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Pressekonferenz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am 14. Juli 2016 in Berlin

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Pressekonferenz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am 14. Juli 2016 in Berlin

Wetterwarnungen statt für 400 Landkreise jetzt für die Gebiete von 10 000 Gemeinden Deutscher Wetterdienst warnt Bevölkerung ab sofort auf lokaler Ebene vor Unwettern

– es gilt das gesprochene Wort –

Rede von Hans-Joachim Koppert,

Vorstandsmitglied und Leiter Wettervorhersage des Deutschen Wetterdienstes

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Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Bedeutung des nationalen Wetterdienstes für den Schutz der Bevölkerung vor Wet- tergefahren hat Prof. Adrian in seinem Statement bereits betont. Ich freue mich sehr, Ihnen heute eine Neuerung des Warnsystems des Deutschen Wetterdienstes vorstel- len zu dürfen, die einen weiteren Meilenstein in der Geschichte des DWD darstellt.

Bis zum Jahr 2003 hatte der DWD Wetter- und Unwetterwarnungen für flächenhafte Naturräume wie die Kölner Bucht, das Rhein-Main-Gebiet oder gar für ganze Bundes- länder herausgegeben. Das hatte eine jahrzehntelange Tradition und die wissenschaft- lichen und technischen Möglichkeiten ließen damals kaum mehr zu.

Eine enorme qualitative Verbesserung für unsere Kunden und die Bevölkerung brachte im Jahr 2003 die Einführung von Wetterwarnungen für einzelne Landkreise. Davon gibt es in Deutschland etwa 400. Die Wahl der räumlichen Größe Landkreis war vor allem unseren Partnern im Katastrophenschutz geschuldet. Sie sind entsprechend politisch organisiert. Möglich wurde dieser erste ‚Quantensprung‘ in der räumlichen Auflösung unserer Warnungen durch mehr Beobachtungsdaten, verbesserte Vorhersagemodelle und ein leistungsstärkeres Großrechenzentrum in unserer Zentrale in Offenbach.

Kunden des DWD erwarten immer detailliertere Warnungen

Obwohl seit damals weder die Politik noch die Einsatzkräfte vor Ort oder die Öffentlich- keit grundsätzliche Kritik am Warnmanagement des nationalen Wetterdienstes äußern, bestand weiterhin - und zwar berechtigt - der Wunsch nach noch detaillierteren, noch lokaleren Vorhersagen und Warnungen. Tatsächlich sind viele Landkreise - vor allem im Osten Deutschlands – durch Landkreisreformen vergrößert worden und deutlich größer als die meteorologischen Phänomene, vor denen gewarnt werden soll. So kam es immer wieder vor, dass der DWD zwar richtig vor Gewitter in einem Landkreis warn- te. Letztlich war aber – und zwar absehbar - nur ein Teil des Kreises tatsächlich betrof- fen. Viele Bewohner fühlten sich falsch alarmiert. Das ist bis heute für alle Beteiligten unerfreulich und für uns häufig eine erklärungsbedürftige Situation.

Auch die Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes fordern eine immer höhere räumli- che und zeitliche Auflösung der DWD-Warnungen. Nur so können sie den wachsenden Anforderungen an die Planung und Steuerung ihrer Einsätze gerecht werden. Die sehr lokalen Starkregen- und Gewitterunwetter im Mai und Juni 2016 haben nochmals ver- deutlicht: Unser Warnsystem muss den gestiegenen Anforderungen unserer Partner angepasst werden.

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Deutscher Wetterdienst warnt jetzt für einzelne Gemeinden oder Stadtteile

Der DWD begann vor etwa 5 Jahren damit, ein verbessertes Warnsystem zu entwi- ckeln, mit dem räumlich noch genauer vor Wettergefahren gewarnt werden kann. Das nun vorliegende neue System ist aus unserer Sicht überzeugend: Bisher war Deutsch- land in rund 400 Warngebiete, nämlich die Landkreise, aufgeteilt. Ab sofort warnen wir so kleinräumig, dass man die Warngebiete einzelnen Gruppen der rund 10 000 Ge- meinden in Deutschland zuordnen kann. Dieser meteorologische Zoom ermöglicht es uns, bei Großstädten wie zum Beispiel Berlin, Warnungen für einzelne Stadtteile her- auszugeben. Die Abbildungen, die ich Ihnen jetzt erläutere, finden Sie auch in der Pressemappe. Die bisher 2,7 Millionen Nutzer unserer WarnWetter-App werden ab Anfang August von den Gemeindewarnungen profitieren.

