Der Umbau der Kiefernforsten mit heimischen Eichen- arten ist eines der wichtigsten waldbaustrategischen Ziele im Land Brandenburg, weil:
• die Gemeine Kiefer häufi g auf Laubholzstandorten stockt und die instabilen Kiefern-Reinbestände vor allem durch Waldbrand und Insektenfraß gefährdet sind.
• die Trauben-Eiche natürlich mehr als 25% der bran denburgischen Waldfl äche besiedeln würde;
ihr gegen wärtiger Flächenanteil liegt hingegen bei ca.
5 %.
• die Eiche eine wirtschaftlich leistungsfähige Baumart ist, die eine vergleichsweise geringe Gefährdung durch Schadinsekten aufweist und eine be trächt liche Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit bewirkt.
Aufgrund dieser Vorteilswirkungen durch den Eichen- anbau in Kiefernforsten strebt die Landesforstverwaltung im brandenburgischen Landeswald bis zum Jahr 2045 eine Erhöhung des Laubwaldanteils auf 17% und eine Verringerung des Nadelwaldanteils auf 42% der Holz- bodenfl äche an.
Zudem wird den privaten und kommunalen Waldbe- sitzern der Umbau der Kiefernforsten mit Laubhölzern empfohlen.
Die Haupt-Umbaubaumart ist dabei die Trauben-Eiche.
Zu beachten ist, dass der Kahlhieb waldökologisch ungünstig zu beurteilen und gem. Waldgesetz des Landes Brandenburg (LWaldG §10) nicht zulässig ist.
Daher rückt der zweischichtige Bestandesaufbau und damit der Voranbau als waldbauliche Alternative in den Vordergrund.
Was bedeutet „Voranbau“?
Das bedeutendste waldbauliche Verfahren für den Anbau der Eiche unter Gemeiner Kiefer ist der Voranbau.
Im Gegensatz zum Kahlschlag mit Begründung der Fol- gekultur auf der Freifl äche ist der Voranbau eine Verjün- gungsmaßnahme unter dem Schirm eines Altbestandes.
Typische Voranbauten werden unter einem aufgelich- te ten Altholzschirm begründet und sollen später den führenden Hauptbestand bilden.
Wichtigstes Ziel dieses Waldbauverfahrens ist es:
• mit Hilfe des Kiefern- schirmes die noch emp- fi ndliche junge Eichen- kultur vor schädlichen W i t t e r u n g s e x t r e m e n (Frost, Hitze) zu schüt- zen,
• die Konkurrenzkraft ver- dämmender Gräser und Kräuter zu verringern,
• durch Verlängerung der Nutzungsphase im Ober- stand eine stetige Ab- schöpfung von Holzer- trägen zu ermöglichen.
Zur Umsetzung des „Voranbaus“
1. Standortdiagnose
Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Voranbau der Trauben-Eiche unter Kiefernschirm ist die genaue Kenntnis der Standortsgüte. Diese wird geprägt durch:
[1] die lokalklimatischen Charakteristika (Niederschlä-
ge, mittlere Jahrestemperatur, Temperaturschwan- kungen),
[2] den pfl anzenverfügbaren Gehalt an Bodenwasser so- wie Grundwasseranschluss bzw. -tiefe,
[3] den Bodenvorrat an Nährelementen,
[4] den Standortszustand (Qualität der Humusaufl age).
Die Überprüfung der Boden- fruchtbarkeit und die daraus resultierende Beurteilung der Anbauwürdigkeit der Trauben-Eiche ist zwingend der erste Schritt bei vor- gesehenen Voranbau-Maß- nahmen.
Sie erfolgt mittels Bohr- stock-Bodenproben oder am Bodenprofi l (vgl. Bild).
Bei Bedarf helfen die Mit- arbeiter der Landesforst- verwaltung im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit.
Grundsätzlich erlangt die Trauben-Eiche ihre höchste Wuchskraft und Vitalität in den Klimastufen f, m und t auf frischen und mittelfrischen terrestrischen Standorten der Nährkraftstufen K (nährstoffkräftig), M (mäßig nährstoff- haltig) und Z+ (ziemlich nährstoffarm).
Die aktuellen waldbaulichen Empfehlungen für den An- bau der Trauben-Eiche im Land Brandenburg sehen die Trauben-Eiche auf folgenden Standortseinheiten als Hauptbaumart vor:
2. Hiebsmaßnahmen im Kiefern-Oberstand
Die Trauben-Eiche gilt als ausgesprochene Lichtbaumart, deren jugendliche Schattentoleranz von der Standorts- güte beeinfl usst wird. Ausreichendes Lichtangebot er- möglicht eine positive qualitative Entwicklung und Vita- lität der Eichen. Dafür sind Eingriffszeitpunkt und -stärke im Kiefern-Oberstand maßgebliche Einfl ussgrößen.
Eingriffzeitpunkt:
• frühestens bei Überschreiten des Alters 80 Jahre
• spätestens 5 bis 10 Jahre vor der letzten Hiebsmaß- nahme im Kiefern-Oberstand
Eingriffsstärke:
Um einen frostschutzgewährleistenden Kiefernschirm zu erhalten und Zuwachsverluste im Oberstand zu vermei- den, sollte der Oberstand je nach Alter, Wüchsigkeit, Qua- lität, Vitalität und Werterwartung der Kiefern auf einen Be- stockungsgrad (B°) von 0,6 bis 0,7 aufgelichtet werden.
