demo­

kratie in der Bundesrepublik Deutschland. Wie zufrieden oder unzufrieden sind Sie - alles in allem - mit der Demo­

kratie, so wie sie in der Bundesrepublik besteht?".

6) Mittelwerte einer Skala von 0 bis 10; 0 = "Ich habe sehr viel weniger, als mir gerechterweise zusteht"; 10 = "Ich habe sehr viel mehr, als mir gerechteiweise zusteht". Frage: "Fast jeder hat ja eine Meinung darüber, was ihm selbst eigentlich gerechterweise zusteht. Es geht jetzt darum, ob Sie in Ihrem gegenwärtigen Leben - alles in allem - mehr haben oder weniger haben, als Ihnen eigentlich gerechterweise zusteht, oder ob Sie das haben was Ihnen gerechterweise zu­

steht."

7) Mittelwerte einer Skala von 0 bis 10; 0 = 'Die meisten Bürger der Bundesrepublik haben sehr viel weniger, als ihnen gerechterweise zusteht’ ; 10 = "Die meisten Bürger der Bundesrepublik haben sehr viel mehr, als ihnen gerechter­

weise zusteht". Frage: "Jetzt geht es nicht um Sie persönlich, sondern um unsere Gesellschaft insgesamt, also um die Bürger in der Bundesrepublik Deutschland. Kreuzen Sie bitte auf der nebenstehenden Skala an, ob Ihrer Ansicht nach die meisten Bürger der Bundesrepublik - alles in allem - mehr haben oder weniger haben als ihnen eigentlich gerechterweise zusteht, oder ob sie das haben, was ihnen gerechterweise zusteht".

8) Frage: "Viele Leute in der Bundesrepublik neigen längere Zeit einer bestimmten Partei zu, obwohl sie auch ab und zu eine andere Partei wählen. Wie ist das bei Ihnen: Neigen Sie - ganz allgemein gesprochen - einer bestimmten Partei zu?"

6. Die Einstellungen und sozialstruktureilen Merkmaie einzelner parteienspe­

zifischer Gruppen in der Bundesrepublik.

Die Vielzahl der bislang ermittelten Bewegungen von Parteineigungen läßt die Frage naheliegend erscheinen, welche Personen sich hinter den einzelnen Partei­

loyalitäten verbergen. Tabelle 4 und 5 gruppieren hierzu einzelne Bevölkerungsteile anhand ihrer stabilen oder anhand ihrer sich verändernden Parteiorientierungen und listen in der jeweiligen Spalte die Merkmalsverteilung der dazugehörenden Gruppe auf. Verwendet werden dazu neben einer Reihe sozialstruktureller Varia­

blen wie Alter, berufliche Stellung, Einkommen usw. auch mehrere Bewertungs­

und Einstellungsfragen zu bestimmten Lebensbereichen, die sich zur Kennzeich­

nung der einzelnen Gruppen besonders eignen. Die exakten Frageformulierungen befinden sich im Anhang von Tabelle 4. Tabelle 4 vermittelt einen Eindruck über die

(22)

Zusammensetzung der von 1984 bis 87 konstant "Unabhängigen" (Spalte 1), der Grünen (Spalte 2), der konstanten Anhängerder SPD (Spalte 3) und der Personen, die ihre SPD-Neigung von 86 auf 87 zu den Grünen verlagerten (Spalte 4).

Die Gruppe der "Unabhängigen" verfügt, verglichen mit einer Kontrollgruppe (Ta­

belle 5, Spalte 4), weder über auffällige sozialstrukturelle Kennzeichen, noch über größere Zufriedenheitsdefizite. Auch ein außergewöhnliches Sorgenpotential ist nicht festzustellen. Kennzeichnend für diese Personen scheint vor allem ihr sehr geringes Interesse für politische Belange zu sein. Die Anhänger der Grünen heben sich hingegen in mehrfacher Hinsicht von anderen Bevölkerungsteilen ab. Diese im Durchschnitt recht jungen Personen setzen sich - wiederum im Vergleich zur Kon­

trollgruppe - aus einer "bipolaren" Berufsstruktur zusammen. Neben einem über­

proportional hohen Anteil an höheren Angestellten- (22%) und Beamtenpositionen (14%) sind ebenfalls überdurchschnittlich viele Angehörige von un- und angelern­

ten Arbeiterberufen vertreten (24%). Bezüglich der Bewertung subjektiver Wohl­

fahrtskomponenten ist ein allgemein niedrigeres Zufriedenheitsniveau erkennbar.

Hauptsorgenbereiche sind erwartungsgemäß "Umweltschutz" (97%) und "Friedens­

erhaltung" (82%). Neben einem ausgeprägten Interesse für Politik ist des weiteren eine schlechte Bewertung der demokratischen Verhältnisse in der Bundesrepublik (4.1; Mittelwert einer Skala im Sinne des deutschen Notensystems) sowie eine hohe Einschätzung der "Idee der Demokratie" (1.2) bei diesen Personen hervorzu­

heben.