Am wichtigsten sind die ortsgenauen Warnungen des DWD vor allem bei kleinräumi- gen Wettergefahren. Dazu gehören Gewitter und Starkregen mit ihren oft so folgenrei- chen Sturzfluten. Der hohe Detaillierungsgrad der neuen Warnungen ermöglicht aber auch, zwischen nahe beieinander liegenden Tal- und Gebirgslagen zu unterscheiden.

Das wird zum Beispiel im Winter bei drohendem Schneefall für die Bevölkerung und die Einsatzkräfte ein großer Fortschritt sein. Im Tal fällt der Niederschlag noch als Re- gen, etwas höher bereits als Schnee. Wir stellen diesen Unterschied jetzt noch deutli- cher und für den Nutzer leichter verständlich dar.

Die technisch-wissenschaftlichen Voraussetzungen der Orts- und Gemeindewarnun- gen sind wie schon 2003 mehr und detailliertere Daten, bessere Modelle und größere Rechner. Dadurch können wir Starkregenzellen identifizieren und die Verlagerungs- richtung warnrelevanter Wetterereignisse wie Gewitterzellen, Regengebiete oder Sturmfelder viel detaillierter beschreiben. Der DWD hat außerdem mit dem Verfahren

‚AutoWarn‘ ein Unterstützungssystem für den Warndienst entwickelt. Dieses automati- sche Verfahren wertet die für den Menschen nicht mehr zu überschauende Menge und Vielfalt an relevanten meteorologischen Informationen aus und führt sie zusammen.

Dazu gehören rund um die Uhr eintreffende Daten von Satelliten, Wetterradaren und Bodenstationen. Hinzu kommt ein unterbrochener Strom ständig neu berechneter Wet- tervorhersagen - sowohl unsere eigenen wie die anderer nationaler Wetterdienste.

Ein Extrakt all dieser Informationen wird den Vorhersage-Meteorologen von AutoWarn als Entscheidungs- und Beratungsgrundlage zur Verfügung gestellt. Mit diesen Daten können unsere Expertinnen und Experten in der Zentrale und den Außenstellen des DWD entspre-

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chend den Wünschen unserer Partner räumlich genau markieren, wo Wettergefahren beste- hen. Die Aufbereitung der Warngebiete ist je nach Zuständigkeit der Einsatzkräfte für Bun- desländer, Regierungsbezirke, Landkreise oder eben für einzelne Gemeinden möglich.

Unsere Entwickler arbeiten aktuell daran, solche hochaufgelösten Wetterwarnungen auch für Stromtrassen, Autobahnen, Schienenwege oder Flusseinzugsgebiete bereitzustellen. Damit werden wir aktiv die Arbeit von Netzbetreibern, Straßenmeistereien, der Bahn AG und der Hochwasservorhersagezentralen der Länder unterstützen können. Aber auch Autofahrer, Fahrradfahrer oder Wanderer können davon profitieren. Bei der mobilen Nutzung begleitet das DWD-Warnsystem mit der WarnWetter-App den Nutzer dann anhand seiner GPS- Position ortsgenau durch Deutschland. Da wir für deutlich kleinere Flächen als bisher war- nen, sinkt die die Anzahl individueller Alarme. Wir sind sicher, dass dies unsere Partner und Kunden noch zufriedener machen wird.

Die 100prozentig genaue Wettervorhersage ist grundsätzlich nicht möglich

Trotzdem muss ich an dieser Stelle vor übertriebenen Erwartungen warnen: Die 100prozentig genaue Wettervorhersage wird es nie geben. Unsere Atmosphäre hat chaotische Züge, die von den Vorhersagemodellen grundsätzlich nicht vollständig er- fasst werden können. Deshalb können wir uns trotz allen wissenschaftlichen und tech- nischen Aufwands der perfekten Vorhersage immer nur annähern - sie aber aufgrund der Gesetze der Physik kaum erreichen. Eine Unsicherheit in der Vorhersage wird also bleiben, allerdings werden wir verstärkt daran arbeiten, die mögliche Spannbreite eines Ereignisses vorherzusagen - zum Beispiel den in ein Flusseinzugsgebiet fallenden Niederschlag. Dies wird es in der Zukunft genauer erlauben, Extremszenarien zu be- trachten und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.