Das bedeutet: Wenn der Oberstand lt. Kiefern-Ertrags- tafel (vgl. Lembcke, G.; Knapp, E.; Ditt- mar, O. 1975) voll geschlossen ist, sind 30 bis 40 % der Bestandesgrundfl äche zu entnehmen.
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass:
• die Eiche mindestens 30 % des auf einer Freifl äche verfügbaren Lichtes „konsumieren“ muss, wenn Wuchsstockungen vermieden werden sollen.
• der Kiefernschirm für die Sicherstellung der Frost- schutzwirkung einen B° von ≥ 0,4 aufweisen muss.
3. Begründung der Voranbaukultur
Verteilung und Anzahl der Eichen auf der Verjüngungs- fl äche variieren in Abhängigkeit von der Waldbautech- nologie:
1. fl ächiger Voranbau
Unter dem Ki-Oberstand werden die Eichen ganz- fl ächig eingebracht. Im Falle der Pfl anzung ist eine Überschreitung der Anzahl von 7.000 Pfl anzen/ha wirtschaftlich nicht sinnvoll. In der kniehohen Kultur sollten 4.000 bis 6.500 Eichen/ha wachsen.
2. truppweise Kunstverjüngung
Dabei werden z. B. 100 Trupps pro ha mit je 19 Eichen, insgesamt 1.900 Eichen/ha, je nach Lichtangebot („Lichtlöcher“ im Oberstand) auf der Fläche verteilt.
Die Räume zwischen den Pfl anztrupps sollen sich mit natürlicher Verjüngung füllen.
Flächiger Voranbau (links) und Trupp-Pfl anzung (rechts)
Bodenverwundung
In Abhängigkeit von der Verjüngungsfreudigkeit der Bodenfl ora sind im Vorfeld der Kulturbegründung Boden- vorarbeiten zu erwägen:
In zertifi zierten Forstbetrieben (PEFC, FSC u.a.) müssen verbindliche Aufl agen zur maschinellen Befahrung und Bo denbearbeitung beachtet werden. Gewöhnlich soll sich die fl ächige Befahrung auf das erforderliche Mini- mum beschränken. Bei der Bodenbearbeitung sind Ein- griffe in den Mineralboden zu vermeiden.
Diese Restriktionen gelten für Saat und Pfl anzung glei- chermaßen. Ungeachtet dessen können beide Verjün- gungsverfahren beim Voranbau mit Eiche sinnvoll sein.
Saat oder Pfl anzung
In beiden Verfahren ist sicherzustellen, dass das ver- wendete Saat- bzw. Pfl anzgut an die jeweiligen standört- lichen und klimatischen Bedingungen angepasst ist. Im Interesse dieser Herkunftssicherung müssen bei der Be- schaffung der Samen oder Pfl anzen das „Forstvermeh- rungsgutgesetz“ vom 22.5.2002 und die „Empfehlungen für forstliches Vermehrungsgut für das Land Branden- burg“ vom 01.01.2005 berücksichtigt werden.
Bei der Wahl des Verjüngungsverfahrens sind Verjün- gungsziel, -zeitraum, -risiken und -kosten zu beachten.
Das Verfahren „Saat“ hat unter diesen Gesichtspunkten gegenüber der „Pfl anzung“ folgende Vor- und Nachteile:
Voranbau der Trauben-Eiche in Kiefernbeständen Brandenburgs
Eiche unter Kiefer im Land Bran- denburg
Waldumbauprogramm in Brandenburg
Kahlschlag Schirmschlag
Klimastufe Stamm-Standortsform f R3, K3, M1, M2, M2g, M2+, M3; Z1, Z2+
m R2, R3, K2, K3, M1, M2, M2g, M2+, M3, Z1, Z2+
t R1, R2, R2g, R3, K1, K1w, K2, K2g, K3, M1, M1w, M2, M2+, M2g, M3, Z1, Z2+
Lichtminderung durch unterschiedlichen Kiefernschirm
Bodenfl ora
verjüngungsfeindlich verjüngungsfreundlich (fl ächige Sandrohrdecke,
Brombeere, Adlerfarn)
(z.B. geringmächtige Drahtschmielen- oder Moosdecke, Sauerklee oder Springkraut) Bodenvorarbeiten
notwendig nicht zwingend erforderlich
Vorteile der Saat Nachteile der Saat
· geringere Material- und Verfahrenskosten
· hohe Pfl anzendichte (er- möglicht gute qualitative
Entwicklung und hohe genetische Diversität)
· sinnvolle Verwendung von Saatgut aus Mast- jahren
· Möglichkeit der Wild- lingswerbung bei dicht aufl aufender Saat
· Vermeidung des Pfl anz- schocks
· Vermeidung von Wurzel- schäden, ungestörte
Wurzelentwicklung
· bessere Herkunfts- kontrolle
· keine Transportschäden
· keine Verluste infolge un- sachgemäßer Pfl anzung
· Abhängigkeit von Samenjahren
· großer Saatgutbedarf
· meist Bodenvorarbeiten notwendig
· höhere und lang anhal- tende Risiken (Witterung, biotische Schad-
einfl üsse)
· höherer Schutzaufwand (Zaun)
· entwächst starker Konkurrenzvegetation langsamer
· höherer Pfl egeaufwand im Kulturstadium
· bei Saatgutlagerung (Überwinterung) Ver- lustrisiken (z.B. durch Verpilzung)
· längerer Verjüngungszeit- raum
Klima- und Nährkraftstufen im Land Brandenburg