Der "harte" Kern der SPD setzt sich zu 75 Prozent aus Angehörigen der Arbeiterbe­

rufe sowie der einfachen und mittleren Angestelltenpositionen zusammen. Der Ver­

gleich mit der Gruppe, die in 1987 zu den Grünen wechselte, zeigt, daß es sich dabei um einen ganz bestimmten Personenkreis handelt. Als ziemlich resistent ge­

gen die Anziehungskraft einer "grünen" Politik erweist sich der "klassische" Kern der SPD aus der Arbeiterschicht, wohingegen sich "moderne" SPD-anhänger (Selbständige, Angestellte, Beamte) aber auch junge, in Ausbildung befindliche Personen, weitaus leichter von ihren alten Bindungen trennen. Hinweise für die Motive dieser Gruppen finden sich zum einen in ihren spezifischen Sorgenanteilen, die jenen der "naturgemäß" Grünen sehr ähneln, zum anderen aber auch in der hö­

heren Unzufriedenheit mit der Demokratie in der Bundesrepublik, die die SPD mög­

licherweise miteinbezieht.

(23)

S c h a u b ild 7: Die E in s tu fu n g e in z e ln e r A sp ek te d e r

" G e re c h tig k e it" in d e r B u n d e s re p u b lik - 1987

1 O -s tu flg e Skala der Gerechtigkeit "haben, was einem zu s te h t":

y.

a: Persönlich b: Bundesbürger allgem ein

60

SSJ---

1 2 3 - 1 2 3

T e i i g r u p p e r t

0 Keine "andere"

Partei

E3 "Andere" Partei

1 — "Eher weniger" ( 0 —4) 2 — "Genau g e re c h t' (5 ) 3 - "Eher m ehr" ( 6 - 1 0 )

Durch den Vergleich mit anderen sozialen Gruppen läßt sich auch die Zusammen­

setzung der Anhänger "Anderer" Parteien konkreter bestimmen (Tabelle 5, Spalten 3 und 5). So ist festzuhalten, daß sich diese Personen vor allem über wirtschaftli­

che Aspekte, insbesondere über die "allgemeine wirtschaftliche Entwicklung", große Sorgen machen (1987:32%, 88:53%). Ab 1987 sind aber auch Sorgen be­

züglich "Friedenserhaltung" und "Umweltschutz" erkennbar, dabei sollte in Erinne­

rung gerufen werden, daß ab 86 auch die Grünen in stärkerem Maße an die Rand­

parteien verlieren (s. Tabelle 2). Neu in 1988 ist eine sich andeutende Polarisierung der sozialen Statuslagen der Anhänger "Anderer" Parteien, denn sowohl unqualifi­

zierte Arbeiterpositionen wie auch die Gruppe der höheren Angestelltenberufe sind hier nunmehr deutlich überrepräsentiert. Dies könnte ein Hinweis dafür sein, daß auch die Motive diesen Parteien zuzuneigen, nicht oder nicht mehr einheitlich sind.

Besonders kennzeichnend für diese Personen ist ihre Bewertung demokratischer Komponenten unserer Gesellschaft. Daß die Anhänger "Anderer" Parteien unzufrie­

den mit den demokratischen Verhältnissen in der Bundesrepublik sind, muß alleine

(24)

noch nicht weiter beunruhigen, da diese Unzufriedenheit durchaus auch den Wunsch nach mehr Demokratie beinhalten könnte - wie dies bei anderen Opposi­

tionsparteien wie den Grünen auch der Fall ist - aber auch die allgemeine Idee der Demokratie wird von dieser Gruppe erheblich schlechter eingestuft als vom Rest der Bevölkerung oder gar seitens der F.D.P. oder den Grünen. Mit den Anhängern

"Anderer" Parteien ist demnach eine Teilgruppe identifizierbar, deren Einbettung in die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik möglicherweise nicht hinrei­

chend gesichert ist.

Nicht weniger aufschlußreich sind in diesem Zusammenhang die Angaben der Per­

sonen zu zwei Fragen der Gerechtigkeit. Die Befragten äußerten sich dazu, ob ihrer Ansicht nach sie selbst, bzw. die Bürger der Bundesrepublik Deutschland das er­

halten, was ihnen gerechterweise zusteht. Sowohl für die eigene Person, wie auch für die Bundesbürger allgemein empfinden die Anhänger "Anderer" Parteien starke Ungerechtigkeiten im Sinne von "zu wenig". Auch dies ist - zumal in dieser extre­

men Form - untypisch für fast alle anderen Bevölkerungsgruppen. Aufgrund der Bi­

polarität der Skala - beide Skalenenden sind wertmäßig negativ besetzt - sind Mit­

telwerte hier aber nicht das optimale Darstellungsmaß (s. Schaubild 7).