Es reicht aber nicht aus, wenn die Vorhersagen immer früher und genauer vorliegen. Ent- scheidend ist auch, dass unsere Warnungen so zielgruppengenau wie möglich verbreitet werden. Die Instrumente, die der DWD selbst einsetzt, hat Prof. Adrian bereits genannt. Ei- nen sehr wichtigen Beitrag leisten dabei unsere Partner. So werden die Wetterwarnungen bundesweit vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) über des- sen App Nina verbreitet. Das gilt entsprechend für KATWARN, die von Fraunhofer FOKUS im Auftrag der öffentlichen Versicherer entwickelte App für den Katastrophenfall. Auf Län- derebene fließen die Warnungen zum Beispiel in die Umwelt-Info-App Bayerns ein. Übrigens hat Bayern aus DWD-Sicht schon vor Jahren eine sehr sinnvolle Regelung getroffen: Die öffentlich-rechtlichen Funk- und Fernsehanstalten sind dort gesetzlich verpflichtet, die Bevöl- kerung über amtliche Unwetterwarnungen zu informieren. Das ist hierzulande eine Ausnah-

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me von der Regel. Generell gilt: Der Deutsche Wetterdienst hat bei Unwettergefahren kein Verlautbarungsrecht, wir sind auf die freiwillige Unterstützung der Medien bei der Verbreitung der Warnungen angewiesen. Deshalb kooperieren wir seit Jahrzehnten eng mit Medien - und im Großen und Ganzen funktioniert das auch sehr gut. Diese stellen unsere Warnungen auf deren eigenen Internetseiten und unsere Unwetterwarnungen im Videotext vielfach bereit.

Wir würden uns allerdings wünschen, dass im Zeitalter von Smartphones und Apps den Zu- schauern und Zuhörern öfter der Tipp gegeben wird, sich nach den Nachrichten mit der WarnWetter-App oder der Internet-Warnseite des DWD über die lokale Unwetterlage auf dem Laufenden halten.

Meine Damen und Herren, unsere ortsgenauen Warnungen fügen sich nahtlos in das beste- hende dreistufige Warnsystem des DWD ein. Mit alarmierenden Hinweisen auf Wettergefah- ren starten wir fünf Tage vor einem Ereignis. Wir nennen das ‚Frühwarnung‘. Sie erscheint in Form des Berichts ‚Wochenvorhersage Wettergefahren‘ für Deutschland. Maximal 48 Stun- den vor einer Wettergefahr geben wir für Bundesländer oder Teile davon als Vorwarnung die

‚Vorabinformationen Unwetter‘ heraus - auch wieder als Textinformation.

Die dritte und konkreteste Stufe sind dann die ortsgenauen Wetter- oder Unwetterwarnun- gen. Der DWD verbreitet diese Warnungen frühestens 12 Stunden vor dem erwarteten Un- wetter. Bei manchen Wetterlagen sogar nur wenige Minuten oder ein halbe Stunde vor dem Ereignis. Warum ist das oft so kurzfristig? Im vernetzten nationalen Warnmanagement kön- nen die Warnungen des DWD zum sofortigen Ausrücken der Einsatzkräfte führen. Unsere Partner im Katastrophenschutz erwarten deshalb eine sehr hohe zeitliche und räumliche Ge- nauigkeit dieser Warnungen. Bei großflächigen Winterstürmen oder Dauerniederschlägen, die zu Flusshochwasser führen, können 12 oder auch mehr Stunden Vorlauf machbar sein;

bei sommerlichen Gewittern ist für die Vorhersagemeteorologen manchmal schon eine halbe Stunde eine Herausforderung.

Kontinuierliche Verbesserung des Warnsystems nur in Trippelschritten möglich

Dieser abschließende Blick auf das Warnsystem sollte verdeutlichen: Die heute vorgestellten ortsgenauen Warnungen des DWD sind ein wichtiger Beitrag zum Schutz unseres Landes vor Wettergefahren. Wir werden und dürfen hier aber nicht stehen bleiben. Die Warnungen des DWD müssen immer besser werden - das ist unser gesetzlicher Auftrag. Deshalb arbei- ten wir kontinuierlich an der Verlängerung der Vorwarnzeiten und Verbesserung der raum- zeitlichen Genauigkeit. Große Sprünge sind dabei selten zu erwarten. Der Fortschritt bei der Wettervorhersage entsteht nur Schritt für Schritt - oft sind es sogar nur Trippelschritte.

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