Anders als die Mehrheit der Bevölkerung erkennen die Anhänger "Anderer" Par­

teien eine gerechte Verteilung mehrheitlich nicht an - konkret für die eigene Person, aber noch viel stärker für die Bürger der Bundesrepublik Deutschland allgemein.

Letzteres könnte auch als ein Indiz für die Existenz eines stärker naiionalstaatlich ausgerichteten Weltbildes innerhalb dieser Gruppe verstanden werden.

7. Die wechselseitige Beeinflussung der Parteineigungen von Ehepartnern im Haushaltskontext.

In diesem Kapitel soll die Ebene politikwissenschaftlicher und soziologischer The­

menbereiche verlassen werden, um eine eher sozialpsychologische Fragestellung in den Vordergrund zu rücken, deren Beantwortung sicher aber auch von allgemei­

nerem Interesse ist.

(25)

Tabelle 6: Parteineigungen im Haushaltskontext: Der wechselseitige Einfluß von Veränderungen der Parteiorientierungen bei Haushaltsvor­

ständen (HHV) und deren Ehepartnern (EPA) - 1986 und 1987.

Parteineigung des Haushaltsvorstande

1987 1986-87

s Ehepartners

1986 1987 1986-87

Insgesamt

Tau b 1)

(nur Befragte bis 45 Jahre) Neigung des:

HHV

- 1986 .54 ( .54) .53 ( . 42)

- 1986 # 1987 \.18 (.31) /

- 1986 = 1987 \ . 67 (. 62) /

EPA

- 1986 .55 ( .54)

- 1987 .55(.47)

- 1986 # 1987 \ .27(.36)/

- 1986 = 1987 \ . 60 ( .59)/

1) Tau b ist ein Korrelationsmaß, das sich besonders für quadratische Tabellen eignet und im Gegensatz zu anderen Maßen der Assoziation auch "Ties" berücksichtigt. Tau b erreicht den Wert (+/-) 1, wenn die Diagonale zu 100%

besetzt ist (vgl. Benninghaus 1979:155ft).

Datenbasis: Hochgerechnete Längsschnittdaten des Sozio-ökonomischen Panel; Welle 1 (1984) bis Welle 4 (1987).

In jeder sozialen Gruppe besteht ein gewisser Grad an Konformität. Ohne ein Min­

destmaß an Übereinstimmung von Meinungen und Einstellungen wäre der Fortbe­

stand einer Gruppe sehr gefährdet. Im Rahmen sozialpsychologischer Theorien (s.

bspw. FESTINGER 1954) wird in diesem Zusammenhang auf den besonderen Stellenwert von Meinungen über "soziale Realitäten" verwiesen, d.h. von Meinun­

gen, die prinzipiell nicht auf rational-empirischem Wege auf ihre Richtigkeit hin überprüfbar sind. Innerhalb ehelicher Lebensgemeinschaften und bezüglich der parteipolitischen Präferenzen von Haushaltsvorständen (HHV) und deren Ehepart­

nern (EPA) erhalten die abstrakten Prozesse der Gruppenkonformität einen sehr lebensnahen Gehalt. Folgende Fragen sind dabei vordringlich zu beantworten:

(26)

Tabelle 7: Parteineigungen im Haushaltskontext: Die Richtung des Einflusses von Veränderungen der Parteiorientierungen bei Haushaltsvor­

ständen (HHV) und deren Ehepartnern (EPA) - 1986 und 1987.

Parteineigung

SPD CDU/CSU FDP Grüne 0. Präferenz

HHV 1986 87 EPA 1986

87 HHV wechselt

Prozent

30 30 3 4 36

30 33 5 4 28

27 30 2 3 39

28 32 4 3 33

HHV wechselt

HHV wechselt

HHV wechselt

HHV wechselt

EPA wechselt

EPA wechselt

EPA wechselt

EPA wechselt

EPA wechselt

87 z u : X

EPA 8 6 27

87 61

87 z u : X

EPA 8 6 27

87 65

87 z u : X

EPA 8 6 4

87 42

87 z u : X

EPA 8 6 27

87 67

87 z u : X

EPA 8 6 36

87 69

87 z u : X

HHV 8 6 46

87 76

87 z u : X

HHV 8 6 32

87 74

87 z u : X

HHV 8 6 14

87 51

87 z u : X

HHV 8 6 16

87 33

87 z u : X

HHV 8 6 25

87 50

Datenbasis: Hochgerechnete Längsschnittdaten des Sozio-ökonomischen Panel; Welle 1 (1984) bis Welle 4 (1987).

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